AUSARBEITUNG Thema: Zivil- und Katastrophenschutz Fachbereich III Verfassung und Verwaltung Tel.: Verfasser/in: Abschluss der Arbeit: 1. März 2006 Reg.-Nr.: WF III 078/06 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Zusammenfassung .................................................................................... 3 2. Unterscheidung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz ....................... 4 3. Überblick über die Entwicklung des Zivilschutzes .................................. 5 4. Zivilschutz ................................................................................................ 6 5. Katastrophenschutz ................................................................................. 11 6. Zusammenwirken von Zivil- und Katastrophenschutz ........................... 14 7. Strukturprobleme des Katastrophenschutzes .......................................... 16 - 3 - 1. Zusammenfassung Für die Katastrophenbekämpfung sind grundsätzlich die Länder zuständig. Die in Art. 35 GG vorgesehene Amtshilfe durch den Bund geht daher von einer in der Regel durch die Länder bestimmten Gefahrenlage aus. Hingegen obliegt dem Bund gemäß Art. 73 Nr. 1 GG der „Schutz der Zivilbevölkerung“ gegenüber kriegsbedingten Gefahren ausschließlich. Diese haben den Kommunen durch Landesgesetz diese Zuständigkeit zugewiesen. Die wesentlichen Einrichtungen zur Hilfeleistung, die den kommunalen Behörden unterstehen, sind die Feuerwehren sowie die in § 20 ZSG genannten Organisationen . Der Bund ergänzt die Ressourcen der Länder in den Bereichen Brandschutz, ABC-Schutz, Sanitätswesen und Betreuung, indem er zusätzliche Fahrzeuge und Ausrüstungen stellt sowie eine zivilschutzbezogene Ausbildung finanziert. Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) steht den zuständigen Katastrophenschutzbehörden im Weg der Amtshilfe zur Verfügung. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist das zentrale Organisationselement des Bundes für die zivile Sicherheit. Zum Zivilschutz gehören insbesondere der Selbstschutz, die Warnung der Bevölkerung, der Schutzbau, die Aufenthaltsregelung , der Katastrophenschutz nach Maßgabe des Zivilschutzgesetzes, Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut. Bund und Länder haben sich in jüngerer Zeit auf eine neue Rahmenkonzeption für den Zivil- und Katastrophenschutz verständigt. Das seit Herbst 2002 eingerichtete Gemeinsame Melde- und Lagezentrum des Bundes und der Länder (GMLZ) ist ein Instrument im Rahmen der Bund-Länder-Koordinierung und stützt sich im Wesentlichen auf das Deutsche Notfallvorsorge-Informationssystem („deNIS“). Die Organisation des Katastrophenschutzes in Deutschland wirft die Frage auf, ob die in der Verfassung vorgesehene grundsätzliche Zuständigkeit der Länder für den Katastrophenschutz auf die Dauer ausgehöhlt wird. Auf der anderen Seite geben die Länder die Befugnisse für den Katastrophenschutz nahezu vollständig an die Kommunen ab. Dies muss letztlich einen Niederschlag in der Organisationsstruktur, der Kostentragung und nicht zuletzt in der personellen Ausstattung und Schulung der Mitarbeiter finden. Vor dem Hintergrund großflächiger Schadensereignisse stellt sich zudem die Zukunftsfrage einer europäischen Vernetzung. So prüft der Rat der EU gegenwärtig ein Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz. Im Rahmen dieser europarechtlichen Bestrebungen ist wiederum die Stellung der Länder zu hinterfragen. - 4 - 2. Unterscheidung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz Der Begriff der Katastrophe und die Abgrenzung gegenüber dem Notstand werden im Grundgesetz nicht eindeutig bestimmt. Der Katastrophenbegriff wird von der Verfassung in den verschiedensten Ausprägungen verwendet. So kennt das Grundgesetz die Naturkatastrophen1, die Seuchengefahr2 und den schweren Unglücksfall3. Die Katastrophensituation selbst wird in Art. 35 Abs. 2 GG beschrieben: „Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern .“ Für die Katastrophenbekämpfung sind grundsätzlich die Länder zuständig.4 Die in Art. 35 GG vorgesehene Amtshilfe durch den Bund geht daher von einer in der Regel durch die Länder bestimmten Gefahrenlage aus. Es ist - in Friedenszeiten - somit Aufgabe der Länder zu bestimmen, was unter dem Begriff zu verstehen ist. Landesgesetzlich wird die „Katastrophe“ z. B. durch Art. 1 Abs. 2 Bayerisches Katastrophenschutzgesetz5 definiert: „Eine Katastrophe im Sinn dieses Gesetzes ist ein Geschehen, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von Menschen oder die natürlichen Lebensgrundlagen oder bedeutende Sachwerte in ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt werden und die Gefahr nur abgewehrt oder die Störung nur unterbunden und beseitigt werden kann, wenn unter Leitung der Katastrophenschutzbehörde die im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden, Dienststellen, Organisationen und die eingesetzten Kräfte zusammenwirken .“ Hingegen obliegt gemäß Art. 73 Nr. 1 GG ausschließlich dem Bund die Gesetzgebung über den „Schutz der Zivilbevölkerung“ gegenüber kriegsbedingten Gefahren. Aus dem Zusammenhang mit der „Verteidigung“ ergibt sich, dass nicht der Bevölkerungsschutz 1 Art. 11 Abs. 2, 35 Abs. 2 und 3 GG. 2 Art. 11 Abs. 2, 13 Abs. 7 GG. 3 Art. 11 Abs. 2, 35 Abs. 2 GG. 4 Vgl. statt aller Maunz in: Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, Loseblattsammlung, Art. 35 Rdn. 15. 5 BayKSG vom 24. Juli 1996, GVBl 1996, S. 282, zuletzt geändert am 24.4.2001, GVBl 2001, S. 140. - 5 - gegenüber jeder denkbaren Gefahr, sondern nur der „Zivilschutz“ im engeren Sinne gemeint sein kann.6 Der Begriff „Zivilschutz“ ist dabei weit auszulegen: Errichtung von Schutzanlagen (Bunkern, Unterständen), die Durchführung von Luftschutzübungen sowie jede andere Form der Belehrungen, die Bevorratung etc. Eine Verzahnung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz findet im Rahmen der §§ 11 ff. Zivilschutzgesetz (ZSG)7 statt. Die Wiedervereinigung Deutschlands, verbunden mit einer weit reichenden Entspannungslage in Mitteleuropa, veranlassten den Bund, seine Zivilschutzgesetzgebung zu überarbeiten. Am 4. April 1997 trat das Zivilschutzneuordnungsgesetz in Kraft, das als wesentliches Element ein neu formuliertes Zivilschutzgesetz8 enthält. Der Bund verzichtet darin auf jegliche Vorschriften an die Länder zur Organisation des Bevölkerungsschutzes und stützt sich in vollem Umfang auf die von den Ländern im Rahmen ihrer Zuständigkeiten geschaffenen Strukturen. 3. Überblick über die Entwicklung des Zivilschutzes9 Nach der Auflösung der Luftschutzorganisationen und –einrichtungen durch den alliierten Kontrollrat 1946 gab es kaum mehr einen Schutz der Bevölkerung vor Gefahren und Schäden. Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 begann ab 1950 unter dem damaligen Bundesinnenminister Gustav Heinemann10 der Aufbau des Technischen Hilfswerks, einer Katastrophenschutzorganisation des Bundes, die eine gewisse Ähnlichkeit zur 1945 aufgelösten Technischen Nothilfe aufwies. Gleichzeitig schlossen sich Wissenschaftler in einer „Kommission zum Schutz der Zivilbevölkerung gegen atomare, biologische und chemische Angriffe“ zusammen, deren Verwaltung zunächst bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft lag. Heute heißt dieses Gremium „Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern“ und wird durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) betreut. Nach Zustimmung der Westalliierten zur Durchführung ziviler Luftschutzmaßnahmen, übertrug das Bundeskabinett dem Bundesminister des Innern die Federführung für den Aufbau des Luftschutzes. Dies führte 1952 zur Bildung einer Unterabteilung für zivilen Luftschutz und, durch Beschluss des Bundeskabinetts, 1953 zur Errichtung einer Bun- 6 Maunz in: Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, Loseblattsammlung, Art. 73 Rdn. 43. 