© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 100/19 Fragen zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 100/19 Seite 2 Fragen zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 100/19 Abschluss der Arbeit: 17.04.2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 100/19 Seite 3 1. Einleitung Der Sachstand gibt einen Überblick über den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der mündlichen Verhandlung (§ 101 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) und die Regelungen zur Kostentragung (§§ 154 ff. VwGO). 2. Grundsatz der mündlichen Verhandlung, § 101 VwGO Das deutsche Verwaltungsverfahrensrecht folgt den Grundsätzen der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Verfahrens vor der gerichtlichen Entscheidung.1 Daher hat der Entscheidung eines Gerichts regelmäßig eine mündliche Verhandlung vorauszugehen (§ 101 Abs. 1 VwGO). Diese ist gleichwohl nicht in allen verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchzuführen. Das Gericht darf bzw. muss in einigen Fällen aufgrund gesetzlicher Regelungen ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Parteien damit einverstanden sind. Ihr Einverständnis haben die Parteien gegenüber dem Gericht zu erklären. Es steht im Ermessen des Gerichts, dennoch eine mündliche Verhandlung durchzuführen und aufgrund dieser zu entscheiden.2 Weiterhin können Entscheidungen des Gerichts, die nicht durch Urteile ergehen, grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 3 VwGO). Das Urteil ist jedoch die Grundform der gerichtlichen Entscheidung (§ 107 VwGO). Zu den möglichen weiteren Entscheidungsformen, in denen das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, gehören insbesondere Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (§ 122 VwGO). Diese ergehen vor allem in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in bestimmten Rechtsmittelverfahren oder infolge verfahrensbeendender Handlungen der Parteien, wie Klagerücknahmen oder Erledigungserklärungen.3 Das Gericht kann auch durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 VwGO entscheiden. In diesem Fall beschließt das Gericht grundsätzlich ohne mündlichen Verhandlung. Diese Entscheidungsform kann das Gericht jedoch nur wählen, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Parteien sind vorher zu hören. 1 Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 35. EL September 2018, § 101 Rn. 4. 2 Kothe in Redeker/von Oertzen (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl. 2014, § 101 Rn. 8. 3 Hierzu Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 35. EL September 2018, § 122 Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 100/19 Seite 4 3. Kostentragung, §§ 154 ff. VwGO Die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens setzen sich zusammen aus den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beteiligten.4 Das Gericht entscheidet über die Kosten des Verfahrens in einer Kostengrundentscheidung. Diese Entscheidung folgt dem Grundsatz, dass der unterliegende Teil die Kosten des gesamten Verfahrens trägt, wenn er in vollem Umfang unterliegt (§ 154 Abs. 1 VwGO). Da im Verwaltungsverfahrensrecht der Grundsatz der Kosteneinheit gilt, ergeht auch bei einem teilweisen Unterliegen und Obsiegen der Beteiligten eine einheitliche Entscheidung über die gesamten Kosten. Die Kosten werden in der Regel verhältnismäßig geteilt (§ 155 Abs. 1 S. 1 Var. 2 VwGO). In diesem Fall trägt jeder Beteiligte die Kosten des gesamten Verfahrens in Höhe des Anteils seiner Verlustquote. Unterliegt eine Partei in nur geringem Umfang, können der anderen Partei auch die gesamten Kosten auferlegt werden. Das Gericht kann die Kosten auch gegeneinander aufheben (§ 155 Abs. 1 S. 1 Var. 1 VwGO). Diese Vorgehensweise kommt in Betracht, wenn die Beteiligten genau oder ungefähr zur Hälfte obsiegen bzw. unterliegen.5 Bei der Kostenaufhebung werden gemäß § 155 Abs. 1 S. 2 VwGO allein die Gerichtskosten hälftig geteilt. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst. In Abweichung vom Grundsatz der Kosteneinheit können einem Beteiligten bestimmte Kosten in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen auferlegt werden. So trägt etwa der Antragssteller die infolge eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstandenen Kosten (§ 155 Abs. 3 VwGO). Weiterhin kann das Gericht einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die durch sein Verschulden entstanden sind (§ 155 Abs. 4 VwGO). Ruft ein Beteiligter ein unzuständiges Gericht an, hat er die hierdurch entstandenen Kosten auch dann zu tragen, wenn er in der Hauptsache obsiegt (§ 17b Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG). *** 4 Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 35. EL September 2018, Vorb. § 154 Rn. 7. 5 Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung, 35. EL September 2018, § 155 Rn. 7.