© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 083/20 Ethikrat Konsequenzen eines nicht rechtzeitig erfolgten Besetzungsvorschlags Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 083/20 Seite 2 Ethikrat Konsequenzen eines nicht rechtzeitig erfolgten Besetzungsvorschlags Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 083/20 Abschluss der Arbeit: 1. April 2020 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 083/20 Seite 3 1. Fragestellung Am 10. April 2020 endet die derzeitige Amtszeit für ein Großteil der Mitglieder des Deutschen Ethikrates. Bis zu diesem Zeitpunkt kann mangels weiterer Sitzungen des Bundestages kein Vorschlag für die seitens des Bundestages zu bestimmenden Mitglieder erfolgen. Für die seitens der Bundesregierung vorzuschlagenden Mitglieder wurden bereits entsprechende Vorschläge vorgelegt . Gefragt wird deshalb, welche Konsequenzen die nicht rechtzeitige (vollständige) Berufung der Mitglieder hätte und welche Möglichkeiten bestehen, einen Übergangszeitraum ohne Ethikrat zu verhindern. Zudem wird erörtert, ob es für den Ethikrat einer konstituierenden Sitzung mit persönlicher Anwesenheit bedarf. Dies ist angesichts der derzeitigen Corona-Pandemie mit daraufhin erlassenem Kontaktverbot relevant. 2. Gesetzliche Vorgaben Der Ethikrat ist durch das Gesetz zur Einrichtung des Deutschen Ethikrates (Ethikratgesetz – EthRG)1 geregelt. Die für die vorliegende Frage relevanten Normen sind §§ 4 bis 7 EthRG. § 4 EthRG Mitglieder (1) Der Deutsche Ethikrat besteht aus 26 Mitgliedern, (…). § 5 EthRG Berufung und Amtszeit der Mitglieder (1) Der Präsident des Deutschen Bundestags beruft die Mitglieder des Deutschen Ethikrats je zur Hälfte auf Vorschlag des Deutschen Bundestags und der Bundesregierung. (2) Die Mitglieder werden für die Dauer von vier Jahren berufen. Eine Wiederberufung ist einmal möglich. (3) Die Mitglieder können jederzeit schriftlich gegenüber dem Präsidenten des Deutschen Bundestags ihr Ausscheiden aus dem Deutschen Ethikrat erklären. Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so wird ein neues Mitglied für die Dauer von vier Jahren berufen. In diesem Fall erfolgt die Berufung des neuen Mitglieds auf Vorschlag desjenigen Organs, das nach Absatz 1 den Vorschlag für das ausgeschiedene Mitglied unterbreitet hatte. § 6 EthRG Arbeitsweise (1) Der Deutsche Ethikrat wählt in geheimer Wahl aus seiner Mitte Vorsitz und Stellvertretung für die Dauer von vier Jahren. Eine Wiederwahl ist einmal möglich. (2) Der Deutsche Ethikrat gibt sich eine Geschäftsordnung. (…) 1 Ethikratgesetz vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1385). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 083/20 Seite 4 § 7 EthRG Öffentlichkeit (1) Die Beratungen des Deutschen Ethikrats sind öffentlich; er kann auch nicht öffentlich beraten und die Ergebnisse nicht öffentlicher Beratungen veröffentlichen. (…)2 3. Geschäftsordnung des Ethikrates Auch die nach § 6 Abs. 2 EthRG erlassene Geschäftsordnung der Ethikrates enthält wichtige Vorgaben für die formale Ausgestaltung des Gremiums. Die für die vorliegende Frage relevanten Normen sind §§ 2, 5, 10 und 13 EthRG. § 2 Beschlussfassung (1) Der Rat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend sind. Soweit nicht andere Mehrheiten vorgeschrieben sind, entscheidet der Rat mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder. (2) Eine Beschlussfassung im schriftlichen oder elektronischen Umlaufverfahren ist möglich , wenn der Rat dies mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder beschließt. § 5 Sitzungen (1) Die Sitzungen finden in der Regel einmal im Monat in Berlin statt. (2) Die Sitzungstermine werden vom Rat jeweils für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegt. Auf Verlangen von mindestens sieben Mitgliedern hat binnen zehn Tagen eine außerordentliche Sitzung stattzufinden. (…) § 10 Voten, Veröffentlichungen (1) Stellungnahmen, Empfehlungen, Berichte und Jahresberichte werden nach der mündlichen Erörterung des von der Berichterstatterin/dem Berichterstatter bzw. von der Sprecherin /dem Sprecher der