© 2021 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 098/21 Einsicht in Stellungnahmen der Bundesregierung im Rahmen eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 098/21 Seite 2 Einsicht in Stellungnahmen der Bundesregierung im Rahmen eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 098/21 Abschluss der Arbeit: 28. Mai 2021 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 098/21 Seite 3 1. Einleitung und Fragestellung Am 24. März 2021 hat das Bundesverfassungsgericht über Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz entschieden.1 Dabei hat das Gericht festgestellt, dass die Regelungen des Gesetzes insoweit mit Grundrechten unvereinbar sind, als hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen. Vor diesem Hintergrund wird gefragt, ob eine Einsicht in bzw. eine Herausgabe der von der Bundesregierung im Verfahren getätigten Aussagen möglich ist und wie dies erwirkt werden kann. Da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, kommen nur die schriftlichen Stellungnahmen in Betracht. Diese lassen sich in zusammengefasster Form auch der Urteilsbegründung entnehmen. Das tatsächliche Bestehen des Anspruchs auf Akteneinsicht bzw. -herausgabe hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Person des Antragsstellers sowie vom Zweck der Antragstellung und dem konkreten Inhalt der Akten. Im Folgenden kann daher nur ein allgemeiner Überblick gegeben werden. 2. Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 35b Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) sieht die Möglichkeit vor, Auskunft aus oder Einsicht in die Akten des Bundesverfassungsgerichts zu erhalten. 2.1. Anspruchsberechtigte Bei den Anspruchsberechtigten unterscheidet § 35b Abs. 1 BVerfGG zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen. Der Begriff der öffentlichen Stelle ist in § 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) definiert. Danach sind öffentliche Stellen des Bundes „die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigung ungeachtet ihrer Rechtsform.“ Bundestagsabgeordnete dürften jedenfalls in Bezug auf die Ausübung ihrer Mandatstätigkeit als öffentliche Stelle anzusehen sein.2 Gemäß § 35b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht öffentlichen Stellen Auskunft aus oder Einsicht in Akten erteilen, – soweit dies für Zwecke der Rechtspflege erforderlich ist oder – die in § 23 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 BDSG genannten Voraussetzungen vorliegen oder – soweit dies zur Durchführung wissenschaftlicher Forschung erforderlich ist, das wissenschaftliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens das Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Zweckänderung erheblich überwiegt und der Zweck der 1 Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021, 1 BvR 2656/18. 2 Siehe hierzu vertieft den Infobrief der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags, Datenschutzrecht für Abgeordnete, WD 3 - 3010 - 056/18, S. 6, abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource /blob/548352/a8e42041c6b246af6cd602d3e1e41808/datenschutzrecht-fuer-abbgeordnete-data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 098/21 Seite 4 Forschung auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann. Zwecken der Rechtspflege dient eine Auskunft oder eine Einsicht, wenn die Adressaten als Organe der Rechtspflege tätig werden, sodass maßgeblich Gerichte und Staatsanwaltschaften angesprochen sind.3 Beispielsweise kann es für eine Entscheidung von Bedeutung sein, ob eine abstrakte Normenkontrolle oder ein sonstiges Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist, in dem die Verfassungsmäßigkeit einer Norm überprüft wird.4 Nach der Verweisung des § 35b Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 BVerfGG auf die in § 23 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 BDSG genannten Zwecke kann eine Einsicht bzw. Auskunft erfolgen, wenn – Angaben der betroffenen Person überprüft werden müssen, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen oder – dies zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit, zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls oder zur Sicherung des Steuer- und Zollaufkommens erforderlich ist oder – dies zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Vollstreckung oder zum Vollzug von Strafen oder Maßnahmen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 8 des Strafgesetzbuchs oder von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes oder zur Vollstreckung von Geldbußen erforderlich ist oder – dies zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist. Bei der Prüfung, ob eine Auskunft oder Einsicht zur Durchführung einer wissenschaftlichen Forschung (§ 35b Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 BVerfGG) möglich ist, ist eine Abwägung zwischen den Belangen der Forschung und Wissenschaft aus Art. 5 Abs. 3 GG sowie den Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen erforderlich. § 35b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BVerfGG sieht zudem die Möglichkeit einer Akteneinsicht bzw. -auskunft für Privatpersonen und andere nichtöffentliche Stellen einschließlich früherer Beteiligter nach Abschluss ihres Verfahrens vor, soweit sie ein berechtigtes Interesse darlegen und die datenschutzrechtlichen Belange Dritter gewahrt werden. Ein berechtigtes Interesse kann in jedem ideellen oder wirtschaftlichen Interesse begründet sein, welches auf sachlichen oder objektiv nachvollziehbaren Erwägungen beruht und nicht zur Rechtsordnung im Widerspruch steht.5 Dagegen sprechen können 3 Hammer, in: Walter/Grünewald (Hrsg.), BeckOK BVerfGG, 10. Edition 1. Januar 2020, § 35b Rn. 14. 4 Vgl. Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge (Hrsg.), BVerfGG, 60. EL Juli 2020, § 35b Rn. 4. 5 Hammer, in: Walter/Grünewald (Hrsg.), BeckOK BVerfGG, 10. Edition 1. Januar 2020, § 35b Rn. 20. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 098/21 Seite 5 beispielsweise Geheimhaltungsinteressen der öffentlichen Hand bzw. entsprechender Funktionsträger .6 Schließlich können gemäß § 35b Abs. 1 S. 3 BVerfGG die Betroffenen in eine Auskunft oder eine Akteneinsicht einwilligen. In diesem Fall ist das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entbehrlich .7 2.2. Anspruchsumfang Zu berücksichtigen ist, dass § 35b Abs. 1 BVerfGG lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung vorsieht. Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 35b Abs. 1 BVerfGG liegt die Entscheidung im Ermessen des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht kann dabei die Interessen der Verfahrensbeteiligten, aber auch eigene Interessen daran, dass Informationen aus den Akten nicht zugänglich gemacht werden, berücksichtigen.8 § 35b Abs. 2 BVerfGG ist zudem zu entnehmen, dass die Auskunft den Regelfall darstellt und die Akteneinsicht die Ausnahme. Eine Akteneinsicht kann danach „nur gewährt werden, wenn unter Angabe von Gründen dargelegt wird, dass die Erteilung einer Auskunft zur Erfüllung der Aufgaben der die Akteneinsicht begehrenden öffentlichen Stelle [...] oder zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses der die Akteneinsicht begehrenden Privatperson oder anderen nicht-öffentlichen Stelle [...] nicht ausreichen würde oder die Erteilung einer Auskunft einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde“. 2.3. Verfahren Zuständig für die Entscheidung über das Akteneinsichtsbegehren ist gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 der Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts der jeweilige Senatsvorsitzende im Einvernehmen mit dem Berichterstatter. Sofern nach dieser Entscheidung eine Akteneinsicht gewährt werden soll, erfolgt diese gemäß § 35 Abs. 4 S. 1 BVerfGG im Regelfall in den Räumen des Bundesverfassungsgerichts . Eine Übersendung an öffentliche Stellen kann in Ausnahmefällen erfolgen. 3. Informationsfreiheitsgesetz Es könnte zudem ein Anspruch auf Einsicht in die Stellungnahmen der Bundesregierung aus § 1 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Betracht kommen. Danach hat jeder gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. 