© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 084/16 Zuwanderung und Spracherwerb Gesetzliche Anforderungen in den USA, Kanada und Australien Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 084/16 Seite 2 Zuwanderung und Spracherwerb Gesetzliche Anforderungen in den USA, Kanada und Australien Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 084/16 Abschluss der Arbeit: 14.03.2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 084/16 Seite 3 1. Einleitung Es wird die Frage gestellt, welche Spracherwerbserfordernisse für die Zuwanderung in die USA, Kanada und Australien gesetzlich vorgeschrieben sind. Dabei geht es konkret um die Spracherwerbsregelungen für den dauernden Aufenthalt sowie für die Einbürgerung. Unterschieden wird zwischen den verschiedenen Einwanderergruppen der Familienangehörigen, Arbeitsmigranten, Flüchtlinge und Einbürgerungswilligen. Im Hinblick auf die Staaten USA und Kanada besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Informationen zur aktuellen Gesetzeslage durch eine Anfrage an die Parlamente über das Europäische Zentrum für Parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation (EZPWD) zu erhalten. Da eine solche Anfrage angesichts der Kürze der Bearbeitungszeit nicht erfolgen kann, muss sich der vorliegende Sachstand für alle angefragten Staaten auf eine Auswertung der im Rahmen einer Internetrecherche ermittelten einschlägigen Gesetzeswerke und behördlicherseits eingestellten Informationen beschränken . Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass es – wie auch im deutschen Recht1 – weitere gesetzliche Ausdifferenzierungen gibt. Auch könnte in den o.g. Staaten der Verwaltungspraxis in den konkreten Einzelfällen eine entscheidende Bedeutung zukommen, was von hier aus nicht zu überblicken ist. Aussagen über die Richtigkeit und Vollständigkeit der hier ausgewerteten Informationen sind daher nicht möglich. 2. Kurzüberblick zum dauernden Aufenthalt Vorangestellt werden soll ein Kurzüberblick, den das in der Auswandererberatung tätige Raphaelswerk e.V.2 zu den Sprachanforderungen in Bezug auf einen dauernden Aufenthalt in den USA, Kanada und Australien auf Nachfrage erstellt hat: Für die Einwanderung durch dauerhaften Familiennachzug oder Ehegattennachzug werden in den USA, Kanada und Australien keine Sprachkenntnisse gefordert. Dies gilt für alle Familienmitglieder , die zum Nachzug berechtigt sind. In allen anderen Einwanderungskategorien sind die Anforderungen der Zielländer sehr unterschiedlich. – USA: Kein gesetzlich festgelegtes Niveau der Sprachkenntnisse in den einzelnen Einwanderungsvisumkategorien gefordert, aber Englischkenntnisse sind gewünscht. Der Einwanderungsbeamte entscheidet. – Kanada: Das Niveau der Sprachkenntnisse (Englisch und/oder Französisch) in den einzelnen Einwanderungskategorien ist gesetzlich festgelegt und muss mit Testzertifikat(en) anerkannter Testverfahren und -zentren nachgewiesen werden. Das geforderte Niveau ist eher als hoch einzuschätzen. 1 Umfassend dazu Wissenschaftliche Dienste, Spracherfordernisse bei Zuwanderung (WD 3 - 3000 - 288/15). 2 http://www.raphaelswerk.de/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 084/16 Seite 4 – Australien: Das Niveau der Sprachkenntnisse (Englisch) in den einzelnen Einwanderungsvisumkategorien ist gesetzlich festgelegt und muss mit Testzertifikat(en) eines anerkannten Testverfahrens und -zentrums nachgewiesen werden. Das geforderte Niveau ist eher als hoch einzuschätzen. 3. Rechtslage in den USA In den USA gilt der Immigration and Nationality Act3 (INA) als das grundlegende Gesetzeswerk zum Einwanderungsrecht.4 3.1. Dauernder Aufenthalt Der Immigration and Nationality Act enthält – soweit ersichtlich – keine Regelungen zu Sprachanforderungen für den dauernden Aufenthalt in den USA („permanent resident“). Der Leitfaden des U.S. Citizenship and Immigration Service für Personen mit dauerhafter Aufenthaltsberechtigung gibt einen Überblick über das Angebot an Sprachkursen und ermuntert lediglich dazu, diese wahrzunehmen.5 3.2. Einbürgerung Die für die Einbürgerung erforderlichen Sprachkenntnisse sind in section 312 INA geregelt. Nach section 312 (a) INA ist ein Verständnis der englischen Sprache erforderlich, das die Fähigkeit umfasst, auf einem für den alltäglichen Gebrauch ausreichenden Niveau lesen, schreiben und sprechen zu können. Ausnahmen gelten nach section 312 (b) INA für Personen, die diese Fähigkeit aufgrund ihrer körperlichen Behinderung oder einer Entwicklungsstörung nicht erfüllen können. 