AUSARBEITUNG Thema: Bundeswehr im Innern Fachbereich III Verfassung und Verwaltung Tel.: Verfasser/in: Abschluss der Arbeit: 22. Februar 2006 Reg.-Nr.: WF III 083/06 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Zusammenfassung 4 2. Die Grundlagen eines Bundeswehreinsatzes im Inneren 4 3. Die Möglichkeiten eines Einsatzes zu Zwecken, die nicht der Verteidigung dienen 5 3.1. Die Möglichkeiten nach Art. 87a Abs. 4 GG 5 3.2. Die Möglichkeiten des Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG 5 4. Verwendungen der Bundeswehr unterhalb der Einsatzschwelle 6 5. Zwischenergebnis 7 6. Die allgemeine Amtspflicht 7 7. Die Verwendung von Anti-Spür-Panzern 8 7.1. Die Verwendung im Vorfeld einer Gefahrenlage 8 7.2. Die Verwendung im Naturkatastrophenfall oder bei einem besonders schweren Unglücksfall gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG 9 8. Die Verwendung von AWACS – Flugzeugen 10 8.1. Die analoge Anwendung des Art. 35 Abs. 1 GG bezüglich der NATO 10 8.2. Die Verwendung von AWACS-Flugzeugen als technische Amtshilfe 12 9. Der Objektschutz 13 9.1. Objektschutz im Rahmen des Verteidigungs- oder Spannungsfalles gemäß Art. 87a Abs. 3 GG – Äußerer Notstand 13 9.2. Objektschutz im Falle des inneren Notstandes gemäß Art. 87a Abs. 4 GG 13 9.2.1. Bestand des Bundes und der Länder 14 9.2.2. Freiheitlich demokratische Grundordnung 14 9.2.3. Drohende Gefahr 15 - 3 - 9.2.4. Die Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG 15 9.2.5. Ungenügender Einsatz der Polizeikräfte und der Bundespolizei 15 9.3. Schlussfolgerungen für den Objektschutz 16 Literaturverzeichnis 17 - 4 - 1. Zusammenfassung Grundsätzlich ist der Einsatz der Streitkräfte nur zu Zwecken der Verteidigung zulässig. Darüber hinausgehende Einsätze müssen ausdrücklich vom Grundgesetz erlaubt sein. Ausdrücklich wird ein Einsatz der Streitkräfte im Falle des Naturkatastrophen- oder des besonders schweren Unglückfalles gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG bzw. im Fall des inneren Notstandes gemäß Art. 87a Abs. 4 GG erlaubt. Andersartige Einsätze sind nach dem jetzigen Stand des Grundgesetzes nicht möglich. Im Rahmen der allgemeinen Amtshilfe gemäß Art. 35 Abs. 1 GG ist die Bundeswehr nur fähig bzw. verpflichtet zu helfen, wenn ihre Verwendung unterhalb der Einsatzschwelle des Art. 87a Abs. 2 GG liegt. Bei der Verwendung von Antispür-Panzern liegt, wenn die spezifisch militärischen Waffensysteme (Maschinengewehr) abmontiert werden, noch kein Einsatz vor. Die Verwendung wäre somit im Vorfeld einer Gefahrenlage nach Art. 35 Abs. 1 GG zulässig , wenn Bedarf bei den Ländern besteht. Nach einem Terroranschlag wäre der Einsatz gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 oder Abs. 3 GG zulässig. Die Verwendung von AWACS-Flugzeugen liegt unterhalb der Einsatzschwelle und ist gemäß Art. 35 Abs. 1 GG analog im Wege der Amtshilfe möglich. Der militärische Objektschutz ist ausschließlich unter den Voraussetzungen des Art. 87a Abs. 3 und Abs. 4 GG im Falle des äußeren bzw. inneren Notstandes möglich. 2. Die Grundlagen eines Bundeswehreinsatzes im Inneren Gemäß Art. 87a Abs.1 GG stellt der Bund Streitkräfte zur Verteidigung auf. Verteidigung ist die Abwehr eines Gegners, der die Bundesrepublik Deutschland von außen her mit Waffengewalt angreift.1 Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 2 nur eingesetzt werden, soweit das Grundgesetz es ausdrücklich vorsieht. Aus der damit vorgegebenen Grundfunktion der Streitkräfte und der Systematik des Art. 87 a GG wird deutlich, dass jeder nicht der Verteidigung dienende Einsatz der Bundeswehr eine Ausnahme darstellt.2 Diese Regelung, welche im Zuge der Einführung der Notstandsverfassung in das Grundgesetz durch das Siebzehnte Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 24. Juni 19683, geschaffen worden ist, soll verhindern, dass man „ungeschriebene Zuständigkeiten aus der Natur der Sache“ für die Verwendung der Streitkräfte als Mittel der vollziehenden Gewalt ableiten kann.4 Ausschlaggebend für 1 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 87a, Rn. 22; Schmidt-Jortzig, DÖV 2002, S. 773 (775); vgl. auch Art. 115a Abs. 1 Satz 1 GG. 2 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 87a, Rn. 24. 3 BGBl S. 709. 