© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 088/20 Einzelfragen zur Gesetzgebung wegen COVID-19 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 088/20 Seite 2 Einzelfragen zur Gesetzgebung wegen COVID-19 Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 088/20 Abschluss der Arbeit: 20. April 2020 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 088/20 Seite 3 Einleitung Gefragt wurde, ob der Bundestag vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie (COVID-19) eine Notstandsgesetzgebung verabschiedet hat (1.). Weiterhin wurde gefragt, ob er durch die Bundesregierung zu besonderen Maßnahmen, z.B. Quarantäneregeln, Ausgangssperren oder Ausnahmezuständen , konsultiert wurde bzw. eine Zustimmung zu den Maßnahmen erfolgte (2.). Auch wurde gefragt, ob und wenn ja, welche besonderen Maßnahmen bzw. neuen Regelungen für Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende ergriffen wurden (3.). 1. Notstandsgesetzgebung durch den Bundestag Der Bundestag hat keine Notstandsgesetze im Zusammenhang mit COVID-19 erlassen. Am 25. März 2020 hat der Bundestag aufgrund der allgemeinen Beeinträchtigung durch COVID-19 in seine Geschäftsordnung1 den neuen § 126a eingefügt.2 Mit der neuen Regelung wurde das Quorum für die Beschlussfähigkeit des Plenums (Abs. 1) und der Ausschüsse (Abs. 2) auf mehr als ein Viertel der Mitglieder abgesenkt. Somit wird die Durchführung von Plenar- und Ausschusssitzungen mit einer geringeren Anzahl von anwesenden Abgeordneten ermöglicht. Außerdem können Ausschussmitglieder auch elektronische Kommunikationsmittel für Abstimmungen nutzen (Abs. 3) und öffentliche Ausschussberatungen und öffentliche Anhörungssitzungen durchführen (Abs. 4). Diese Regelung ist bis zum 30. September 2020 befristet (Abs. 5).3 2. Information des Bundestages durch die Bundesregierung über Maßnahmen zu COVID-19 Einschränkende Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, z.B. die Anordnung und Durchsetzung von Quarantänemaßnahmen oder Ausgangssperren, fallen in die Zuständigkeit der Länder. Sie können nach § 32 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG)4 im Wege der Rechtsverordnung „Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten […] erlassen“.5 1 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet .de/btgo_1980/BJNR012380980.html). 2 BT-Drs. 19/18126 (abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/181/1918126.pdf). 3 BT-Drs. 19/18126, S. 5. 4 Infektionsschutzgesetz (nur auf Deutsch abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/). 5 So z.B. die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahenverordnung des Landes Berlin (abrufbar unter: https://www.berlin.de/corona/massnahmen/verordnung/#headline_1_10); Verordnungen und Erlasse zur Bekämpfung der Corona-Pandemie des Landes Nordrhein-Westfalen (abrufbar unter: https://www.mags.nrw/erlasse -des-nrw-gesundheitsministeriums-zur-bekaempfung-der-corona-pandemie). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 088/20 Seite 4 Der Bundestag und seine Fachausschüsse wurden insbesondere zu Maßnahmen für eine finanzielle Unterstützung der Wirtschaft6 und im Gesundheitsbereich7 durch die Bundesregierung seit Mitte Februar 2020 regelmäßig unterrichtet. 3. Auswirkungen von COVID-19 auf Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende In Deutschland sind die Bundesländer für die Betreuung und Unterbringung von Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden zuständig. Die Städte und Gemeinden informieren die Asylbewerber und Flüchtlinge durch mehrsprachige Infoblätter und Podcasts8. Diese geben u.a. ausführliche Informationen zu besonderen Hygienemaßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19, zu Quarantäneanordnungen im Fall eines Verdachtsfalls oder einer Infektion mit COVID-19 durch die zuständigen Amtsärzte, das Kontaktverbot inner- und außerhalb der Unterkunft sowie zu Sanktionen im Fall einer Verletzung des Abstandsgebots oder der Quarantäneanordnung. Besondere Regelungen für Familien bzw. unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind nicht vorgesehen. Spezielle Gesetzesänderungen sind nicht vorgesehen. Das für die Bearbeitung der Asylanträge zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) informiert über die Auswirkungen von COVID-199: – Ablaufende Aufenthaltstitel Wird ein Antrag auf eine Verlängerung vor Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt, tritt mit Antragstellung kraft Gesetzes die Fortgeltungsfiktion des Aufenthaltstitels ein (§ 81 Abs. 4 S. 1 AufenthG). Dies gilt auch, wenn der Antrag formlos gestellt wird. Ausgenommen von dieser Regelung sind Schengen-Visa. – Bezug von Kurzarbeitergeld Der Bezug von Kurzarbeitergeld hat keine Auswirkungen auf den Bestand eines Aufenthaltstitels . Grundsätzlich gilt der Lebensunterhalt als gesichert, wenn dieser ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestritten werden kann. Der Bezug von Leistungen, die auf Beiträgen beruhen, zählt jedoch nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel (§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 6 AufenthG). Somit gilt der Lebensunterhalt auch während des Bezugs von Kurzarbeitergeld als gesichert. 6 Unterrichtung der Bundesregierung über außerplanmäßige Ausgaben im Bereich des Gesundheitsministeriums, BT-Drs. 19/17664, 19/17801 und 19/18079. 7 Unterrichtung der Bundesregierung über Eckpunkte zur Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbständige , BT-Drs. 19/18105. 8 Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten Berlin, Corona-Virus: Informationen zum Infektionsschutz in Unterkünften https://www.berlin.de/laf/leistungen/gesundheit/infektionsschutz/#download_quarant%C3%A4ne; Stadt Stuttgart, Informationen zum Corona-Virus (https://coronavirus.stuttgart.de/item/show/692300). 9 BAMF, Informationen zu Covid-19 (https://www.bamf.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2020/20200316-am-covid -19.html, Stand: 20.04.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 088/20 Seite 5 – Überziehung der Sechsmonatsfrist für Aufenthalte im Ausland In der Regel erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn sich dessen Inhaber ohne Unterbrechung länger als sechs Monate im Ausland aufhält (§ 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG). Personen mit deutschen Aufenthaltstiteln, die sich derzeit im Ausland aufhalten und aufgrund der aktuellen Situation keine Möglichkeit haben, innerhalb der sechsmonatigen Frist zurückzukehren, kann noch vor Ablauf der Frist eine großzügige Fristverlängerung gewährt werden. – Zustellung von Bescheiden im Asylverfahren Das BAMF stellt aktuell nur vollumfänglich stattgebende Bescheide zu (d.h. Bescheide, in denen Asyl nach Art. 16a GG oder Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG erteilt wird). Hintergrund ist, dass es auf Grund der Corona-Pandemie und der zur Verhinderung einer weiteren Verbreitung ergriffenen Maßnahmen schwierig sein kann, eine Rechtsberatung oder anwaltliche Vertretung in Anspruch zu nehmen. Von dieser grundsätzlichen Regelung kann (ab dem 20. April 2020) bei Asylverfahren, bei denen ein Anwalt mandatiert und damit eine rechtliche Vertretung sichergestellt ist sowie bei Verfahrenseinstellungen durch Antragsrücknahme und Verzicht (§ 32 AsylG) bzw. bei Untertauchen oder Ausreise (§ 33 Abs. 2 S. 1 Nr.2 AsylG) abgewichen werden. Diese eingeschränkte Zustellung soll zunächst für zwei Wochen erfolgen. ***