3.1. Vorrangige Spezialregelung? Gemäß § 1 Abs. 3 IFG gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen denen des IFG grundsätzlich vor. § 35b Abs. 1 BVerfGG ist grundsätzlich eine 6 Hammer, in: Walter/Grünewald (Hrsg.), BeckOK BVerfGG, 10. Edition 1. Januar 2020, § 35b Rn. 22. 7 Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge (Hrsg.), BVerfGG, 60. EL Juli 2020, § 35b Rn. 17. 8 BT-Drs. 13/7673, S. 11. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 098/21 Seite 6 vorrangige Spezialregelung für den Zugang zu Gerichtsakten des Bundesverfassungsgerichts.9 Richtet sich das Begehren aber nicht an das Bundesverfassungsgericht, sondern an einen der Prozessbeteiligten (hier also an die Bundesregierung), könnte es in Betracht kommen, dass § 35b Abs. 1 BVerfGG in einem solchen Fall keine Sperrwirkung entfaltet. Gerichtlich wurde ein solcher Fall – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden. 3.2. Anspruchsberechtigte und -verpflichtete Anspruchsberechtigt ist gemäß § 1 Abs. 1 IFG „jeder“. Ob ein Bundestagsabgeordneter in Ausübung seines Mandates „jeder“ im Sinne der Vorschrift sein kann, ist unklar.10 Eine diesbezügliche Entscheidung kann jedoch dahinstehen, da ein Abgeordneter den Antrag jedenfalls als Privatperson stellen könnte.11 Anspruchsverpflichtete sind die Behörden des Bundes. Die Bundesregierung ist in Gestalt des Bundeskanzleramtes und der Bundesministerien verpflichtet.12 3.3. Kein Ausschluss des Anspruchs nach den §§ 3 bis 6 IFG Der Anspruch darf nicht nach den §§ 3 bis 6 IFG ausgeschlossen sein. Danach ist der Anspruch ausgeschlossen zum Schutz – von besonderen öffentlichen Belangen (§ 3 IFG), – des behördlichen Entscheidungsprozesses (§ 4 IFG), – personenbezogener Daten (§ 5 IFG) sowie – des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (§ 6 IFG). § 3 IFG stellt einen absoluten Ausschlusstatbestand dar und führt verschiedene öffentliche Belange auf, die einen Versagungsgrund darstellen. Die aufgezählten Belange dienen dabei insbesondere dem Schutz der internationalen Beziehungen, der inneren und äußeren Sicherheit, der laufenden Gerichtsverfahren, den Verhandlungen zwischen Behörden, den fiskalischen Interessen des Bundes, dem Schutz vertraulicher Informationen sowie dem Schutz des Nachrichtendienstes und der Sicherheitsbehörden. 9 Schoch, in: derselbe, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 356. 10 Das VG Berlin hat die Frage in einer 2008 gefällten Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, siehe VG Berlin, Urteil vom 11.Juni 2008, VG 2 A 69.07. 11 Vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Das Akteneinsichtsrecht als Auskunftsrecht des einzelnen Abgeordneten, Ausarbeitung vom 24. November 2015, WD 3 – 3000 – 293/15, S. 7, abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/407670/0e99ce226f0dd44c8de9fa5ff298d40e/WD-3-293-15-pdfdata .pdf (Stand: 27. Mai 2021); siehe für Landtagsabgeordnete OVG Münster, NVwZ 2019, 1059 Rn. 14. 12 Schoch, in: derselbe, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 139. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 098/21 Seite 7 Gemäß § 4 IFG soll eine Informationsweitergabe nicht erfolgen, wenn der Antrag auf den Zugang zu Entscheidungsentwürfen sowie zu Arbeiten und Beschlüssen, die der unmittelbaren Vorbereitung der Entscheidungsentwürfe dienen, gerichtet ist und durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung oder der bevorstehenden behördlichen Maßnahme vereitelt würde. Diese Ausschlussregelung bezweckt, dass interne Meinungsverschiedenheiten oder unterschiedliche Auffassungen zwischen mehreren beteiligten Stellen nicht öffentlich werden, um so das Prinzip der Einheit der Verwaltung zu wahren.13 § 5 IFG kommt nur bei Anträgen auf Zugang zu personenbezogenen Daten zur Anwendung. Danach darf der Zugang nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Ebenso wie § 5 IFG dient auch § 6 IFG dem Schutz von privaten Interessen. Ein Informationszugang ist danach ausgeschlossen, soweit der Schutz des geistigen Eigentums entgegensteht. Ein Informationszugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, wenn der Betroffene eingewilligt hat. 3.4. Anspruchsumfang Sofern die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 IFG vorliegen und kein Ausschlusstatbestand eingreift, muss die Information erteilt werden. Gemäß § 1 Abs. 2 IFG steht es jedoch grundsätzlich im Ermessen der jeweiligen Behörde, ob sie Auskunft erteilt, Akteneinsicht gewährt oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellt. Allerdings ist sie an eine von dem Antragssteller begehrte Form gebunden, sofern keine wichtigen Gründe entgegenstehen. Ein wichtiger Grund ist gemäß § 1 Abs. 2 S. 3 IFG insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand. Besteht ein Anspruch auf Informationszugang nur zum Teil, ist gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 IFG dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt nach § 7 Abs. 2 S. 2 IFG, wenn sich der Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt. 4. Parlamentarisches Fragerecht Ein Anspruch auf die Erteilung von Informationen zu den Stellungnahmen der Bundesregierung könnte sich zudem aus dem parlamentarischen Fragerecht ergeben. Dieses folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG.14 13 Debus, in: Gersdorf/Paal (Hrsg.), BeckOK Informations- und Medienrecht, 31. Edition 1. Februar 2021, § 4 IFG Rn. 1. 14 BVerfGE 124, 161 (188). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 098/21 Seite 8 Gegenstand von Informationspflichten können nur solche Sachverhalte sein, die in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung fallen.15 Das Fragerecht gilt nicht unbegrenzt. Das Bundesverfassungsgericht hat Fallgruppen entwickelt, die die Beantwortungspflicht einschränken. Diese orientieren sich vor allem daran, ob durch eine erschöpfende Beantwortung parlamentarischer Anfragen berechtigte Geheimhaltungsinteressen, Grundrechte Dritter oder der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung der Bundesregierung verletzt werden würden.16 Zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung gehört insbesondere die Willensbildung der Regierung selbst und zwar „sowohl die Erörterungen im Kabinett als auch die Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen“.17 Abhängig vom Inhalt der Stellungnahmen der Bundesregierung im verfassungsgerichtlichen Verfahren ist es möglich, dass diese dem Kernbereich angehören. Die entgegenstehenden verfassungsrechtlichen Schutzgüter sind mit dem Informationsinteresse des Bundestages abzuwägen.18 Jedenfalls wäre die Verweigerung der Informationserteilung aus entgegenstehenden verfassungsrechtlichen Gründen von der Bundesregierung zu begründen.19 Zu beachten ist, worauf das Fragerecht- und Informationsrecht gerichtet ist: Nach der herrschenden Meinung handelt es sich um ein sog. Fremdinformationsrecht.20 Ein solches Recht zeichnet sich dadurch aus, dass dem Abgeordneten kein unmittelbarer Zugriff auf die begehrten Informationen gewährt wird, sondern diese Informationen von der Regierung übermittelt werden.21 Dem Fragerecht des einzelnen Abgeordneten steht daher zwar eine Antwortpflicht der Bundesregierung gegenüber , nicht aber eine Pflicht zur Herausgabe konkreter Dokumente.22 Der Abgeordnete kann sich jedoch mit konkreten, den Inhalt von Akten betreffenden Fragen an die Bundesregierung wenden. *** 15 BVerfGE 124, 161 (189). 16 Lennartz/Kiefer, Parlamentarische Anfragen im Spannungsfeld von Regierungskontrolle und Geheimhaltungsinteressen , in: DÖV 2006, 185 (186). 17 Unger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 44 Rn. 44. 18 Vgl. Harks, Das Fragerecht des Abgeordneten, in: JuS 2014, 979 (981 f.). 19 BVerfGE 124, 161 (192 f.). 20 Magiera, in: Sachs (Hrsg.), GG, 9. Aufl. 2021, Art. 38 Rn. 39; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, 93. EL Oktober 2020, Art. 43 Rn. 118 m.w.N. 21 Vgl. hierzu Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Das Akteneinsichtsrecht als Auskunftsrecht des einzelnen Abgeordneten, WD 3 – 3000 – 293/15, S. 4 ff. 22 Vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, 93. EL Oktober 2020, Art. 43 Rn. 118 m.w.N.