© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 097/18 Indirekte Parteienfinanzierung durch Wahlwerbung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 2 Indirekte Parteienfinanzierung durch Wahlwerbung Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 097/18 Abschluss der Arbeit: 11.04.2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 3 1. Fragestellung Die Ausarbeitung thematisiert verschiedene rechtliche Fragen zu einer möglicherweise bestehenden indirekten Parteienfinanzierung vor dem Hintergrund einer Wahlwerbung durch Dritte. Dabei werden sowohl die Regelungen des Parteiengesetzes (PartG) als auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben beleuchtet. 2. Vorbemerkung Für die nachfolgenden Ausführungen soll von folgendem Sachverhalt ausgegangen werden: Im Rahmen von Wahlkämpfen wurde durch einen Verein Wahlwerbung in einem erheblichen Umfang für eine politische Partei betrieben. Hierzu erfolgten umfangreiche Werbemaßnahmen, wie das Aufstellen zahlreicher Großplakate, die Schaltung von Zeitungs- und Internetanzeigen, die Produktion von Wahlwerbevideos sowie die Produktion und kostenlose Verteilung einer Wochenzeitung in hoher Auflage, in der schwerpunktmäßig für diese Partei geworben wurde. Der Name des Vereins war bei allen Werbemaßnahmen erkennbar. Die finanziellen Grundlagen des Vereins sind unbekannt . Eine Beauftragung des Vereins durch die Partei oder eine etwaige Kooperation lässt sich nicht nachweisen. Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass der vorstehende Sachverhalt für die weiteren Ausführungen lediglich fiktiv unterstellt wird und nicht auf bestehenden Tatsachenerkenntnissen beruht. 3. Parteienrechtliche Fragen Parteien sind nach § 23 PartG zur öffentlichen Rechenschaftslegung verpflichtet. Hierzu haben sie einen Rechenschaftsbericht zu erstellen, der den Anforderungen des § 24 PartG zu entsprechen hat. In den Rechenschaftsbericht sind dabei unter anderem Spenden von natürlichen und juristischen Personen (vgl. § 24 Abs. 2 Nr. 3 u. Nr. 4 PartG) sowie sonstige Einnahmen (vgl. § 24 Abs. 2 Nr. 9 PartG) aufzunehmen. Vor dem Hintergrund des oben dargestellten Sachverhalts stellt sich die Frage, ob die genannten Werbemaßnahmen als Einnahmen der jeweiligen Partei zu werten sind, die dann in den Rechenschaftsbericht aufzunehmen wären. 3.1. Wahlwerbung Dritter als Einnahme Zunächst kommt eine Einordnung der Werbemaßnahmen als Spende in Betracht. Da diese von einem eingetragenen Verein durchgeführt werden, würde es sich möglicherweise um eine Spende einer juristischen Person handeln, die gem. § 24 Abs. 2 Nr. 4 PartG in den Rechenschaftsbericht aufgenommen werden müsste. Unter den Spendenbegriff fallen entsprechend der Legaldefinition des § 27 Abs. 1 S. 3 PartG alle Zahlungen, die über die Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge hinausgehen .1 Der Begriff ist grundsätzlich weit auszulegen. Erfasst werden daher alle freiwilligen, 1 Vgl. Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 25 PartG Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 4 unentgeltlichen Zuwendungen von Geld oder geldwerten Leistungen durch Dritte, soweit sie über die genannten Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge hinausgehen.2 Von den aufgezeigten Zuwendungen sind jedoch sog. Parallelaktionen abzugrenzen.3 Bei diesen handelt es sich um Werbeveranstaltungen oder -maßnahmen, die nicht von der Partei selbst, sondern von Dritten durchgeführt werden.4 Diese müssen, um als Spende eingestuft werden zu können, einer Partei zugerechnet werden können.5 In der Literatur werden Kriterien aufgezeigt, die für eine entsprechende Zurechenbarkeit sprechen. Demnach muss der Partei zunächst ein Mindestmaß an Einfluss auf die Art und Weise