© 2013 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 089/13 Die kommunale Selbstverwaltung in ausgewählten Mitgliedstaaten der Europäischen Union Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 2 Die kommunale Selbstverwaltung in ausgewählten Mitgliedstaaten der Europäischen Union Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 089/13 Abschluss der Arbeit: 14. Juni 2013 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung 4 1.1. Die verfassungsrechtliche Absicherung 4 1.2. Die Organisation 4 2. Einleitung 5 3. Deutschland 5 4. Zur Rechtslage in den Mitgliedstaaten der EU 7 4.1. Belgien 7 4.2. Frankreich 8 4.3. Italien 10 4.4. Niederlande 10 4.5. Österreich 12 4.6. Polen 13 4.7. Spanien 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 4 1. Zusammenfassung Die nachfolgende Ausarbeitung gibt einen Überblick über die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland und ausgewählten Mitgliedstaaten der EU, dem eine Abfrage über das Europäische Zentrum für parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation (EZPWD) an die Mitgliedstaaten Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen und Spanien zugrundeliegt . Zusammenfassend lässt sich aus den erhaltenen Antworten der Parlamente der genannten EU-Mitgliedstaaten folgendes Bild skizzieren: 1.1. Die verfassungsrechtliche Absicherung Die kommunale Selbstverwaltung ist in allen ausgewählten Mitgliedstaaten verfassungsrechtlich garantiert. Alle Verfassungen widmen ein Kapitel den Gebietskörperschaften, die meist aus Gemeinden und Provinzen oder ähnlichen, mehrere Gemeinden umfassenden Gebietskörperschaften bestehen. Ihre Ausgestaltung ist von ihrem Umfang sehr unterschiedlich und in der Regel wesentlich detaillierter als die deutsche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz. So ist in Art. 162 der belgischen Verfassung beispielsweise geregelt, dass Sitzungen der Gemeinderäte öffentlich stattfinden und die Mitglieder der Gemeinderäte in einer Direktwahl gewählt werden. Ähnliche Regelungen finden sich auch in der spanischen, niederländischen und österreichischen Verfassung. Die polnische Verfassung legt fest, welche Organe die Aufsicht über die Gemeinden führen. Diese Aufgabenzuweisung ist in Deutschland nicht durch das Grundgesetz, sondern nur durch einfachgesetzliche Regelungen der einzelnen Bundesländer geregelt. Die wesentlichen Merkmale der kommunalen Selbstverwaltung sind in allen Mitgliedstaaten vergleichbar. Alle Gemeinden sind für die sie betreffende Angelegenheiten zuständig und genießen eine Territorial- und Finanzhoheit. Sie können selbstständig Steuern erheben und erhalten zusätzliche finanzielle Unterstützung durch den Staat. Allerdings garantieren die Verfassungen der Mitgliedstaaten wie in Deutschland keinen Bestand einer einzelnen Gemeinde. Gemeinden können daher auch in den anderen Mitgliedstaaten zusammengelegt oder an andere Gemeinden angeschlossen werden. 1.2. Die Organisation Alle untersuchten Mitgliedstaaten sind dezentral organisiert und territorial in zwei oder drei Ebenen unterteilt. Sie bestehen in der ersten Ebene aus Regionen oder Provinzen, die als eigene Gebietskörperschaften verfassungsrechtlich abgesichert sind. In Frankreich, Italien, Polen und Spanien sind diese Regionen in eine weitere, mehrere Gemeinden umfassende Ebene unterteilt; in Belgien, den Niederlanden und Österreich folgen unmittelbar die Gemeinden. In Frankreich nehmen die Städte Paris, Marseille und Lyon als größte Städte des Landes eine Sonderstellung ein. Zudem regelt die französische Verfassung die Organisation der überseeischen Körperschaften . In den Niederlanden können sich zusätzliche, von den Gemeinden unabhängige Körperschaften bilden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 5 Die Gemeinden bestehen aus zwei oder drei Organen. Alle Gemeinden haben einen Gemeinderat und einen Bürgermeister. Belgien, Italien, die Niederlande und Österreich verfügen mit Beigeordneten des Bürgermeisters über ein drittes Organ. Der Gemeinderat wird in allen Staaten durch die wahlberechtigten Einwohner der Gemeinden gewählt, wohingegen der Bürgermeister teilweise direkt und teilweise durch den Gemeinderat gewählt wird. In den Königreichen Niederlande und Belgien wird der Bürgermeister durch den König ernannt. 