4 Vgl. den Bundestagsrechtsausschuss in seinem schriftlichen Bericht zum Entwurf einer Notstandsverfassung , BTDrucks V/2873, S. 13. - 5 - die Auslegung und Anwendung des Art. 87 a Abs. 2 GG ist daher das Ziel, die Möglichkeiten für einen Einsatz der Bundeswehr im Innern durch das Gebot strikter Texttreue zu begrenzen.5 Die Heranziehung der Streitkräfte im Innern ist daher nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen stark limitiert und nur dann möglich, wenn das Grundgesetz es ausdrücklich erlaubt.6 3. Die Möglichkeiten eines Einsatzes zu Zwecken, die nicht der Verteidigung dienen 3.1. Die Möglichkeiten nach Art. 87a Abs. 4 GG Die Bundesregierung kann im Fall einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitlich demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, bei nicht ausreichenden Kontingenten an Polizei und Bundespolizei, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und der Bundespolizei beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Dieser Zustand besteht dann, wenn eine vitale Bedrohung der zentralen Grundfesten von Staat und Verfassung gegeben ist.7 Zum Bestand des Bundes gehört neben dessen territorialer Integrität seine äußere und innere Souveränität sowie seine Handlungsfähigkeit als Ordnungsmacht, zum Bestand der Gliedstaaten außerdem ein Kernbestand an föderaler Eigenstaatlichkeit.8 3.2. Die Möglichkeiten des Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG Die Bundeswehr kann gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG zur Hilfe bei Naturkatastrophen oder bei einem besonders schweren Unglücksfall angefordert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Streitkräfte nur die Mittel einsetzen dürfen, die die Länder auch selbst einzusetzen in der Lage wären bzw. dies dürften.9 Genuin militärische Schritte gehören der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung zufolge, die das zivile Gewaltmonopol grundsätzlich den Ländern überlässt, militärische Befugnisse aber dem Bund vorbehält, nicht hierher.10 Das Bundesverfassungsgericht stellt in seiner Entscheidung zum Luftsicherheitsgesetz vom 15.02.200611 fest, dass auf Anforderung eines Landes „zur Hilfe“ die Waffen verwendet werden dürfen, die das Recht des betreffenden Landes für dessen Polizeikräfte vorsieht. Militärische Kampfmittel dürften dagegen nicht zum Einsatz gebracht werden. 5 BVerfGE 90, 286 (356) und BverfG, 1BvR 357/05 vom 15.02.2006. 6 BVerfGE 90, 286 (356). 7 Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. 3, Art. 87a, Rn. 99. 8 Dürig, in Maunz/Dürig, Art 87a, Rn. 100. 9 Linke, Innere Sicherheit durch die Bundeswehr?, AöR 2004, S. 489 (524). 10 H.B. Brockmeyer, in: B.Schmidt-Bleibtreu/F.Klein, (Fn. 11), Art. 35 Rn. 11. 11 BVerfGE, 1BvR 357/05. - 6 - 4. Verwendungen der Bundeswehr unterhalb der Einsatzschwelle Die Streitkräfte dürfen nach Art. 87a Abs. 2 GG nur eingesetzt werden, wenn es eine ausdrückliche Legitimationsgrundlage im GG gibt. Es wäre aber möglich die Streitkräfte i. S. d. Art. 35 Abs. 1 GG zu verwenden, wenn sie unterhalb der Eingriffsschwelle operieren würde. Problematisch ist in diesem Zusammenhang der Begriff des Einsatzes. Eine Legaldefinition existiert nicht. Während sich sagen lässt, dass einerseits jede hoheitliche Verwendung bewaffneter Streitkräfte als staatliches Vollzugsorgan zur Vornahme von Kriegshandlungen oder anderen Eingriffsmaßnahmen als Einsatz qualifiziert wird12 und andererseits rein repräsentative oder karitative Tätigkeiten bzw. technische Unterstützungsbzw . Hilfsmaßnahmen als schlichte Verwendungen angesehen werden13, schwindet die Einigkeit in den Detailfragen: So wird z. B. vorgebracht, dass das Ausnutzen der besonderen Abschreckungswirkung bzw. das Ausnutzen des mit der Bundeswehr verbundenen Gewaltpotentials Indizwirkung für einen Einsatz liefert.14 Die personelle und materielle Ausrüstung der Bundeswehr und ihr zu diesem Zweck erworbenes militärisches Know-how könne nicht zur innerstaatlichen Abschreckung eingesetzt werden, ohne dass dies als Einsatz einzustufen wäre. Ferner wird als weiteres Kriterium eine Verwendung der Streitkräfte „im Rahmen der vollziehenden Gewalt“ angeführt, d. h. es ist immer dann ein Einsatz anzunehmen , wenn ein hoheitlich-obrigkeitliches Handeln vorliegt15, welches auf die Einschränkung von Rechten zielt. Damit wird die notwendige innenpolitische Neutralität der ausschließlich der Verteidigung dienenden Streitkräfte verdeutlicht. Des Weiteren kann man die Nähe zum eigentlichen Verteidigungszweck der Streitkräfte heranziehen: Je enger die konkrete Tätigkeit im Zusammenhang mit dem eigentlichen Auftrag der Bundeswehr zur Verteidigung steht, desto eher ist die Einsatzqualität zu bejahen.16 Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Tätigkeit, die in keinem Zusammenhang mit der originären Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland steht, keinen Einsatz der Bundeswehr darstellt und folglich nicht von Art. 87a Abs. 2 GG erfasst wird. Schließlich sind die konkrete Zweckrichtung des Tätigwerdens sowie das äußere Erscheinungsbild dieses Tätigwerdens zu berücksichtigen. Je eher das Handeln der Hilfeleistung und dem Rechtsgüterschutz dient und je weniger das Gewalt- und Bedrohungspotential im äußeren Erscheinungsbild des konkreten Handelns zum Ausdruck kommt, desto eher wird man einen Einsatz verneinen können. 