© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 100/13 Die Vereinbarkeit eines Verbots von Ölheizungen mit dem Grundgesetz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 2 Die Vereinbarkeit eines Verbots von Ölheizungen mit dem Grundgesetz Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 100/13 Abschluss der Arbeit: 11. Juni 2013 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesetzgebungskompetenz des Bundes 4 2.1. Verhältnis zur Europäischen Union 4 2.2. Verhältnis zu den Bundesländern 5 3. Vereinbarkeit mit dem Recht auf Eigentum, Art. 14 GG 6 4. Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit, Art. 12 GG 9 5. Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz, Art. 3 GG 10 6. Ergebnis 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 4 1. Einleitung Das dänische Parlament hat im März 2012 ein teilweises Verbot von Ölheizungen beschlossen. Nach dem Gesetz dürfen ab 2013 in Neubauten keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden. Ab 2016 dürfen Ölheizungen in bestehenden Gebäuden in Gebieten, in denen Fernwärme oder ein Erdgasanschluss zur Verfügung stehen, nicht mehr weiterbetrieben werden. Der dänische Staat hat zudem 5,6 Millionen Euro Fördergelder für die Umrüstung von Öl- und Gasheizungen auf erneuerbare Energien bereit gestellt.1 Hintergrund ist das politische Ziel, dass bis zum Jahr 2050 Dänemarks gesamter Energiebedarf aus erneuerbaren Energien gewonnen werden soll.2 Dadurch sollen dänische Unternehmen und Haushalte unabhängig von knapper und teurer werdenden fossilen Brennstoffen werden.3 Auch in Österreich wird ein Verbot diskutiert. So forderte der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) Anfang Mai 2013 ein Verbot des Einbaus von Ölheizungen in Neubauten ab 2015 sowie in der Sanierung ab 2016 samt einer Kesseltauschprämie als Investitionsanreiz.4 Die folgende Ausarbeitung befasst sich mit der Frage, ob ein Verbot von Ölheizungen mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Dazu wird zunächst geprüft, ob der Bundesgesetzgeber für ein solches Verbot zuständig wäre. Sodann wird die Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit dem Recht auf Eigentum, Art. 14 GG, der Berufsfreiheit, Art. 12 GG, sowie dem Gleichheitssatz, Art. 3 GG, geprüft. 2. Gesetzgebungskompetenz des Bundes 2.1. Verhältnis zur Europäischen Union Der deutsche Gesetzgeber müsste zur Regelung eines Verbots von Ölheizungen zuständig sein. Der Europäischen Union (EU) werden im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausdrücklich Kompetenzen zugewiesen, auf den Gebieten der Umwelt- und Energiepolitik tätig zu werden. Art. 191 Abs. 1 AEUV umschreibt Ziele und Aufgaben der Umweltpolitik der Union. Ausdrücklich wird hierbei auf den Klimaschutz Bezug genommen. Zu den energiepolitischen Zielen gehören die Versorgungssicherheit sowie die Förderung erneuerbarer Energiequellen (Art. 194 Abs. 1 lit. b), c) AEUV). 1 DK Energy Agreement, March 22 2012, S. 2, abrufbar unter: http://www.kemin.dk/Documents/Presse/2012/Energiaftale/FAKTA%20UK%201.pdf (Stand aller Internetseiten : 29.05.2013). 2 DK Energy Agreement (Fn. 1), S. 1. 3 Accelerating green energy towards 2020, Danish Minister for Climate, Energy and Building, S. 4, abrufbar unter: http://www.ens.dk/files/dokumenter/publikationer/downloads/accelerating_green_energy_towards_2020.pdf. 4 Pressemitteilung, abrufbar unter: http://www.erneuerbare-energie.at/archiv-pressemitteilungen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 5 Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV bestimmt, dass energiepolitische Maßnahmen des Europäischen Parlaments und des Rates nicht das Recht eines Mitgliedstaats berühren, die Bedingungen für die Nutzung seiner