Deutscher Bundestag Das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 083/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 2 Das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 083/12 Abschluss der Arbeit: 28. März 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Regelungen zum Erwerb der Staatsangehörigkeit nach dem EUStAÜb 5 3. Mitgliedstaaten, die den Erwerb der Staatsangehörigkeit von ausländischen Kindern durch die Geburt auf ihrem Territorium vorsehen 6 3.1. Albanien 6 3.2. Bundesrepublik Deutschland 6 3.3. Moldau 7 3.4. Niederlande 7 3.5. Portugal 8 4. Mitgliedstaaten, die keinen Erwerb der Staatsangehörigkeit von ausländischen Kindern durch die Geburt auf ihrem Territorium vorsehen 9 4.1. Bosnien und Herzegowina 9 4.2. Bulgarien 9 4.3. Dänemark 10 4.4. Finnland 10 4.5. Island 10 4.6. Mazedonien 11 4.7. Montenegro 11 4.8. Norwegen 12 4.9. Österreich 12 4.10. Rumänien 12 4.11. Schweden 13 4.12. Slowakei 13 4.13. Tschechische Republik 13 4.14. Ukraine 14 4.15. Ungarn 15 5. Zusammenfassung 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 4 1. Einleitung Das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (EUStAÜb)1 wurde am 6. November 1997 gezeichnet und trat am 1. März 2000 in Kraft. Ratifiziert wurde dieses Übereinkommen bisher von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Mazedonien, Finnland , Island, Moldau, Montenegro, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Portugal, Rumänien, Schweden, der Slowakei, der Tschechischen Republik, der Ukraine und Ungarn.2 Die Bundesrepublik hat das EUStAÜb am 4. Februar 2002 unterzeichnet und am 11. Mai 2005 ratifiziert.3 Die Staatsangehörigkeit kann in Bezug auf den Zeitpunkt des Erwerbs bei der Geburt oder nachträglich erworben werden. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit bei der Geburt kann entweder nach dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis) oder dem Geburtsortprinzip (ius soli) erfolgen. Nach ius sanguinis wird die Staatsangehörigkeit aufgrund der Abstammung von einem Staatsangehörigen erworben, nach ius soli aufgrund der Geburt innerhalb des jeweiligen staatlichen Territoriums .4 Für das Prinzip des ius soli können weiterhin zwei Formen unterschieden werden. Die erste Form bezieht sich auf den Erwerb der Staatsangehörigkeit unmittelbar zum Zeitpunkt der Geburt. Dieser Erwerb kann automatisch erfolgen, an eine bestimmte rechtmäßige Aufenthaltszeit der Eltern gebunden sein oder im Falle des doppelten ius soli erst den Kindern der dritten Generation ausländischer Staatsbürger verliehen werden. Die zweite Ausprägung des ius soli bezieht sich auf den nachträglichen Erwerb der Staatsangehörigkeit durch eine vereinfachte spätere Einbürgerung oder nachträgliche Verleihung, die an ein bestimmtes Alter oder eine Willenserklärung gebunden ist.5 Die Ausarbeitung untersucht, ob und unter welchen Voraussetzungen ausländische Kinder in den Vertragsstaaten des EUStAÜb unmittelbar mit der Geburt die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Vertragsstaates gemäß dem Prinzip des ius soli erwerben können. 1 Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (EUStAÜb) abrufbar unter: http://conventions.coe.int/treaty/ger/Treaties/Html/166.htm (Zugriff am 15. März 2012). 2 Unterschriften und Ratifikationsstand zum Europäischen Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (SEV- Nr. 166) abrufbar unter: http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?NT=166&CM=&DF=&CL=GER (Zugriff am 26. März 2012). 3 Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 06. November 1997 über die Staatsangehörigkeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2004 (BGBl. II S. 578). 4 Knocke, Brigitte, Das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit als Schranke für die Regelung des nationalen Staatsangehörigkeitsrechts, 2005, S. 282. 5 Vgl. Honohan, Iseult, The Theory and Politics of Ius Soli, EUDO Citizenship Observarory, 2010, S. 2-6, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/docs/IusSoli.pdf (Zugriff am 20. März 2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 5 2. Regelungen zum Erwerb der Staatsangehörigkeit nach dem EUStAÜb Nach dem Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten besitzt jeder Staat die ausschließliche Kompetenz zur Regelung der Staatsangehörigkeit. Bei Fragen nach der Staatsangehörigkeit einer natürlichen Person verweist das Völkerrecht als Koordinationsrecht daher auf das jeweilige nationale Recht.6 Die letztendliche Entscheidung über die Gewährung der Staatsangehörigkeit liegt auch beim EUStAÜb im Ermessen der Vertragsstaaten,7 der Grundsatz der staatlichen Souveränität bei der Regelung der Staatsangehörigkeit wurde in Art. 3 Abs. 1 EUStAÜb übernommen. Die im EUStAÜb definierten Erwerbstatbestände verbinden Elemente des ius