2. Einleitung Die folgende Ausarbeitung befasst sich mit der kommunalen Selbstverwaltung in ausgewählten Mitgliedstaaten der EU. Dabei wird nach einem Überblick über die Rechtslage in Deutschland die verfassungsrechtliche Absicherung der kommunalen Selbstverwaltung sowie die Organisation der Kommunen innerhalb der Mitgliedstaaten untersucht. Die hier zusammengestellten Informationen basieren auf einer Abfrage der Parlamente der EU-Mitgliedstaaten über das Europäische Zentrum für parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation (EZPWD).1 Die Parlamente der Mitgliedstaaten Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich , Polen und Spanien wurden um eine Stellungnahme zu folgenden Fragen gebeten: 1. Wie ist die kommunale Selbstverwaltung verfassungsrechtlich abgesichert? 2. Wie ist die kommunale Selbstverwaltung organisiert? Bis auf Luxemburg haben alle Parlamente geantwortet. Die Antworten der Parlamente lagen teilweise in englischer, französischer und spanischer Sprache vor, sodass eine Arbeitsübersetzung durch den Fachbereich WD 3 ins Deutsche erforderlich war. Zudem waren sie in ihrem Umfang sehr unterschiedlich. Als weitere Quelle dienten ergänzend Ausarbeitungen des Niederländischen Außenministeriums2 und des Belgischen föderalen öffentlichen Dienstes.3 3. Deutschland Die kommunale Selbstverwaltung ist in Deutschland verfassungsrechtlich in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz4 (GG) garantiert: „Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der 1 EZPWD-Anfrage Nr. 2307 vom 21. Mai 2013. 2 http://web.archive.org/web/20080616140834/http://www.minbuza.nl/de/wissenswertes/wissenswertes,staatund -verwaltung#a5. 3 http://www.belgium.be/de/ueber_belgien/staat/. 4 Abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 6 finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.“ Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet, dass es innerhalb des Verwaltungsaufbaus Gemeinden gibt (institutionelle Garantie)5 und garantiert deren Befugnis, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbstständig zu regeln (sog. Allzuständigkeit).6 Eine Garantie für den Bestand einzelner Gemeinden enthält das Grundgesetz hingegen nicht. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie umfasst fünf Schlüsselkompetenzen (sog. Gemeindehoheiten)7: Gebiets-, Organisations-, Rechtssetzungs-, Planungs- und Finanzhoheit. Neben der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie für Gemeinden enthält Art. 28 Abs. 2 GG in Satz 2 eine entsprechende, aber abgeschwächte Garantie für die sog. Gemeindeverbände. Es werden keine Aufgaben gewährleistet, sondern der gesetzlichen Bestimmung überlassen.8 Garantiert sind aber die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung. Gemeinden und Gemeindeverbände sind Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind verfassungsrechtlich Bestandteil der Bundesländer und bilden daher keine selbstständige staatliche Ebene.9 Gemeindeverbände sind zwischen Gemeinde- und Landesebene angesiedelt und nehmen überörtliche Aufgaben wahr.10 Außerhalb des Grundgesetzes ist das Kommunalrecht insbesondere in den Gemeinde- und Kreisordnungen der 16 Bundesländer geregelt. Es ist innerhalb der einzelnen Bundländer im Detail unterschiedlich ausgestaltet. Zu differenzieren ist auch zwischen Stadtstaaten oder Flächenstaaten . Stadtstaaten sind Berlin, Hamburg und Bremen. Hier ist die Stadt gleichzeitig das Bundesland . In den Flächenstaaten gibt es eine Vielzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden. Nachfolgend wird die Struktur der dortigen Kommunalverwaltung skizziert: Es wird im Wesentlichen zwischen kreisangehörigen Gemeinden, Kreisen und kreisfreien Städten unterschieden. Kreise bestehen aus mehreren kreisangehörigen Gemeinden, kreisfreie Städte sind größere selbstständige Städte, die keinem Kreis angehören. Neben den bereits erwähnten Kreisen gibt es noch weitere Gemeindeverbände in den einzelnen Bundesländern. 