Arbeitsgruppe vorgelegten Entwurfs vom Plenum direkt in einer Sitzung oder im Umlaufverfahren gemäß § 2 Abs. 2 verabschiedet. (…) (3) Der Ethikrat kann abweichend vom Verfahren für die Verabschiedung von Stellungnahmen ausnahmsweise ein beschleunigtes Verfahren wählen, um aus zeitlich dringendem Anlass "Ad-hoc-Empfehlungen" zu erstellen. Die Möglichkeit der Verabschiedung von Ad-hoc-Empfehlungen ist den Ratsmitgliedern in der Regel mit Versand der Tagesordnung für die Plenarsitzung anzukündigen, in der diese verabschiedet werden sollen. Zur Verabschiedung von Ad-hoc-Empfehlungen bedarf es der Zustimmung der Mehrheit aller (abweichend von § 2 Abs. 1 nicht nur der anwesenden) Ratsmitglieder. Die Abstimmung über den in der Plenarsitzung verabschiedeten Text erfolgt in der Regel im Umlaufverfahren nach § 2 Abs. 2. (…) 2 Hervorhebung nur hier. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 083/20 Seite 5 § 13 Änderungen der Geschäftsordnung Änderungen der Geschäftsordnung bedürfen der Zustimmung der Zweidrittelmehrheit der dem Rat angehörenden Mitglieder.3 4. Rechtliche Würdigung Nach § 5 Abs. 2 EthRG werden die Mitglieder des Ethikrates für vier Jahre berufen. Eine Wiederberufung ist einmalig möglich. Eine Regelung dergestalt, dass eine Person im Amt bleibt, bis ihr Nachfolger berufen ist, wurde nicht in die Regelung aufgenommen. Insofern ist die Frist als starr zu verstehen. Da die Berufung eines Großteils der Mitglieder am 11. April 2016 durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages erfolgte, endet die Amtszeit also mit Ablauf des 10. April 2020. Eine Berufung kann nur nach vorangegangenem Vorschlag des zuständigen vorschlagsberechtigten Bundetags bzw. der Bundesregierung erfolgen. Es ist nicht erforderlich, dass (möglichst) alle Berufungen durch den Bundestagspräsidenten zum gleichen Zeitpunkt erfolgen. Dies macht bereits die Regelung des § 5 Abs. 3 S. 2 EthRG deutlich, nach dem bei der vorzeitigen Beendigung einer Amtszeit der Nachfolger auch jeweils für vier Jahre bestimmt wird. Insofern ist also kein zwingender Neubeginn einer Amtszeit von allen Mitgliedern zur gleichen Zeit bestimmt. Soweit bekannt, endet für drei Mitglieder des Ethikrates die Amtszeit nicht im April 2020.4 Bei diesen Mitgliedern handelt es sich jeweils um solche, die durch die Bundesregierung vorgeschlagen wurden. Wenn also keine weiteren Berufungen vorgenommen werden, besteht der Deutsche Ethikrat ab dem 11. April 2020 mit drei Mitgliedern fort. Soweit bekannt, hat die Bundesregierung bereits eine Nominierung der übrigen Mitglieder, für die ihr ein Vorschlagsrecht zusteht, vorgenommen. Diese könnten jederzeit durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages berufen werden. Die dann potentiell berufenen 13 Mitglieder des insgesamt 26 Mitglieder umfassenden Gremiums (§ 4 Abs. 1 EthRG) wären ihrerseits jedoch nicht beschlussfähig. Für die Beschlussfähigkeit bedarf es nach § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder. Bei 26 Mitgliedern ist dieses Quorum also bei der Anwesenheit von 14 Mitgliedern erreicht. Da die Anzahl der Mitglieder durch § 4 Abs. 1 EthRG festgelegt ist und die Geschäftsordnung auch nicht davon abweichend auf die Anzahl der besetzten Sitze abstellt, muss für die Beschlussfähigkeit und die Abstimmung die auf die Anzahl der Ratsmitglieder abstellt – zum Beispiel bei Ad-hoc-Empfehlungen nach § 10 Abs. 3 der Geschäftsordnung – stets die vollständige Mitgliederzahl von 26 zugrundgelegt werden. 3 Hervorhebung nur hier. 4 Vgl. Angaben auf der Internetseite des Deutschen Ethikrates zu den Mitgliedern Elisabeth Gräb-Schmidt: https://www.ethikrat.org/mitteilungen/2018/prof-dr-elisabeth-graeb-schmidt-in-den-deutschen-ethikrat-berufen /; Judith Simon: https://www.ethikrat.org/mitteilungen/2018/prof-dr-judith-simon-in-den-deutschen-ethikrat -berufen/ und Carl Friedrich Gethmann: https://www.ethikrat.org/mitglieder/carl-friedrich-gethmann/ (alle zuletzt abgerufen am 1.4.2020). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 083/20 Seite 6 Auch das Amt des Vorsitzenden und von dessen Stellvertretern endet nach § 6 Abs. 1 EthRG nach vier Jahren. Die letzte Wahl fand am 28. April 2016 statt.5 Insofern endet die Amtszeit des Vorsitzenden und von zwei der drei Stellvertreter mit Ablauf des 27. April 2020. Der derzeitige Vorsitzende Peter Dabrock ist bereits seit 2012 Mitglied des Ethikrates und könnte demnach nicht wiederberufen werden. Dessen Amtszeit, auch als Vorsitzender, und die von zweien der drei Stellvertreter endet somit am 10. April 2020. Lediglich für einen Stellvertreter (Volker Lipp) besteht derzeit die Möglichkeit in eine zweite Amtszeit berufen zu werden. Seine erste Amtszeit geht auf den Vorschlag der Bundesregierung zurück. Sollte dies bis einschließlich 10. April 2020 geschehen, so wäre dieser noch bis einschließlich 16. Mai 2022 stellvertretender Vorsitzender. Dieses abweichende Datum rührt daher, dass er aufgrund eines anderweitigen Rücktritts aus dem Vorstand erst am 17. Mai 2018 zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde.6 Der Vorsitzende und die stellvertretenden Vorsitzenden haben vor allem die Aufgaben der Vertretung des Gremiums nach außen, der Leitung und inhaltlichen Vorbereitung der Sitzung (§ 3 Abs. 2 der Geschäftsordnung ). Zudem bedarf die Wahl eines Vorsitzenden und von dessen Stellvertretern eines beschlussfähigen Gremiums. Solange keine neue Wahl eines Vorsitzenden stattgefunden hat, kommen die Funktionen dem nach eventueller Neuberufung verbleibenden stellvertretenden Vorsitzenden zu. 5. Mögliche Lösungen Eine vorübergehende Verlängerung der Amtszeit ist aufgrund der starren gesetzlichen Regelungen nicht möglich. Eine Variante nach der ein beschlussfähiges Gremium erhalten bleiben könnte, wäre eine schnellstmögliche Einberufung einer Sitzung, um in dieser mit einem noch regulär besetzten Gremium die Geschäftsordnung des Ethikrates zu ändern. Nach § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung besteht die Möglichkeit, dass auf Verlangen von sieben Mitgliedern eine außerordentliche Sitzung innerhalb von zehn Tagen einberufen wird. Für die Änderung der Geschäftsordnung wäre eine Zweidrittelmehrheit der dem Rat angehörenden Mitglieder erforderlich, also 18 Stimmen. In der Geschäftsordnung könnte dann beispielsweise das Quorum für die Beschlussfähigkeit (vorübergehend ) gesenkt werden. Eine Verlängerung der durch das Gesetz festgelegten Amtszeit durch Änderung der Geschäftsordnung kommt nicht in Betracht. Zudem könnte in der außerordentlichen Sitzung festgelegt werden, dass Beschlüsse auch im schriftlichen oder elektronischen Umlaufverfahren gefällt werden können. Eine solche Festlegung ist nach § 2 Abs. 2 der Geschäftsordnung möglich, wenn der Rat dies mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder beschließt. Die Festlegung des Umlaufverfahrens würde für das Gremium unabhängig von dessen jeweiliger Zusammensetzung gelten. Insofern könnte diese auch für neue Mitglieder des Rates fortwirken. Der Beschluss über eine zukünftige Abstimmung im Umlaufverfahren ist nicht auf ein zuvor benanntes Abstimmungsthema begrenzt, sondern kann auch für einen bestimmten Zeitraum oder (gegebenenfalls ergänzend) bis zu einem Zeitpunkt eingeführt 5 Vgl. Pressemitteilung: https://www.ethikrat.org/mitteilungen/2016/peter-dabrock-neuer-vorsitzender-des-deutschen -ethikrates/ (zuletzt abgerufen am 1.4.2020). 6 Vgl. Pressemitteilung: https://www.ethikrat.org/mitteilungen/2018/volker-lipp-in-den-vorstand-des-deutschenethikrates -gewaehlt/ (zuletzt aufgerufen am 1.4.2020). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 083/20 Seite 7 werden, zu dem eine vorher bestimmte Anzahl an Mitgliedern des Gremiums den Wunsch geäußert hat Abstimmungen per Umlaufverfahren zu beenden. Für die Sitzungen ist in § 5 Abs. 1 der Geschäftsordnung vorgesehen, dass diese „in der Regel einmal im Monat in Berlin“ stattfinden. Schon der Zusatz „in der Regel“ deutet darauf hin, dass es auch Ausnahmen von einer Präsenzsitzung an einem festen Ort geben kann. Insoweit steht auch der Abhaltung von Telefon- oder Videokonferenzen anstelle einer Sitzung nichts im Wege, solange die technischen Zugangsmöglichkeiten