sanguinis und des ius soli, wobei das Abstammungsprinzip als Anknüpfungspunkt vorrangig für im Inland geborene Kinder dient, ius soli zumindest der Vermeidung von Staatenlosigkeit.8 Nach Art. 29 EUStAÜb sind bei der Umsetzung in nationales Recht außerdem Vorbehalte zu Art. 6 EUStAÜb möglich. In Kapitel III EUStAÜb sind Regelungen über den Erwerb, den Wiedererwerb sowie über den Verlust der Staatsangehörigkeit enthalten, die konkrete Erwerbs- und Verlusttatbestände behandeln . Artikel 6 EUStAÜb sieht Vorschriften über den Erwerb der Staatsangehörigkeit vor. Gemäß Art. 6 Abs. 1a EUStAÜb sollen Kinder die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Vertragsstaates erlangen , wenn ein Elternteil bei der Geburt dieses Kindes die Staatsangehörigkeit des Vertragsstaates besitzt. Die Vertragsstaaten sollen zudem gemäß Art. 6 Abs. 1b EUStAÜb den innerhalb ihres Hoheitsgebietes aufgefundenen Findelkindern kraft Gesetz die Staatsangehörigkeit verleihen, wenn diese Kinder sonst staatenlos werden würden. Desweiteren soll entsprechend Art. 6 Abs. 2 EUStAÜb die Staatsangehörigkeit den Kindern verliehen werden, die innerhalb des Hoheitsgebietes des jeweiligen Vertragsstaates geboren werden und keine andere Staatsangehörigkeit erwerben . Die Staatsangehörigkeit kann entweder direkt bei der Geburt kraft Gesetz oder nachträglich durch eine Einbürgerung verliehen werden. Dieser nachträgliche Erwerb der Staatsangehörigkeit kann an die Bedingung eines rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalts von 5 Jahren geknüpft werden. Eine nachträgliche Einbürgerung wird zeitlich nicht begrenzt, da sich diese Vorschrift auf Kinder im Allgemeinen bezieht. Nach der Definition eines Kindes in Art. 2c EU- StAÜb ist eine Grenze bereits mit der Vollendung des 18. Lebensjahres impliziert.9 Art. 6 Abs. 4 EUStAÜb sieht Fälle vor, in denen der Vertragsstaat den Erwerb des Staatsangehörigkeit erleichtern soll. Hierbei handelt es sich um eine Rahmenvorschrift ohne detaillierte Vorgaben zu Umfang, Art und Weise der Erleichterung.10 6 Epping, Volker in: Ipsen, Knut, Völkerrecht, 1999, S. 291. 7 Knocke (Fn. 4), S. 290 f. 8 Knocke (Fn. 4), S. 546. 9 Europarat Vertragsbüro, erläuternder Bericht zum Europäischen Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit, abrufbar unter: http://conventions.coe.int/Treaty/en/Reports/Html/166.htm (Zugriff am 26. März 2012). 10 Knocke (Fn. 4), S. 291. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 6 3. Mitgliedstaaten, die den Erwerb der Staatsangehörigkeit von ausländischen Kindern durch die Geburt auf ihrem Territorium vorsehen 3.1. Albanien Das Gesetz über die albanische Staatsangehörigkeit (StAG ALB)11 regelt in den Artikeln 7 und 8 den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt. Gemäß Art. 8 Abs. 3 StAG ALB können Kinder , die innerhalb des albanischen Staatsgebietes geboren werden, die albanische Staatsangehörigkeit mit Zustimmung beider Elternteile erwerben, wenn diese eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen und rechtmäßig in Albanien ansässig sind. Nach Art. 8 Abs. 1 StAG ALB erhält ein innerhalb des albanischen Staatsgebiets geborenes oder aufgefundenes Kind die albanische Staatsangehörigkeit, wenn die Eltern dieses Kindes unbekannt sind. Können die Eltern dieses Kindes bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ausfindig gemacht werden und besitzen diese Eltern eine ausländische Staatsangehörigkeit, so kann nach Art. 8 Abs. 2 StAG ALB die albanische Staatsbürgerschaft durch einen rechtswirksamen Antrag der Eltern aufgegeben werden unter der Bedingung, dass das Kind in Folge dieser Handlung nicht staatenlos wird. 3.2. Bundesrepublik Deutschland Das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)12 der Bundesrepublik sieht in § 4 Abs. 3 S. 1 einen ius soli -Erwerbstatbestand vor. Ausländische Kinder, die innerhalb des deutschen Staatsgebietes geboren werden, erhalten zusätzlich zu der aufgrund des Abstammungsprinzips erworbenen ausländischen Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 StAG. Dieser sieht vor, dass mindestens ein Elternteil des Kindes eine Niederlassungserlaubnis oder Aufenthaltserlaubnis-EU besitzen muss und seinen rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt im deutschen Inland hat bzw. ein freizugsberechtigter Unionsbürger, Staatsangehöriger eines EWR-Staates oder der Schweiz sein muss. Das Optionsverfahren folgt dem Prinzip der grundsätzlichen Vermeidung von Mehrstaatlichkeit und sieht vor, dass sich die nach § 4 Abs. 3 S. 1 StAG eingebürgerten Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres für die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit entscheiden müssen.13 Liegt bis zur Vollendung des 23. Lebensjahrs keine entsprechende Erklärung vor, so wird die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 29 Abs. 2 S. 2 StAG aberkannt. Wird eine Erklärung zugunsten der deutschen Staatsan- 11 Gesetz Nr. 8389 über die albanische Staatsangehörigkeit (StAG ALB) vom 5. August 1998 (Fletorja Zyrtare (FZ) 1998, 845), mit Änderungen durch das Gesetz Nr. 8442 vom 21. Januar 1999 (FZ 1999, 19), deutsche Übersetzung: Stoppel, Wolfgang, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht , Albanien, Band 1, 157. Lieferung, Stand 1. Oktober 2011. 