Energieressourcen, seine Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung zu bestimmen. Diese drei Bereiche können die Mitgliedsstaaten daher autonom regeln. Etwas anderes gilt nur, wenn nach Art. 192 Abs. 2 lit. c) AEUV ein einstimmiger Ratsbeschluss getroffen wurde zu Maßnahmen, die die Wahl eines Mitgliedstaates zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren.5 Hierunter fallen indes weder die Erneuerbare-Energien-RL 2009/28/EG6 noch die prozentuale Festlegung der Pflichten zur Verminderung von Treibhausgasen zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls.7 Der deutsche Gesetzgeber wäre mithin für die Regelung eines Verbots von Ölheizungen zuständig. 2.2. Verhältnis zu den Bundesländern Der Bund müsste für ein Verbot von Ölheizungen die nationale Gesetzgebungskompetenz besitzen . Gemäß Art. 30, 70 GG liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern, es sei denn, das Grundgesetz weist dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz zu. Als Kompetenztitel kommen sowohl das „Recht der Wirtschaft“ aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, Art. 72 Abs. 2 GG als auch die „Luftreinhaltung“ aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG in Betracht. Zum Recht der Wirtschaft gehört ausdrücklich auch die Energiewirtschaft. Hierunter fallen nicht nur die Energiegewinnung und -verteilung, sondern auch die Sicherung der Energieversorgung.8 Luftreinhaltung wiederum ist der Schutz vor und die Beseitigung von Verunreinigungen der Luft, wozu auch der Klimaschutz gehört.9 Bei der Auswahl einer Kompetenznorm ist eine auf den jeweiligen Gegenstand des Gesetzes abstellende materielle Betrachtung geboten, unter Berücksichtigung seiner wesentlichen Inhalte, seines primären Gesetzeszwecks und seiner Wirkungen.10 Als Ziel eines Verbots von Ölheizungen kommt zunächst der Klimaschutz in Betracht. Erdöl ist ein kohlenstoffhaltiger Brennstoff, dessen Verfeuerung den Klimawandel beschleunigt. Daneben sind auch die Schonung fossiler Ressourcen sowie eine Reduzierung der Energieimportabhängigkeit denkbare Ziele. Diese waren auch die maßgeblichen Beweggründe für das dänische Gesetz. Diese letztgenannten Ziele sind 5 Vgl. hierzu Callies, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auflage 2011, Art. 192 AEUV, Rn. 32; Nettesheim: in: Grabitz/Hilf/Nettesheim: Das Recht der Europäischen Union, 49. Ergänzungslieferung 2012, Art. 192 AEUV, Rn. 81 f. 6 Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. Nr. L 140 S. 16). 7 Nettesheim: in: Grabitz/Hilf/Nettesheim: Das Recht der Europäischen Union, 49. Ergänzungslieferung 2012, Art. 192 AEUV, Rn. 82. 8 Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 67. Ergänzungslieferung 2013, Art. 74 Rn. 144. 9 Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 12. Auflage 2012, Art. 74 Rn. 69 unter Hinweis auf BT-Drs. 16/2709, 15. 10 BVerfGE 13, 181 (196 f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 6 der Sicherung der Energieversorgung zuzuordnen. Mithin ist entscheidend, wo der Gesetzgeber den Schwerpunkt setzt. Fällt ein Regelungsgegenstand gleichzeitig in den Normbereich zweier Kompetenztitel, ohne sich im Wege einer Schwerpunktbildung überwiegend dem einen oder dem anderen zuordnen zu lassen, muss der Gesetzgeber eine Auswahl treffen.11 Nicht zu beanstanden wäre es dabei wohl, wenn der Gesetzgeber im Verhältnis zweier konkurrierender Zuständigkeiten die einschränkungslose anstatt der unter Subsidiaritätsvorbehalt (Art. 72 Abs. 2 GG) stehenden Kompetenz wählt.12 Diese wäre hier Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG. In dieser Weise ist der Gesetzgeber beispielsweise beim Erlass des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes13 verfahren, bei dem er ebenfalls festgelegt