12 Mangoldt/Klein/Starck, GG,, Bd. 3, Art. 87a, Rn. 33. 13 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1980, S. 864. 14 Vgl. Fehn/Brauns, Bundeswehr und innere Sicherheit, S. 18. 15 BTDrucks. V/2873, S. 13. 16 Fehn, Brauns, Bundeswehr und innere Sicherheit, S. 34. - 7 - Beispiele für unterhalb der Einsatzschwelle liegende Verwendungen sind z. B. Erntehilfen 17 oder der Einsatz von ECR-Tornados zur Suche nach vermissten oder entführten Personen und zur Überwachung von Hochwasserlagen.18 Anders verhält es sich, wenn ECR-Tornados etwa zur Strafverfolgung eingesetzt werden sollen. In diesem Fall handelt es sich um eine unmittelbar auf Einschränkung von Rechten und Rechtsgütern gerichtete Nutzung militärischer Technologie.19 5. Zwischenergebnis Aufgrund der durch Art. 87 a Abs. 2 GG vorgegebenen Restriktionen, können die Streitkräfte im Innern nur im Rahmen der Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG und in den Fällen des Art. 87 a Abs. 4 GG eingesetzt werden. Andersartige Einsätze sind somit nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht möglich. Eine weitere Verwendung ist daher nur denkbar, z.B. im Rahmen des Art. 35 Abs. 1 GG, wenn sie den Status eines Einsatzes noch nicht erreicht, somit also unterhalb der Eingriffsschwelle liegen, es sich lediglich um z. B. technische Amtshilfe handelt. 6. Die allgemeine Amtspflicht Grundsätzlich sind zwar auch die Einheiten der Streitkräfte zur allgemeinen Amtshilfe gemäß Art. 35 Abs. 1 GG fähig und verpflichtet. Bei den Streitkräften besteht aber die Besonderheit, dass Art. 87a Abs. 2 GG als speziellere Norm Art. 35 Abs.1 GG vorgeht und alle nicht ausdrücklich vom Grundgesetz erlaubten Einsätze verbietet.20 Die Amtshilfeverpflichtung eröffnet nur eine pauschale Handlungsmöglichkeit in der Zuständigkeit der ersuchenden Behörde und enthält die Streitkräfte betreffend keine ausdrückliche Regelung in Art. 35 Abs. 1 GG. Damit ist die Möglichkeit (und entsprechend die Verpflichtung ) der Bundeswehr zur Amtshilfe nur unterhalb der Einsatzschwelle des Art. 87a Abs. 2 GG gegeben und es darf sich ausschließlich um verteidigungsfremde, innenpolitisch neutrale Aktivitäten handeln, die als schlichte Hoheitstätigkeiten und rein technische Hilfsleistungen zu qualifizieren sind.21 17 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 87a, Rn. 36. 18 Fehn, Brauns, Bundeswehr und innere Sicherheit, S. 34. 19 Fehn, Brauns, Bundeswehr und innere Sicherheit, S. 34 f.. 20 Mangoldt/Klein/Starck, GG, B. 2, Art. 35 Abs. 1, Rd. 15. 21 Jahn/Riedel, DÖV, 1988, S. 957 (958); Schmidt-Jortzig, DÖV 2002, S. 773 (775). - 8 - 7. Die Verwendung von Anti-Spür-Panzern 7.1. Die Verwendung im Vorfeld einer Gefahrenlage Um Anti-Spür-Panzern im Vorfeld einer Gefahrenlage im Rahmen der Amtshilfe auf Anfrage eines Landes nach Art. 35 Abs.1 GG, also nicht schon im Bereich des Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG zu verwenden, dürfte die Einsatzschwelle noch nicht überschritten sein. Spürpanzer dienen unmittelbar der Verteidigung und bergen grundsätzlich ein Gewaltund Bedrohungspotenzial. Auf dieses soll aber in diesen Fällen gerade nicht zurückgegriffen werden. Das Know-how soll ausschließlich in den Dienst der Hilfeleistung gestellt werden und – ebenso wenig wie ein Rettungshubschrauber – dem unmittelbaren Schutz der Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG dienen. Somit ist durch die konkrete Zweckrichtung des Einsatzes die innenpolitische Neutralität gewahrt. Die Einsatzschwelle wird noch nicht überschritten22. Zu beachten ist allerdings, dass im Rahmen der Amtshilfe nur dann andere Behörden um Hilfe gebeten werden können, wenn sie zur rechtmäßigen Erfüllung von Aufgaben der ersuchenden Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit erforderlich ist.23 Dies ist insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die Länder24 in Deutschland selbst über 370 zivile ABC-Erkundungsfahrzeuge verfügen25, zu berücksichtigen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 15.02.200626 zum Luftsicherheitsgesetz festgelegt, dass die Verwendung spezifisch militärischer Bewaffnung beim Einsatz der Streitkräfte im Aufgabenbereich der Länder ausgeschlossen sein sollte. Es wird verlangt, dass nur Mittel eingesetzt werden, die auch der Länderpolizei zur Verfügung steht.27 Die Länder bzw. die Kommunen sind zwar im Besitz von 370 ABC- Erkundungsfahrzeugen, diese unterscheiden sich aber z. B. dadurch, dass der Spürpanzer Fuchs mit einem Maschinengewehr versehen ist.28. Somit hat der Spürpanzer ein spezifisch militärisches Waffensystem integriert. Daher wäre er nur im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grundlagen einsetzbar, wenn dieses Waffensystem abmontiert 22 Siehe hierzu die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage, BTDrucks. 