© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 102/17 Unterbindung der Ausfuhr von Rüstungsgütern durch Maßnahmen auf Landes- und kommunaler Ebene Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Kanzlei „Gaßner, Groth, Siederer & Coll.“ 7 3.1.1.2. Kanzlei „Göhmann Rechtsanwälte und Notare“ 8 3.1.2. Literatur 8 3.1.3. Rechtsprechung 9 3.1.3.1. Urteil des Staatsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen 9 3.1.3.2. Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen 9 3.2. Übertragung auf den vorliegenden Fall 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 4 1. Einleitung Gefragt wird nach den Möglichkeiten der Behörden auf Landesebene und kommunaler Ebene, die Ausfuhr von Rüstungsgütern, für die Ausfuhrgenehmigungen erteilt wurden, über einen örtlichen Hafen zu unterbinden. Ferner wird gefragt, ob der Landesgesetzgeber ein entsprechendes Umschlagverbot erlassen kann, etwa nach dem Vorbild der Regelung im Bremischen Hafenbetriebsgesetz (Brem HafenbetrG), mit der Umschlag von Kernbrennstoffen über bremische Häfen grundsätzlich ausgeschlossen wird. 2. Handlungsmöglichkeiten der Landes- und Kommunalverwaltung Die Möglichkeiten der Behörden auf Landesebene und kommunaler Ebene zur Unterbindung der genehmigten Ausfuhr von Rüstungsgütern werden insbesondere durch das System der Ausfuhrkontrolle von Rüstungsgütern in Deutschland bestimmt. Daher soll zuallererst ein Überblick über die Ausfuhrkontrolle von Rüstungsgütern in Deutschland gegeben werden. In einem zweiten Schritt kann dann ermittelt werden, welcher Handlungsbereich für die Landes- und Kommunalverwaltung verbleibt. 2.1. System der Ausfuhrkontrolle von Rüstungsgütern Bezüglich der Kontrolle der Ausfuhr von Rüstungsgütern ist in Deutschland zwischen Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern zu differenzieren.1 Für alle Rüstungsgüter ist eine Genehmigung nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) bzw. der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) erforderlich. Die Ausfuhr von Kriegswaffen bedarf darüber hinaus auch einer sog. Komplementärgenehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG). Nach § 4 Abs. 1 AWG kann die Außenwirtschaftsfreiheit eingeschränkt werden, um „die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik […] zu gewährleisten“, „eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhüten“, „eine erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik […] zu verhüten, „die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik […] zu gewährleisten oder „einer Gefährdung der Deckung des lebenswichtigen Bedarfs im Inland oder in Teilen des Inlands entgegenzuwirken […] und dadurch […] die Gesundheit und das Leben von Menschen zu schützen“. Darüber hinaus kann nach § 4 Abs. 2 AWG die Außenwirtschaftsfreiheit im Zusammenhang mit der Umsetzung von Sanktionsmaßnahmen der EU oder des VN-Sicherheitsrates oder von zwischenstaatlichen Vereinbarungen beschränkt werden. Als Beschränkungen in diesem Sinne gelten nach § 4 Abs. 3 AWG die Anordnung von Genehmigungserfordernissen oder von Verboten. Derartige Beschränkungen können nach § 5 AWG insbesondere angewandt werden auf „Waffen, Munition und sonstige Rüstungsgüter sowie Güter für die Entwicklung, Herstellung oder den 1 Siehe zum Folgenden Pünder/Kjellsson, Grundzüge des Außenwirtschaftsrechts, Jura 2016, S. 894 (897 ff.), sowie vertiefend Schröder, Genehmigungsverwaltungsrecht, 2016, S. 212 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 5 Einsatz von Waffen, Munition und Rüstungsgütern“ und „Güter, die zur Durchführung militärischer Aktionen bestimmt sind“. Bezüglich welcher Waren die Ausfuhr beschränkt ist, ergibt sich aus der Ausfuhrliste (Anlage 1 zur AWV). Nach § 13 AWG ist für die Entscheidung über die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig, sofern nicht eine besondere Zuständigkeit (insbesondere des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie) bestimmt ist. Eine Genehmigung nach dem AWG ist gemäß § 8 AWG zu erteilen, „wenn zu erwarten ist, dass die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder der Handlung den Zweck der Vorschrift nicht oder nur unwesentlich gefährdet“. In anderen Fällen kann die Genehmigung erteilt werden, „wenn das volkswirtschaftliche Interesse an der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder der Handlung die damit verbundene Beeinträchtigung des in der Ermächtigung angegebenen Zwecks überwiegt“. In letztgenannten Fällen hat der Antragsteller keinen Anspruch auf die Genehmigung, sondern lediglich auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Für Kriegswaffen gelten darüber hinaus Art. 26 GG und die Vorschriften des KrWaffKontrG. Danach ist unter anderem für die Beförderung innerhalb und außerhalb des Bundesgebietes eine Genehmigung erforderlich, § 3 und § 4 KrWaffKontrG. Für die Erteilung solcher Genehmigungen ist gemäß § 11 KrWaffKontrG die Bundesregierung zuständig. Die Bundesregierung kann