© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 100/18 Zum Zusammentreffen von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen mit weiteren Altersbezügen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/18 Seite 2 Zum Zusammentreffen von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen mit weiteren Altersbezügen Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 100/18 Abschluss der Arbeit: 20. April 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/18 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird, welche Vorgaben das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung für die Alimentation von Ruhestandsbeamten entwickelt hat und wie diese Vorgaben im Beamtenrecht umgesetzt wurden. Ferner wird gefragt, welche Regeln sich hieraus für das Zusammentreffen der beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge mit weiteren Altersbezügen ergeben. Abschließend wird gefragt, ob ein Verzicht auf eine Berücksichtigung weiterer Altersbezüge bei den beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung gegenüber den Empfängern von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung darstellen könnte. Zur Alimentation von Ruhestandsbeamten existiert eine sehr umfangreiche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die unterschiedlichste Einzelfragen dieses Bereichs der Alimentation betrifft.1 Eine vollumfängliche Auswertung dieser Rechtsprechung kann an dieser Stelle damit nicht erfolgen. Im Folgenden sollen jedoch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Grundsätze der Alimentation von Ruhestandsbeamten herausgearbeitet werden (hierzu 2.).2 Hierauf aufbauend werden sodann die einfachgesetzlichen Regelungen zur Alimentation von Ruhestandsbeamten sowie zum Zusammentreffen der beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge mit weiteren Altersbezügen erläutert (hierzu 3.). Abschließend wird auf die eingangs aufgeworfene Frage nach einer verfassungsrechtlich relevanten Ungleichbehandlung eingegangen (hierzu 4.). 2. Grundsätze der Alimentation von Ruhestandsbeamten Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG, die das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich prägen und daher vom Gesetzgeber zu beachten sind, gehört auch das Alimentationsprinzip.3 Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang zu alimentieren. Zunächst soll kurz der Inhalt des Alimentationsprinzips zusammengefasst werden (2.1.). Sodann wird auf den Maßstab für die Versorgung von Ruhestandsbeamten (2.2.) und die Höhe der Versorgung von Ruhestandsbeamten eingegangen (2.3.). 1 Siehe nur aus den letzten Jahren BVerfG, Beschl. vom 23. Mai 2017 – 2 BvL 10/11 (Anrechnung von Kapitalabfindungen der NATO); BVerfG, Beschl. vom 2. Mai 2012 – 2 BvL 5/10 (Rückwirkende Neuregelung der vorübergehenden Erhöhung des versorgungsrechtlichen Ruhegehaltssatzes); BVerfG, Beschl. vom 27. Juli 2010 – 2 BvR 616/09 (Versorgungsabschlag bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit); BVerfG, Beschl. vom 16. März 2009 – 2 BvR 1003/08 (Kürzung der Versorgungsbezüge wegen Altersrente); BVerfG, Beschl. vom 18. Juni 2008 – 2 BvL 6/07 (Versorgungsabschlag für teilzeitbeschäftigte Beamte). 2 Die vorliegende Ausarbeitung bezieht sich allein auf Bundesbeamte. Zu den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen siehe den Überblick von Brinktrine, in: Kugele (Hrsg.), Beamtenversorgungsgesetz, Kommentar, 2011, § 55 Rn. 21. 3 Siehe nur BVerfGE 99, 300 (314). Vertiefend zum Alimentationsprinzip Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 33 Rn. 194 ff.; Jachmann, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2010, Art. 33 Abs. 5 Rn. 49 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/18 Seite 4 2.1. Das Alimentationsprinzip Das Bundesverfassungsgericht führt zum Alimentationsprinzip aus: „Besoldung und Versorgung des Beamten und seiner Familie haben ihre gemeinsame Wurzel im Beamtenverhältnis und müssen immer im Zusammenhang mit der Dienstverpflichtung und der Dienstleistung des Beamten gesehen werden […]. Art. 33 Abs. 5 GG sichert dem Beamten ein durch seine Dienstleistung erworbenes Recht hinsichtlich des Kernbestandes seines Anspruchs auf standesgemäßen Unterhalt. Grundlage dieses Anspruchs und der entsprechenden Alimentationsverpflichtung des Dienstherrn ist die mit der Berufung in das Beamtenverhältnis verbundene Pflicht des Beamten, unter Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit diesem – grundsätzlich auf Lebenszeit – seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen; als Korrelat hat der Dienstherr dem Beamten und seiner Familie in Form von Dienstbezügen sowie einer Altersund Hinterbliebenenversorgung nach Dienstrang, Bedeutung des Amtes und entsprechend der Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Das ist die Voraussetzung dafür, daß sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in wirtschaftlicher und rechtlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann, weil er nicht gezwungen ist, durch zusätzliche Arbeit oder Aufwendungen seinen Unterhalt und die Versorgung seiner Familie, insbesondere nach seinem Tode, sicherstellen zu müssen […].