5 Mehde in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, 67. EL (2012), Art. 28 Rn. 40 ff. 6 Dreier in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, Band II, 2. Auflage (2006), Art. 28 Rn. 110 ff.; Mehde in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, 67. EL (2012), Art. 28 Rn. 50. 7 Zu den Gemeindehoheiten im Einzelnen: Dreier in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, Band II, 2. Auflage (2006), Art. 28 Rn. 130 ff. 8 Mehde in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, 67. EL (2012), Art. 28 Rn. 129. 9 BVerfGE 86,148, 215. 10 Mehde in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, 67. EL (2012), Art. 28 Rn. 137. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 7 Die kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreien Städte sind für alle sie unmittelbar betreffenden Angelegenheiten zuständig. Die Kreise und weitere Gemeindeverbände nehmen überörtliche Aufgaben wahr, welche die Gemeinden nicht eigenständig ausführen können. Die kreisangehörigen Gemeinden und die kreisfreien Städte besitzen zwei zentrale Organe, den Bürgermeister und den Gemeinderat. Der Bürgermeister wird direkt von den Bürgern gewählt. Er hat zwei Funktionen, er ist Vorsitzender des Gemeinderates und Leiter der Verwaltung. Der Gemeinderat ist die ebenfalls von den Bürgern der Gemeinde unmittelbar gewählte Bürgervertretung . Er entscheidet über alle grundlegenden Angelegenheiten der Gemeinde. Die einzelnen Gemeindeordnungen der Bundesländer bestimmen, welche Angelegenheiten zwingend durch den Gemeinderat entschieden werden müssen. Die Kreise besitzen als Organe entsprechend den Landrat und den Kreistag. Die Existenz einer gewählten Volksvertretung auf Ebene der Gemeinden und Kreise ist grundgesetzlich in Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG abgesichert. 4. Zur Rechtslage in den Mitgliedstaaten der EU 4.1. Belgien Zu Frage 1: Die kommunale Selbstverwaltung ist in Art. 164 der belgischen Verfassung11 abgesichert. Garantiert wird eine Direktwahl der Mitglieder der Provinzial- und Gemeinderäte durch die wahlberechtigten Einwohner der Selbstverwaltungskörperschaften, die Zuständigkeit der Selbstverwaltungskörperschaften in eigenen Angelegenheiten und die dezentrale Verteilung von Befugnissen auf provinziale und kommunale Einrichtungen. Zugleich wird eine Kontrolle der Selbstverwaltungskörperschaften garantiert, indem geregelt ist, dass die Sitzungen der Provinzial- und Gemeinderäte innerhalb der gesetzlichen Grenzen öffentlich erfolgen sollen und die Haushaltspläne und Rechnungen offen gelegt werden müssen. Zudem werden der föderale Gesetzgeber und die Aufsichtsbehörden ermächtigt, bei Gefährdung des Gemeinwohls in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen. Zu Frage 2: Belgien ist in drei hierarchische Ebenen untergliedert. Auf der obersten Stufe stehen der Föderalstaat Belgien, die Regionen und die sogenannten Gemeinschaften. Der Föderalstaat umfasst das gesamte Staatsgebiet. Die Regionen sind territorial in die Flämische Region, die Region Brüssel -Hauptstadt und die Wallonische Region aufgeteilt. Die Gemeinschaften sind nach den Landesteilen ausgerichtet, in denen einheitliche Sprachen gesprochen werden. Es wird zwischen der deutschen, der flämischen und der französischen Sprache unterschieden. Alle drei Körperschaften sind aus juristischer Sicht gleichberechtigt und unterscheiden sich durch verschiedene Zuständigkeitsbereiche . Auf der nächsten hierarchischen Ebene folgen die Provinzen und auf der untersten die Gemeinden. Darüber hinaus gibt es Gemeindeföderationen und Agglomerationen, 11 Verfassung Belgiens, abrufbar unter: http://www.dgparlament.be/PortalData/4/Resources/downloads/gesetzestexte/Verfassung-stand_2013-03l.