nach § 11 Abs. 2 und 3 KrWaffKontrG die Befugnis zur Erteilung der Genehmigungen durch Rechtverordnung auf einzelne Ministerien übertragen. Sie hat von dieser Befugnis mit dem Erlass der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrGDV 1) Gebrauch gemacht. Ausdrücklich ist in § 6 Abs. 1 KrWaffKontrG normiert, dass auf die Erteilung einer Genehmigung nach dem KrWaffKontrG kein Anspruch besteht. Nach § 6 Abs. 2 KrWaffKontrG kann die Genehmigung unter anderem insbesondere versagt werden, wenn „Grund zu der Annahme besteht, daß ihre Erteilung dem Interesse der Bundesrepublik an der Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu anderen Ländern zuwiderlaufen würde“. Die Ausübung des Ermessens in den oben genannten Fällen wird maßgeblich durch die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter “ von 2000, den „Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates von 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ und völkerrechtlich durch den Vertrag über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty – ATT) bestimmt. 2.2. Verbleibender Handlungsbereich für die Landes- und Kommunalverwaltung Ausgangspunkt für die Ermittlung des verbleibenden Handlungsbereichs für die Landes- und Kommunalverwaltung ist der Beschluss des OVG Lüneburg zu einer Untersagung der Hafenbehörde der Hansestadt Lübeck bezüglich des Einbringens von Transportbehältern mit abgebrannten Brennelementen aus Kernkraftwerken in den Lübecker Hafen.2 In diesem hatte das Gericht klargestellt , dass die Hafenbehörde nicht befugt gewesen sei, die Gefährdungstatbestände, die damals die Physikalisch-Technische Bundesanstalt im Rahmen der sich auf den gesamten Transportweg und den Umschlag erstreckenden Beförderungsgenehmigung nach dem Atomgesetz (AtG) geprüft 2 OVG Lüneburg, NVwZ 1988, S. 560 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 6 hatte, abweichend zu beurteilen; der Hafenbehörde fehle insoweit die Kompetenz und das erforderliche Fachwissen. Übertragt man diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall, so ist die Landes- und Kommunalverwaltung nicht befugt, die von den zuständigen Bundesstellen im Genehmigungsverfahren nach dem AWG bzw. dem KrWaffKontrG getroffenen Einschätzungen anders zu beurteilen und auf dieser Grundlage die Ausfuhr von Rüstungsgütern zu untersagen. Die Zuständigkeit liegt insoweit allein beim BAFA bzw. den zuständigen Bundesministerien. Etwas anderes gilt hingegen bei konkreten Erwägungen bezüglich unvorhergesehener weiterer, speziell hafenpolizeilicher Umstände. Insoweit verbleibt ein Handlungsbereich für die örtliche Verwaltung nach dem jeweiligen Landesrecht . Eine Beschränkung der Ausfuhr von Rüstungsgütern durch die lokalen Hafenbehörden beispielsweise aufgrund von Einschätzungen zu den Auswirkungen einer solchen Ausfuhr auf das friedliche Zusammenleben der Völker ist damit jedoch nicht möglich. 3. Handlungsmöglichkeiten des Landesgesetzgebers Als Vorbild für einen landesrechtlich normierten Ausschluss der Ausfuhr von Rüstungsgütern über einen bestimmten Hafen könnte die 2012 geschaffene Regelung im Bremischen Hafenbetriebsgesetz dienen, mit der der Umschlag von Kernbrennstoffen über bremische Häfen grundsätzlich ausgeschlossen wurde. Die Regelung besteht aus zwei Absätzen, die in die Vorschrift des § 2 Brem HafenbetrG über das Hafengebiet eingefügt wurden: (2) Die bremischen Häfen sind als Universalhäfen gewidmet und stehen als öffentliche Einrichtungen für den Umschlag aller zulässigen Güter offen. (3) Im Interesse einer grundsätzlich auf Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien ausgerichteten Gesamtwirtschaft ist der Umschlag von Kernbrennstoffen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Atomgesetzes ausgeschlossen. Der Senat kann allgemein oder im Einzelfall Ausnahmen zulassen, insbesondere für Kernbrennstoffe, die unter die Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 des Atomgesetzes fallen oder nur in geringen Mengen im Umschlagsgut enthalten sind. Begründet wurde die Regelung unter anderem mit dem gesamtbremischen Ziel des konstanten Ausbaus der erneuerbaren Energien. Der Umschlag von Kernbrennstoffen in bremischen Häfen sei mit den landespolitischen Zielsetzungen von Nachhaltigkeit und Vorsorge im Interesse auch zukünftiger Generationen nicht vereinbar.3 Die Nutzung der Hafenanlagen für den Umschlag von Kernbrennstoffen stehe im Widerspruch zur Bewerbung und Wahrnehmung von Bremen und Bremerhaven als Standorte der erneuerbaren Energien. Die Teilentwidmung sei integraler Bestandteil einer Gesamtpolitik Bremens im Bereich der zukünftigen Energieerzeugung, Umweltschonung und auf Nachhaltigkeit basierender Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung ist hoch umstritten. Zunächst soll daher auf die entsprechende Diskussion in den zu dieser Frage angefertigten Gutachten und der Literatur sowie 3 BremBürgerschaft-Drs. 18/96, S. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 7 die einschlägige Rechtsprechung eingegangen werden. Sodann wird überprüft, inwieweit sich die dabei ermittelten Ergebnisse auf den vorliegenden Fall übertragen lassen. 3.1. Diskussion zu landesrechtlichen Verboten des Umschlags von Kernbrennstoffen in Häfen 3.1.1. Gutachten 3.1.1.1. Kanzlei „Gaßner, Groth, Siederer & Coll.“ Im Auftrag des Senats der Freien Hansestadt Bremen hat die Kanzlei „Gaßner, Groth, Siederer & Coll.“ 2011 ein Gutachten mit dem Titel „Rechtliche Handlungsoptionen zur partiellen Sperrung der Bremischen Häfen für den Umschlag von Kernbrennstoffen“ erarbeitet.4 Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass ein Verbot des Umschlags von Kernbrennstoffen im Bereich des Hafenverkehrsrechts an der formellen Verbandskompetenz des Landes scheitere. Zwar existiere in § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG eine Delegationsnorm an den jeweiligen Verkehrsträger, spezifische Sicherheitsvorschriften zu erlassen. Jedoch gebe das AtG inhaltlich für die delegierten Regelungen vor, dass diese jeweils für den spezifischen Verkehrsweg den Stand von Wissenschaft und Technik genauer ausformen müssten. Der Stand von Wissenschaft und Technik sei bundeseinheitlich definiert und zwar so, dass der Umschlag von Kernbrennstoffen nicht generell verboten werde. Ein Verbot wäre hafenverkehrsrechtlich nur aufgrund von Besonderheiten der bremischen Häfen möglich, die unter Zugrundelegung des Standes von Wissenschaft und Technik einen Umschlag aus tatsächlichen Gründen dauerhaft ausschließen würden. Solche Besonderheiten könnten jedoch nicht nachgewiesen werden. Rechtlich zulässig sei hingegen eine Teilentwidmung des Hafens für den Umschlag von Kernbrennstoffen , die an der Gesamtwidmung des Hafens ansetzen würde. Die widmungsspezifischen Anforderungen an eine Teilentwidmung seien erfüllt. Es bestehe auch eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz des Landes, da das landesrechtliche Widmungsrecht vorliegend nicht durch die ausschließliche Kompetenz des Bundes für das Atomrecht gesperrt sei. Das Land überschreite auch nicht seine materielle Regelungskompetenz. Im Rahmen der Widmung einer öffentlichen Einrichtung bestehe ein umfassendes Definitionsrecht des Trägers über den Zweck der Einrichtung und dessen Einordnung in die Gesamtpolitik der Körperschaft. Der bundesrechtliche Rechtsrahmen und die „Sachpolitik“ des Bundes würden nicht umfassend negiert, sondern nur punktuell anders akzentuiert. Der Teilentwidmung stehe auch nicht entgegen, dass faktisch ein Verbot des Umschlags von Kernbrennstoffen erreicht werde, das über die geforderte Vorsorge nach dem Stand von Wissenschaft und Technik hinausgehen würde und somit inhaltlich nicht deckungsgleich mit § 4 Abs. 2 Nr. 3 AtG sei. Das Land sei im Rahmen des Widmungsrechts zur Verfolgung eigener legitimer Ziele berechtigt. 4 Das Gutachten ist abrufbar unter http://www.hafenausschuss.bremische-buergerschaft.de/sixcms/media .php/13/Vorlage%20zu%20TOP%20I.3%20Gutachten%20Ga%DFner%2C%20Groth%2C%20Siederer %20u.%20Coll.pdf, zuletzt abgerufen am 30. Mai 2017. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 8 3.1.1.2. Kanzlei „Göhmann Rechtsanwälte und Notare“ Daneben hat 2011 auch die Kanzlei „Göhmann Rechtsanwälte und Notare“ ein „Gutachten zu der Frage, ob die Durchführung von Atomtransporten auf dem Gebiet des Landes Bremen in rechtlich zulässiger Weise unterbunden werden kann“ erstellt.5 Auch dieses Gutachten schlägt eine Teilentwidmung der bremischen Häfen vor. Einer solchen Teilentwidmung stehe auch nicht das AtG entgegen. Es sei nicht ersichtlich, dass das AtG verlange, dass jedweder Ort und jeder Weg im Bundesgebiet für die Beförderung von Kernbrennstoffen zur Verfügung gestellt werden müssten. Vorausgesetzt würden vielmehr Geeignetheit und rechtliche Zulässigkeit für einen Transport von Kernbrennstoffen. Werde der Umschlag von Kernbrennstoffen durch das Hafenbetriebsgesetz untersagt , so könne diese Regelung weder von der Genehmigungs- noch von der Aufsichtsbehörde durch eine eigene Entscheidung konterkariert werden. Auch wenn die Hafenbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit für Atomtransporte in Bundesauftragsverwaltung handelten, seien sie weiterhin als Behörden des Landes tätig. Sie seien wie jede Behörde auf dem Landesgebiet an Landesrecht gebunden und könnten sich daher nicht über die nunmehr nur eingeschränkte Nutzbarkeit des bremischen Hafengebiets hinwegsetzen. Nichts Abweichendes ergäbe sich, sofern der Bund von seinen Aufsichts- und Weisungsrechten aus Art. 85 Abs. 4 und 3 GG Gebrauch machen würde. Die bremischen Behörden hätten zwar einer Weisung nachzukommen, jedoch ändere dies nichts an der Rechtswidrigkeit einer widmungswidrigen Nutzung der Häfen. 