15/3892; Fehn/Brauns, Bundeswehr und innere Sicherheit, S. 29-30; Dies ergibt auch die Auskunft des zuständigen Referats des Verteidigungsministeriums (Ansprechpartner: Herr Dr. Gramm, Herr Freiherr von Waldenfels). 23 Meyer-Teschendorf, JuS 1981, S. 187 (190); vgl auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum VwVfG, BTdrucks. 7/910, S. 39. 24 Die ABC-Fahrzeuge sind auf die Berufsfeuerwehr der Kommunen verteilt. 25 Sueddeutsche.de, 09.02.2006: Rettungskräfte und die Bundeswehr ,"Zusätzliche Hilfe für den schlimmsten Fall", http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/898/69829/; Innenministerium Nordrhein -Westfalen: http://www.im.nrw.de/pe/pm2001/pm2001/news_731.htm; http://www.im.nrw.de/pub/pdf/gefahrenabwehr_jb2003.pdf. 26 BVerfG, 1BvR 357/05. 27 BVerfG, 1BvR 357/05. 28 Vgl. hierzu: www.bundeswehr.de. - 9 - werden würde. Ist diese Voraussetzung erfüllt, ist ein Einsatz des Spürpanzers im Vorfeld einer Gefahrenlage, bei Notwendigkeit des anfragenden Landes, möglich. 7.2. Die Verwendung im Naturkatastrophenfall oder bei einem besonders schweren Unglücksfall gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG Die Verwendung von ABC-Spürpanzern und ABC-Trupps der Bundeswehr zur Unterstützung von Umweltschutz- bzw. GSG29-Einheiten der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes bei der Erkundung oder Bekämpfung einer – z. B. durch einen terroristischen Anschlag, eine terroristische Drohung oder einen Unglücksfall geschaffenen – ABC-Gefahrenlage könnte im Rahmen des Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG möglich sein. Als Naturkatastrophen werden unmittelbar drohende Gefahrenzustände oder Schädigungen von erheblichem Ausmaß angesehen, die durch Naturereignisse wie Erdbeben , Hochwasser, Eisgang, Unwetter, Wald- und Großbrände durch Selbstentzündung oder Blitze, Dürre oder Massenerkrankungen ausgelöst werden.30 Von einem besonders schweren Unglücksfall ist bei Schadensereignissen von großem Ausmaß und von Bedeutung für die Öffentlichkeit auszugehen, die durch Unfälle technisches oder menschliches Versagen ausgelöst oder von Dritten absichtlich herbeigeführt werden.31 Hierunter fallen z. B. besonders schwere Verkehrsunfälle, schwere Flugzeug oder Eisenbahnunglücke , Stromausfall mit Auswirkungen auf lebenswichtige Einrichtungen, Großbrände durch Brandstiftung, Unfälle in Kernenergieanlagen und andere Unfälle mit Strahlenrisiko.32 Da auch vorsätzlich herbeigeführte Unglücksfälle erfasst sind, bestehen gegen eine Anwendung des Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG im Falle eines Terroranschlags keine Bedenken. Art. 35 Abs. 3 GG unterscheidet sich von Art.35 Abs. 2 S. 2 GG nur insoweit, dass sich das Ausmaß der Naturkatastrophe bzw. des besonders schweren Unglücksfalles auf mehr als ein Bundesland erstreckt, und dass die Bundesregierung den Landesregierungen die Weisung erteilen kann die Streitkräfte zur Unterstützung einzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht33, dürfen keine spezifisch militärischen Waffensysteme eingesetzt werden. Auch hier wird man das Maschinengewehr MG3 abmontieren müssen. Abschließend lässt sich sagen, dass die Streitkräfte nach einem Terroranschlag im Rahmen der Bekämpfung eines besonders schweren Unglücksfalles, gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG herangezogen werden können. 29 GSG = Gefährliche Stoffe und Güter. 30 Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, Art. 35 Abs. 2, Rd. 70. 31 Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, Art. 35 Abs. 2, Rd. 70. 32 Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, Art. 35 Abs. 2, Rd. 70. 33 S.o.: 5.1; BVerfG, 1BvR 357/05, Rd. 106. - 10 - 8. Die Verwendung von AWACS – Flugzeugen Fraglich ist, ob auch AWACS34- Flugzeuge zur Überwachung und Beobachtung eingesetzt werden können. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass Beobachtungsund Überwachungsflüge ihrer Natur nach grundsätzlich nicht erst stattfinden, wenn ein Terroranschlag bereits stattgefunden hat, sondern gerade der präventiven Sicherstellung des Flugraumes dienen. Daher sind präventive Aufklärungsflüge nicht im Rahmen des Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG im Falle eines besonders schweren Unglücksfalles möglich. 