hat, dass das übergeordnete Gesetzesziel der Klimaschutz ist.14 Dem Bund steht damit die Gesetzgebungskompetenz zu. 3. Vereinbarkeit mit dem Recht auf Eigentum, Art. 14 GG Ein gesetzliches Verbot von Ölheizungen müsste mit der Eigentumsfreiheit vereinbar sein. Art. 14 GG schützt alle vermögenswerten Rechte, die dem Einzelnen zur privaten Nutzung zugeordnet sind.15 Geschützt sind sowohl der Bestand des Eigentums als auch seine Nutzung.16 Das Verbot, Ölheizungen in neue Gebäude einzubauen, beeinträchtigt die freie Verfügungsbefugnis der Hauseigentümer und -besitzer über den Eigentumsgegenstand. Die Pflicht, Ölheizungen aus bestehenden Gebäuden auszubauen, stellt einen Entzug der geschützten Eigentumsposition an der Ölheizung dar. Ein Verbot könnte durch den Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG gerechtfertigt sein. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, d.h. in abstrakt-genereller Form die Rechte und Pflichten des Eigentümers zu regeln.17 Im Gegensatz dazu liegt eine Enteignung (Art. 14 Abs. 3 GG) vor, wenn eine konkrete eigentumsrechtliche Position für öffentliche Zwecke ganz oder teilweise entzogen wird.18 11 Seiler, in: Beck`scher Online-Kommentar GG, Stand: 01.01.2013, Art. 70 Rn. 14.1. 12 Seiler, in: Beck`scher Online-Kommentar GG (Fn. 11), Art. 70 Rn. 14.1. 13 Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – EEWärme G) vom 7. August 2008, BGBl. I S. 1658. 14 BR-Drs. 9/08, S. 19. 15 BVerfGE 83, 201 (208 f.). 16 BVerfGE 115, 97 (111). 17 BVerfGE 110, 1 (24 f.). 18 BVerfGE 112, 93 (109). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 7 Das Verbot, Ölheizungen in neue Gebäude einzubauen, legt den Inhalt des Eigentums in abstraktgenereller Weise neu fest, ohne das Eigentum zu entziehen und stellt damit eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Die Pflicht, Ölheizungen aus bestehenden Gebäuden auszubauen, führt zwar dazu, dass diese Eigentumsposition faktisch entwertet wird, da dem Hauseigentümer regelmäßig keine adäquaten alternativen Verwertungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen werden . Gleichwohl fehlt es an der für eine Enteignung erforderlichen Entziehung für öffentliche Aufgaben. Eine Enteignung setzt voraus, dass Güter hoheitlich beschafft werden.19 Der Staat muss die Absicht verfolgen, sich die in Anspruch genommene Eigentumsposition unmittelbar oder mittelbar positiv zunutze zu machen.20 Daran fehlt es bei einer bloßen Ausbaupflicht. Hiermit verfolgt der Staat allein die Absicht, diese Form des Heizens zu unterbinden. Mithin liegt insofern ebenfalls eine bloße Inhalts- und Schrankenbestimmung vor. Daran ändert auch die Intensität der den einzelnen Eigentümer treffenden Belastung nichts. Denn das Ausmaß der Belastung ist für die Abgrenzung der Enteignung von der Inhalts- und Schrankenbestimmung unerheblich.21 So wird eine Inhaltsbestimmung selbst dann nicht zur Enteignung, wenn sie in ihren Auswirkungen für den Betroffenen einer Enteignung nahe- oder gleichkommt.22 Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums können gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG durch einfaches Gesetz festgelegt werden. Das Verbot von Ölheizungen müsste dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügen, d.h. ein legitimes Ziel verfolgen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich sowie angemessen sein. Klimaschutz, Schonung fossiler Ressourcen und die Reduzierung der Energieimportabhängigkeit stellen legitime Zwecke dar. Insbesondere enthält Art. 20a GG eine Staatszielbestimmung, wonach dem Staat in Verantwortung für die künftigen Generationen der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen obliegt. Hierunter fällt die gesamte natürliche Umwelt des Menschen einschließlich des Klimaschutzes.23 Die verfassungsrechtlichen Wertentscheidung zugunsten des Umweltschutzes verpflichtet insbesondere den Gesetzgeber, den in der Norm enthaltenen Auftrag umzusetzen, indem er geeignete Umwelt- und Tierschutzvorschriften erlässt.24 Dazu kann er auch Private zu umweltfreundlichem Verhalten verpflichten.25 Das Verbot von Ölheizungen müsste geeignet sein, die angestrebten Ziele auch zu erreichen. Dies ist der Fall, wenn der Zweck überhaupt in irgendeiner Weise gefördert wird.26 Nicht erforderlich 19 BVerfGE 104, 1 (10). 