12 Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. November 2011 (BGBl. I S. 2258) geändert worden ist. 13 , Die Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Sachstand WD 3 – 3000 – 076/10 vom 19. Februar 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 7 gehörigkeit abgegeben, so muss nach § 29 Abs. 3 S. 1 StAG ein Nachweis über den Verzicht der ausländischen Staatsangehörigkeit erbracht werden. 3.3. Moldau Das 2002 geänderte Staatsangehörigkeitsrecht Moldaus bezieht sich auch auf die Vorgaben des EUStAÜb zur Vermeidung von Staatenlosigkeit und einer erleichterten Einbürgerung.14 Das Gesetz über die Staatsangehörigkeit der Republik Moldau (StAG MDA)15 sieht in Art. 11 Abs. 1b vor, dass ein innerhalb des moldawischen Staatsgebietes geborenes Kind die Staatsbürgerschaft Moldaus erwirbt, wenn die Eltern dieses Kindes staatenlos sind. Besitzen die Eltern eines in Moldau geborenen Kindes eine ausländische Staatsangehörigkeit bzw. ist ein Elternteil staatenlos und der andere Elternteil ein ausländischer Staatsangehöriger, so erwirbt dieses Kind nach Art. 11 Abs. 1c StAG MDA die Staatsangehörigkeit Moldaus kraft Geburt. Ein Kind, dass innerhalb des moldawischen Staatsgebietes gefunden wird, wird gemäß Art. 11 Abs. 1c StAG MD, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres als Staatsbürger Moldaus angesehen. 3.4. Niederlande Das Reichsgesetz über die niederländische Staatsangehörigkeit (StAG NED)16 regelt in Art. 3 den Erwerb der niederländischen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes. Art. 3 Abs. 2 StAG NED sieht vor, dass ein Kind, das auf dem Gebiet der Niederlande, den Niederländischen Antillen oder Aruba oder an Bord eines in diesen Landesteilen registrierten Seeschiffes oder Luftfahrzeuges aufgefunden wird, als Kind eines Niederländers angesehen wird. Stellt sich innerhalb von 5 Jahren nach dem Tag des Auffindens heraus, dass das Kind durch Geburt eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, so wird es nicht länger als Kind eines Niederländers angesehen. Art. 3 Abs. 3 StAG NED beinhaltet die Regelung zum doppelten ius soli, die die niederländische Staatsbürgerschaft für die dritte geborene Ausländergeneration kraft Gesetzes vorsieht. Das Kind eines Vaters oder einer Mutter ist demnach Niederländer, wenn mindestens ein Elternteil zur Zeit der Geburt dieses Kindes den Hauptwohnsitz in den Niederlanden, den Niederländischen 14 Gasca, Viorelia, Country Report: Moldova, 2010, S. 5-9, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/docs/Country Reports/Moldova.pdf (Zugriff 26. März 2012). 15 Gesetz Nr. 1024-XIV über die Staatsangehörigkeit der Republik Moldau (StAG MDA) vom 2. Juni 2000 (Monitorul Oficial (MOf) Nr. 98-101 vom 10. August 2000), in der Fassung Nr. 328-XV vom 24. Juli 2003 (MOf Nr. 163-166 vom 1. August 2003), deutsche Übersetzung: Buruiana, Oleg, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter , Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Moldau, Band 12, 159. Lieferung, Stand 11. Juni 2004. 16 Reichsgesetz über die niederländische Staatsangehörigkeit (StAG NED)vom 19. Dezember 1984 (Staatsblad (Stb) 628), Neubekanntmachung in der Fassung vom 21. Dezember 2000 (Stb 618), zuletzt geändert am 7. Juli 2010 (Stb 339) mit Wirkung vom 1. Januar 2005, deutsche Übersetzung: Weber, Wolfgang, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/ Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Niederlande, Band 13, 194. Lieferung, Stand 1. September 2008/1. November 2011. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 8 Antillen oder Aruba hat. Außerdem muss dieser Elternteil selbst Kind eines Vaters oder einer Mutter sein, welche zur Zeit der Geburt dieses Elternteils den Hauptwohnsitz in einem dieser drei Landesteile hatten. Der Hauptwohnsitz des neu geborenen Kindes muss darüber hinaus selbst in den Niederlanden, den Niederländischen Antillen oder Aruba sein. 3.5. Portugal Das portugiesische Gesetz über die Staatsangehörigkeit (StAG POR)17 sieht in Artikel 1 Regelungen zum originären Erwerb der Staatsangehörigkeit nach dem Grundsatz des doppelten ius soli vor. Ausländische Kinder in der dritten Generation erwerben so die portugiesische Staatsangehörigkeit unter bestimmten Voraussetzungen kraft Gesetz.18 Nach Art. 1 Abs. 1d StAG POR sind Personen originär portugiesische Staatsbürger, wenn