der Werbemaßnahme gewährt werden.6 Eine entsprechende Dispositionsmöglichkeit der Partei könnte dabei beispielsweise gegeben sein, wenn die Partei darüber bestimmen kann, wann in welchen Medien und mit welcher Aussage eine von dritter Seite bezahlte Anzeigekampagne geschaltet wird.7 In Abgrenzung hierzu ist ein parteiunabhängiges politisches Engagement zu sehen, das Ausdruck einer Inanspruchnahme insbesondere der politischen Grundrechte ist.8 Um die oben aufgezeigten Werbemaßnahmen daher als Spende im Sinne des Parteienrechts einzuordnen, bedürfte es eines nachweisbaren Zusammenwirkens zwischen dem Dritten und der jeweiligen Partei. Ein bloßer objektiver Nutzen der Werbemaßnahme für die Partei reicht für dieses Zusammenwirken noch nicht aus.9 Vielmehr muss der jeweiligen Partei zumindest ein gewisser Einfluss auf das Ob und Wie der Werbemaßnahme möglich sein. Hierfür spricht nicht zuletzt auch, dass sich eine Partei eine bestimmte Werbemaßnahme nicht als eigene aufdrängen lassen muss.10 2 Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 27 PartG Rn. 11; vgl. zum sog. Parteisponsoring: Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 25 PartG Rn. 5; Heinig, Sponsoring von Parteiveranstaltungen, JZ 2010, 485 ff. 3 Vgl. zu diesem Begriff: Die Ausführungen im Bericht über die Rechenschaftsberichte 2012 bis 2014 der Parteien sowie über die Entwicklung der Parteifinanzen gemäß § 23 Abs. 4 des Parteiengesetzes, BT-Drs. 18/10710, S. 49 f. 4 Vgl. nur Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 27 PartG Rn. 28. 5 Vgl. den Bericht der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung vom 19.07.2001, BT-Drs. 14/6710, S. 42; Klein hält das Kriterium der Zurechenbarkeit hingegen für unklar und schlägt vor, auf ein „äußeres“ Kriterium abzustellen, vgl. hierzu die Ausführungen unter BT-Drs. 14/6711, S. 14. 6 Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 27 PartG Rn. 18; Kersten, in: Kersten/ Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 27 PartG Rn. 30; Morlok, Spenden - Rechenschaft - Sanktionen - Aktuelle Rechtsfragen der Parteienfinanzierung, NJW 2000, 761 (764). 7 Vgl. den Bericht der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung vom 19.07.2001, BT-Drs. 14/6710, S. 42. 8 Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 27 PartG Rn. 29. 9 Vgl. hierzu nur den Bericht der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung vom 19.07.2001, BT-Drs. 14/6710, S. 42. 10 Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 27 PartG Rn. 29. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 5 Umstritten ist in der Literatur die Frage, ob es für eine Zurechnung bereits ausreicht, wenn ein Parteimitlied die Parallelveranstaltung durchführt. Dies wird unter Hinweis auf das Argument der Aufdrängung teilweise verneint.11 Hingegen sehen andere Stimmen in der Literatur hierin einen geldwerten Vorteil und folglich eine Spende.12 Denkbar wäre es zudem, Parallelaktionen im Rahmen der sog. Einnahmefiktion nach § 26 Abs. 1 S. 2 PartG als Einnahme einer Partei anzusehen. Danach gilt als Einnahme auch die Übernahme von Veranstaltungen und Maßnahmen durch andere, mit denen ausdrücklich für die Partei geworben wird. Nach herrschender Auffassung in der Literatur ist für eine „Übernahme“ jedoch wie bei den aufgezeigten Spendenkonstellationen ebenfalls eine Übereinkunft zwischen der Partei und einem Dritten erforderlich.13 Auch hier würde es für die oben aufgezeigten Werbemaßnahmen daher darauf ankommen, dass sich ein aktives Übereinkommen im Einzelfall nachweisen ließe. „Echte“ Parallelaktionen würden daher auch nicht in den Anwendungsbereich der Einnahmefiktion nach § 26 Abs. 1 S. 2 PartG fallen.14 3.2. Spendenverbot gem. § 25 Abs. 2 Nr. 2 PartG Nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 PartG dürfen Parteien keine Spenden annehmen von Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Zweck dieser Regelung ist es, eine indirekte staatliche Parteienfinanzierung zu verhindern.15 Zudem soll das Verbot die Verschleierung der Herkunft privater Mittel durch zwischengeschaltete Spenderorganisationen unterbinden.16 Um das Spendenverbot nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 PartG auf die oben aufgezeigten Werbemaßnahmen anzuwenden, bedarf es zweier Voraussetzungen. Erstens müsste es sich bei den Werbemaßnahmen überhaupt um eine Spende und nicht um eine Parallelaktion handeln. Zweitens müsste der zuwendende Verein die genannten rechtlichen Anforderungen, namentlich insbesondere das Kriterium der Gemeinnützigkeit erfüllen.17 11 Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 27 PartG Rn. 29. 12 Buschmann, Handeln als Millionär oder Funktionär? - Eine Lücke im Spendenrecht des Parteiengesetzes, ZRP 2003, 133 (134). 13 Vgl. Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 26 PartG Rn. 8; Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 26 PartG Rn. 9; Jochum, in: Ipsen, Gesetz über die politischen Parteien, 1. Aufl. 2008, § 26 PartG Rn. 5. 14 Vgl. Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 26 PartG Rn. 8. 15 Vgl. Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 25 PartG Rn. 71. 16 VG Berlin, Urteil vom 18. Januar 2007 – 2 A 24.05 –, juris Rn. 21. 17 Vgl. zum Merkmal der Gemeinnützigkeit: Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 25 PartG Rn. 46. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 6 3.3. Spendenverbot gem. § 25 Abs. 2 Nr. 3 PartG Nach § 25 Abs. 2 Nr. 3 PartG dürfen Parteien zudem keine Spenden von außerhalb des Geltungsbereichs des Parteiengesetzes annehmen, sofern nicht eine der drei genannten Ausnahmetatbestände greift. Zweck dieser Regelung ist es, die politische Willensbildung in Deutschland nicht durch Abhängigkeiten ins Ausland zu beeinträchtigen. Daneben dient die Regelung insbesondere auch der Transparenz, da sich Spenden aus dem Ausland hinsichtlich ihrer tatsächlichen Herkunft nur schwer kontrollieren lassen.18 Auch in diesem Zusammenhang würde das Spendenverbot jedoch nur dann greifen, wenn es sich bei den aufgezeigten Konstellationen um Spenden und nicht nur um Parallelveranstaltungen handeln würde. 3.4. Spendenverbot gem. § 25 Abs. 2 Nr. 6, 2. Alt. PartG Das Verbot der sog. Strohmannspende ist in § 25 Abs. 2 Nr. 6, 2. Alt. PartG geregelt. Demnach ist es verboten, Spenden anzunehmen, bei denen es sich erkennbar um die Weiterleitung einer Spende eines nicht genannten Dritten handelt. Eine Ausnahme gilt jedoch für solche Spenden, die die Bagatellgrenze von 500 € nicht überschreiten. Liegt der Wert einer Spende folglich über der Bagatellgrenze, darf eine Partei sie nur annehmen, wenn es sich bei dem Spender auch um den wirklichen Spender handelt.19 Umgehungskonstellationen, die dazu dienen, die Herkunft der Mittel zu verschleiern, sollen so ausgeschlossen werden. Ob es sich um eine Strohmannspende handelt, richtet sich entsprechend des Gesetzeswortlauts nach der Erkennbarkeit der Strohmannkonstellation . Folglich liegt ihr eine eher objektivierte Betrachtungsweise zugrunde.20 In der Literatur wird hierzu gefordert, dass die betreffenden Personen die Strohmannkonstellation kannten oder nach objektiven Kriterien bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätten kennen müssen.21 Wie bei den vorstehenden Konstellationen würde das Verbot der Strohmannspende jedoch nur einschlägig sein, wenn es sich um eine Spende und nicht um eine Parallelveranstaltung handelt. 