20 Depenheuer, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Auflage 2010, Art. 14 Rn. 414. 21 Jarass, in: Jarass/Pieroth: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Fn. 9), Art. 14 Rn. 73. 22 BVerfGE 100, 226 (240). 23 BVerwGE 125, 68, Rn. 14; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar (Fn. 8), Art. 20a Rn. 36. 24 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Fn. 9), Art. 20a Rn. 18. 25 Epiney, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz (Fn. 20), Art. 20a Rn. 57; Jarass, in: Jarass /Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Fn. 9), Art. 20a Rn. 2a. 26 BVerfGE 16, 147 (183); 96, 10 (23). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 8 ist, dass der Regelungszweck optimal, umfassend und mit Sicherheit verwirklicht wird.27 Unbestritten ist, dass die Bundesrepublik auf den Import von Erdöl aus dem Ausland angewiesen ist. Dass die Verfeuerung von Erdöl zur Beschleunigung des Klimawandels beiträgt, ist ebenfalls eine , soweit ersichtlich, von Naturwissenschaftlern nicht bestrittene Tatsache. Soweit der Gesetzgeber sich daher auf entsprechende wissenschaftliche Gutachten stützen kann, wäre seine Einschätzung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Geeignetheit ist auch nicht etwa deshalb in Frage zu ziehen, weil es sich bei dem Klimawandel um ein globales Problem handelt. Ansonsten könnte der nationale Gesetzgeber schon aufgrund der räumlichen Beschränkung seiner Hoheitsmacht sich niemals Aufgaben von globaler Dimension widmen. Die Bundesrepublik vermag jedenfalls einen Beitrag zur Klimaschonung zu leisten. Davon kann unter Umständen zudem eine positive Vorbildwirkung für andere Staaten ausgehen. Das Verbot von Ölheizungen müsste auch erforderlich sein, d.h. es dürfte kein milderes Mittel existieren, welches das angestrebte Ziel in gleichermaßen effektiver Weise erreicht.28 Zwar wird von Seiten der Ölheizungsindustrie eingewandt, schon der Umstieg von einem alten Heizkessel auf eine moderne Öl-Brennwertheizung führe zu hohen Energieeinsparungen und niedrigeren Emissionen.29 Zudem bestünden Möglichkeiten, die Ölheizung mit regenerativen Energien zu kombinieren. Selbst die effizienteste Ölheizung vermag Emissionen indes nicht vollständig zu vermeiden. Auch die Ziele der Energieimportunabhängigkeit und der Schonung fossiler Ressourcen lassen sich durch diese Alternativen nicht ebenso wirksam erreichen. Auch ein Modell einer finanziellen Förderung des Umstiegs von Ölheizungen auf erneuerbare Energien wäre nicht ebenso effektiv wie ein Totalverbot. Unbeschadet der hohen öffentlichen Kosten einer solchen Forderung könnte hierdurch allenfalls eine gewisse Lenkungswirkung erzielt werden; ein vollständiger Umstieg lässt sich nur durch ein Totalverbot erreichen. Im Übrigen ist dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zuzubilligen und zwar sowohl was Alternativen zur Ölheizung anbetrifft, als auch was die Frage nach dem effektivsten staatlichen Mittel zur Umsetzung der angestrebten Ziele angeht. Das Verbot müsste schließlich auch angemessen sein, d.h. der angestrebte Zweck dürfte nicht außer Verhältnis zu den damit verbundenen Belastungen für die Hauseigentümer