3.1.2. Literatur Auch die rechtswissenschaftliche Literatur hat sich mit der Frage der Zulässigkeit landesrechtlicher Beschränkungen des Umschlags von Kernbrennstoffen befasst. Im Ergebnis werden dabei derartige Regelungen der Landesgesetzgeber als unvereinbar mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes und dem Grundsatz der Bundestreue angesehen. Entsprechende Regelungen würden in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG fallen.6 Die Bundesländer seien insoweit nicht zur Gesetzgebung befugt, da dem Bund in diesem Bereich ein ausschließlicher und nicht disponibler oder verhandelbarer Kompetenztitel zugewiesen sei. In Ausfüllung des Kompetenztitels habe der Bundesgesetzgeber im AtG abschließend in § 4 AtG Regelungen über den Transport normiert. Nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 AtG sei das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig für die Genehmigung des Transports von Kernbrennstoffen . Erforderlich sei eine „funktionsgerechte Kompetenzinterpretation“, also eine Gesamtwürdigung des Kompetenztitels, die dem Grundpostulat einer Vermeidung von Kompetenzüberschreitungen gerecht werden müsse. Dabei enthalte die Sperrwirkung auch ein Verbot der Aktivitäten von Ländern, die die Wahrnehmung der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes erheblich beeinträchtigen könnten. Gerade mit den hier in Rede stehenden landesrechtlichen 5 Das Gutachten ist abrufbar unter http://www.hafenausschuss.bremische-buergerschaft.de/sixcms/media .php/13/TOP%203%20Gutachten%20G%F6hmann.pdf, zuletzt abgerufen am 30. Mai 2017. 6 Schwarz, Landesrechtliche Beschränkungen des Umschlags von Kernbrennstoffen, NordÖR 2012, S. 331 (331 f.); Lagoni, Atomtransporte im Hafen, NordÖR 2012, S. 335 (336 f.); Schwarz, Das Verbot des Umschlags von Kernbrennstoffen in Seehäfen als bundesstaatliches Problem, DÖV 2012, S. 457 (458 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 9 Regelungen würde ein Landesstaatswillen zum Ausdruck gebracht werden, der dem kompetenzgemäß gebildeten Bundesstaatswillen diametral entgegengesetzt sei. Entsprechende Landesregelungen stellten den Versuch dar, auf der Grundlage einer eigenen – politisch geprägten und nicht sachlich gerechtfertigten – Risikoanalyse und Bewertung den Transport von Kernbrennstoffen zu verbieten. Eine solche konkurrierende Risikobewertung sei aber dem Bereich des Atomrechts fremd. Darüber hinaus würden entsprechende landesrechtliche Beschränkungen auch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Bundestreue darstellen.7 Nach diesem Grundsatz seien die Länder zu einer loyalen Umsetzung der Rechtsauffassung des Bundes verpflichtet und umgekehrt nicht berechtigt, durch eigene legislatorische Maßnahmen die durch Bundesrecht vorgegebenen und verbindlichen Ziele in Frage zu stellen. Bei den hier in Rede stehenden landesrechtlichen Umschlagsverboten dränge sich der Eindruck auf, dass der Gesetzgeber in Kenntnis des Kompetenzproblems einen Weg gehen würde, der sich als „Umgehung“ der bundesstaatlichen Kompetenzordnung erweise. 3.1.3. Rechtsprechung 3.1.3.1. Urteil des Staatsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen Mit Urteil vom 12. April 2013 hat der Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen über einen Normenkontrollantrag von Mitgliedern der Bremischen Bürgerschaft zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der oben dargestellten Änderung des Bremischen Hafenbetriebsgesetzes entschieden.8 In dem Urteil hat der Staatsgerichtshof sich jedoch nicht inhaltlich mit dem Hafenbetriebsgesetz befasst, sondern den Normenkontrollantrag aus formalen Erwägungen als unzulässig zurückgewiesen. Drei Richter des Staatsgerichtshofes haben dieser Entscheidung des Gerichts jedoch nicht zugestimmt und ihre Rechtsauffassung in einem abweichenden Votum dargelegt. Nach diesem Votum ist der Normenkontrollantrag zulässig und begründet. Der Landesgesetzgeber habe mit dem Gesetz eine atomrechtliche Regelung getroffen, für die er keine Gesetzgebungskompetenz besitze. Entscheidend sei nicht die Bezeichnung eines Gesetzes, sondern der objektiv bestimmbare Inhalt der jeweiligen Regelung. Nach diesem Maßstab handele es sich bei der Änderung des Hafenbetriebsgesetzes der Sache nach um eine atomrechtliche Regelung. Die Argumentation, das Umschlagverbot betreffe lediglich eine „Vorfrage des Transports“, werde dem objektiven Regelungsgehalt der landesgesetzlichen Regelung erkennbar nicht gerecht. Die hier getroffene Sonderregelung betreffe ein Gütersegment, dessen Transport einem speziellen bundesrechtlichen Regime unterliege, nämlich dem des AtG. 3.1.3.2. Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen Darüber hinaus haben vor dem Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen drei Unternehmen aus der Branche der Entsorgung und des Transportes von Kernbrennstoffen sich gegen die 7 Schwarz, Landesrechtliche Beschränkungen des Umschlags von Kernbrennstoffen, NordÖR 2012, S. 331 (333); ders., Das Verbot des Umschlags von Kernbrennstoffen in Seehäfen als bundesstaatliches Problem, DÖV 2012, S. 457 (460 ff.). 