© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 080/16 Fragen zur Rechtspersönlichkeit und Strukturanforderungen für politische Parteien Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 080/16 Seite 2 Fragen zur Rechtspersönlichkeit und Strukturanforderungen für politische Parteien Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 080/16 Abschluss der Arbeit: 3. März 2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 080/16 Seite 3 1. Gibt es eine parteienrechtliche Regelung, die verlangt, dass politische Parteien eine Rechtspersönlichkeit besitzen und/oder einen speziellen Minimalinhalt oder -anforderungen hinsichtlich des Statuts und der internen Organisation der politischen Parteien vorschreiben? (Does a law on political parties require that political parties have legal personality and/or prescribe specific minimum contents or requirements applicable to the statutes and internal organization of political parties? Nach Artikel 21 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz (GG)1 ist die Gründung von politischen Parteien frei (Art. 21 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes – GG). Insbesondere ist für die Gründung keine staatliche Genehmigung erforderlich. Auch ist die Wahl der Rechtsform nicht durch gesetzliche Regelungen festgelegt. Parteien sind frei gebildete Personenvereinigungen im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 GG, die sich privatrechtlich nach den vereinsrechtlichen Regelungen der §§ 21 bis 79 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gründen. In der Praxis wählen die Parteien in der Regel die Organisationsform des nicht rechtsfähigen Vereins. Sofern sich eine Partei als rechtsfähiger Verein organisieren will, ist die Eintragung in das Vereinsregister erforderlich (§ 21 BGB). Weiter bestimmt Artikel 21 Absatz 1 GG, dass die innere Ordnung der Parteien demokratischen Grundsätzen genügen muss, und verlangt, dass die Parteien über Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen Rechenschaft ablegen müssen. Weitere Einzelheiten zum Begriff der Partei und den Anforderungen an die Organisation von politischen Parteien ergeben sich aus dem Parteiengesetz (PartG). Hier sind auch die Voraussetzungen geregelt, unter denen politische Parteien an der staatlichen Parteienfinanzierung teilnehmen (§§ 18 ff. PartG). Zu letzterem siehe weiterführend die Informationen des Bundesministeriums des Innern, abzurufen unter http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Gesellschaft-Verfassung/Staatliche -Ordnung/Parteienrecht/Parteienfinanzierung/parteienfinanzierung_node.html. § 2 PartG definiert die Parteieigenschaft einer Vereinigung wie folgt: (1) Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein. (2) Eine Vereinigung verliert ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat. Gleiches gilt, wenn eine Vereinigung sechs Jahre lang entgegen der Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung gemäß § 23 keinen Rechenschaftsbericht eingereicht hat; § 19a Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. 1 Abzurufen in deutscher und englischer Sprache unter http://www.gesetze-im-internet.de/index.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 080/16 Seite 4 (3) Politische Vereinigungen sind nicht Parteien, wenn 1. ihre Mitglieder oder die Mitglieder ihres Vorstandes in der Mehrheit Ausländer sind oder 2. ihr Sitz oder ihre Geschäftsleitung sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes befindet.“ Zur Rechtsfähigkeit einer Partei trifft das PartG keine Aussagen. Allerdings legt § 3 S. 1 PartG fest, dass die Partei unter ihrem Namen klagen und verklagt werden kann (Parteifähigkeit). Weitere Vorgaben zu Name, Programm und Satzung einer Partei sind in §§ 4 und 6 PartG geregelt. Zu den Anforderungen im Einzelnen wird auf die Informationen des Bundesministeriums des Innern zur Parteigründung verwiesen, die unter http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Gesellschaft -Verfassung/Staatliche-Ordnung/Parteienrecht/Parteigruendung/parteigruendung_node.html abgerufen werden können. 