4. Rechtslage in Kanada 4.1. Dauernder Aufenthalt Die Sprachanforderungen für einen dauernden Aufenthalt (permanent resident) in Kanada richten sich nach den Vorschriften der Immigration and Refugee Protection Regulations (IRPR)6, die nach Maßgabe des Immigration and Protection Act (IPA)7 erlassen wurden. 3 Abrufbar unter: https://www.uscis.gov/laws/immigration-and-nationality-act. 4 Vgl. Department of Homeland Security, https://www.uscis.gov/laws/immigration-and-nationality-act. 5 Vgl. dazu U.S. Department of Homeland Security, U.S. Citizenship and Immigration Services, Office of Citizenship , Welcome to the United States: A Guide for New Immigrants, Washington, DC, 2015, abrufbar unter: https://www.uscis.gov/sites/default/files/files/nativedocuments/M-618.pdf. 6 Abrufbar unter: http://laws-lois.justice.gc.ca/PDF/SOR-2002-227.pdf. 7 Abrufbar unter: http://laws.justice.gc.ca/PDF/I-2.5.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 084/16 Seite 5 4.1.1. Familienangehörige Die Regelungen für Familienangehörige in section 116 – 129 IRPR sehen keine Sprachanforderungen vor. 4.1.2. Arbeitsmigration Innerhalb der Gruppe der Arbeitsmigranten („economic class“) wird zwischen den „skilled workers“, „business immigrants“ und „live-in caregivers“ unterschieden. In der Gruppe der „skilled workers“ wiederum wird u.a. nach Berufen und Berufserfahrung differenziert . Für alle „skilled workers“ gelten Sprachanforderungen. Die „federal skilled workers“8 beispielsweise müssen nach section 75 (2) (d) IRPR ihre Sprachfähigkeiten in Englisch oder Französisch nach den ministeriellen Vorgaben nachweisen (“their proficiency in either English or French indicating that they have met or exceeded the applicable language proficiency threshold fixed by the Minister under subsection 74(1) for each of the four language skill areas”).9 Die zu der Gruppe der „business immigrants“ gehörenden Ausländer (u.a. die „self-employed personens“) müssen nach section 12 (2) (IPA) ihre Fähigkeit nachweisen, sich wirtschaftlich etablieren zu können („to become economically established in Canada“). Für diesen Nachweis kommt es u.a. auf die (getesteten) Sprachfähigkeiten an.10 Geringere Sprachanforderungen gelten für „live-in caregivers“. Darunter fallen Personen, die Kinder, Ältere oder Menschen mit Behinderung in deren privaten Zuhause ohne Aufsicht betreuen und auch dort leben. Sie müssen die Fähigkeit besitzen, in unbeaufsichtigten Situationen in Englisch oder Französisch ausreichend zu kommunizieren, vgl. section 112 (d) IRPR („have the ability to speak, read and listen to English or French at a level sufficient to communicate effectively in an unsupervised setting“). 4.1.3. Flüchtlinge In section 139 IRPR sind die grundlegenden Voraussetzungen für den dauernden Aufenthalt von Flüchtlingen und deren Familien geregelt. Dabei ist nach section § 139 (1) (g) IRPR zu prüfen, ob sich die Betroffenen erfolgreich in Kanada etablieren können („will be able to become successfully established in Canada“). Dabei ist u.a. ihre Fähigkeit zu berücksichtigen, die englische oder französische Sprache zu erlernen („their ability to learn to communicate in one of the official 8 Darunter fallen Personen, die bereits mindestens ein Jahr Arbeitserfahrung in einem von 50 ausgewählten Berufen erworben haben. 