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 8 die aus einer Stadt und deren unmittelbar angrenzendem Umland bestehen. Für sie gelten die gleichen Grundsätze wie für die übrigen Selbstverwaltungskörperschaften. Ihnen kommen eigene Kompetenzen zur Regelung der sie unmittelbar betreffenden Angelegenheiten zu. Die nähere Organisation und Aufsicht der Gemeinden ist in einer zentralen Gemeindeordnung geregelt. Organe einer Gemeinde sind der Gemeinderat, der Bürgermeister und die Schöffen. Diese bilden die Gemeindebehörde. Der Gemeinderat wird direkt durch die wahlberechtigten Einwohner einer Gemeinde gewählt. Der Bürgermeister wird auf Grundlage einer Vorschlagliste vom König ernannt. In der Regel ist er Gemeinderatsmitglied. Es kann jedoch auch ein außerhalb des Gemeinderates stehender Gemeinderatswähler als Bürgermeister ernannt werden. In diesem Fall erhält er volles Stimmrecht im Gemeinderat und im Schöffenkollegium. Die Schöffen sind Beigeordnete des Bürgermeisters und bilden mit ihm eine Gemeinderegierung. Sie rekrutieren sich aus Mitgliedern des Gemeinderates und werden von den Mitgliedern des Gemeinderates gewählt. 4.2. Frankreich Zu Frage 1: Die kommunale Selbstverwaltung ist in Frankreich in Art. 72 der Verfassung12 garantiert. Dieser regelt die Rechte und Pflichten aller französischen Gebietskörperschaften und garantiert ihren Bestand. Sie ist insbesondere durch den Subsidiaritätsgrundsatz gekennzeichnet. Art. 72 enthält hierzu folgende Regelung: „Die Gebietskörperschaften treffen die Entscheidungen in allen Zuständigkeitsbereichen, die auf ihrer Ebene am besten wahrgenommen werden können.“ Dieser Grundsatz ist durch einfachgesetzliche Normen, welche den Gebietskörperschaften ihre Kompetenzen zuweisen, konkretisiert worden.13 Zu Frage 2: Die französischen Gebietskörperschaften sind in Gemeinden (Communes), Departements, Regionen , Körperschaften mit Sonderstatus (Collectivités à statut particulier) und überseeische Körperschaften (Collectivités d’outre-mer)14 aufgeteilt. Mehrere Gemeinden gehören zu einem Departement , mehrere Departments sind Teil einer Region. Gemeinden haben zudem die Möglichkeit, sich freiwillig zu Gemeindeverbänden (Etablissement publics de coopération intercommunale) zusammen zu schließen. Hier wird zwischen Einrichtungen, die ausschließlich für einen be- 12 La Constitution du 4 octobre 1958, abrufbar unter: http://www.assemblee-nationale.fr/deutsch/8cb.asp. 13 Die detaillierte Aufgabenzuweisung regelt der „Code général des collectivités territoriale“; abrufbar in französischer Sprache unter: http://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do?cidTexte=LEGITEXT000006070633&dateTexte=20130528. 14 Ausführungen zu der Rechtsstellung der französischen Regionen in Übersee sind in französischer Sprache abrufbar auf der Internetseite des französischen Parlamentes unter: http://www.assemblee-nationale.fr/connaissanCe/fiches_synthese/septembre2012/fiche_11.asp. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 9 stimmten Zweck errichtet werden (Syndicats intercommunaux à vocation unique, SIVU), und Verbänden, die mehrere Aufgaben und Sachgebiete gemeinschaftlich regeln und verwalten (Syndicats intercommunaux à vocation multiple, SIVOM), unterschieden. Die einzelnen Gebietskörperschaften sind sowohl in ihrem Verhältnis zum Staat als auch in ihrem Verhältnis untereinander selbstständig. Es besteht keine hierarchische Ebene zwischen Region , Departement und Gemeinde. Da die verschiedenen Gebietskörperschaften allerdings unterschiedliche Aufgaben aus denselben Fachgebieten wahrnehmen, besteht eine selbstständig und für den Einzelfall geregelte Aufgabenzuweisung und Organisation. Die Städte Paris, Lyon und Marseille sind aufgrund ihrer Größe in Arrondissements untergliedert und haben daher einen Sonderstatus. Die Stadt Paris nimmt eine zusätzliche Sonderstellung ein, sie ist gleichzeitig Gemeinde und Departement. Alle Gebietskörperschaften in Frankreich haben auf ihren jeweiligen Ebenen einheitliche Kompetenzen . Eine einzelne Gemeinde hat folglich in jedem Departement und in jeder Region die gleichen Rechte und Pflichten. Insgesamt ist zu beobachten, dass aufgrund starker Dezentralisierungsbemühungen innerhalb Frankreichs die Gebietskörperschaften immer weitreichendere Kompetenzen erhalten. Dies spiegelt sich neben den gesetzlichen Regelungen