8 Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 12. April 2013 – St 1/12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 10 Änderung des Bremischen Hafenbetriebsgesetzes gewandt. Das Verwaltungsgericht hält die Änderung des Hafenbetriebsgesetzes für unvereinbar mit der grundgesetzlichen Kompetenzordnung und dem Grundsatz der Bundestreue und hat daher mit Beschluss vom 9. Juli 2015 das Verfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Änderung des Hafenbetriebsgesetzes einzuholen.9 Die entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht derzeit noch aus. Im Folgenden soll die Argumentation des Verwaltungsgerichts näher dargelegt werden: Nach Auffassung des Gerichts verstößt die Vorschrift gegen die grundgesetzliche Kompetenzordnung. Es handele sich bei dem Umschlagsverbot nicht um eine dem Recht der öffentlichen Sachen unterfallende Bestimmung des Widmungsumfangs der bremischen Häfen, sondern um eine Regelung des Transports von Kernbrennstoffen, die der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie zuzuordnen sei. Der Kompetenztitel des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG sei dahingehend auszulegen, dass er dem Bund eine umfassende ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den gesamten Bereich der Erzeugung und Nutzung der Kernenergie verleihe, die auch alle transportrechtlichen Fragen einschließlich der damit verbundenen gefahrenrechtlichen Aspekte beinhalte. Diese umfassende Gesetzgebungskompetenz des Bundes hätten die Länder auch bei ihrer Gesetzgebung im Bereich des Rechts der öffentlichen Sachen zu beachten. Die Zuordnung einer bestimmten Regelung zu einer Kompetenznorm geschehe anhand von unmittelbarem Regelungsgegenstand, Normzweck, Wirkung und Adressat der zuzuordnenden Norm sowie der Verfassungstradition. Komme ihre Zugehörigkeit zu verschiedenen Kompetenzbereichen in Betracht, so sei aus dem Regelungszusammenhang zu schließen, wo sie ihren Schwerpunkt habe. Dabei falle insbesondere ins Gewicht, wie eng die fragliche Teilregelung mit dem Gegenstand der Gesamtregelung verbunden sei. Nach diesen Maßstäben lasse sich aus dem Widmungsrecht des Landes Bremen für seine Häfen keine Gesetzgebungskompetenz für die hier in Rede stehende Regelung zum Ausschluss des Umschlags von Kernbrennstoffen herleiten: Zum einen sei unmittelbarer Regelungsgegenstand der streitgegenständlichen Norm eine Regelung über den Transport von Kernbrennstoffen. Zum anderen spreche vor allem der maßgebliche Normzweck der Regelung nicht für einen widmungsrechtlichen, sondern für einen atomrechtlichen Schwerpunkt der Regelung. Bereits durch das in Auftrag gegebene Rechtsgutachten (siehe oben unter 3.1.1.1.) werde deutlich, dass das Gesetzesvorhaben von Beginn an keine umfassende Neuausrichtung der bremischen Häfen an den Zielen einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik zum Gegenstand gehabt habe, sondern allein auf den Ausschluss von Kernbrennstoffen in den bremischen Häfen gerichtet gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus den Debattenbeiträgen im Gesetzgebungsverfahren . Auch mit der Argumentation aus dem Gesetzgebungsverfahren hinsichtlich der Gefahrenaspekte der Atomtransporte lasse sich keine Landesgesetzgebungskompetenz herleiten. 9 VG Bremen, Beschluss vom 9. Juli 2015 – 5 K 171/13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 11 Die Gefahrenaspekte seien bei der Erteilung der Transportgenehmigung zu berücksichtigen und könnten deshalb nicht Ansatzpunkt für eine landesspezifische Regelung sein. Auch nach der funktionellen Qualifikation unter Berücksichtigung der Wirkung und der Adressaten der Norm stelle sich die Änderung des Hafenbetriebsgesetzes als eine Regelung im Kompetenzbereich des Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG dar. Das Umschlagsverbot betreffe nicht nur eine Vorfrage des Transports, sondern den Transport von Kernbrennstoffen unmittelbar selbst, indem es ihn für den Bereich der bremischen Häfen unterbinde. Die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken schließe die Beförderung radioaktiver Stoffe notwendig ein, denn die Kernenergie könne nur genutzt werden, wenn diese Stoffe von den verschiedenen Verkehrsträgern auch befördert werden könnten. Die Wirkungen von landesgesetzlichen Umschlagsverboten würden besonders deutlich, wenn man berücksichtige, dass auch andere norddeutsche Küstenländer ein entsprechendes Umschlagsverbot erlassen könnten. Schließlich würden auch die historische Entwicklung und die Verfassungstradition der jeweiligen Kompetenzbereiche für eine Zuordnung eines Umschlagsverbots für Kernbrennstoffe zum Atomrecht und nicht zum Recht der öffentlichen Sachen sprechen. So entspreche es nicht der Tradition des Widmungsrechts, Güterarten ungeachtet der hierfür vorhandenen Hafeninfrastruktur allein aus allgemein politischen Erwägungen vom Umschlag auszuschließen. In diesem Zusammenhang verweist das Gericht ferner auf die sog. Laternengarage-Entscheidung10 des Bundesverfassungsgerichts zur Abgrenzung zwischen Wegerecht und