8.1. Die analoge Anwendung des Art. 35 Abs. 1 GG bezüglich der NATO Man könnte eine Legitimation nur aus der allgemeinen Amtspflicht des Art. 35 Abs. 1 GG herleiten. Dafür müsste eine Amtshilfepflicht bestehen. Fraglich ist hier, ob Art. 35 Abs. 1 GG überhaupt angewendet werden kann. Denn anders als im Fall der Spürpanzer , verlangt nicht ein Land Unterstützung von einer deutschen Behörde (hier der Bundeswehr ), sondern der Bund oder die Länder verlangen Unterstützung von der NATO. Art. 35 Abs. 1 GG spricht aber ausdrücklich nur von Behörden des Bundes und der Länder, welche sich gegenseitig Amtshilfe leisten. Die verfassungsmäßige Pflicht zur Rechts- und Amtshilfe gilt nur zwischen den dem Grundgesetz unterworfenen Behörden .35 Es wäre aber eine analoge Anwendung des Art. 35 Abs. 1 GG denkbar. Fraglich ist, ob diese Analogie zulässig ist. Eine Analogie ist die Übertragung der für einen Tatbestand im Gesetz vorgesehen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand .36 Sie kann vorgenommen werden, wenn für einen bestimmten Sachverhalt keine Rechtsnorm existiert, eine andere Norm aber einen vergleichbaren Regelungsgehalt hat. Soweit die Interessenlage vergleichbar ist und das Fehlen einer passenden Rechtsnorm Folge einer planwidrigen Regelungslücke ist37, kann die andere Norm entsprechend, also analog auf den Sachverhalt angewendet werden. Eine Regelungslücke liegt vor, wenn der Sachverhalt nicht unter das Gesetz zu fassen ist.38 Sie ist planwidrig, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung eines Komplexes übersehen hat, eine Regelung zu treffen .39 Oft lässt sich aus den Wertungen der Verfassung oder der Generalklauseln ablei- 34 Airborne Warning and Control System. 35 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 35, Rd. 2. 36 Zum Gesamtkomplex Analogie mit weiteren Nachweisen siehe: Bachner, Voraussetzungen und Reichweite des Analogieschlusses im Betriebsverfassungsrecht, NZA 1999, S. 1241. 37 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 373. 38 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 373. 39 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 373. - 11 - ten, dass eine Lücke planwidrig sein muss, weil sich der Gesetzgeber sonst in Widerspruch zu grundsätzlichen Wertungen gesetzt hätte. In diesem Fall ist die NATO als supranationale Organisation nicht ausdrücklich durch Art.35 Abs. 1 GG zur Amtshilfe verpflichtet. Dies wäre auch nach völkerrechtlichen Gesichtspunkten gar nicht möglich, da die NATO als supranationale Organisation nicht unter den Anwendungsbereich des Grundgesetzes fallen kann. Es gibt keine Rechtsnorm , die technische Amtshilfe der Nato gegenüber einer ihrer Mitgliedstaaten begründet . Art. 35 Abs. 1 GG hat aber für diesen Fall einen vergleichbaren Regelungsgehalt, da sie unter- bzw. übergeordneten Behörden die Möglichkeit gibt, Hilfe anzufordern. Eine Regelungslücke liegt vor. Diese müsste auch planwidrig sein. Der parlamentarische Rat konnte bei der Schaffung des Art. 35 Abs. 1 GG40 noch nicht von der Einbindung Deutschlands in eine supranationale Organisation ausgehen, da das Grundgesetz am 23. Mai 1949 in Kraft getreten ist, Deutschland dem Nordatlantikvertrag aber erst am 6. Mai 195541 beigetreten ist. Dies spricht dafür, dass der parlamentarische Rat in der Ausarbeitung des heutigen Art. 35 Abs. 1 GG noch nicht an die Möglichkeit eines Amtshilfegesuchs außerhalb der nationalen Ebene gedacht hat. Fraglich ist aber, warum der verfassungsändernde Gesetzgeber in über 50 Jahren nicht eine Ausweitung des Art. 35 Abs. 1 GG auf supranationale Organisationen verabschiedet hat. Der Grund ist darin zu sehen, dass sich die Frage nach einem Einsatz der NATO im Rahmen des Art. 35 Abs. 1 GG nicht gestellt hat. Es könnte sich zudem aus den Wertungen der Verfassung, Generalklauseln oder internationalen Abkommen ableiten lassen, dass die Regelungslücke planwidrig ist, weil der Gesetzgeber sich sonst in Widerspruch zu grundsätzlichen Wertungen setzen würde. In diesem Zusammenhang könnte Art. 3 des Nordatlantikvertrages vom 04. April 1949, Indizwirkung haben. Hier heißt es: „Um die Ziele dieses Vertrages besser zu verwirklichen, werden die Parteien einzeln und gemeinsam durch ständige und wirksame Selbsthilfe und gegenseitige Unterstützung die eigen und die gemeinsame Widerstandskraft gegen bewaffnete Angriffe erhalten und fortentwickeln.“ Das Wort „fortentwickeln“ in Verbindung mit dem Ausdruck „ständige Selbsthilfe“ lässt sich dahingehend interpretieren, dass die NATO darauf bedacht ist den Frieden zu sichern. Maßnahmen zur Friedenssicherung sind nicht nur im Falle eines Angriffs auf einen Mitgliedstaat, sondern auch schon im Vorfeld einer Gefahrenlage nötig. Die AWACS-Einsätze wären daher legitimiert, wenn man die Analogie aus Art. 35 Abs. 1 40 In den Protokollen des Parlamentarischen Rats Art. 39 Abs. 1. 