auch in den staatlichen Ausgaben zur finanziellen Förderungen der Gebietskörperschaften und der gestiegenen Anzahl der Beschäftigten.15 In finanzieller Hinsicht sind Gebietskörperschaften ermächtigt, selbstständig Steuern und Gebühren zu erheben. Darüber hinaus erhalten sie staatliche finanzielle Unterstützung. Wie diese Gelder ausgegeben werden, entscheiden die Gebietskörperschaften eigenständig. Ähnlich wie in Deutschland besitzen die Gemeinden zwei Organe, einen Gemeinderat (conseil municipal) und einen Bürgermeister (maire) mit seinen Beigeordneten (adjoint au maire). Während der Gemeinderat direkt von den wahlberechtigten Einwohnern einer Gemeinde gewählt wird, wählen die Gemeinderatsmitglieder den Bürgermeister und seine Beigeordneten. Der Bürgermeister übt zeitgleich zwei Funktionen aus. Er ist Vertreter seiner Gemeinde und Staatsrepräsentant . Als Staatsrepräsentant kommen ihm im Gegensatz zu einem deutschen Bürgermeister bestimmte Sonderaufgaben zu, so ist er beispielsweise Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft mit Polizeigewalt und in diesem Zusammenhang Chef der Gemeindepolizei. 15 Eine detaillierte Darstellung mit aktuellen Ausgaben- und Beschäftigtenzahlen ist in französischer Sprache abrufbar auf der Internetseite des französischen Parlamentes unter: http://www.assemblee-nationale.fr/connaissanCe/fiches_synthese/septembre2012/fiche_11.asp. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 10 4.3. Italien Zu Frage 1: In Italien ist die kommunale Selbstverwaltung in Titel V der Verfassung16 garantiert. Insbesondere die Art. 114 bis 119 beschäftigen sich mit den Rechten und Pflichten der Gemeinden. Diese haben die Regelungsbefugnis für alle sie betreffenden Angelegenheiten. In diesem Rahmen sind sie gem. Art. 119 berechtigt, Steuern und Gebühren zu erheben und über die Verwendung ihrer finanziellen Mittel selbstständig zu entscheiden. Ein verfassungsrechtlich garantierter Ausgleichsfonds soll eine gerechte Finanzverteilung und eine finanzielle Unterstützung durch den Staat in dem Fall sicherstellen, dass die Gemeinden ihre Ausgaben nicht durch eigene Einnahmen decken können. Zu Frage 2: Italien ist in Gemeinden, Provinzen, Großstädte mit besonderem Status und Regionen untergliedert . Zudem bestimmt Art. 116 der italienischen Verfassung eine Reihe von autonomen Provinzen mit eigenen Statuten. Italien besteht aus 8.093 Gemeinden und 101 Provinzen. Die Körperschaft der Großstadt mit besonderem Status wurde 1990 in Art. 114 der Verfassung zwar aufgenommen , bislang wurden jedoch keine konkretisierenden Regelungen getroffen, welche Städte unter diesen Begriff zu subsumieren sind, sodass sie bisher faktisch nicht existieren. Organe der italienischen Gemeinden sind der Gemeinderat (Consiglio), der Ausschuss (Giunta) und der Bürgermeister (Sindaco). Der Gemeinderat ist Legislativorgan und wird von den wahlberechtigten Einwohnern der Gemeinde gewählt. Der Ausschuss ist die Gemeinderegierung als Exekutivorgan, besteht aus mehreren Referenten/ Fachbereichsleitern und wird von dem Bürgermeister benannt. Seine Größe ist von der Einwohnerzahl der Gemeinde abhängig. Der Bürgermeister ist Vorsitzender des Ausschusses und leitet die politischen Geschäfte. Er wird ebenfalls in direkten Wahlen von den wahlberechtigten Einwohnern gewählt. 4.4. Niederlande Zu Frage 1: Die kommunale Selbstverwaltung ist im siebten Kapitel der niederländischen Verfassung17 garantiert . Art. 124 Nr. 1 der niederländischen Verfassung garantiert den Provinzen und Gemeinden, ihre Aufgaben weisungsunabhängig auszuüben und die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel selbstständig einzusetzen: 16 La Costituzione della Repubblica Italiana, Art. 114 - 133, abrufbar unter: http://www.landtag-bz.org/download/Verfassung_Italien.pdf. 17 Grondwet, Art. 124 - 136, abrufbar unter: http://www.rijksoverheid.nl/bestanden/documenten-en-publicaties/brochures/2008/09/02/die-verfassung-deskonigreichs -der-niederlande-2008/die-verfassung-des-konigreichs-der-niederlande-2008.