© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 099/19 Wahrnehmung schifffahrtspolizeilicher Aufgaben Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 099/19 Seite 2 Wahrnehmung schifffahrtspolizeilicher Aufgaben Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 099/19 Abschluss der Arbeit: 05.04.2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 099/19 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand thematisiert Fragen zur Verwaltungskompetenz bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Wasserschutzpolizei. Gefragt wird, inwieweit die Kompetenzen der Wasserschutzpolizeien der Länder in See-Häfen, auf Seeschifffahrtsstraßen und im Küstenmeer zu übertragenen Aufgaben im Sinne des Art. 89 Abs. 2 GG zu zählen sind. Ferner werden die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine vollständige Übertragung der genannten Aufgaben an eine Bundesbehörde dargestellt. 2. Aufgabenwahrnehmung der Schifffahrtspolizei durch die Wasserschutzpolizei Nach Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG verwaltet der Bund die Bundeswasserstraßen durch eigene Behörden. Unter der Verwaltung der Bundeswasserstraßen ist eine Verkehrswegeverwaltung zu verstehen, die insbesondere die Planung, Unterhaltung sowie den Neu- und Ausbau von Wasserstraßen umfasst.1 Diese Verwaltungskompetenz ist dem Bund obligatorisch zugewiesen und muss daher durch unmittelbare Bundesbehörden wahrgenommen werden.2 In Abweichung zur genannten obligatorischen Wasserwegeverwaltung des Bundes sind die Aufgaben der Seeschifffahrt dem Bund nach Art. 89 Abs. 2 S. 2 GG nur fakultativ zugewiesen.3 Demnach nimmt der Bund nur die Aufgaben der Seeschifffahrt wahr, die ihm durch Gesetz übertragen werden. Eine solche Aufgabenübertragung ist dem Seeaufgabengesetz (SeeAufgG) zu entnehmen .4 Zu den dem Bund übertragenen Aufgaben zählen nach § 1 Nr. 2 SeeAufgG auch solche der Schifffahrtspolizei auf den Seewasserstraßen. Der Bund hat hier folglich von seiner Kompetenz nach Art. 89 Abs. 2 S. 2 GG Gebrauch gemacht und sich die genannten Aufgaben zugewiesen. Trotz der Zuweisung der Verwaltungskompetenz an den Bund ist der Vollzug der schifffahrtspolizeilichen Aufgaben überwiegend den Ländern übertragen worden, die diese durch ihre jeweilige Wasserschutzpolizei ausüben.5 Grundlage dieser Aufgabenwahrnehmung durch die Länder ist eine sog. Organleihe. Nach § 2 Abs. 3 SeeAufgG kann der Bund bei Bedarf von den Ländern benannte Behörden der Landesverwaltung als Organ durch Verwaltungsvereinbarung entleihen. 1 Wolff, in: Hömig/Wolff, 12. Aufl. 2018, Art. 89 GG Rn. 5. 2 Wolff, in: Hömig/Wolff, 12. Aufl. 2018, Art. 89 GG Rn. 7. 3 Hermes, in: Dreier, 3. Aufl. 2018, Art. 89 GG Rn. 27. 4 Seeaufgabengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juni 2016 (BGBl. I S. 1489), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2190); abrufbar: https://www.gesetze-im-internet .de/bseeschg/SeeAufgG.pdf (Stand: 05.04.2019). 5 Wolff, in: Hömig/Wolff, 12. Aufl. 2018, Art. 89 GG Rn. 8; Faßbender, in: Bonner Kommentar, 178. Akt. 2016 Rn. 123. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 099/19 Seite 4 Entsprechende Vereinbarungen wurden vom Bund und den Ländern in Bezug auf die Seewasserstraßen getroffen.6 Die Organleihe stellt ein der Amtshilfe ähnliches Konstrukt dar. Sie ist nicht mit der nach Art. 89 Abs. 2 S. 3 GG ebenfalls möglichen Auftragsverwaltung durch die Länder zu verwechseln. Bei einer Auftragsverwaltung der Länder wird die jeweilige Aufgabe auf das Land übertragen. Der Bund besitzt in diesem Fall zwar Befugnisse der Fachaufsicht nach Art. 85 GG; dennoch handeln die betrauten Landesbehörden im eigenen Wirkungskreis. Bei einer Organleihe nimmt ein Organ eines Rechtsträgers hingegen die Aufgaben eines anderen Rechtsträgers wahr. Die handelnde Behörde tritt zwar im eigenen Namen auf, ist aber Organ eines fremden Rechtsträgers.7 Die Wasserschutzpolizeien der Länder nehmen daher originäre Bundesaufgaben wahr, wenn sie Aufgaben der Schifffahrtspolizei ausüben. Diese stehen neben ihren allgemeinen Aufgaben der Gefahrenabwehr, die originäre Landesaufgaben sind. Im Ergebnis handeln sie doppelfunktional als Gefahrenabwehrbehörde des Landes und „geliehene“ Schifffahrtspolizei des Bundes.8 3. Übertragung der Aufgaben an den Bund Eine vollständige Übertragung der Aufgaben der Wasserschutzpolizei auf Seewasserstraßen an den Bund würde eine Änderung der verfassungsrechtlichen Grundlagen voraussetzen. Es wäre zwar möglich, die oben beschriebenen Aufgaben der Schifffahrtspolizei ohne eine Verfassungsänderung auf bundeseigene Behörden zu übertragen. Die Aufgaben der Wasserschutzpolizei umfassen jedoch auch solche der allgemeinen Gefahrenabwehr.9 Bei diesen obliegt den Ländern sowohl die Gesetzgebungs - als auch die Verwaltungskompetenz. Eine vollständige Übertragung dieser Aufgaben würde voraussetzen, dass dem Bund die entsprechenden Kompetenzen übertragen werden. *** 6 Vgl. hierzu etwa die „Vereinbarung über die Ausübung der schifffahrtpolizeilichen Vollzugsaufgaben“ zwischen der Bundesregierung und der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbGVBl. 1956, S. 83); abrufbar: http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?nid=4&showdoccase=1&doc.id=jlr- SchPolAufgVbgGHApVereinbarung&st=lr (Stand: 05.04.2019). 7 Wahlen, Maritime Sicherheit im Bundesstaat, Diss. 2012, S. 158 f. 8 Umfassend zu diesem Konstrukt: Wahlen, Maritime Sicherheit im Bundesstaat, Diss. 2012, S. 158 ff. 9 Zu den Aufgaben der Wasserschutzpolizei: Tams, in: Möllers, Wörterbuch der Polizei, 3. Auflage 2018, Stichwort Wasserschutzpolizei.