7 Vom 25. März 1997, BGBl. I S. 726. 8 Zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe vom 27. April 2004, BGBl I S. 630. 9 Ausführungen auf der Grundlage von Auskünften des Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK); siehe: http://www.bbk.bund.de. 10 Bundesinnenminister von 1949 bis 1950 und späterer Bundespräsident. - 6 - desanstalt für zivilen Luftschutz. Eine Grundgesetzänderung im Jahre 1956 erlaubte dem Bund den Aufbau der Bundeswehr und sprach ihm die Kompetenz zu, den Schutz der Zivilbevölkerung gesetzlich zu regeln. Durch Erlass wurde 1957 in Bad Godesberg die Bundesdienststelle für zivilen Bevölkerungsschutz errichtet, eine Vorgängerin des Bundesamtes für Zivilschutz. Am 9. Oktober 1957 trat das „Erste Gesetz über Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (1. ZBG)“ in Kraft, ihm folgte ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Errichtung eines Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz (BzB). Dieses Gesetz trat am 5. Dezember 1958 in Kraft. Mit der Neufassung dieses Gesetzes vom 10. Juli 1974 erhielt das Amt den Namen „Bundesamt für Zivilschutz“ (BZS). Die Zivilschutzkapazitäten des Bundes wie auch – obwohl von der äußeren Sicherheitslage eigentlich unberührt - die Katastrophenschutzkapazitäten der Länder wurden seit 1992 – also nach Beendigung des „Kalten Krieges“ - kontinuierlich abgebaut. Im Mittelpunkt standen nunmehr Gefahren aus Unglücksfällen und Naturkatastrophen, die aber begrenzt und beherrschbar erschienen. Das neu formulierte Zivilschutzgesetz11 war Ergebnis dieser Neuorientierung des Zivilschutzes nach Beendigung des „Kalten Krieges “. Mit Inkrafttreten des Haushaltssanierungsgesetzes (HsanG) vom 28. Dezember 199912 wurde das BZS aufgelöst und seine Aufgaben in vollem Umfang dem Bundesverwaltungsamt übertragen. Ab dem 1. Januar 2001 wurden die Zivilschutzaufgaben des Bundes nun durch die Zentralstelle für Zivilschutz des Bundesverwaltungsamtes wahrgenommen. Unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September 2001 und der Hochwasserkatastrophe 2002 wurde allerdings schon am 1. Mai 2004 erneut ein Bundesamt , das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) errichtet .13 4. Zivilschutz § 1 ZSG14 bestimmt die Aufgaben des Zivilschutzes: „(1) Aufgabe des Zivilschutzes ist es, durch nichtmilitärische Maßnahmen die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe, Einrichtungen und Anlagen 11 Zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe vom 27. April 2004, BGBl I S. 630. 12 BGBl. I S. 2534. 13 Artikel 2 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe vom 27. April 2004, BGBl. I S. 630. 14 Zivilschutzgesetz vom 25. März 1997 in der ab 1. Mai 2004 geltenden Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe vom 27. April 2004, BGBl. I S. 630. - 7 - sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen zu schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern. Behördliche Maßnahmen ergänzen die Selbsthilfe der Bevölkerung. (2) Zum Zivilschutz gehören insbesondere 1. der Selbstschutz, 2. die Warnung der Bevölkerung, 3. der Schutzbau, 4. die Aufenthaltsregelung, 5. der Katastrophenschutz nach Maßgabe des § 11, 6. Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit, 7. Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut.“ Die Verwaltungsaufgaben des Bundes sind dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zugewiesen. Dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) obliegen insbesondere 1. die Unterstützung der fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden bei einer einheitlichen Zivilverteidigungsplanung, 2. a) die Unterweisung des mit Fragen der zivilen Verteidigung befassten Personals sowie die Ausbildung von Führungskräften und Ausbildern des Katastrophenschutzes im Rahmen ihrer Zivilschutzaufgaben, b) die Entwicklung von Ausbildungsinhalten des Zivilschutzes, einschließlich des Selbstschutzes, c) die Unterstützung der Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes, 3. die Mitwirkung bei der Warnung der Bevölkerung, 4. die Information der Bevölkerung über den Zivilschutz, insbesondere über Schutz- und Hilfeleistungsmöglichkeiten, 5. die Aufgabenstellung für technisch-wissenschaftliche Forschung im Benehmen mit den Ländern, die Auswertung von Forschungsergebnissen sowie die Sammlung und Auswertung von Veröffentlichungen auf dem Gebiet der zivilen Verteidigung , 6. die Prüfung von ausschließlich oder überwiegend für den Zivilschutz bestimmten Geräten und Mitteln sowie die Mitwirkung bei der Zulassung, Normung und Qualitätssicherung dieser Gegenstände.15 Das BKK ist somit ein zentrales Organisationselement des Bundes für die zivile Sicherheit , das alle einschlägigen Aufgaben und Informationen an einer Stelle bündelt und vorhält. Soweit die Ausführung des Zivilschutzgesetzes den Ländern einschließlich der Gemeinden und Gemeindeverbände obliegt, sind diese im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung tätig. Im Regelfall richtet sich dabei die Zuständigkeit der Behörden und das 15 § 4 Abs. 1 ZSG. - 8 - Verwaltungsverfahren nach den für den Katastrophenschutz geltenden Vorschriften der Länder.16 16 Baden-Württemberg: Gesetz über den Katastrophenschutz (Landeskatastrophenschutzgesetz – LKatSG) in der Fassung vom 22. November 1999 (GBl. Baden-Württemberg (1999), 21, S.625 ). Bayern: Bayerisches Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) vom 24. Juli 1996 (GVBl. S. 282), geändert durch Gesetz zur Änderung des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes und anderer sicherheitsrechtlicher Vorschriften vom 12. April 1999 (GVBl. Bayern (1999), 8, S.130 ) und durch § 28 des Zweiten Bayerischen Gesetzes zur Anpassung des Landesrechts an den Euro vom 24. April 2001 (GVBl. Bayern (2001), 8, S.140 ). Berlin: Gesetz über die Gefahrenabwehr bei Katastrophen (Katastrophenschutzgesetz –KatSG) vom 11. Februar 1999 ( GVBl. Berlin (1999), 7, S. 78) geändert durch Artikel 31 des Berliner Euro- Anpassungsgesetzes vom 16.07.2001 (GVBl. (2001), 29, S. 260-274) geändert durch § 20 des Feuerwehrgesetzes vom 23.09.2003 (GVBl. (2003), 34, S. 457-460), zuletzt geändert durch das Erste Gesetz zur Änderung des Katastrophenschutzgesetzes vom 26.01.2004 (GVBl. (2004), 4, S. 25). Brandenburg: Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz - BbgBKG) vom 24. Mai 2004 (GVBl. für das Land Brandenburg T. I., (2004), 9, S. 197). Bremen: Bremisches Hilfeleistungsgesetz (BremHilfeG) vom 18. Juni 2002 (GBl. Bremen (2002), 25, S. 189 - 208) geändert durch Art. 2, § 6 des Gesetzes zur Änderung des Bremischen Datenschutzgesetzes und anderer Gesetze vom 17. Dezember 2002 (GBl. Bremen (2002), 67, S. 605, 613). Hamburg: Hamburgisches Katastrophenschutzgesetz (HmbKatSG) vom 16.Januar 1978 (Hamburgisches GVBl. S. 31) zuletzt geändert durch das Erste Euro-Anpassungsgesetz vom 18. Juli 2001 (Hamburgisches GVBl. (2001), 29, S. 251ff.). Hessen: Hessisches Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (HBKG) vom 17. Dezember 1998 (GVBl. für das Land Hessen, T. I, (1998), 26, S. 530) zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes zur Kommunalisierung des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung vom 21. März 2005 (GVBl. für das Land Hessen, T. I, (2005), 8, S. 229 [236]). Mecklenburg-Vorpommern: Gesetz über den Katastrophenschutz in Mecklenburg-Vorpommern (Landeskatastrophenschutzgesetz – LKatSG -) vom 24. Oktober 2001 GVBl. , S. 393-401 zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes zur Reform der Landesverwaltung im Innenressort vom 19. Dezember 2005 (GVBl. (2005), 19, S. 643. Niedersachsen: Niedersächsisches Katastrophenschutzgesetz (NKatSG) in der Fassung vom 14. Februar 2002 (GVBl. 2002, S. 73 – 79) geändert durch Artikel 6 des Gesetzes zur Umorganisation der Polizei und zur Änderung dienst- und personalrechtlicher Bestimmungen vom 16. September 2004 (GVBl. 