41 BGBl. 55 II, S. 289. - 12 - GG als zulässig ansehen und die weiteren Voraussetzungen vorliegen würden. Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Nordatlantikvertrag in dem Verfahren nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1, Art. 24 Abs. 2 GG zugestimmt.42 Somit hat der Bund sich gemäß Art. 24 Abs. 2 GG in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit zur Wahrung des Friedens eingeordnet und in die Beschränkung seiner Hoheitsrechte eingewilligt, um eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Ländern der Welt herbeizuführen und zu sichern. Daraus lässt sich schließen, dass der Verfassungsgesetzgeber die Hilfe von supranationalen Organisationen im Wege der Amtshilfe zumindest nicht als unmöglich angesehen haben würde, wenn er die NATO-Konstellation mitbedacht hätte. Er hätte sich sonst in Widerspruch zu grundsätzlichen Wertungen gesetzt. Eine analoge Anwendung des Art. 35 Abs. 1 GG ist somit zulässig.43 Darüber hinaus müsste die NATO auch als Behörde einzustufen sein. Als amtshilfeleistende Behörden werden alle Stellen anzusehen sein, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen .44. Der grundgesetzliche Begriff der Behörde schließt auch Staatsorgane mit ein.45. Daher ist die NATO ihrer organisationsstrukturellen Natur nach als Behörde im Sinne des Art. 35 Abs. 1 GG einzustufen. 8.2. Die Verwendung von AWACS-Flugzeugen als technische Amtshilfe Um AWACS-Flugzeuge im Rahmen der Amtshilfe nach Art. 35 Abs.1 GG, zu verwenden , dürfte die Einsatzschwelle noch nicht überschritten sein, weil Art. 35 Abs. 1 GG nur die allgemeine Amtshilfe, aber nicht den Einsatz von Streitkräften erlaubt.46 Hier dürfte also keine hoheitliche Verwendung bewaffneter Streitkräfte als staatliches Vollzugsorgan zur Vornahme von Kriegshandlungen oder anderen Eingriffsmaßnahmen vorliegen, sondern nur rein repräsentative oder karitative Tätigkeiten bzw. technische Unterstützungs- bzw. Hilfsmaßnahmen, die als schlichte Verwendungen angesehen werden. AWACS-Flugzeuge dienen ihrer Natur nach der Luftraumüberwachung zur Unterstützung der stationären Radargeräte um die Nachteile bei der Erfassung tieffliegender Flugobjekte auszugleichen. Von ihnen geht kein Gewalt- oder Bedrohungspotenzial aus. Sie sind vergleichbar mit ECR-Tornados, welche zur Suche nach vermissten oder entführten Personen und zur Überwachung von Hochwasserlagen eingesetzt werden , die in diesen Fällen auch lediglich als reine technische Amtshilfeverwendungen 42 Vgl. BVerfGE 104, (126). 43 Dies ergibt auch die Auskunft des zuständigen Referats des Verteidigungsministeriums (Ansprechpartner : Herr Dr. Gramm, Herr Freiherr von Waldenfels). 44 Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, Art. 35, Rd. 12. 45 Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, Art. 35, Rd. 12. 46 Vgl. Art. 87a Abs. 2 GG. - 13 - qualifiziert werden.47 Die Verwendung von AWACS-Flugzeugen liegt somit noch unterhalb der Einsatzschwelle und ist im Rahmen des Art. 35 Abs. 1 GG möglich. 9. Der Objektschutz Die Streitkräfte können gemäß Art. 87a Abs. 2 GG nur zur Verteidigung und zu vom Grundgesetz ausdrücklich genannten Zwecken eingesetzt werden.48 9.1. Objektschutz im Rahmen des Verteidigungs- oder Spannungsfalles gemäß Art. 87a Abs. 3 GG – Äußerer Notstand Nach Art. 87a Abs. 3 GG dürfen die Streitkräfte im Verteidigungsfall sowie im Spannungsfall auch zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben im Landesinneren herangezogen werden. Satz 1 erlaubt den Einsatz der Streitkräfte zum Schutz ziviler Objekte und für Aufgaben der Verkehrsregelung, „soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags erforderlich ist“; Satz 2 sieht darüber hinaus vor, dass den Streitkräften der Schutz ziviler Objekte „auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen“ übertragen werden kann. Voraussetzung für das Entstehen der Befugnisse ist die Feststellung des Verteidigungsfalles oder des Spannungsfalles. Der Verteidigungsfall wird in Art. 115a Abs. 1 S. 1 GG definiert. Danach ist der Verteidigungsfall gegeben, wenn „das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Einsatz Angriff unmittelbar droht“. Das Grundgesetz verwendet zwar den Begriff des Spannungsfalles in Art. 80 a Abs. 1 und Art. 87a Abs. 3 GG, lässt aber eine Legaldefinition oder wenigstens einen ausdrücklichen Hinweis auf die materiellen Voraussetzungen seiner Feststellung vermissen . Der Entstehungsgeschichte zu Art. 80a GG kann jedoch entnommen werden, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber hier ausschließlich an außenpolitische Spannungen gedacht hat.49 Der Spannungsfall kann als eine Situation definiert werden, in der die erhebliche Gefahr eines Angriffs auf das Bundesgebiet von Außen besteht.50 9.2. Objektschutz im Falle des inneren Notstandes gemäß Art. 87a Abs. 4 GG Art. 87a Abs. 4 GG ist eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage im Sinne von Art. 87a Abs. 2. GG. Die Bundesregierung kann im Fall einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitlich demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes , bei nicht ausreichenden Kontingenten an Polizei und Bundespolizei, Streitkräfte 47 Fehn, Brauns, Bundeswehr und innere Sicherheit, S. 34. 