und -besitzer stehen. Hierbei fallen die Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG sowie die verfassungsrechtliche Wertentscheidung für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, Art. 20a GG, besonders ins Gewicht. Das Interesse der Hauseigentümer und -besitzer an der Weiternutzung von Ölheizungen dürfte demgegenüber nachrangig sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Verbot schonend eingeführt werden würde, d.h. durch Gewährung großzügiger Fristen zur Umsetzung des Verbotes. Durch eine solche Vorlaufzeit wäre sichergestellt, dass auch gerade getätigte Investitionen in Ölheizungen sich noch (teilweise) amortisieren lassen. Der Gesetzgeber wäre gehalten, die Verhältnismäßigkeit eines Verbots auch im Einzelfall sicherzustellen . Dies kann etwa geschehen durch Befreiungsmöglichkeiten für Härtefälle. Der Gesetzgeber 27 Huster/Rux, in: Beck`scher Online-Kommentar Grundgesetz (Fn. 11), Art. 20 Rn. 181.1. 28 BVerfGE 67, 157 (177). 29 Institut für Wärme und Öltechnik, http://www.oelheizung.info/oelheizung/vorteile/emissionen.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 9 könnte insoweit auch gehalten sein, von vornherein solche Gebäude von der Regelung auszunehmen , bei denen die Pflicht zum Ausbau von Ölheizungen wirtschaftlich unzumutbare Anstrengungen erfordern würde.30 4. Vereinbarkeit mit der Berufsfreiheit, Art. 12 GG Das Verbot müsste mit der Berufsfreiheit, Art. 12 GG, vereinbar sein. Unter Beruf ist „jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient.“31 Die Tätigkeit der Heizungshersteller fällt hierunter. Das Verbot von Ölheizungen würde mittelbar dazu führen, dass Heizungshersteller diesen Heizungstyp mangels Nachfrage nicht mehr produzieren und verkaufen. Um eine konturenlose Ausuferung des Art. 12 GG zu verhindern, wird der Eingriffscharakter indes nur bejaht, wenn eine Regelung eine berufsregelnde Tendenz aufweist. Dies ist der Fall, wenn eine Regelung die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändert und in der Folge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs steht.32 Dabei kommt es nicht nur auf die Zielsetzung , sondern auch auf die tatsächlichen Auswirkungen an.33 Dass die Heizungshersteller ihre Produktion umstellen müssen, stellt eine vorhersehbare und vom Gesetzgeber in Kauf genommene Folge eines Verbots dar. Dies dürfte den Anforderungen an eine berufsregelnde Tendenz genügen. Dieser Eingriff müsste gerechtfertigt sein. Die Anforderungen an eine solche Rechtfertigung richten sich im Falle des Art. 12 Abs. 1 GG danach, ob die Regelung die Berufswahl oder lediglich die Berufsausübung einer Grundrechtsträgers beeinträchtigt.34 Maßgeblich ist insbesondere, ob die Ausübung eines Berufs oder einer bloßen Berufsmodalität ausgeschlossen wird.35 Es existiert kein traditionell gewachsenes Berufsbild des „Ölheizungsherstellers“. Vielmehr handelt es sich hierbei nur um eine Modalität des Berufs „Heizungshersteller“. Das Verbot von Ölheizungen verändert lediglich die Produktion, mithin die Art und Weise der beruflichen Betätigung. Somit liegt eine bloße Berufsausübungsregelung vor. Berufsausübungsregelungen sind mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, „wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar tref- 30 So z.B. auch in § 4 des EEWärmeG (Fn. 13). 31 BVerfGE 102, 197 (212). 32 BVerfGE 111, 191 (213). 33 BVerfGE 110, 226 (254). 34 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Fn. 9), Art. 12 Rn. 34 ff, 45 ff. 35 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Fn. 9), Art. 12 Rn. 39. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 10 fen.