2. Sieht das Wahlrecht vor, dass politische Parteien, die keine Rechtspersönlichkeit besitzen oder nicht den Anforderungen an die rechtlichen Vorgaben bezüglich der internen Organisation genügen, von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen sind? (Does your electoral law provide that political parties that have no legal personality or do not comply with internal organization rules applicable to them shall be excluded from the elections?) Die Frage der Rechtspersönlichkeit spielt im Hinblick auf die Teilnahme an Wahlen nach deutschem Bundesrecht keine Rolle. Allerdings gibt es andere Vorgaben für die Teilnahme von Parteien an Bundestagswahlen, die im Bundeswahlgesetz (§ 18 BWG) und §§ 32 ff. Bundeswahlordnung (BWO) niedergelegt sind. Für das Wahlvorschlagsrecht ist die festgestellte Parteieigenschaft von Bedeutung . Denn für die Teilnahme einer Partei an der Bundestagswahl ist es nicht allein Voraussetzung, dass diese im Deutschen Bundestag oder in einem Landtag seit der letzten Wahl ununterbrochen aufgrund eigener Wahlvorschläge mit mindestens 5 Abgeordneten vertreten gewesen ist. Auch muss die Partei spätestens am 97. Tag vor der Wahl (bis 18 Uhr) eine Beteiligungsanzeige an den Bundeswahlleiter richten, die bestimmten Anforderungen genügen muss. So sollen der Anzeige u.a. Nachweise über die Parteieigenschaft nach § 2 Abs. 1 S.1 PartG beigefügt werden. Der Bundeswahlausschuss entscheidet sodann u.a. darüber, ob die Vereinigung als Partei im rechtlichen Sinne anzuerkennen ist und damit letztlich über ein Wahlvorschlagsrecht verfügt. Gegen diese Entscheidung kann Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben werden. § 18 BWG lautet auszugsweise wie folgt: „… (2) Parteien, die im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl nicht auf Grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, können als solche einen Wahlvorschlag nur einreichen, wenn sie spätestens am siebenundneunzigsten Tage vor der Wahl bis 18 Uhr dem Bundeswahlleiter ihre Beteiligung an der Wahl schriftlich angezeigt haben und der Bundeswahlausschuß ihre Parteieigenschaft festgestellt hat. In der Anzeige ist anzugeben, unter welchem Namen sich die Partei an der Wahl beteiligen will. Die Anzeige muß von mindestens drei Mitgliedern des Bundesvorstandes, darunter dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Hat eine Partei keinen Bundesvorstand, so tritt der Vorstand der jeweils obersten Parteiorganisation an die Stelle des Bundesvorstandes. Die schriftliche Satzung und das schriftliche Programm der Partei sowie ein Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 080/16 Seite 5 Nachweis über die satzungsgemäße Bestellung des Vorstandes sind der Anzeige beizufügen. Der Anzeige sollen Nachweise über die Parteieigenschaft nach § 2 Absatz 1 Satz 1 des Parteiengesetzes beigefügt werden. (3) Der Bundeswahlleiter hat die Anzeige nach Absatz 2 unverzüglich nach Eingang zu prüfen. Stellt er Mängel fest, so benachrichtigt er sofort den Vorstand und fordert ihn auf, behebbare Mängel zu beseitigen. Nach Ablauf der Anzeigefrist können nur noch Mängel an sich gültiger Anzeigen behoben werden. Eine gültige Anzeige liegt nicht vor, wenn 1. die Form oder Frist des Absatzes 2 nicht gewahrt ist, 2. die Parteibezeichnung fehlt, 3. die nach Absatz 2 erforderlichen gültigen Unterschriften und die der Anzeige beizufügenden Anlagen fehlen, es sei denn, diese Anlagen können infolge von Umständen, die die Partei nicht zu vertreten hat, nicht rechtzeitig vorgelegt werden, 4. die Vorstandsmitglieder mangelhaft bezeichnet sind, so daß ihre Person nicht feststeht. Nach der Entscheidung über die Feststellung der Parteieigenschaft ist jede Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Gegen Verfügungen des Bundeswahlleiters im Mängelbeseitigungsverfahren kann der Vorstand den Bundeswahlausschuß anrufen. (4) Der Bundeswahlausschuß stellt spätestens am neunundsiebzigsten Tage vor der Wahl für alle Wahlorgane verbindlich fest, 1. welche Parteien im Deutschen Bundestag oder in einem Landtag seit deren letzter Wahl auf Grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, 2. welche Vereinigungen, die nach Absatz 2 ihre Beteiligung angezeigt haben, für die Wahl als Parteien anzuerkennen sind; für die Ablehnung der Anerkennung als Partei für die Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die Feststellung ist vom Bundeswahlleiter in der Sitzung des Bundeswahlausschusses bekannt zu geben. Sie ist öffentlich bekannt zu machen. (4a) Gegen eine Feststellung nach Absatz 4, die sie an der Einreichung von Wahlvorschlägen hindert, kann eine Partei oder Vereinigung binnen vier Tagen nach Bekanntgabe Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben. In diesem Fall ist die Partei oder Vereinigung von den Wahlorganen bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, längstens bis zum Ablauf des neunundfünfzigsten Tages vor der Wahl wie eine wahlvorschlagsberechtigte Partei zu behandeln. …“ Ende der Bearbeitung