diese auf portugiesischem Staatsgebiet geboren wurden und Kinder von Ausländern sind. Voraussetzung dieser Regelung ist, dass mindestens ein Elternteil ebenso in Portugal geboren wurde und auch zu der Zeit der Geburt des Kindes seinen Wohnsitz in Portugal hat, unabhängig von einer Berechtigung. Bei der Registrierung der Geburt müssen sowohl die Geburt des in Portugal geborenen Elternteils (eigene Geburtsregistrierung ), als auch der Wohnsitz dieses Elternteils nachgewiesen werden.19 Das Staatsangehörigkeitsrecht Portugals ermöglicht auch den freiwilligen Erwerb der Staatsangehörigkeit nach dem Prinzip des ius soli für ausländische Kinder in der zweiten Generation. Diese können gemäß Art. 1 Abs. 1e StAG POR die portugiesische Staatsangehörigkeit erwerben, wenn ein Elternteil seit mindestens fünf Jahren den rechtmäßigen Wohnsitz in Portugal hat, dieser Elternteil nicht im Dienste seines Staates steht (z. Bsp. als Diplomat) und das Kind seinen Willen (durch den gesetzlichen Vertreter) zu der portugiesischen Staatsbürgerschaft bekundet. Die Voraussetzungen für den freiwilligen Erwerb der Staatsangehörigkeit müssen bereits bei der Geburt überprüft worden sein, da die Staatsangehörigkeit mit dem Zeitpunkt der Geburt erworben wird.20 Wird ein Kind innerhalb des portugiesischen Staatsgebietes geboren, so erwirbt es nach Art. 1 Abs. 1f StAG POR die portugiesische Staatsangehörigkeit, wenn dieses Kind keine andere Staatsangehörigkeit besitzt. Art. 1 Abs. 2 StAG POR sieht außerdem vor, dass bei Findelkindern, die 17 Gesetz Nr. 37/81 über die Staatsangehörigkeit (StAG POR) vom 03.10.1981 in der Fassung vom 17. April 2006 (Diário da República (DR) I Série Nr. 228 vom 3. Oktober 1981) in der Fassung der Neubekanntmachung durch Organgesetz Nr. 2/2006 (DR I Série-A Nr. 75 vom 17. April 2006), in Kraft seit 15. Dezember 2006, deutsche Übersetzung : Albuquerque, Alexandre, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Portugal, Band 15, 188. Lieferung, Stand 11. Mai 2009. 18 Albuquerque, Alexandre, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht , Portugal, Band 15, 188. Lieferung, Stand 11. Mai 2009, S. 6.; Piçarra, Nuno/Gil, Ana Rita, Country Report: Portugal, 2010, S. 16, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/docs/CountryReports/Portugal.pdf (Zugriff am 26. März 2012). 19 Piçarra, Nuno/Gil, Ana Rita, Country Report: Portugal, 2010, S. 16, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/docs/ CountryReports/Portugal.pdf (Zugriff am 26. März 2012). 20 Piçarra/Gil (Fn. 19), S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 9 innerhalb des portugiesischen Staatsgebietes aufgefunden werden, eine Geburt auf portugiesischem Boden vermutet wird, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist. 4. Mitgliedstaaten, die keinen Erwerb der Staatsangehörigkeit von ausländischen Kindern durch die Geburt auf ihrem Territorium vorsehen Die folgenden Mitgliedstaaten sehen den Erwerb der Staatsangehörigkeit grundsätzlich nicht durch das Prinzip des ius soli vor, enthalten in ihrem jeweiligen Recht aber die Regelungen zur Vermeidung von Staatenlosigkeit gemäß des Art. 6 Abs. 1b EUStAÜb bei Findelkindern sowie gemäß Art. 6 Abs. 2 EUStAÜb bei staatenlos geborenen Kindern. Diese Reglungen basieren in den meisten Fällen auf dem Prinzip des ius soli. 4.1. Bosnien und Herzegowina Der Erwerb der Staatsangehörigkeit wird geregelt in Artikel 7 des Gesetzes über die Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina (StAG BiH).21 Ein innerhalb des Staatsgebietes von Bosnien und Herzegowina geborenes oder aufgefundenes Kind erlangt demnach die Staatsangehörigkeit Bosnien und Herzegowinas, wenn dessen Eltern unbekannt sind, die Staatsangehörigkeit der Eltern dieses Kindes unbekannt ist oder das neu geborene Kind selbst staatenlos bleibt. Das Kind verliert diese Staatsangehörigkeit im Alter von 14 Jahren, wenn es durch Abstammung die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erwirbt. 4.2. Bulgarien Der Erwerb der Staatsangehörigkeit kraft Geburtsort wird geregelt in den Artikeln 10 und 11 des Gesetzes über die bulgarische Staatsangehörigkeit (StAG BUL).22 Demnach erlangen Kinder, die innerhalb des bulgarischem Staatsgebiet geboren werden die bulgarische Staatsangehörigkeit, wenn diese Kinder keine andere Staatsangehörigkeit kraft Abstammung erwerben. Kinder, die in Bulgarien gefunden werden und deren Eltern unbekannt sind, gelten als innerhalb des bulgarischem Staatsgebietes geboren und erwerben daher die bulgarische Staatsangehörigkeit. 21 Gesetz über die Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina (StAG BiH) vom 16. Dezember 1997 (Gesetzesblatt von Bosnien und Herzegowina (Sl gl BiH) 1999 Nr. 13), zuletzt geändert 2005 (Sl gl BiH 2005 Nr. 82), deutsche Übersetzung: Jessel-Holst, Christa, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Eheund Kindschaftsrecht, Bosnien und Herzegowina, Band 3, 174. Lieferung, Stand 1. August 2008. 