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 11 „Die Befugnis zur Regelung und Verwaltung des Haushalts der Provinzen und Gemeinden wird deren Verwaltung überlassen.“ In diesem Zusammenhang sind sie ermächtigt, selbstständig Steuern zu erheben. Zusätzliche Unterstützung erhalten sie durch finanzielle Mittel des Reiches. Zu Frage 2: Die niederländischen Gebietskörperschaften sind in Provinzen und Gemeinden untergliedert. Daneben gibt es gebietsübergreifende Körperschaften, die sich nach bestimmten Aufgabenbereiche richten. Art. 124 Nr. 2 der niederländischen Verfassung enthält Befugnisse, die Aufgabenzuweisung der Gebietskörperschaften in Teilbereichen durch Gesetz zu beschränken. Dies eröffnet die Möglichkeit, einzelne Regelungsbereiche der Verwaltung anderen Körperschaften zuzuweisen . Es wird daher zwischen territorialer und funktionaler Verwaltung unterschieden. Die Bereiche der funktionalen Verwaltung sind aus den Gemeinden ausgegliedert und beziehen sich auf bestimmte Fachgebiete. Es können ganze Zuständigkeitsbereiche (zum Beispiel die Medienkomission) oder nur einzelne Bereiche eines Zuständigkeitsbereichs (zum Beispiel der Polizei) übertragen werden. Hervorzuheben sind insbesondere die Wasserverbände (Waterschappen), die einen besonderen verfassungsrechtlichen Bestandsschutz genießen. Sie sind in Art. 133 der niederländischen Verfassung garantiert. Ihre Aufgabe ist die Überwachung, Unterhaltung und Verwaltung der gesamten Gewässer und Deiche. Sie sind wiederum in regionale Verbände untergliedert und gegenüber den Gemeinden unabhängig. Die Provinzen und Gemeinden haben Rechtsetzungsbefugnis innerhalb ihrer Zuständigkeitsbereiche . Gemeinden nehmen insbesondere die Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge wahr. Hierbei handeln sie selbstständig. Alle Gemeinden haben die gleichen Kompetenzen und Rechte und werden auf die gleiche Weise verwaltet. Dies kann insbesondere deshalb zu Schwierigkeiten führen, weil die Gemeinden in ihrer Größe und Einwohnerzahl erheblich voneinander abweichen . Aus diesem Grund wurden im Hinblick auf eine effiziente und bürgernahe Verwaltungsarbeit in den letzten Jahren immer mehr Gemeinden zusammengelegt. Diese Möglichkeit staatlicher Beschränkung ist in Art. 123 der niederländischen Verfassung ausdrücklich zugelassen. Ein Anspruch auf den Bestand einer einzelnen Gemeinde besteht daher nicht. Eine niederländische Gemeinde verfügt über drei Organe, den Gemeinderat (Gemeenteraad), den Gemeindevorstand (College van burgermeester) und den Bürgermeister (Burgermeester). Der Gemeinderat wird direkt von den wahlberechtigten Einwohnern einer Gemeinde gewählt und ist das Legislativorgan einer Gemeinde. Der Gemeindevorstand ist gemeinsam mit dem Bürgermeister das Exekutivorgan, wird von den Mitgliedern des Gemeinderates gewählt und darf ebenso wie der Bürgermeister nicht dem Gemeinderat angehören. Der Bürgermeister wird nach Beratung mit der nationalen Regierung durch königlichen Erlass ernannt. Neben seiner Rolle als Teil der Verwaltung ist er auch Vorsitzender des Gemeinderates. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 12 4.5. Österreich Zu Frage 1: In Österreich ist die verfassungsrechtliche Stellung der Gemeinden im Wesentlichen im Fünften Hauptstück des Bundes-Verfassungsgesetzes18 (B-VG) geregelt. Weitere Regelungen, etwa in Art. 15a B-VG betreffen Verträge zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, oder Information und Einbindung der Gemeinden in EU-Angelegenheiten (Art. 23d B-VG). Die Generalklausel des Art. 118 Abs. 2 B-VG ermächtigt die Gemeinden zur selbstständigen Ausführung aller sie innerhalb ihres Hoheitsgebietes betreffenden Angelegenheiten. Dazu gehört auch, dass die Gemeinde als selbstständiger Wirtschaftskörper im Rahmen der allgemeinen Gesetze Vermögen aller Art besitzen und wirtschaftliche Unternehmen betreiben kann. Zu Frage 2: Österreich ist in Bundesländer und diese sind wiederum in Gemeinden untergliedert. Anders als in anderen Bundesstaaten wird die Rechtsstellung der Gemeinden in Österreich in sehr detaillierter Weise in der Bundesverfassung geregelt. Daher werden die Gemeinden auch weithin