Straßenverkehrsrecht. Nach dieser werde durch die Widmung bestimmt, welche Verkehrsarten als solche auf der jeweiligen Straße zulässig sein sollten. Beschränkungen der Verkehrsarten oder der Benutzungszwecke seien auf dieser Ebene nur statthaft, soweit sie aufgrund der der Straße mit der Widmung zugedachten Verkehrsfunktion oder aufgrund straßenbaulicher Belastungsgrenzen erforderlich seien. Demgegenüber sei Regelungsgegenstand des Straßenverkehrsrechts allein die Ausübung des vom zugelassenen Gemeingebrauch umfassten verkehrsbezogenen Verhaltens der jeweiligen Verkehrsarten . Dabei dürfe die Regelung des konkreten Verkehrsverhaltens wegen des Vorbehalts des Straßenrechts [gemeint ist wohl der Vorbehalt des Widmungsrechts] nicht im Ergebnis auf eine Erweiterung oder Beschränkung der Widmung hinauslaufen. Umgekehrt dürften aber auch keine straßenverkehrsrechtlich zulässigen Ausübungen des Gemeingebrauchs durch das Straßenrecht ausgeschlossen werden. Würde man diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall übertragen – so das Verwaltungsgericht –, wäre von einem Vorbehalt des Widmungsrechts und einem Vorrang des Atomrechts auszugehen. Nach dem auch für Häfen geltenden Vorbehalt des Widmungsrechts begrenze die landesrechtliche Widmung auch die nach Maßgabe des Atomrechts zulässigen Transportmöglichkeiten. Gleichwohl sei auch im Verhältnis von Widmungsrecht zum Straßenverkehrsrecht anerkannt, dass wegen des Vorrangs des Straßenverkehrsrechts bundesrechtlich zugelassene Verkehrsvorgänge nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden dürften. Für das Parken habe das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es keine eigene Verkehrsart sei, sondern eine konkrete Ausprägung der Verkehrsart „Verkehr mit Kraftfahrzeugen“. Durch Teilentwidmung einer Straße könne eine komplette 10 BVerfGE 67, 299. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 12 Verkehrsart – nämlich der Verkehr mit Kraftfahrzeugen – ausgenommen und dadurch eine ausschließlich für Fußgänger und Radfahrer gewidmete Straße eingerichtet werden. Es dürfte dem Landesgesetzgeber und der zuständigen Behörde aber verwehrt sein, durch Teilentwidmung grundsätzlich zum Verkehr nach Bundesrecht zugelassene Kraftfahrzeuge eines bestimmten Typs oder einer bestimmten Bauart auszuschließen. Anschließend stellt das Verwaltungsgericht fest, dass angesichts der abschließenden Regelung des Bundesgesetzgebers in § 4 AtG zum Transport von Kernbrennstoffen Einschränkungen und Verbote auch nur nach Maßgabe des Atomrechts zulässig seien. Die durch das AtG vorgeprägte und abschließend normierte Frage der Zulässigkeit entsprechender Transporte könne nicht nachträglich durch eine landesgesetzliche Teilentwidmung beschränkt werden. Insoweit bestehe der Vorrang des bundesrechtlichen Atomrechts. Dementsprechend seien auch im Hafenwidmungsrecht nur solche Einschränkungen zulässig, die sich aus der mit der Widmung zugedachten Verkehrsfunktion des Hafens oder aufgrund der vorgegebenen Hafeninfrastruktur ergeben würden. Eine Teilentwidmung für den Umschlag von Kernbrennstoffen könne nicht auf Erwägungen gestützt werden, die keinen inhaltlichen Bezug zur Widmungskompetenz aufweisen würden. Unter Beachtung der im AtG beschriebenen Anforderungen könnten Kernbrennstoffe nicht als eine eigenständige „Umschlagsart“ angesehen werden, die durch Teilentwidmung gesondert ausgeschlossen werden könnte. Kernbrennstoffe in entsprechenden Transportbehältern stellten sich vielmehr als eine konkrete Ausprägung der „Umschlagsart Stückgut“ dar, für die das Bundesrecht besondere Vorgaben enthalten würde, die sich jedoch in Hinblick auf die technische Abwicklung des Umschlags nicht vom Umschlag anderer Stückgüter unterscheide. Das Widmungsrecht dürfe deshalb nicht isoliert ein Umschlagsgut vom Hafenumschlag durch Teilentwidmung ausnehmen, dessen Transport und Umschlag vom Atomrecht ausdrücklich als zulässig angesehen werde. Auch die dem Bund im Atomrecht zustehenden Verwaltungskompetenzen würden zeigen, dass sich ein landesgesetzliches Umschlagsverbot für Kernbrennstoffe nicht in das bestehende Regelungssystem einfüge. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe im Bereich der Bundesauftragsverwaltung dem Land zwar die Wahrnehmungskompetenz zu, die eigentliche Sachbeurteilung und Sachentscheidung liege aber beim Bund, wenn dieser die Entscheidungsbefugnis an sich ziehe. Eine Grenze für die Sachkompetenz liege nur bei Anweisungen zu Verhalten, das als grober Verfassungsverstoß schlechterdings nicht verantwortet werden könne. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn der Bund von einem Land ein Verhalten verlangte, das zu einer unmittelbaren Gefährdung der Allgemeinheit führen könnte. Um solche Gefahren würde es im vorliegenden Fall jedoch nicht gehen. Im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Hafenbetriebsgesetzes seien die mit der Nutzung der Kernenergie generell verbundenen Risiken angesprochen worden, aber keine konkreten Gefahren für Leib oder Leben, die die Verweigerung der Genehmigung für einen Transport rechtfertigen könnten. Rechtsfolge der Kompetenzwidrigkeit sei nach Art. 71 GG die Unwirksamkeit der Änderung des Hafenbetriebsgesetzes. Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung seien die Länder nur dann zur Gesetzgebung befugt, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt seien. Eine solche Ermächtigung liege hier jedoch nicht vor. Es komme auch nicht darauf an, ob und wie detailliert der Bund die gesetzliche Regelung für den Transport von Kernbrennstoffen im Allgemeinen und für den Umschlag in Häfen im Besonderen getroffen habe. Allein die Existenz der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie schließe es aus, dass einzelne Bundesländer gesetzliche Regelungen erließen, die unmittelbar auf ein Umschlagsverbot für Kernbrennstoffe gerichtet seien. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 13 Darüber hinaus verstoße die Änderung des Hafenbetriebsgesetzes auch gegen den Grundsatz der Bundestreue. Bund und Länder seien nach dem Grundsatz der Bundestreue dazu verpflichtet, es zu unterlassen, kompetenzgemäße Maßnahmen der jeweils anderen Ebene in ihren Rechtswirkungen zu konterkarieren. Der bremische Landesgesetzgeber – so das Verwaltungsgericht – sei in Kenntnis der kompetenzrechtlichen Probleme einen Weg gegangen, der letztlich eine Umgehung der bundesstaatlichen Kompetenzordnung darstelle. Ausweislich des vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachtens sei es von Anfang allein um Handlungsoptionen gegangen, den Umschlag von Kernbrennstoffen unter Anknüpfung an eine formal bestehende Landesgesetzgebungskompetenz und in Kenntnis des Spannungsverhältnisses zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Atomrecht in den bremischen Häfen verbieten zu können. Weiter greift das Verwaltungsgericht das vom Bundesverfassungsgericht als Konkretisierung und Erweiterung des Postulats der Bundestreue entwickelte Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung auf. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Rechtsprechung festgestellt, dass nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes und dem Rechtsstaatsprinzip der Abgabengesetzgeber aufgrund seiner Abgabenkompetenz nur insoweit lenkend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers übergreifen dürfe, als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderlaufen dürfe. Nach diesen Maßstäben verstoße die Änderung des Hafenbetriebsgesetzes gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Sachgesetzgeber für den Bereich des Transports von Kernbrennstoffen sei gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG der Bundesgesetzgeber. Das landesgesetzliche Umschlagsverbot für Kernbrennstoffe besitze eine im Vordergrund stehende Lenkungswirkung, die mit der Gesamtkonzeption des AtG und insbesondere der Vorschrift des § 4 AtG nicht vereinbar sei. Der Widerspruch trete auch nicht erst dann ein, wenn der Bund eine ausdrückliche Bestimmung über den Umschlag von Kernbrennstoffen in den Seehäfen träfe. Eine Regelung über die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen Umschlags sei bereits durch § 4 AtG getroffen worden. Einer näheren Ausgestaltung habe es insoweit nicht bedurft. 3.2. Übertragung auf den vorliegenden Fall Aufgrund des derzeit beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahrens zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des Umschlags von Kernbrennstoffen in Bremen und des Umstandes, dass die Idee einer Landesregelung zum Ausschluss des Umschlags von Rüstungsgütern (noch) nicht näher konkretisiert ist, lässt sich die Verfassungsmäßigkeit einer entsprechenden Regelung an dieser Stelle nicht abschließend beurteilen. Überträgt man jedoch die vom Bremischen Verwaltungsgericht in seinem Vorlagebeschluss aufgestellten Erwägungen auf die vorliegende Fragestellung, so bestehen erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer entsprechenden Regelung zum Ausschluss des Umschlags von Rüstungsgütern.11 Ziel der hier in Rede stehenden Regelung soll der generelle Ausschluss des Umschlags von Rüstungsgütern sein. Herauszuarbeiten ist, wie eine derartige Regelung begründet werden kann. In Betracht kommt zunächst die Berücksichtigung der Eignung der vorhandenen Hafeninfrastruktur für den Umschlag von Rüstungsgütern. Fragen der Hafeninfrastruktur sind jedoch nicht geeignet, 11 So auch die Rechtsauffassung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, siehe HambgBürgerschaft-Drs. 20/13722, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 14 ein generelles Umschlagsverbot für Rüstungsgüter zu rechtfertigen. Es erscheint nicht plausibel und wirft gleichheitsrechtliche Fragen auf, wenn der Umschlag von Rüstungsgütern generell ausgeschlossen werden soll, der Umschlag von Gütern, die vergleichbare Eigenschaften (etwa in Bezug auf Gewicht und Maße), aber keinen Bezug zur Rüstungsindustrie