für alle Mitglieder sichergestellt sind. Eine Beschlussfassung müsste auch in diesem Rahmen möglich sein, ohne dass es dazu eines zusätzlichen Umlaufverfahrens bedarf. Auch die Regelungen zur Öffentlichkeit der Sitzungen führen hier zu keinem anderen Ergebnis. Denn § 7 Abs. 1 EthRG sieht zwar vor, dass die Beratungen des Deutschen Ethikrats öffentlich sind, beinhaltet aber auch zugleich die nicht näher spezifizierte Abkehr von dem Grundsatz, dass er auch nicht öffentlich beraten und die Ergebnisse nicht öffentlicher Beratungen veröffentlichen kann.7 Voraussetzungen müssen für eine nicht öffentliche Tagung nicht erfüllt werden. Insofern spricht die Öffentlichkeitsvorgabe auch – anders als beispielsweise bei einer diskutierten virtuellen Tagung des Deutschen Bundestages – nicht gegen virtuelle Sitzungen des Ethikrates. Durch die Vorgabe, dass der Sitzungsort „in der Regel“ Berlin ist, ist auch vorgegeben, dass Telefon- und Videokonferenzen keine dauerhafte Sitzungsvariante sind, sondern nur in Ausnahmefällen, wie der Zeit einer Kontaktsperre, eine Alternative bieten. Fraglich scheint, ob auch die Wahl eines Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden im Umlaufverfahren möglich wäre. Dagegen sprechen die Systematik der Vorschriften und der Wortlaut. § 2 Abs. 2 der Geschäftsordnung ermöglicht die Beschlussfassung im Umlaufverfahren. Ein Beschluss ist jedoch von einer Wahl zu unterscheiden, zumal die Funktion des Vorsitzenden bzw. der Stellvertreter sodann für vier Jahre und nicht nur vorrübergehend besetzt ist. Es ist in § 6 Abs. 1 EthRG vorgesehen, dass die Wahl geheim zu erfolgen hat. Insofern wäre zwar die Vorstellung der Kandidaten und Aussprache dazu im Rahmen einer Videokonferenz denkbar, für die Wahl selbst müssten jedoch ergänzende Möglichkeiten vorgesehen werden. Diese sind jedoch mangels weiterer Vorschriften auch als Briefwahl oder ähnlichen Möglichkeiten denkbar. Da es sich bei dem Deutschen Ethikrat um ein beratendes Gremium mit Koordinierungs- und Unterstützungsfunktion für den Meinungsbildungsprozess handelt (§ 2 EthRG) sind an diese Legitimation der Person des Vorsitzenden auch nicht vergleichbar hohe Anforderungen zu stellen, wie an eine demokratische Wahl. Es könnte jedoch durch Änderung der Geschäftsordnung im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung auch die Möglichkeit einer kommissarischen Geschäftsführung geschaffen werden. Als Voraussetzung könnte festgelegt werden, dass die Wahl in einer Zeit stattfindet, in der wesentliche Teile des Gremiums nicht besetzt sind. Zugleich könnten Vorgaben für die Wahl, Amtsdauer und die Aufgaben der kommissarischen Geschäftsführung in der Geschäftsordnung geschaffen werden . Diese Wahl sollte jedoch erst durch das ggf. nur teilweise besetzte Gremium nach dem 10. April 2020 erfolgen, da andernfalls sicher ausscheidende Mitglieder die Arbeit des Gremiums so weiter langfristig beeinflussen könnten. 7 Im ursprünglichen Gesetzentwurf war generell eine nicht öffentliche Tagung vorgesehen. Dazu näher: Kreutz, Das neue Ethikratgesetz – Zwischen Prometheus und Kassandra, Recht und Politik 2008, 6, 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 083/20 Seite 8 6. Ergebnis Die Amtszeit eines Mitglieds des Deutschen Ethikrates endet zwingend nach vier Jahren. Soweit keine weiteren Berufungen vorgenommen werden, würde der Deutsche Ethikrat ab dem 11. April 2020 nur noch aus drei Mitgliedern bestehen. Der Präsident des Deutschen Bundestages könnte jedoch jederzeit die durch die Bundesregierung vorgeschlagenen Mitglieder berufen. Danach wären 13 Sitze in dem Gremium besetzt. Um die Handlungsfähigkeit sicherzustellen, bestünde die Möglichkeit einer Änderung der Geschäftsordnung mit der Herabsetzung der Anforderungen an die Beschlussfähigkeit. Eine solche wäre auch in einer außerordentlichen Sitzung noch möglich. Bei Wiederberufung des bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Volker Lipp würde dieser noch bis zum Mai 2022 die Funktion des Stellvertretenden Vorsitzenden ohne die Notwendigkeit einer erneuten Wahl ausüben können. ***