48 Vgl. 1.. 49 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 87a, Rd. 40, ders., Art. 80a, Rd. 15. 50 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 80, Rd. 31–36. - 14 - zur Unterstützung der Polizei und der Bundespolizei beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen . Als konkrete Einsatzmodalität wird zunächst die Verwendung zum Schutze ziviler Objekte vorgesehen. Zivile Objekte meint solche Gegenstände, die nicht unmittelbar den Streitkräften zugeordnet werden können.51 Der militärische Objektschutz ist allerdings nur unter den Voraussetzungen einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitlich demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes gestattet. 9.2.1. Bestand des Bundes und der Länder Das Merkmal Bestand des Bundes lässt sich ausgehend von der juristischvölkerrechtlichen Staatsdefinition, der sog. Drei-Elementen-Lehre52, definieren. Danach gehören zur Staatlichkeit Staatsgebiet, Staatsgewalt und Staatsvolk. Bestand meint somit die existentiellen Grundlagen der Gesamtstaatlichkeit des Bundes. Zum Bestand gehören die jeweilige Gebietsgrenze, die Souveränität nach außen, wie auch nach innen .53 Dabei meint Souveränität nach innen die Fähigkeit des Staates, als effektive Ordnungsmacht seine Friedens- und Freiheitsfunktion zu erfüllen.54 Zur Definition des Bestandes eines Landes lassen sich im Wesentlichen die gleichen Merkmale, wie zum Bestand des Bundes ausgeführt, heranziehen. Außerdem wird ein Kernbestand an föderaler Eigenstaatlichkeit gefordert.55 9.2.2. Freiheitlich demokratische Grundordnung Das Bundesverfassungsgericht versteht unter Freiheitlich Demokratischer Grundordnung eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt .56 Zu den grundlegenden Prinzipien sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung , die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrheitsparteiensystem und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.57 51 Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 87a, Rd. 12. 52 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 128 ff. 53 Umbach/Clemens, Grundgesetz, Art. 91, Rd. 17. 54 Umbach/Clemens, Grundgesetz, Art. 91, Rd. 17. 55 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 87a, Rn. 100. 56 BVerfGE 2, 1 (12 f.). 57 BVerfGE 2, 1 (12 f.). - 15 - 9.2.3. Drohende Gefahr Es muss eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter vorliegen.58 Insofern meint Gefahr die polizeirechtlich konkrete Gefahr, also eine im Einzelfall über das allgemeine Lebensrisiko hinausreichende Bedrohung eines Rechtsgutes.59 Das Adjektiv drohend macht deutlich, dass die Gefahr bevorsteht, ihr Eintritt schon in nächster Zeit zu erwarten sein muss.60 9.2.4. Die Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG Ferner müssten die Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG vorliegen. Danach dürfte das Land in dem die Gefahr droht nicht zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage sein. 9.2.5. Ungenügender Einsatz der Polizeikräfte und der Bundespolizei Die Polizeikräfte und die Bundespolizei dürfen zudem zur Bekämpfung der Gefahr nicht ausreichen. Darüber hinaus ergibt sich, dass die Bundesregierung vor einem Einsatz der Streitkräfte zur Bekämpfung der Gefahr grundsätzlich zunächst von ihrer nach Art. 91 Abs. 2 GG bestehenden Befugnis Gebrauch gemacht haben muss, die Polizei in dem bedrohten Land und die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen zu unterstellen sowie Einheiten der Bundespolizei einzusetzen.61 Erst wenn die Polizeikräfte unter der einheitlichen Leitung der Bundesregierung mit erhöhter Effizienz tätig geworden sind, lässt sich feststellen, ob die Polizeikräfte und die Bundespolizei zur Gefahrenabwehr nicht genügen .62 Wann dieser Fall konkret eintritt, ist nur schwer zu ermitteln. Außer Zweifel steht aber, dass ein rein vorsorglicher Einsatz der Streitkräfte nicht durch Satz 1 gedeckt wäre.63 Ob allerdings die Kräfte der Landespolizeien und der Bundespolizei auch tatsächlich ausgeschöpft sein müssen, ist umstritten. Der Wortsinn zwingt keineswegs dazu, erst dann eine Ausschöpfung der Polizei- und Bundespolizeikräfte anzunehmen, wenn diese faktisch aufgerieben sind.64. Sollte dieser Moment eintreten, so stünde gewiss unbezweifelbar fest, dass die eingesetzten Kräfte nicht ausreichen. Gibt es dagegen zumindest begründete Anhaltspunkte für die Annahme, dass die eingesetzten Kräfte 58 Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, Rd. 115.; PrOVGE 87, 301 (310). 