2004, 27, S. 362-366). Nordrhein-Westfalen: Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG) vom 10. Februar 1998 (GVBl. Nordrhein-Westfalen (1998), 8, S. 122 – 131) geändert durch Artikel IV des Gesetzes zur Stärkung der regionalen und interkommunalen Zusammenarbeit der Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen vom 03. Februar 2004 (GVBl. Nordrhein-Westfalen (2004), 6, S. 96 - 104), geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 16. November 2004 (GVBl. Nordrhein- Westfalen, S. 644), geändert durch Artikel 69 des Vierten Gesetzes zur Befristung des Landesrechts Nordrhein-Westfalen (GVBl. Nordrhein-Westfalen (2005), 18, S. 332 – 351). Rheinland-Pfalz: Landesgesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Brand- und Katastrophenschutzgesetz – LBKG) vom 2. November 1981 (GVBl. S. 247) geändert durch das Landesgesetz zur Änderung des Rettungsdienstgesetzes und des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes vom 8. April 1991 (GVBl. (1991), 8, S. 112 – 118), geändert durch Artikel 7 des Landesgesetzes zur Anpassung und Ergänzung von Zuständigkeitsbestimmungen vom 6. Juli 1998 (GVBl. (1998), 12, S. 171), geändert durch Artikel 100 des Landesgesetzes zur Reform und Neuorganisation der Landesverwaltung vom 12. Oktober 1999 (GVBl. (1999), 20, S. 325), geändert durch Artikel 2 des Landesgesetzes zur Neuordnung des Landesimmissionsschutzrechts und zur Umsetzung der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen vom 20. Dezember 2000 (GVBl. (2000), 30, S. 578 – 582), geändert durch Artikel 28 des Euro-Anpassungsgesetzes Rheinland-Pfalz vom 06.02.2001 (GVBl. (2001), 3, S. 29 - 37), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Landesgesetzes zur Änderung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes, des Rettungsdienstgesetzes und anderer Vorschriften vom 05.04.2005 (GVBl. (2005), 7, S. 104 – 116). - 9 - Der Aufbau, die Förderung und die Leitung des Selbstschutzes der Bevölkerung sowie die Förderung des Selbstschutzes der Behörden und Betriebe gegen die besonderen Gefahren, die im Verteidigungsfall drohen, obliegen den Gemeinden.17 Diese können sich öffentlicher und privater Organisationen bei der Erfüllung dieser Aufgaben bedienen .18 Neben den freiwilligen Feuerwehren sind dies insbesondere der Arbeiter- Samariter-Bund, die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser-Hilfsdienst mit zusammen ca. 1,2 Mio. aktiven Mitgliedern.19 Die Warnung der Bevölkerung soll grundsätzlich durch die bei Katastrophen zuständigen Behörden der Länder geschehen.20 Allerdings ist die Bundesregierung ermächtigt, das Verfahren und insbesondere den Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern durch Rechtsverordnung zu regeln.21 Die Möglichkeit, die Bevölkerung angemessen , vor allem aber schnell und flächendeckend vor bevorstehenden Gefahren zu warnen , ist Grundpfeiler jedes Katastrophenschutzes. Bereits kurz nach dem 11. September 2001, am 15. Oktober 2001, wurde ein satellitengestütztes Warnsystem des Bundes in Betrieb genommen. Per Satellit können seitdem amtliche Warndurchsagen in Sekundenschnelle über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und inzwischen auch über private Rundfunkanstalten verbreitet werden. Auch die Länder sind in dieses Warnsystem einbezogen; die Lagezentren ihrer Innenministerien wurden vom Bund mit Sendeeinrichtungen ausgestattet, die es ihnen erlauben, ihrerseits Warnmeldungen etwa vor regionalen Gefahren an die angeschlossenen Medien zu verschicken. Gegenwärtig Saarland: Gesetz Nr. 1095 über den Katastrophenschutz im Saarland (LKatSG) vom 31. Januar 1979 (ABl. Saarland S. 141) zuletzt geändert durch Artikel 4 (43) des Gesetzes Nr. 1484 zur Anpassung des Landesrechts an die Einführung des Euro und zur Änderung von Rechtsvorschriften vom 7. November 2001 (ABl. Saarland (2001), 55, S. 2167). Sachsen: Gesetz zur Neuordnung des Brandschutzes, Rettungsdienstes und Katastrophenschutzes