als dritte Ebene des Bundesstaates gesehen. In den Landesverfassungen werden in der Regel lediglich Details des Gemeinderechts ausgeführt. Die Gemeinden sind grundsätzlich nur Träger der Verwaltung. Die Gesetzgebung und die Gerichtsbarkeit ist dem Bund und den Ländern vorbehalten. Die Gemeinden verfügen jedoch nach Art. 118 Abs. 6 B-VG über ein relativ weitreichendes Verordnungsrecht in den sogenannten ortspolizeilichen Angelegenheiten. Im Bereich der Hoheitsverwaltung besitzt die Gemeinde keine ursprüngliche, sondern lediglich vom Bund oder Land abgeleitete Aufgaben. Alle, auch die in den „eigenen Wirkungsbereich“ fallenden Aufgaben der Gemeinde sind entweder dem Vollzugsbereich des Bundes oder jenem der Länder im Sinne des Art. 10 bis 15 B-VG zuzuordnen. Die Gemeinde wird in Österreich als qualifizierte Form dezentralisierter staatlicher Verwaltung erachtet und ist vollständig in die Staatsorganisation eingebunden. Zugleich unterscheidet sie sich als Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit wesentlich von anderen Verwaltungseinheiten . Als Selbstverwaltungskörper besitzt sie einen eigenen Wirkungsbereich, in dem sie weisungsfrei ist, und in dem ein Instanzenzug an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde weitgehend ausgeschlossen ist. Dieses Recht auf Selbstverwaltung ist ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht. Es wird verletzt, wenn der Gemeinde z. B. eine in die Kriterien des eigenen Wirkungsbereichs fallende Aufgabe vorenthalten oder entzogen wird. In diesem Fall kann die Gemeinde Gesetze und Verordnungen vor dem Verfassungsgerichtshof angreifen. Die Gemeinden sind zwar im eigenen Wirkungsbereich weisungsfrei, unterliegen aber gemäß Art. 119a B-VG der Aufsicht von Bund und Land. Die Aufsicht ist auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Gemeindeakte beschränkt. Lediglich auf dem Gebiet der „Gemeindegebarung“, 18 Bundes-Verfassungsgesetz, Art. 115 bis 120 B, abrufbar unter: http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=30953. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 13 einer gemeindeinternen Prüfungseinrichtung, erfolgt zusätzlich eine Überprüfung nach den Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Im Aufsichtsverfahren hat die Gemeinde Parteistellung. Neben dem eigenen regelt Art. 119 B-VG den übertragenen Wirkungsbereich. Hier ist die Gemeinde ein „Verwaltungssprengel“ und besorgt staatliche Verwaltungsaufgaben im engsten Sinn. Organ des übertragenen Wirkungsbereichs ist der Bürgermeister. Nach dem B-VG besitzen alle Gemeinden prinzipiell die gleiche Rechtsstellung. Insbesondere ist der eigene Wirkungsbereich für alle Gemeinden und in gleicher Weise und ohne Rücksicht auf Größe und Leistungsfähigkeit der einzelnen Gemeinde abzugrenzen (Prinzip der Einheitsgemeinde ). Das kann in der Praxis im Hinblick auf die reale Vielfalt von Gemeinden erhebliche Probleme bereiten und zur Überforderung kleiner oder leistungsschwacher Gemeinden führen. Daher kommt der Bildung von Gemeindeverbänden (Art. 116a B-VG), dem Abschluss öffentlichrechtlicher Verträge (Art. 116b B-VG) oder der Übertragung einzelner Aufgaben auf Landes- oder Bundesbehörden (Art. 118 Abs. 7 B-VG) hohe Bedeutung zu. Die Organisationsstruktur der Gemeinde ist durch das B-VG weitgehend vorgegeben. Der Gemeinderat als „allgemeiner Vertretungskörper“ wird nach ähnlichen Prinzipien wie der Nationalrat und die Landtage gewählt. Der Gemeindevorstand bildet eine Form der kollegialen Gemeinderegierung , die vom Gemeinderat nach dem Proporz zu wählen ist. Der Bürgermeister wird schließlich – je nach landesverfassungsgesetzlicher Regelung – unmittelbar von den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde oder durch den Gemeinderat gewählt. 4.6. Polen Zu Frage 1: Die polnische Verfassung19 bekennt sich in Art. 15 zu einer dezentralen Staatsstruktur und garantiert in Art. 16 Abs. 2 die kommunale Selbstverwaltung in eigenen Angelegenheiten. Sie spricht von „territorialer Selbstverwaltung“. Als Grundlage dieser Selbstverwaltung bestimmt Art. 164 Abs. 1 der polnischen Verfassung zur Gemeinde: „Die grundlegende Einheit der territorialen Selbstverwaltung ist die Gemeinde.