9 Ähnlich geregelt sind die Sprachanforderungen für Arbeitnehmer im Rahmen des Canadian Experience Class- Programms, vgl. section 87.1 (2) (e) IRPR und für Arbeitnehmer im Rahmen des Federal Skilled Trades-Programms, vgl. section 87.2 (2) (d) IRPR. 10 Vgl. section 102.3 (1) IRPR: “A foreign national must specify in their application for a permanent resident visa which language — English or French — is to be considered their first official language in Canada. They must have their proficiency in that language evaluated by an organization or institution designated under subsection (4).” Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 084/16 Seite 6 languages of Canada“). Nach section 139 (2) IRPR findet § 139 (1) (g) aber keine Anwendung, wenn eine besondere Schutzbedürftigkeit der Flüchtlinge besteht. 4.2. Einbürgerung Die Einbürgerung richtet sich nach dem Citizen Act11 (CA) und setzt nach section 5 CA u.a. ausreichende Sprachkenntnisse voraus. Nach section 5 (1) (d) und (e) CA muss eine Person, die zum Zeitpunkt der Antragstellung unter 65 Jahren alt ist, über ausreichende Kenntnisse in einer der Amtssprachen Kanadas verfügen („adequate knowledge of one of the official languages of Canada“) und in einer dieser Amtssprachen nachweisen, dass er oder sie über ausreichende Kenntnisse über Kanada und über die mit der Staatsbürgerschaft einhergehenden Rechte und Pflichten verfügt. Weitere Regelungen zu den „ausreichenden Sprachkenntnissen“ erlässt nach section 27 (d) CA der „Governor in Council”. Nach den im Internet bereitgestellten Informationen der kanadischen Regierung ist der Level 4 des „Canadian Language Benchmarks (CLB)“ oder „Niveaux de compétence linguistique canadien (NCLC)“ im Sprechen und Hören erforderlich.12 5. Rechtslage in Australien 5.1. Dauernder Aufenthalt Die Sprachanforderungen für einen dauernden Aufenthalt in Australien richten sich nach den Vorschriften des Migration Act13 (MA) in Verbindung mit den Migration Regulations14 (MR). Es werden verschiedene Sprachniveaus unterschieden, z.B. „functional english“, „vocational english“, „competent english“, die bestimmten Testergebnissen anerkannter Testverfahren zugeordnet sind.15 Der Migration Act enthält – soweit ersichtlich – lediglich Regelungen für das Sprachniveau „functional english“ (section 5 (1B) (2)). Ausführlichere Regelungen zu den Sprachniveaus sind in den Migration Regulations enthalten. Diese Vorschriften regeln auch, welches Sprachniveau für welches Visum erforderlich ist. 5.1.1. Arbeitsmigration Das Visa-System für die Arbeitsmigration ist sehr ausdifferenziert. In Schedule 2 zu Volume 3 Migration Regulations sind die Voraussetzungen geregelt, die für die unterschiedlichen Arbeitsvisa zu erfüllen sind (z.B. „competent english“ für „skilled-independent“-Visa, Nr. 175.213). 11 Abrufbar unter: http://laws-lois.justice.gc.ca/PDF/C-29.pdf. 12 Siehe dazu http://www.cic.gc.ca/english/helpcentre/answer.asp?qnum=567&top=5. 13 Migration Act 1958, abrufbar unter: https://www.legislation.gov.au/Details/C2015C00238. 14 Migration Regulations 1984, abrufbar unter: https://www.legislation.gov.au/Details/F2013C00062. 15 Vgl. dazu http://www.border.gov.au/Lega/Lega/Form/Immi-FAQs/aelt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 084/16 Seite 7 Dementsprechend weist das Departement of Immigration and Border Protection auf seiner Internetseite darauf hin, dass Kenntnisse der englischen Sprache für eine Einwanderung als Facharbeiter/in erforderlich sind.16 5.1.2. Familienangehörige und Flüchtlinge Die Regelungen zum Aufenthalt von Familienangehörigen (section 83 MA, Nr. 100.1 ff. MR) und Flüchtlingen (section 36 MA, Nr. 200.1 ff. MR) enthalten – soweit ersichtlich – keine Sprachanforderungen . 5.2. Einbürgerung Der Australian Citizenship Act 200717 (ACA) regelt die Einbürgerung. Zu den Voraussetzungen gehört nach § 21 (2) (e) ACA u.a., dass der Antragsteller über ausreichende Kenntnisse der englischen Sprache verfügt („a basic knowledge of the English language“). Ende der Bearbeitung 16 Vgl. dazu https://www.border.gov.au/Trav/Work/Work. 17 Australian Citizenship Act 2007, abrufbar unter: https://www.legislation.gov.au/Details/C2016C00112.