3.5. Zwischenergebnis Für die aufgezeigten Fallkonstellationen ist es denkbar, dass eines der genannten Spendenverbote einschlägig sein könnte. Hierfür müsste es sich jedoch um eine Spende bzw. Einnahme im parteienrechtlichen Sinne handeln. Um diese zu begründen bedürfte es des Nachweises eines Zusammenwirkens zwischen Partei und Verein bzw. einer „Übernahme“ von Aufgaben durch diesen. 18 Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 25 PartG Rn. 47; Kersten, in: Kersten/ Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 25 PartG Rn. 73. 19 Vgl. hierzu BVerfG, 85, 264 (323 f.). 20 Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 25 PartG Rn. 101. 21 Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 25 PartG Rn. 67; Jochum, in: Ipsen, Gesetz über die politischen Parteien, 1. Aufl. 2008, § 25 PartG Rn. 35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 7 4. Kontrolle der Zurechenbarkeit Die Kontrolle der von den Parteien vorgelegten Rechenschaftsberichte erfolgt durch den Bundestagspräsidenten . Im Rahmen dieses Kontrollverfahrens kann grundsätzlich auch überprüft werden, ob sich nicht im Rechenschaftsbericht befindliche „Vorteile“ als Spende oder anderweitige Einnahme einordnen lassen. Fehlen entsprechende Angaben regelwidrig, würde sich der abgegebene Rechenschaftsbericht als unrichtig erweisen. Der Bundestagspräsident prüft nach § 23a Abs. 1 PartG den Rechenschaftsbericht auf formale und inhaltliche Richtigkeit und stellt diese entsprechend fest. Die Regelung enthält ein für diese Kontrolle besonderes Verwaltungsverfahren.22 Liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass Angaben im Rechenschaftsbericht unrichtig sind, findet ein mehrstufiges Prüfverfahren statt.23 Konkrete Anhaltspunkte liegen vor, wenn die begründete Möglichkeit besteht, dass Angaben im Rechenschaftsbericht unrichtig sind.24 Entsprechende Anhaltspunkte hierzu können sich aus sämtlichen verfügbaren Informationsquellen, wie etwa Zeugenaussagen oder Ermittlungen von Staatsanwaltschaften bzw. von Steuerbehörden ergeben.25 Bloße Spekulationen reichen hingegen zur Begründung konkreter Anhaltspunkte nicht aus.26 Liegen sie hingegen vor, findet das nachfolgend aufgezeigte Verfahren statt: In einem ersten Schritt gibt der Präsident des Deutschen Bundestages nach § 23a Abs. 2 PartG der Partei die Gelegenheit zur Stellungnahme. Hierzu kann er von der Partei auch die Bestätigung der Richtigkeit ihrer Stellungnahme durch ihren Wirtschaftsprüfer oder ihrer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft , ihren vereidigten Buchprüfer oder ihre Buchprüfungsgesellschaft verlangen. Diese Bestätigung der Richtigkeit zu verlangen, stellt eine Ermessensentscheidung dar.27 Führt das Verfahren nach § 23a Abs. 2 PartG nicht dazu, die konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit auszuräumen, findet eine weitere Aufklärung nach § 23a Abs. 3 PartG statt. Hierzu kann der Bundestagspräsident im Einvernehmen mit der Partei einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft seiner Wahl mit der Prüfung beauftragen. Die Partei muss diesem dann Zugang und Einsicht in die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen und Belege zu gewähren.28 22 Vgl. BT-Drs. 14/8778, S. 18. 23 Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 23a PartG Rn. 8. 24 Rixen, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 23a PartG Rn. 21. 25 Vgl. BT-Drs. 14/8778, S. 18. 26 Vgl. umfassend zur Bestimmung der „konkreten Anhaltspunkte“: Rixen, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 23a PartG Rn. 20 ff.; Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung , 1. Aufl. 2011, § 23a PartG Rn. 12 f. 27 Rixen, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 23a PartG Rn. 26. 