“4 Darüber hinaus fordert das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der vom Staat festzusetzenden Gegenleistung des Dienstherrn für die Leistungen des Beamten: „Diese Gegenleistung muß der Bedeutung der Institution des Berufsbeamtentums, dem Ansehen des während der aktiven Dienstzeit jeweils bekleideten Amtes in den Augen der Gesellschaft, der Bedeutung und Verantwortung des Amtes, der vom Amtsinhaber geforderten Ausbildung und seiner Beanspruchung, also der von ihm geforderten Leistung, entsprechen und auch Rücksicht darauf nehmen, daß das Beamtenverhältnis für qualifizierte Kräfte anziehend sein soll.“5 Da das besondere Treueverhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn auch über den aktiven Dienst hinaus fortbesteht, erscheint es lediglich folgerichtig, dass bei der Umwandlung des aktiven Beamtenverhältnisses in das Ruhestandsbeamtenverhältnis der Anspruch auf Alimentation grundsätzlich weitergilt.6 4 BVerfGE 70, 69 (79 f.) – Hervorhebungen nicht im Original. 5 BVerfGE 76, 256 (323 f.) – Hervorhebungen nicht im Original. 6 Siehe Werres, Beamtenverfassungsrecht, 2011, S. 59 ff., dort zum Folgenden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/18 Seite 5 2.2. Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt Grundsätzlich richtet sich die Grundversorgung des Beamten nach dem, was er in seinem letzten Statusamt als aktiver Beamter vor Eintritt in das Ruhestandsbeamtenverhältnis verdient hat. Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu aus: „Die Abstufung des angemessenen Lebensunterhalts nach Amt und Verantwortung wirkt in die Zeit des Ruhestands hinein und gilt auch für das Ruhegehalt. Da jedes Beförderungsamt durch erhöhte Amtsverantwortung gekennzeichnet ist und jede Beförderung nur nach Leistung erfolgen darf, wird dem Leistungsprinzip dadurch Rechnung getragen, daß der Entgeltfaktor hinsichtlich der Altersversorgung auf das vom Versorgungsempfänger zuletzt innegehabte Amt bezogen ist und sich die Qualität der Dienstleistung auf diese Weise günstig auf die Höhe der Versorgung auswirkt. Zur Wahrung des Leistungsgrundsatzes bedeutet amtsgemäße Versorgung demzufolge im System der Beamtenversorgung, daß Beförderungen sich in der Höhe der Altersversorgung niederschlagen müssen und die Versorgung grundsätzlich nach dem zuletzt innegehabten Amt zu bemessen ist […].“7 Dieser Grundsatz gilt nach der Rechtsprechung des Gerichts jedoch nicht uneingeschränkt. So kann er mit dem Erfordernis verbunden werden, dass der Beamte die Dienstbezüge seines letzten Amtes für eine Mindestverweildauer erhalten hat, um Gefälligkeitsbeförderungen zu verhindern und dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine kurze Dienstzeit es dem in Reichweite des Ruhestands Beförderten oft nicht mehr ermöglichen wird, noch eine dem neuen Amt entsprechende Leistung zu erbringen.8 Der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Grundlagen, auf denen die Einrichtung des Berufsbeamtentums beruht, und ist vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten.9 2.3. Höhe der beamtenrechtlichen Versorgung Hinsichtlich der Höhe der beamtenrechtlichen Versorgung ist allgemein anerkannt, dass der Ruhestandsbeamte im Vergleich zu seiner aktiven Dienstzeit einer abgesenkten Alimentation unterliegt.10 Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums existiert, der den Gesetzgeber verpflichtet, bei Anpassungen der Bezüge eine strikte Parallelität der Besoldungs- und Versorgungsentwicklung zu gewährleisten.11 Auch gebe es keinen hergebrachten Grundsatz, wonach der Höchstversorgungssatz mindestens 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge betragen müsse. In diesem 7 BVerfGE 76, 256 (324 f.) – Hervorhebungen nicht im Original. 8 BVerfGE 117, 372 (383). 9 BVerfGE 117, 372 (382 f.). 