22 Gesetz über die bulgarische Staatsangehörigkeit (StAG BUL) vom 13. November 1998 (Dăržaven Vestnik (DV) 1998 Nr. 136), zuletzt geändert 2010 (DV 2010 Nr. 33), deutsche Übersetzung: Jessel-Holst, Christa, in: Bergmann, Alexander /Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bulgarien, Band 3, 187. Lieferung, Stand 1. Mai 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 10 4.3. Dänemark Das dänische Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG DEN)23 regelt den Erwerb der Staatsangehörigkeit. Bei Kindern, die innerhalb des dänischen Staatsgebietes als Findelkinder aufgefunden werden, wird gemäß § 1 Abs. 2 StAG DEN bis zum Beweis des Gegenteils eine dänische Staatsangehörigkeit angenommen. Dies beruht auf der Annahme, dass es sich bei den Eltern des aufgefundenen Kindes um dänische Staatsbürger handelt.24 4.4. Finnland Der Erwerb der finnischen Staatsangehörigkeit durch Geburt ist in den Paragraphen 9 bis 12 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG FIN)25 geregelt. Nach § 9 Abs. 4 StAG FIN erwirbt ein innerhalb des finnischen Hoheitsgebietes geborenes Kind die finnische Staatsangehörigkeit, wenn es ansonsten staatenlos bliebe, da es z.B. kraft Abstammung oder aufgrund eines anderen Rechts keine andere Staatsangehörigkeit erwerben könnte.26 Außerdem erlangen in Finnland geborene Kinder unter bestimmten Voraussetzungen die finnische Staatsangehörigkeit, wenn deren Eltern den Status eines Flüchtlings inne haben oder sonst Schutz vor den staatlichen Behörden ihres Heimatstaates in Anspruch nehmen. Gemäß § 12 StAG FIN wird bei innerhalb Finnlands geborenen oder aufgefundenen Kindern eine finnische Staatsbürgerschaft angenommen, solange keine ausländische Staatsangehörigkeit festgestellt werden kann. Die finnische Staatsangehörigkeit bleibt ab einem Alter von 5 Jahren auch dann erhalten, wenn eine ausländische Staatsangehörigkeit festgestellt wird. 4.5. Island Das isländische Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG ISL)27 regelt in den Artikeln 1 und 2 den Erwerb der isländischen Staatsangehörigkeit kraft Geburt. Nach Art. 2 StAG ISL erwirbt ein Kind, dass in Island von einer unverheirateten, ausländischen Mutter geboren wird die isländische 23 Gesetzesbekanntmachung Nr. 422 vom 7. Juni 2004 über die dänische Staatsangehörigkeit (StAG DEN), ursprünglich Gesetz Nr. 252 vom 27. Mai 1950, zuletzt geändert durch das Gesetz Nr. 542 vom 24. Juni 2005 (Danish Law Gazette 6. Mai 2004), deutsche Übersetzung: Schwerpe, Jens M., in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Dänemark, Band 4, 175. Lieferung, Stand 30. September 2007. 24 Ersbøll, Eva, Country Report: Denmark, 2010, S. 24, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/docs/CountryReports /Denmark.pdf (Zugriff am 16. März 2012). 25 Staatsangehörigkeitsgesetz Nr. 359 (StAG FIN) vom 16. Mai 2003 in der Fassung Nr. 327 vom 8. Mai 2009 (Kansalaisuuslaki 359/2003), deutsche Übersetzung: Arends, Markku, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/ Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Finnland, Band 5, 189. Lieferung, Stand 1. August 2010. 26 Fagerlund, Jessica/Brander, Sampo, Country Report: Finland, 2010, S. 16, abrufbar unter: http://eudo-citizenship. eu/docs/CountryReports/Finland.pdf (Zugriff 27. März 2012). 27 Isländisches Staatsangehörigkeitsgesetz Nr. 100 (StAG ISL) vom 23. Dezember 1952 in der Fassung Nr. 81 vom 17. April 2007, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/NationalDB/docs/ICE Nationality Act 100 1952 (as amended in 2007, English).pdf (Zugriff am 26. März 2012); deutsche Übersetzung der Fassung Nr. 49 vom 11. Mai 1982: Cieslar , Eve, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Island, Band 7, 131. Lieferung, Stand 31. März 1998. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 11 Staatsangehörigkeit, wenn der Vater dieses Kindes isländischer Staatsbürger ist. Außerdem wird nach Art. 1 Abs. 2 StAG ISL bei einem in Island aufgefundenem Kind solange eine isländische Staatsangehörigkeit angenommen, bis das Gegenteil bewiesen ist. 4.6. Mazedonien Der Erwerb der mazedonischen Staatsangehörigkeit durch Geburt wird in Artikel 6 des Gesetzes über die Staatsangehörigkeit der Republik Mazedonien (StAG MKD)28 geregelt. Demnach erwerben Kinder, die innerhalb des mazedonischen Staatsgebietes geboren oder aufgefunden werden, die mazedonische Staatsangehörigkeit, wenn die Eltern dieser Kinder unbekannt oder staatenlos sind bzw. wenn die Staatsangehörigkeit der Eltern dieses Kindes unbekannt ist. Die mazedonische Staatsbürgerschaft endet, wenn bis zum 15. Lebensjahr dieses Kindes festgestellt wird, dass dessen Eltern ausländische Staatsbürger sind und das Kind nach dem Entzug der mazedonischen Staatsbürgerschaft nicht staatenlos bleibt. 