28 Rixen, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 23a PartG Rn. 29 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 8 Das Prüfverfahren endet nach § 23a Abs. 4 PartG mit einem Bescheid des Bundestagspräsidenten. Nach Auffassung in der Literatur stellt dieser das Bestehen von Unrichtigkeiten oder aber die Fehlerfreiheit des Rechenschaftsberichts fest.29 Vertreten wird hierzu auch, dass nur im Falle der Feststellung von Unrichtigkeiten der Erlass eines Bescheides erfolgt.30 Bei Feststellung von Unrichtigkeiten enthält der Bescheid auch die Höhe des Betrages, der den unrichtigen Angaben entspricht. Die Partei hat sodann nach § 23a Abs. 5 PartG einen berichtigten Rechenschaftsbericht ganz oder teilweise neu abzugeben. Dieser wird nach § 23a Abs. 6 PartG als Bundestagsdrucksache veröffentlicht. Die Unrichtigkeit von Rechenschaftsberichten kann durch andere Parteien nicht unmittelbar gerichtlich geltend gemacht werden, da deren Rechtsstellung auch bei einer Korrektur ihres Rechenschaftsberichts unberührt bleibt. Nach § 19a Abs. 1 S. 2 PartG darf der Bundestagspräsident die Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung für eine Partei zwar nur festsetzen und auszahlen , wenn ein Rechenschaftsbericht vorliegt, der den Vorgaben des Parteiengesetzes entspricht. Im System der gesetzlichen Parteienfinanzierung würde eine nachträgliche Korrektur zulasten einer Partei daher eigentlich zu möglichen finanziellen Vorteilen der anderen Parteien führen. Um dies zu verhindern, regelt § 31a Abs. 4 PartG aber, dass die Festsetzungen und Zahlungen an die übrigen Parteien unverändert bleiben. Ein unmittelbarer Vorteil würde sich für diese aus der nachträglichen Korrektur folglich nicht ergeben.31 Ausweislich der Gesetzesbegründung dient die Regelung dem Rechtsfrieden.32 Konkurrentenklagen um die staatliche Parteifinanzierung, die die Richtigkeit der Rechenschaftsberichte zum Gegenstand haben würden, sollen daher aus Sicht des Gesetzgebers vermieden werden. Zum Schutz der Parteien enthält § 23a Abs. 7 PartG eine Beschränkung der Informationsverwertung. Die Parteien sollen vor staatlicher Ausforschung geschützt werden. Daher dürfen Erkenntnisse, die im Rahmen des aufgezeigten Verfahrens gewonnen werden, nur insoweit veröffentlicht oder übermittelt werden, wie sie die Rechnungslegung betreffen. Für alle anderen Nutzungszwecke besteht ein Nutzungs- bzw. Beweisverwertungsverbot.33 Nach Beendigung der Prüfung besteht zudem eine unverzügliche Löschungspflicht. 5. Verfassungsrechtliche Fragen Ordnet man die aufgezeigten Fallkonstellationen als Parallelaktionen ein, stellen sich verschiedene verfassungsrechtliche Fragen. So ist vor allem zu prüfen, ob das Transparenzgebot aus Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG eine Verschärfung der Transparenzregelungen verlangt. Darüber hinaus 29 Vgl. nur m.w.N: Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 23a PartG Rn. 24. 30 Krit. zu dieser „gängigen Auffassung“: Rixen, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 23a PartG Rn. 41 ff. 31 Kersten, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 31a PartG Rn. 23. 32 Vgl. BT-Drs. 14/8778, S. 17; Koch, Fehlerhafte Rechenschaftslegung politischer Parteien und ihre Folgen, DVBl 2008, 601 (604). 33 Rixen, in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz und europäisches Parteienrecht, 1. Aufl. 2009, § 23a PartG Rn. 62 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 9 stellt sich auch die Frage, ob der Einführung entsprechender Transparenzregelungen verfassungsrechtliche Hürden gegenüberstehen könnten. 5.1. Rechenschaftspflichten der Parteien Parteien sind nach Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG verpflichtet, über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft abzugeben. Die Ausgestaltung dieser verfassungsrechtlichen Pflicht erfolgt nach Art. 21 Abs. 5 GG durch Bundesgesetz. Mit den Regelungen in §§ 23 ff. PartG hat der Gesetzgeber die Transparenzpflichten umfassend ausgestaltet.34 Dennoch sind Lücken in dieser Ausgestaltung zumindest denkbar. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung die Möglichkeit von Scheingeschäften hinsichtlich früherer Ausgestaltungen der Rechenschaftspflichten ausdrücklich betont.35 Die Pflicht, öffentlich Rechenschaft abzulegen, dient allgemein der Transparenz des politischen Wettbewerbs. Den Wählern soll hierbei insbesondere die Verflechtung wirtschaftlicher und politischer Interessen offengelegt werden.36 Ausdrücklich führt das Bundesverfassungsgericht hierzu aus: „Der Wähler soll sich über die Kräfte unterrichten können, die die Politik der Parteien bestimmen, und er soll die Möglichkeit haben, die Übereinstimmung zwischen den politischen Programmen und dem Verhalten derer zu prüfen, die mit Hilfe finanzieller Mittel auf die Parteien Einfluß zu nehmen suchen.“37 Ferner soll die Rechenschaftspflicht auch dem Schutz der innerparteilichen demokratischen Ordnung als auch der Chancengleichheit im Wettbewerb zwischen den politischen Parteien dienen.38 Legt man diese Regelungszwecke zugrunde, so erscheint es zumindest rechtspolitisch nicht fernliegend, den Transparenzgedanken auch auf Konstellationen wie die oben dargestellten Parallelaktionen zu übertragen. Dennoch verpflichtet Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG die Parteien lediglich über ihre Mittel öffentlich Rechenschaft abzulegen. Bereits im Verfassungswortlaut wird damit klargestellt, dass die Rechenschaftspflichten nur die Parteifinanzen selbst betreffen.39 Nicht erfasst werden hingegen finanzielle Mittel Dritter, die diese für eine Partei einsetzen, solange diese sich nicht als Einnahme im Sinne des § 26 Abs. 1 PartG einordnen lassen. So ist etwa anerkannt, dass die Rechenschaftspflichten 34 Vgl. Klein, in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. EL September 2017, Art. 21 Rn. 469. 35 BVerfG, Urteil vom 09. April 1992 – 2 BvE 2/89 –, juris Rn. 173. 36 Vgl. Klein, in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. EL September 2017, Art. 21 Rn. 466. 37 BVerfG, Urteil vom 09. April 1992 – 2 BvE 2/89 –, juris Rn. 165. 38 Vgl. Klein, in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. EL September 2017, Art. 21 Rn. 466 ff. 39 Vgl. Klein, in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. EL September 2017, Art. 21 Rn. 474. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 10 des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG nicht gegenüber rechtlich verselbstständigten Neben- bzw. Sonderorganisationen gelten.40 Sind die Rechenschaftspflichten bereits bei solchen mit der Partei verbundenen Organisationen nicht anwendbar, muss dies erst recht für organisatorisch vollständig von der Partei unabhängige Organisationen gelten. Möglichen verdeckten Umgehungskonstellationen kann daher allenfalls über die Spendenannahmeverbote nach § 25 Abs. 2 insbesondere Nr. 2 u. 6 PartG begegnet werden. Da der Wortlaut des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG ausdrücklich auf die parteieigenen Mittel abstellt, enthält die Vorschrift auch keinen Regelungsauftrag zugunsten einer Ausdehnung der Rechenschaftspflichten auf organisatorisch von der Partei unabhängige Dritte. 