“ Die konkrete Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltung ist in Kapitel VII. der polnischen Verfassung geregelt. Die Gemeinden sind für alle Angelegenheiten zuständig, die nicht durch Gesetz einer anderen territorialen Selbstverwaltungskörperschaft vorbehalten ist. In diesem Rahmen können sie Steuern und Gebühren erheben und erhalten allgemeine und zweckgebundene staatlichen Unterstützung. 19 Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej, Art. 15, 16, 163 - 172, abrufbar unter: http://www.wipo.int/wipolex/en/text.jsp?file_id=195328). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 14 Zu Frage 2: In Polen gibt es drei territoriale Selbstverwaltungskörperschaften: die Kommune (Gmina), den Bezirk (Powiat) und die Provinz (Województwo). Alle territorialen Selbstverwaltungskörperschaften haben das Recht, sich mit anderen territorialen Selbstverwaltungskörperschaften zusammenzuschließen und internationale Bündnisse mit Gebietskörperschaften anderer Staaten einzugehen. Die territorialen Selbstverwaltungskörperschaften bestehen jeweils aus einem Legislativ- und einem Exekutivorgan. Legislativorgan in einer Gemeinde ist der Gemeinderat und Exekutivorgan der Bürgermeister. Beide werden direkt durch die wahlberechtigten Einwohner der Gemeinde gewählt. Die Anzahl der Gemeinderatsmitglieder ist von der Einwohnerzahl der jeweiligen Gemeinde abhängig. Die wahlberechtigten Einwohner einer Gemeinde haben eine wichtige zusätzliche Möglichkeit direkter demokratischer Teilhabe, indem sie über ein Referendum ein Gemeinderatsmitglied oder den Bürgermeister abberufen können. Dieses Recht ist in Art. 170 der polnischen Verfassung garantiert. Zusätzlich ist in der polnischen Verfassung bestimmt, dass die territorialen Selbstverwaltungskörperschaften durch den Premierminister und den Vorsitzenden der Provinz beaufsichtigt werden . Finanzielle Angelegenheiten werden durch die regionalen Rechnungshöfe beaufsichtigt. 4.7. Spanien Zu Frage 1: Titel VIII, Kapitel 1 und 2 der spanischen Verfassung20 widmen sich der territorialen Gliederung des Staates und seiner Lokalverwaltung. Die spanische Verfassung garantiert in Art. 137 die Autonomie der spanischen Gebietskörperschaften: „Das Staatsgebiet wird in Gemeinden, Provinzen und Autonome Gemeinschaften gegliedert. Sie alle genießen Autonomie bezüglich der Verfolgung ihrer entsprechenden Interessen.“ Art. 142 der spanischen Verfassung garantiert den Gebietskörperschaften eine eigenständige Finanzverwaltung und ermächtigt sie, Steuern zu erheben. Zudem regelt die spanische Verfassung in Art. 140 konkret die Zusammensetzung und Wahl der Gemeindevertretung. Zu Frage 2: Spanien ist territorial in Gemeinden, Provinzen und Autonome Gemeinschaften untergliedert. Eine Provinz besteht aus dem Zusammenschluss mehrerer Gemeinden. Zudem können sich mehrere Gemeinden unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Provinz zu Gemeindeverbänden zusammenschließen . Aufgrund gemeinsamer historischer, kultureller und wirtschaftlicher Gemein- 20 Constitución Española de 1978, Art. 137 - 142, abrufbar unter: https://www.boe.es/legislacion/enlaces/documentos/ConstitucionALEMAN.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 089/13 Seite 15 samkeiten können mehrere Provinzen eine Autonomen Gemeinschaft mit einer selbstständigen Regierung bilden. Die Gemeinden und Provinzen behalten jedoch eigene Rechtspersönlichkeit und Selbstständigkeit gegenüber den Autonomen Gemeinschaften. Die Regierung und Verwaltung der spanischen Gemeinden obliegt der Gemeindeverwaltung (Ayuntamientos), bestehend aus Gemeinderat (Concejales) und Bürgermeister (Alcaldes). Der Gemeinderat wird von den wahlberechtigten Einwohnern einer Gemeinde gewählt. Die spanische Verfassung ermöglicht die Wahl des Bürgermeisters direkt durch die wahlberechtigten Einwohner oder durch den Gemeinderat. Einzelheiten der Wahl und die nähere Organisation der Gemeindeverwaltung sind durch einfachgesetzliche Regelungen ausgestaltet.