10 Siehe schon BT-Drs. IV/2174, S. 17; zum Folgenden Werres, Beamtenverfassungsrecht, 2011, S. 61 f. 11 BVerfGE 114, 258 ff., dort zum Folgenden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/18 Seite 6 Zusammenhang weist das Gericht auch darauf hin, dass im Beamtenrecht das Bemühen, Ausgaben zu sparen, in aller Regel für sich genommen keine ausreichende Legitimation für eine Kürzung der Altersversorgung ist. Außerdem könnten Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zur Bestimmung der Amtsangemessenheit der Versorgungsbezüge und zur Rechtfertigung von deren Absenkung nur herangezogen werden, soweit dies mit den strukturellen Unterschieden der Versorgungssysteme vereinbar sei. 3. Regelungen zur Alimentation von Ruhestandsbeamten und zum Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit weiteren Altersbezügen Die Alimentation von Ruhestandsbeamten erfolgt nach Maßgabe der Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG). Das Beamtenversorgungsgesetz und das danach bestehende Versorgungskonzept können an dieser Stelle nicht im Detail erläutert werden. Verwiesen sei insoweit auf die entsprechende Kommentarliteratur zum Beamtenversorgungsgesetz.12 Geprägt wird die Alimentation von Ruhestandsbeamten vom Begriff des Ruhegehalts. Das System der Berechnung beamtenrechtlicher Ruhegehälter geht in seinem Grundfall davon aus, dass ein Beamter sein gesamtes Arbeitsleben in Vollzeit gearbeitet hat und erst bei Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand tritt. Die Höhe seines Ruhegehalts berechnet sich auf der Basis von zwei Größen (§ 4 Abs. 3 BeamtVG): Zum einen nach der Höhe seiner ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (§ 5 BeamtVG: hierzu zählt beispielsweise das Grundgehalt), zum anderen nach seiner ruhegehaltsfähigen Dienstzeit (§ 6 BeamtVG: grundsätzlich die Dienstzeit, die der Beamte vom Tage seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat). Das Ruhegehalt beträgt nach § 14 BeamtVG für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 % (Multiplikator) der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, insgesamt jedoch höchstens 71,75 % dieser Dienstbezüge. Das Zusammentreffen von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen mit Renten wird von § 55 BeamtVG geregelt. Mit der Ruhensregelung des § 55 BeamtVG soll die Gesamtversorgung eines Beamten aus Rente und Ruhegehalt auf einen Betrag begrenzt bleiben, den er als Ruhegehalt erreicht hätte, wenn er sein gesamtes Arbeitsleben als Beamter verbracht hätte.13 Der über die so ermittelte Höchstgrenze hinausgehende Teil der Versorgungsbezüge wird weggekürzt. Bei der zur Bestimmung der Höchstgrenzen nach § 55 BeamtVG erforderlichen fiktiven Berechnung wird danach differenziert, ob die Versorgungsbezüge als Ruhegehalt oder als Hinterbliebenenbezüge gezahlt werden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Regelung wird auf den sehr ausdifferenzierten Tatbestand des § 55 BeamtVG sowie die entsprechende Kommentarliteratur verwiesen.14 Der Regelung liegt die Erwägung zugrunde, dass eine durch die Anrechnung gleicher Zeiten in beiden Alterssicherungssystemen und infolge der verschiedenartigen Systematik der Berechnung 12 Siehe etwa Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz (mit BeamtStG/BeamtVG/BBesG), Kommentar, Stand: 383. EL (2017); Reich, Beamtenversorgungsgesetz, Kommentar, 2013. 13 BVerwG, DVBl 2004, 768 (769), dort zum Folgenden. 14 Siehe etwa die Kommentierung bei Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz (mit BeamtStG/ BeamtVG/BBesG), Kommentar, Stand: 383. EL (2017), § 55 BeamtVG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/18 Seite 7 von Rente und Versorgung eintretende „Doppelversorgung“, welche die höchstmögliche Versorgung eines vergleichbaren „Nur-Beamten“ übersteigen würde, vermieden werden soll. Zweck der Anrechnungsregelung ist damit die Vermeidung der Besserstellung von Systemwechslern gegenüber den „Nur-Beamten“, das Unterbleiben von Doppelzahlungen aus öffentlichen Kassen und die Einsparung von Haushaltsmitteln.15 Die Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsgemäß.16 Es sei ein berechtigtes Anliegen des Gesetzgebers, darauf hinzuwirken, dass ein Ruhestandsbeamter mit Rentenanspruch keine höhere Gesamtversorgung erhalte als der Ruhestandsbeamte, der sein Berufsleben ausschließlich im Beamtenverhältnis verbracht habe.17 4. Verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von „Nur-Angestellten“ und Systemwechslern bei Aufhebung der Begrenzungsregelung des § 55 BeamtVG? Abschließend soll auf die Frage eingegangen werden, ob die Aufhebung der Begrenzungsregelung des § 55 BeamtVG eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von „Nur-Angestellten“ – also Personen, die grundsätzlich nur Rente beziehen – einerseits und Systemwechslern – also Empfängern von Rente und beamtenrechtlicher Versorgung – andererseits zur Folge hat. Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG muss der Gesetzgeber wesentlich Gleiches rechtlich gleich und wesentlich Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden behandeln.18 Hinsichtlich der Rechtfertigung einer (Un-)Gleichbehandlung existiert eine umfassende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die insbesondere von der „Willkürformel“19 und der „Neuen Formel“20 geprägt wird. In seiner jüngeren Rechtsprechung hat das Gericht versucht, die Formeln zusammenzufassen. Danach ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die stufenlos von gelockerten, auf ein Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen reichen können.21 15 Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz (mit BeamtStG/BeamtVG/BBesG), Kommentar, Stand: 383. EL (2017), § 55 BeamtVG Rn. 2. 16 BVerfGE 76, 256 ff. 17 Vertiefend zur Vereinbarkeit der Regelung mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG, dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und der Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG sowie zu Fragen des Rückwirkungsverbots und des Vertrauensschutzes Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz (mit BeamtStG/BeamtVG/BBesG), Kommentar, Stand: 383. EL (2017), § 55 BeamtVG Rn. 41 ff. 18 Krieger, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 23. 19 Siehe BVerfGE 1, 14 (52). 20 Siehe BVerfGE 55, 72 (88). 21 BVerfGE 129, 49 (1. Leitsatz). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/18 Seite 8 Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentation grundsätzlich einen weiten Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum besitzt.22 In Bezug auf die Beamtenversorgung führt das Gericht beispielsweise aus: „Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet den Gesetzgeber, bei beamtenversorgungsrechtlichen Regelungen den Kernbestand der Strukturprinzipien, welche die Institution des Berufsbeamtentums tragen und von jeher anerkannt sind, zu beachten und gemäß ihrer Bedeutung zu wahren. Ihm verbleibt jedoch ein weiter Spielraum des politischen Ermessens, innerhalb dessen er die Versorgung der Beamten den besonderen Gegebenheiten, den tatsächlichen Notwendigkeiten sowie der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen kann. Jede gesetzliche Regelung des Versorgungsrechts muß generalisieren und enthält daher auch unvermeidbare Härten; sie mag für die Betroffenen insofern fragwürdig erscheinen. Daraus sich ergebende Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Gesamtregelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen läßt. Das gilt für die Anwendung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in gleicher Weise wie für die Anwendung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG […].“23 Zu prüfen ist im vorliegenden Fall, ob eine nach Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vorliegt. Nach der Fragestellung sollen dabei die zwei Vergleichsgruppen aus Rentenempfängern einerseits und Empfängern von Rente und beamtenrechtlicher Versorgung andererseits bestehen. Diese beiden Gruppen dürften jedoch bereits nicht vergleichbar im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG sein. Die Betroffenen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Erwerbsbiografie und damit auch hinsichtlich der für sie geltenden Versorgungssysteme. Und hinsichtlich letzterer betont das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung, dass die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeitnehmer einerseits und die Regelungen der Beamtenversorgung andererseits sich strukturell in so erheblicher Weise unterscheiden, dass die beiden Systeme nicht vergleichbar im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG sind.24 Damit dürfte es bereits an dem wesentlich gleichem Sachverhalt fehlen. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Überlegung, dass bei den Personen, die grundsätzlich lediglich eine Rente beziehen, schon kein Zusammentreffen verschiedener Altersbezüge gegeben ist und sich die Frage des Ruhens einer bestimmten Leistung gar nicht stellt. *** 22 Werres, Beamtenverfassungsrecht, 2011, S. 57. 23 BVerfGE 76, 256 (295) – Hervorhebungen nicht im Original. 24 BVerfGE 39, 169 (185); BVerfGE 21, 329 (352); siehe auch BAG, NZA-RR 2013, 94 (96).