besitzen, nicht entsprechend beschränkt werden soll. Es ist nicht ersichtlich, dass mit Rüstungsgütern per se spezifische Anforderungen an die Hafeninfrastruktur verbunden sind, die ein generelles Umschlagsverbot rechtfertigen könnten. Entsprechendes gilt für die Begründung einer Regelung zum Ausschluss des Umschlags von Rüstungsgütern mit Sicherheitserwägungen. Auch insoweit ließe sich ein generelles Umschlagsverbot nicht rechtfertigen, da dem Umschlag von Rüstungsgütern nicht stets ein besonderes Gefahrenpotential innewohnt. So dürfte beispielsweise ein Panzer ohne Tankladung und Munition regelmäßig kein Gefahrgut darstellen. Im Vordergrund der Begründung eines Ausschlusses des Umschlags von Rüstungsgütern dürften damit allgemeine politische Erwägungen in Bezug auf den Export von Rüstungsgütern und die Auswirkungen solcher Exporte stehen. Bei einer derartigen Begründung stellen sich keine weiteren Fragen der Differenzierung der Regelung zwischen verschiedenen Arten von Rüstungsgütern und auch keine gleichheitsrechtlichen Fragen in Bezug auf die Behandlung anderer Güter. Bei einer derartigen Regelung würde hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz eine ähnliche Ausgangslage bestehen, wie in dem vom Bremischen Verwaltungsgericht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegten Fall. Im Ausgangsfall stellt die Regelung im Hafenbetriebsgesetz über das Umschlagsverbot für Kernbrennstoffe nach Auffassung des Verwaltungsgerichts eine atomrechtliche Regelung dar, für die der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz hat. Im vorliegenden Fall dürfte eine entsprechende Landesregelung über ein Umschlagsverbot mit Rüstungsgütern eine Regelung des Rechts der Ausfuhr von Rüstungsgütern darstellen, für das der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz besitzt. Für die Kriegswaffen ergibt sich die ausschließliche Bundeskompetenz aus Art. 26 Abs. 2 S. 2 GG, wonach das nähere zur Kriegswaffenkontrolle ein Bundesgesetz regelt.12 Für das AWG greift die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG für „den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande“.13 Auf der Grundlage dieser Kompetenztitel hat der Bund das KrWaffKontrG und das AWG erlassen, die auf der Ebene der nationalen Gesetze den Rechtsrahmen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern bilden (siehe oben unter 2.1.). Legt man die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Kriterien für die Zuordnung einer bestimmten Regelung zu einer Kompetenznorm zugrunde (unmittelbarer Regelungsgegenstand, Normzweck, Wirkung und Adressat der zuzuordnenden Norm sowie Rechtstradition) ist eine verfassungsgemäße Ausgestaltung eines landesrechtlichen Umschlagsverbots für Rüstungsgüter nur schwer vorstellbar. Nach der hier vorliegenden Fragestellung wäre der Ausschluss von Rüstungsgütern vom Umschlag in einem Hafen der alleinige und unmittelbare Regelungsgegenstand. Auch der Zweck einer Regelung bestünde allein in dem Ausschluss des Umschlags von Rüstungsgütern und in der Unterwanderung der bundesrechtlichen Entscheidung über die Genehmigung der Ausfuhr der Rüstungsgüter. Ebenfalls hinsichtlich der Wirkungen eines entsprechenden Umschlagsverbots wird der Bezug zur 12 Herdegen, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz, Kommentar, Stand: 78. EL – September 2016 (Kommentierung: 74. EL – Mai 2015), Art. 26 Rn. 56. 13 Uhle, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz, Kommentar, Stand: 78. EL – September 2016 (Kommentierung: 58. EL – April 2010), Art. 73 Rn. 119. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 102/17 Seite 15 Bundeskompetenz für die Ausfuhr von Rüstungsgütern deutlich, insbesondere wenn man sich vorstellt , dass weitere Bundesländer entsprechende Umschlagsverbote erlassen würden und so ein wesentlicher Transportweg für die Ausfuhr von Rüstungsgütern ausgeschlossen wäre. Weiter lässt sich das vom Verwaltungsgericht angeführte Argument, es entspreche nicht der Tradition des Widmungsrechts, Güterarten ungeachtet der hierfür vorhandenen Hafeninfrastruktur allein aus allgemein politischen Erwägungen vom Umschlag auszuschließen, auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Gleiches gilt für die aus der Laternengaragen-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hergeleitete Argumentation, dass im Hafenwidmungsrecht nur solche Einschränkungen zulässig seien, die sich aus der mit der Widmung zugedachten Verkehrsfunktion des Hafen oder aufgrund der vorgegebenen Hafeninfrastruktur ergeben würden. Schließlich dürfte ein landesrechtliches Umschlagsverbot für Rüstungsgüter auch unvereinbar mit dem Grundsatz der Bundestreue sein, wenn mit ihm erkennbar Zwecke verfolgt werden, für die das Land keine Zuständigkeit hat. Außerdem würde ein Umschlagsverbot für Rüstungsgüter im Widerspruch zum bundesrechtlichen System der Ausfuhrkontrolle stehen und damit gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verstoßen. ***