4.7. Montenegro Der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt auf dem Gebiet Montenegros ist in Artikel 7 des Gesetzes über die montenegrinische Staatsangehörigkeit (StAG MNE)29 geregelt. Wird ein Kind in Montenegro geboren oder aufgefunden, erlangt es die montenegrinische Staatsangehörigkeit nach Art. 7 Abs. 1 StAG MNE, wenn beide Elternteile unbekannt oder staatenlos sind bzw. wenn die Staatsangehörigkeit der Eltern unbekannt ist oder das Kind selbst staatenlos bleibt. Wenn bis zum 18. Lebensjahr dieses Kindes eine ausländische Staatsangehörigkeit der Eltern festgestellt wird oder das Kind eine andere ausländische Staatsangehörigkeit erwirbt, so verliert es nach Art. 7 Abs. 2 StAG MNE die montenegrinische Staatsangehörigkeit. Ist das Kind zu diesem Zeitpunkt älter als 14 Jahre, ist vorab gemäß Art. 7 Abs. 3 StAG MNE eine Zustimmung des Kindes zu diesem Verlust der Staatsbürgerschaft erforderlich. 28 Gesetz über die Staatsangehörigkeit der Republik Mazedonien (StAG MKD) vom 27. Oktober 1992 in der Fassung vom 25. Juni 2004 (Sluzben Vesnik na Republica Makedonija (Sl V RM) 2004 Nr. 45), zuletzt geändert 2008 (Sl V RM 2008 Nr. 98), deutsche Übersetzung: Jessel-Holst, Christa, in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Mazedonien, Band 12, 191. Lieferung, Stand 15. Dezember 2010. 29 Gesetz über die montenegrinische Staatsangehörigkeit (StAG MNE) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Februar 2008 (Sluzbeni list Crne Gore Nr. 13), deutsche Übersetzung: Jessel-Holst, Christa, in: Bergmann, Alexander/ Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Montengro, Band 13, 180. Lieferung, Stand 1. Februar 2008. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 12 4.8. Norwegen Das Gesetz über die norwegische Staatsangehörigkeit (StAG NOR)30 sieht Regelungen für den Erwerb der norwegischen Staatsangehörigkeit vor. Gemäß § 4 Abs. 2 StAG NOR ist ein im Inland aufgefundenes Findelkind ein norwegischer Staatsbürger, bis etwas anderes zugrunde gelegt wird. 4.9. Österreich Das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz (StAG AUT)31 sieht in § 8 Regelungen für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft vor. Nach § 8 Abs. 1 StAG AUT gilt ein Kind, dass im Alter von unter sechs Monaten in Österreich aufgefunden wird bis zum Beweis des Gegenteils als Staatsbürger kraft Abstammung. Wird ein Kind innerhalb des österreichischen Staatsgebietes geboren, erlangt es gemäß § 8 Abs. 2 StAG AUT ebenfalls die Staatsbürgerschaft kraft Abstammung , wenn bei einer ehelichen Geburt ein Elternteil bzw. bei einer unehelichen Geburt die Mutter in dem Gebiet der Republik geboren worden ist. Nach Lurger handelt es sich bei dieser Regelung allerdings nicht um einen Erwerbsgrund, sondern eine Rechtsvermutung für Fälle mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Diese entfalle, sobald die Staatsbürgerschaft des Kindes oder eines Elternteils geklärt ist.32 4.10. Rumänien Das Gesetz über die rumänische Staatsangehörigkeit (StAG ROU)33 sieht in Art. 5 Abs. 2b vor, dass Kinder bis zum Beweis des Gegenteils die rumänische Staatsangehörigkeit erlangen, wenn sie in Rumänien aufgefunden werden und die Eltern unbekannt sind. Das Prinzip des ius soli kommt bei der Prävention von Staatenlosigkeit nicht zur Anwendung, da diese Regelung auf der Annahme basiert, dass es sich bei den Eltern des aufgefundenen Kindes um rumänische Staatsbürger handelt.34 30 Gesetz Nr. 51 vom 10. Juni 2005 über die norwegische Staatsangehörigkeit (StAG NOR), in Kraft seit 1. September 2005, zuletzt geändert am 19. Juni 2009, deutsche Übersetzung: Sperr, Anneken Kari in: Bergmann, Alexander/ Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Norwegen, Band 13, 193. Lieferung, Stand 1. Juli 2011. 31 Staatsbürgergesetz von 1985 (StAG AUT) in der Fassung der Wiederverlautbarung (BGBL 311/1985), zuletzt geändert am 30. November 2011 (BGBL Nr. 111/2011), abrufbar unter: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe? Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10005579 (Zugriff am 26. März 2012). 32 Lurger, Brigitta in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Österreich, Band 14, 177. Lieferung, Stand 1. März 2008, S. 15. 33 Gesetz Nr. 21 über die rumänische Staatsangehörigkeit (StAG ROU) vom 1. März 1991 (Monitorul Oficial (MOf) Nr. 44 vom 6. März 1991), in Kraft seit 5. April 1991, zuletzt geändert durch die Dringlichkeitsanordnung Nr. 36 der Regierung vom 15. April 2009 (MOf Nr. 259 vom 21. April 2009), deutsche Übersetzung: Leonhardt, Peter in: Bergmann , Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Rumänien, Band 15, 184. Lieferung, Stand 31. August 2009. 