59 Gusy, Polizeirecht, Rd. 123. 60 Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, Art. 91 Anm. III 2 b) aa). 61 Umbach/Clemens, Grundgesetz, Art. 87a, Rd. 63. 62 Ipsen, BK, Art. 87a, Rd. 150. 63 Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 87a, Rn. 109. 64 Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3 Art. 87a, VII, 1, c). - 16 - nicht genügen, so läge dieser Fall aber ebenso innerhalb des durch den Wortsinn dieser Formulierung eröffneten Bedeutungsfeldes.65 9.3. Schlussfolgerungen für den Objektschutz Ein Einsatz der Streitkräfte zum Zwecke des Objektschutzes ist nur möglich unter den Voraussetzungen des Art. 87a Abs. 3 im Falle des äußeren Notstands und im Falles des Art. 87a Abs. 4 GG im Rahmen des inneren Notstands. Den militärischen Objektschutz wird man nicht als bloße Verwendung bzw. als technische Amtshilfe qualifizieren können, da die besondere Abschreckungswirkung bzw. das mit der Bundeswehr verbundene bewaffnete Gewaltpotential genutzt wird und die Streitkräfte nicht nur rein repräsentativ oder karitativ handeln. Der Objektschutz wäre ein Einsatz der Streitkräfte im Rahmen der vollziehenden Gewalt, es würde ein hoheitlich-obrigkeitliches Handeln vorliegen. Deshalb ist Objektschutz im Rahmen der allgemeinen Amtshilfe gemäß Art. 35 Abs. 1 GG nicht möglich. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 87a Abs. 4 GG, wurde eine Begrenzung auf den Einsatz nichtmilitärischer Waffen von dem verfassungsändernden Gesetzgeber als nicht sachgerecht angesehen.66. Abschließend lässt sich sagen, dass Objektschutz außerhalb der Fälle des Art.87a Abs. 3 und Abs. 4 GG aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht möglich ist.67 Bei andersartigen Konstellationen hat nur die Polizei im Rahmen der allgemeinen Gefahrenabwehrmaßnahmen Möglichkeiten Objektschutz zu leisten. 65 Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, Art. 87a, Rd. 108. 66 BTDrucks. 5/2873, S. 14. 67 Vgl. den Gesetzesantrag der Länder Bayern und Sachsen zur Änderung des Art. 35 GG, BRat- Drucks. 993 / 01. - 17 - Literaturverzeichnis Bachner, Michael Voraussetzungen und Reichweite des Analogieschlusses im Betriebsverfassungsrecht, NZA 1999, S.1241 ff. Dolzer, Rudolf Bonner Loseblatt-Kommentar zum Grundgesetz, Stand 2005, (zit.: Verfasser, BK). Fehn, Karsten / Brauns, Miriam Bundeswehr und innere Sicherheit, 2003 (zit.: Fehn / Brauns, Bundeswehr und innere Sicherheit). Götz, Volkmar Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl., 1995 (zit.: Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht). Gusy, Christoph Polizeirecht, 5. Aufl., 2003 (zit.: Gusy, Polizeirecht). Jahn, Ralf / Riedel, Norbert K. Streitkräfteeinsatz im Wege der Amtshilfe: zu den verfassungsrechtlichen Schranken eines nach innen gerichteten Einsatzes der Bundeswehr in Friedenszeiten, DÖV 1988, S. 957 ff. Jarass, Hans D. / Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 8. Aufl, 2006 (zit.: Jarass / Pieroth, Grundgesetz). Jellinek, Georg Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., 1959 (zit.: Jellinek, Allgemeine Staatslehre). Larenz, Karl Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 2. Aufl., 1992, S.373 (zit.: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft). - 18 - Linke, Tobias Innere Sicherheit durch die Bundeswehr?, AöR 2004, S. 489 ff. Mangoldt, Hermann von / Klein, Friedrich / Starck, Christian, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl., 2005 (zit.: Mangoldt / Klein / Starck, GG). Maunz, Theodor / Dürig, Günter, Grundgesetz Loseblatt-Kommentar, Stand 2005 (zit.: Verfasser in Maunz/Dürig). Meyer-Teschendorf, Klaus Die Amtshilfe, JuS 1981, S.187 ff. Schmidt-Bleibtreu, Bruno / Klein, Franz Kommentar zum Grundgesetz, 10. Auflage, 2004 (zit.: Verfasser in B.Schmidt- Bleibtreu / F.Klein). Schmidt-Jortzig, Edzard Verfassungsänderung für Bundeswehreinsätze im Innern Deutschlands?, DÖV 2002, S. 773 ff. Stern, Klaus Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 2, 1980 (zit.: Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland). Umbach, Dieter C. Grundgesetz: Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 2002 (zit.: Umbach, Grundgesetz)