im Freistaat Sachsen vom 24. Juni 2004 (GVBl. Sachsen (2004), 9 vom 23.07.2004, S. 245-265). Sachsen-Anhalt: Katastrophenschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KatSGLSA): Bekanntmachung der Neufassung des Katastrophenschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt ; vom 5. August 2002 (GVBl. Sachsen-Anhalt (2002) S. 339 - 345) geändert durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Katastrophenschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 28. Juni 2005 (GVBl. Sachsen- Anhalt (2005), 37, S. 320 - 321). Schleswig-Holstein: Gesetz über den Katastrophenschutz in Schleswig-Holstein (Landeskatastrophenschutzgesetz - LKatSG) in der Fassung vom 10. Dezember 2000 (GVBl. Schleswig-Holstein (2000), 18, S. 664 – 677). Thüringen: Thüringer Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz - ThBKG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. März 1999 (GVBl. Thüringen (1999), 7, S. 227) zuletzt geändert durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz vom 24. Oktober 2001 (GVBl. Thüringen (2001), 8, S. 274-275). 17 § 5 Abs. 1 ZSG. 18 § 5 Abs. 2 ZSG. 19 § 20 Abs. 1 ZSG. 20 § 6 Abs. 2 ZSG. 21 § 6 Abs. 3 ZSG. - 10 - wird in einer Reihe von Pilotprojekten und Feldversuchen geprüft, ob und inwieweit sich speziell der Weckeffekt über das Radio (Einschaltlösung), den Mobilfunk, das Festnetztelefon und/oder die Funkalarmuhr realisieren lässt. Auch wird erwogen, ein neues Sirenensystem aufzubauen oder die noch vorhandenen Sirenen nachzurüsten. Der Schutzbau unterteilt sich in die mit Mitteln des Bundes wiederhergestellten Bunker und Stollen sowie die als Mehrzweckbauten in unterirdischen baulichen Anlagen errichteten Schutzräume zum Schutz der Bevölkerung (öffentliche Schutzräume)22, Hausschutzräume 23 und den baulichen Betriebsschutz24. Die ca. 2.300 bundesweit errichteten Schutzräume (alte Bundesländer) sind in unterschiedlichen Gebäudestrukturen untergebracht und haben in der Regel immer eine Mehrfachnutzung.25 § 10 ZSG enthält eine Beschränkung der Wahl der Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG (Aufenthaltsregelung) und gibt den obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen nach Maßgabe des Artikels 80a des Grundgesetzes das Recht anzuordnen, dass der jeweilige Aufenthaltsort einer Person nur mit Erlaubnis verlassen oder ein bestimmtes Gebiet nicht betreten werden darf bzw. die Bevölkerung besonders gefährdeter Gebiete vorübergehend evakuiert wird. Die nach Landesrecht im Katastrophenschutz mitwirkenden Einheiten und Einrichtungen nehmen gemäß § 11 ZSG auch die Aufgaben zum Schutz der Bevölkerung vor den besonderen Gefahren und Schäden, die im Verteidigungsfall drohen, wahr. Sie werden zu diesem Zwecke ergänzend ausgestattet und ausgebildet. Der Bund übernimmt in 22 § 7 ZSG. 23 § 8 ZSG. 24 § 9 ZSG. 25 Einige Anforderungen an Schutzbauwerke (http://www.bbk.bund.de): Schutzart Belastungsannahmen Trümmerschutz Belastungsannahme von 10 bzw. 15 kN/m², trümmerfreie Zu- und Ausgänge, Notausstieg, statische Sonderberechnungen Brandschutz Dauerbelastung von 400 Grad Celsius über 6 Stunden, Abkühlphase 31 Stunden, Sandvorfiltereinheiten (in Gebieten hoher Brandgefährdung) Schutz vor Umweltbelastung Einbau kompletter Lüftungs- und Filtersysteme, Gasdichtigkeit der gesamten Schutzraumanlage Schutz vor ionisierender Strahlung Verwendung von Beton als massiven Baustoff, Einbau von Stahlbetontoren und -türen, Planerische Besonderheiten (Abwinkelungen), abscheidende Filtertechnik Luftstoßbelastung Sicherung der Einbauteile, Vorschalten von automatischen Luftstoßsicherungen , Drucktüren, statische Sonderberechnung Schocksicherheit der Funktionsteile Berechnung und Prüfung aller Einbauteile (Typenprüfung), Berechnung der Befestigungen, amtliche Zulassungen der Zentralstelle für Zivilschutz Aufenthalt, Vorrat technische Standzeit ununterbrochen mindestens 14 Tage (Wasserbevorratung , Treibstoffvorrat, Berechnungen