34 Iordachi, Constantin, Country Report: Romania, 2010, S. 7, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/docs/ CountryReports/Romania.pdf (Zugriff am 26. März 2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 13 4.11. Schweden Gemäß § 2 des Gesetzes über die schwedische Staatsangehörigkeit (StAG SWE)35 erlangt ein innerhalb Schwedens aufgefundenes Findelkind bis zum Beweis des Gegenteils die schwedische Staatsbürgerschaft. Eine Ausnahme vom dominierenden Abstammungsprinzip ist in Kapitel 1 § 9 des Elterngesetzes (FB)36 enthalten, den Grund für diese Ausnahmeregelung bildete die Ratifikation des EUStAÜb.37 Seit 2001 erwirbt ein in Schweden geborenes Kind immer dann die schwedische Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die schwedische Staatsangehörigkeit besitzt und dieses Kind in Schweden geboren wurde.38 4.12. Slowakei Das Gesetz über die Staatsbürgerschaft (StAG SVK)39 regelt in § 5 den Erwerb der slowakischen Staatsangehörigkeit durch Geburt. Ein Kind, dass innerhalb der Slowakei geboren wird, erlangt nach § 5 Abs. 1b, c StAG SVK die slowakische Staatsbürgerschaft, wenn die Eltern dieses Kindes staatenlos sind oder dieses Kind nicht die ausländische Staatsangehörigkeit wenigstens eines Elternteils erwerben kann. Wenn keine ausländische Staatsbürgerschaft nachgewiesen werden kann, gilt ein Kind gemäß § 5 Abs. 2a, b StAG SVK als slowakischer Staatsbürger, wenn es innerhalb der Slowakei geboren wurde bzw. wenn dieses Kind innerhalb des slowakischen Staatsgebietes aufgefunden wurde und die Eltern dieses Kindes unbekannt sind. 4.13. Tschechische Republik Nach § 3b des Gesetzes über den Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft (StAG CZE)40 erwirbt ein innerhalb der Tschechischen Republik geborenes Kind die tschechische Staatsangehörigkeit, 35 Gesetz über die schwedische Staatsangehörigkeit (StAG SWE; Swedish Code of Statutes (SFS) 2001:82), in Kraft seit 1. Juli 2001 zuletzt geändert durch das Gesetz Nr. 2006:222 (SFS 2006:222), in Kraft seit 30. April 2006, deutsche Übersetzung: Carsten, Gebhard in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Schweden, Band 15, 184. Lieferung, Stand 30. Juni 2009. 36 Elterngesetz (SFS 1949:381), in Kraft seit 10. Juni 1949, zuletzt geändert 2010 (SFS 2010:826), in Kraft seit 1. Juli 2011, abrufbar unter: http://www.notisum.se/rnp/sls/lag/19490381.htm (Zugriff am 26. März 2012). 37 Bernitz, Hedvig Lokrantz, Country Report: Sweden, 2010, S.11, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/docs/ CountryReports/Sweden.pdf (Zugriff am 26. März 2012). 38 Carsten, Gebhard in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht , Schweden, Band 15, 184. Lieferung, Stand 30. September 2009, S. 8. 39 Gesetz Nr. 40 über die Staatsbürgerschaft (StAG SVK) vom 19. Januar 1993 (Zbierka zàkonov (Z.z.) 40/1993), in Kraft seit 15. Februar 1993, zuletzt geändert 2010 (Z.z. 250/2010), deutsche Übersetzung: Bohata, Petr in: Bergmann , Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Slowakei, Band 16, 192. Lieferung, Stand 15. Mai 2011. 40 Gesetz über den Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft (StAG CZE) vom 29. Dezember 1992 (Sbìrka zàkonů (Sb) Nr. 40/1193) in der Fassung späterer Änderungsgesetze, zuletzt geändert 2008 (Sb Nr. 124/2008), in Kraft seit 1. Juli 2008, deutsche Übersetzung: Bohata, Petr in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Tschechische Republik, Band 17, 184. Lieferung, Stand 30. Juni 2009. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 14 wenn die Eltern dieses Kindes staatenlos sind und wenigstens ein Elternteil seinen ständigen Aufenthalt in der Tschechischen Republik hat. Für den Fall, dass beide Eltern staatenlos sind, aber kein Elternteil seinen ständigen Aufenthalt im Inland hat bzw. dass innerhalb der Tschechischen Republik geborene Kind aus einem anderen Grund staatenlos ist, gibt es keine adäquate Regelung.41 Zudem erwerben nach § 4 StAG CZE außerehelich geborene Kinder die tschechische Staatsbürgerschaft , wenn diese Kinder innerhalb des Staatsgebietes von einer ausländischen Mutter und einem tschechischen Vater geboren werden. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft erfolgt an dem Tag der übereinstimmenden Erklärung der Eltern über die Vaterschaft bzw. der rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellung der Vaterschaft. Wird eine natürliche Person innerhalb des tschechischen Staatsgebietes aufgefunden, so besitzt diese nach § 5 StAG CZE die tschechische Staatsbürgerschaft , wenn keine andere Staatsangehörigkeit durch Geburt nachgewiesen werden kann. 4.14. Ukraine Das Gesetz über die Staatsbürgerschaft der Ukraine (StAG UKR)42 sieht in den Artikeln 7 und 8 Regelungen für den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt bzw. territoriale Herkunft vor. Gemäß Art. 7 Abs. 2 StAG UKR erwerben Personen die ukrainische Staatsangehörigkeit, wenn deren Eltern im Zeitpunkt der Geburt staatenlos waren und in der Ukraine ihren rechtmäßigen Wohnsitz haben. Nach Art. 7 Abs. 4 bis 7 StAG UKR erwirbt eine in der Ukraine geborene Person, sofern diese durch Geburt nicht die Staatsangehörigkeit der Eltern erwirbt, die ukrainische Staatsbürgerschaft unter folgenden Voraussetzungen: Die Eltern dieser Person müssen Ausländer sein und ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben bzw. einem Elternteil muss Asyl oder der Flüchtlingsstatus durch die Ukraine gewährt worden sein und die in der Ukraine geborene Person kann nur die Staatsangehörigkeit dieses Elternteils erlangen. Eine weitere Voraussetzung liegt vor, wenn ein Elternteil Ausländer ist, der andere Elternteil staatenlos und beide Elternteile rechtmäßig auf dem Territorium der Ukraine wohnen. Die vierte Voraussetzung betrifft Findelkinder, die auf dem Gebiet der Ukraine gefunden wurden und deren Eltern unbekannt sind. Art. 8 StAG UKR sieht außerdem Regelungen auf Basis der territorialen Herkunft vor, die der historischen territorialen Zersplitterung der Ukraine sowie dem Zerfall der Sowjetunion geschuldet sind.43 Für diesen Erwerb der Staatsangehörigkeit gelten keine ethnischen oder kulturellen Voraussetzungen , besteht allerdings eine ausländische Staatsangehörigkeit, so muss diese vorab aufgegeben werden. Nach Art. 8 Abs. 2 StAG UKR erwirbt ein nach dem 24. August 1991 in der 41 Baršovà, Andrea (Fn. 41), Country Report: Czech Republic, 2010, S.10, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/ docs/CountryReports/Czech Republic.pdf (Zugriff am 26. März 2012). 42 Gesetz über die Staatsbürgerschaft der Ukraine (StAG UKR) vom 18. Januar 2001(Vidomostї Verhovoni Radi Ukraїni (VVR) 1996 Nr. 30, Pos. 141), in Kraft seit 28. Juni 1996, Änderungsgesetz Nr. 2222-IV vom 8. Dezember 2004 über die Einfügung von Änderungen in die Verfassung der Ukraine (VVR 2005 Nr. 2, Pos 44), in Kraft weitgehend seit 1. Januar 2006, deutsche Übersetzung: Albertini, Lamara in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ukraine, Band 18, 189. Lieferung, Stand 29. Juni 2010. 43 Albertini, Lamara in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht , Ukraine, Band 18, 189. Lieferung, Stand 29. Juni 2010, S. 8.; Shevel, Oxana, Country Report: Ukraine, 2010, S. 8, abrufbar unter: http://eudo-citizenship.eu/docs/CountryReports/Ukraine.pdf (Zugriff am 26. März 2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 083/12 Seite 15 Ukraine geborenes Kind nach dem ius soli-Prinzip die ukrainische Staatsbürgerschaft auf Antrag der Eltern, wenn dieses Kind die Staatsbürgerschaft der Ukraine nicht durch Geburt erworben hat, staatenlos ist bzw. eine ausländische Staatsangehörigkeit hat. 4.15. Ungarn Das Gesetz über die ungarische Staatsangehörigkeit (StAG HUN)44 enthält in § 3 Regelungen zur Entstehung der ungarischen Staatsangehörigkeit. Bis zum Beweis des Gegenteils sind Kinder nach § 3 Abs. 3 StAG HUN als ungarische Staatsbürger anzusehen, wenn diese Kinder innerhalb Ungarns von einem Staatenlosem mit Wohnsitz in Ungarn geboren wurden bzw. wenn diese Kinder in Ungarn aufgefunden werden und deren Eltern unbekannt sind. 5. Zusammenfassung Gemäß den Regelungen in Art. 6 EUStAÜb und dem Grundsatz der allgemeinen Souveränität der Staaten nach Art. 3 Abs. EUStAÜb bestimmen die Vertragsstaaten weiterhin selbstständig, in welcher Art und Weise sie die Vorgaben dieses Übereinkommens umsetzen werden. Grundsätzlich sehen alle Vertragsstaaten dabei Regelungen zur Vermeidung von Staatenlosigkeit bei der Geburt vor. Diese folgen sowohl dem Prinzip des ius sanguinis als auch dem Prinzip des ius soli. Von den Vertragsstaaten des EUStAÜb sehen Albanien, die Bundesrepublik Deutschland, Moldau , die Niederlande und Portugal Regelungen in ihrem Staatsbürgerschaftsrecht vor, durch die Kinder ausländischer Eltern mit der Geburt die Staatsangehörigkeit ihres Geburtsstaates erwerben können. Diese Regelungen sind an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. So stellt mit Ausnahme Moldaus der rechtmäßiger Wohnsitz der Eltern im Inland eine entscheidende Voraussetzung dar. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit nach dem Prinzip des doppelten ius soli ist in Portugal und in den Niederlanden vorgesehen. 44 Gesetz Nr. LV/1993 über die ungarische Staatsangehörigkeit (StAG HUN) vom 15. Juni 1993 (Magyar Közlöny (MK) Nr. 77/1993), in Kraft seit 1. Oktober 1993, zuletzt geändert durch Gesetz Nr. XLIV/2010 vom 1. Juni 2010 (MK Nr. 89/2010), deutsche Übersetzung: Vèkàs, Lajos/Ember, Làszlò in: Bergmann, Alexander/Ferid, Murad/Henrich, Dieter, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ukraine, Band 18, 189. Lieferung, Stand 31. März 2003/1. September 2010.