“36 Klimaschutz, Schutz fossiler Ressourcen und Reduzierung der Energieimportabhängigkeit stellen solche vernünftige Gemeinwohlzwecke dar. Die Geeignetheit eines gesetzlichen Verbots, diesen Zweck zu fördern, wurde oben bereits ebenso bejaht wie ihre Erforderlichkeit und Angemessenheit . Insoweit kann auf die dortigen Ergebnisse verwiesen werden. 5. Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz, Art. 3 GG Ein Verbot von Ölheizungen müsste mit Art. 3 GG vereinbar sein. Die Beeinträchtigung des Gleichheitssatzes setzt eine unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte voraus. Hier kommen zunächst andere Arten des Heizens in Betracht, insbesondere mittels Erdgas, Pellets oder Scheitholz. Diese wären von einem Verbot von Ölheizungen nicht erfasst. Diese Ungleichbehandlung müsste verfassungsrechtlich zulässig sein. Verboten ist eine willkürliche Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem. Dies ist dann der Fall, wenn sich für die Ungleichbehandlung keine vernünftigen Erwägungen finden lassen, die sich aus der Natur der Sache ergeben oder sonst einleuchtend sind.37 Belange des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne des Art. 20a GG können zulässige Differenzierungen im Rahmen des Gleichheitssatzes begründen, sodass zum Beispiel eine Bevorzugung von Energieträgern, die die Umwelt weniger belasten oder ihre Qualität verbessern, gerechtfertigt sein kann.38 Die unterschiedlich hohe Umweltbelastung stellt einen vernünftigen Grund für eine Ungleichbehandlung dar. Im Vergleich zu den genannten alternativen Heizsystemen geht von Erdöl nach dem Verheizen von Braunkohle der höchste CO2-Ausstoß aus.39 Zwar wird beim Heizen mit Braunkohle noch mehr CO2 ausgestoßen . Allerdings werden derzeit weniger als 1 Prozent der Wohnungen noch mit Braunkohle, aber über ein Drittel der Wohnungen mit Erdölheizungen beheizt.40 Die Umweltbelastungen durch Kohleheizungen könnten daher als vernachlässigbar angesehen werden. Für eine Besserstellung von Holz gegenüber Erdöl kann ferner angeführt werden, dass es sich hierbei um einen nachwachsenden Rohstoff handelt und insoweit auch keine Importabhängigkeit besteht. Als weiterer Anknüpfungspunkt für eine Ungleichbehandlung kommt die Verwendung von raffiniertem Erdöl als Treibstoff in Verkehrs- und Transportmitteln in Betracht. Diese Art der Erdölnutzung ließe ein Verbot von Ölheizungen unberührt. Allerdings ist schon fraglich, ob Heizen einerseits und Fortbewegung andererseits überhaupt wesentlich gleiche Sachverhalte darstellen. 36 BVerfGE 85, 248 (259). 37 BVerfGE 10, 234 (246). 38 Epiney, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz (Fn. 20), Art. 20a Rn. 92. 39 Branchenreport Heizungsindustrie 2010, S. 12, Statistik abrufbar unter: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/165421/umfrage/co2-ausstoss-nach-heizsystem-in-deutschland/. 40 Angaben des Statistischen Bundesamtes aufgrund des Mikrozensus 2010, Anlage 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 100/13 Seite 11 Jedenfalls wäre auch insoweit das Willkürverbot nicht verletzt, da ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt. Während auf dem Heizungsmarkt gleichwertige Alternativen zur Ölheizung zur Verfügung stehen, ist die Technologie auf dem Verkehrssektor noch nicht ausgereift , was adäquate Alternativen zum Erdöl – wie etwa Elektro-Antriebe – anbetrifft. 6. Ergebnis Der Bundesgesetzgeber wäre für ein Verbot von Ölheizungen zuständig. Ein Verbot wäre sowohl mit dem Eigentumsrecht der Ölheizungseigentümer als auch mit der Berufsfreiheit der Heizungshersteller vereinbar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Verbot von Übergangsvorschriften begleitet würde, die Übergangsfristen und Ausnahmen bzw. Befreiungsmöglichkeiten für Härtefälle vorsehen. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz dürfte nicht vorliegen.