5.2. Mögliche Rechenschaftspflichten für Unterstützungsvereine Es stellt sich die Frage, ob die parteirechtlichen Transparenzpflichten auf Unterstützungsvereinigen wie die oben dargestellten übertragen werden können. Eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Schaffung entsprechender Transparenzregeln besteht nicht. Ob solche Regelungen verfassungsgemäß wären, hängt vor allem von der konkreten Ausgestaltung ab. Vereinzelt werden in der Literatur entsprechende Regelungen zumindest für die Zeit des Wahlkampfes in Erwägung gezogen .41 Auch im „Bericht über die Rechenschaftsberichte 2012 bis 2014 der Parteien sowie über die Entwicklung der Parteifinanzen gemäß § 23 Absatz 4 des Parteiengesetzes“ wird für den Fall einer rechtspolitischen Notwendigkeit die Schaffung von Transparenzanforderungen und Beschränkungen in Erwägung gezogen. Solche könnten möglicherweise in den Wahlgesetzen von Bund und Ländern verankert werden.42 Konkrete Regelungsvorschläge lassen sich derzeit jedoch nicht finden. In der Vergangenheit wurden entsprechende Regelungen für politische Unterstützungsaktionen Dritter vom Gesetzgeber verworfen. Eine Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung gelangte zu der Auffassung, dass das Problem aufgrund der Vielfalt der Lebenssachverhalte nur schwer rechtlich präzise geregelt werden könne.43 Transparenzregelungen oder Beschränkungen für Unterstützungsvereine würden zahlreiche Grundrechtsfragen bei den Betroffenen aufwerfen. Zudem könnten sie auch in den politischen Wettbewerb eingreifen, indem potenzielle Unterstützer von politischen Parteien durch spezielle Rechtspflichten in ihrem Engagement beeinträchtigt werden könnten. Der freie und ungestörte 40 Vgl. allgemein hierzu: Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. EL September 2017, Art. 21 Rn. 474; Kunig, Parteien, in: HStR III, 3. Aufl. 2005, § 40 Rn. 41; Streinz, in: v. Mangold/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 21 Rn. 205; ähnlich Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 24 PartG Rn. 123 f. Strittig ist die Einordnung jedoch bei den rechtlich verselbstständigten Jugendorganisationen der Parteien. Vgl. hierzu nur: Klein, ebenda. 41 Schönberger, Die anonymen Gönner der AfD: Ist mehr Transparenz bei der Wahlwerbung von Dritten für Parteien möglich?, Recht und Politik, 4/2016, S. 212. 42 BT-Drs. 18/10710, S. 50. 43 Unterrichtung durch die Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, Empfehlung für Änderungen im Recht der Parteienfinanzierung, BT-Drs. 14/671, S. 42. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 097/18 Seite 11 politische Wettbewerb ist für das demokratische Gemeinwesen jedoch unabdingbar. Politische Freiheiten sind Grundbedingungen der Demokratie.44 Das Bundesverfassungsgericht geht allgemein davon aus, dass der Verfassungsgeber sich für einen freien und offenen Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes entschieden hat. Dieser Prozess muss sich vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen.45 Dieser Willensbildungsprozess vom Volk zu den Staatsorganen impliziert auch eine Unterstützung von Parteien durch private Dritte. Eine solche Unterstützung geht dabei gemeinhin oftmals auch mit geldwerten Vorteilen einher, die dieser Willensbildungsprozess sogar voraussetzt. Gesetzliche Regelungen zur Schaffung entsprechender Transparenzpflichten müssten den Spagat schaffen, einerseits den politischen Wettbewerb transparent zu halten, ohne ihn andererseits zu beeinträchtigen. Hinzu kämen zahlreiche grundrechtsrelevante Fragen bei den von einer Transparenzpflicht Betroffenen. Diese reichen von einer Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit den Kommunikationsgrundrechten bis hin zu Fragen der Berufsfreiheit, soweit die Regelungen die Offenlegung von Mitteln aus dem beruflichen Kontext eines Betroffenen verlangen. Vor diesem Hintergrund sind entsprechende Regelungen zwar durchaus denkbar; diese müssten jedoch mit den genannten Verfassungsgütern in Einklang gebracht werden. *** 44 Vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 14. Aufl. 2016, Art. 20 Rn. 8. 45 BVerfGE 20, 56 (2. LS).