des Strahlenschutzes der Umfassungsbauteile ) - 11 - diesem Rahmen eine Vielzahl von Aufgaben, um die Defizite, die dem deutschen Hilfeleistungssystem im Gefolge der durch eine veränderte Sicherheitslage bedingten haushaltsmäßigen Rückführung des Zivilschutzes zu Beginn der 90er Jahre entstanden sind, auszugleichen. Denn die Zivilschutzkapazitäten des Bundes wie auch – obwohl von der äußeren Sicherheitslage eigentlich unberührt - die Katastrophenschutzkapazitäten der Länder wurden seit 1992 kontinuierlich abgebaut. Ein erstes Umsteuern im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes fand nach dem 11. September 2001 statt. Die Flutkatastrophe 2002 hat diesen Prozess des Umsteuerns, der Umstrukturierung, des neuen Nachdenkens über intelligentere und effizientere Lösungen beschleunigt und verstärkt. Zu den Aufgaben des Zivilschutzes gehört zudem die Planung der gesundheitlichen Versorgung26, die Sanitätsmaterialbevorratung27 und die Erste-Hilfe-Ausbildung und Ausbildung von Pflegehilfskräften28. Die Länderhoheit im Gesundheitswesen erschwert dabei die Gefahrenabwehr bei komplexen Lagen, so dass das Gesundheitswesen - insbesondere hinsichtlich eines Massenanfalls Verletzter oder Erkrankter und ABC-Lagen - nicht ausreichend an der Katastrophenschutzplanung beteiligt ist. Dies trifft in vielen Regionen selbst für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu. Rückrat der medizinischen Versorgung im Zivilschutz- bzw. Katastrophenfall sind die Gesundheitseinrichtungen der Bundeswehr.29 Die Maßnahmen zum Kulturgutschutz richten sich nach dem Gesetz zu der Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten.30 Hierzu gehört gemäß der Haager Konvention insbesondere die Sicherungsverfilmung von national wertvollem Archiv- und Bibliotheksgut, die Kennzeichnung des unbeweglichen Kulturgutes und die Aufsicht und Verwaltung des zentralen Bergungsortes der Bundesrepublik . 5. Katastrophenschutz Für die Katastrophenbekämpfung sind grundsätzlich die Länder zuständig.31 Die Flächenländer haben den Kommunen durch Landesgesetz diese Zuständigkeit zugewiesen. So nehmen gegenwärtig 323 Kreise und 117 kreisfreie Städte in Deutschland den Kata- 26 § 15 ZSG. 27 § 17 ZSG. 28 § 18 ZSG. 29 Siehe § 15 Abs. 1 S. 3 und § 17 ZSG. 30 BGBl. 1967 II S. 1233, geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. August 1971, BGBl. II S. 1025. 31 Vgl. statt aller Maunz in: Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, Loseblattsammlung, Art. 35 Rdn. 15. - 12 - strophenschutz wahr. Die drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg nehmen den Katastrophenschutz als Komponente des Zivilschutzes des Bundes und den friedensmäßigen Katastrophenschutz als Einheit wahr.32 Nach den Regelungen der Bundesländer trägt der Hauptverwaltungsbeamte eines Kreises (z. B. Oberkreisdirektor, Landrat) die Verantwortung für die Organisation zur Bewältigung von Großschadensereignissen und Katastrophen. Ihm steht für seine politisch-administrativen Aufgaben ein Stab zur Seite, in dem je nach Notwendigkeit Fachleute seiner Verwaltung, Vertreter anderer Behörden und Dienststellen sowie sonstige in die Schadensbewältigung eingebundene Ämter mitwirken. Zur technisch-taktischen Abwicklung der notwendigen Maßnahmen bestellt er einen Einsatzleiter. Dieser wird von einem Mitarbeiterstab unterstützt, der sich aus Vertretern der am Einsatz beteiligten haupt- und ehrenamtlichen Organisationen sowie sonstiger vor Ort Tätigen zusammensetzt. Sind mehrere Landkreise von dem Schadensereignis betroffen oder übersteigt das Ereignis die Einsatzmöglichkeiten des Landkreises, so kann die nächst höhere Verwaltungsebene - das ist die Bezirksregierung (z. B. Regierungspräsident) oder das Landesinnenministerium – die Koordination übernehmen. Die zuständige Katastrophenschutzbehörde bzw. der Einsatzleiter können Bürger und ihr Eigentum zur Hilfeleistung verpflichten bzw. in Anspruch nehmen. Insbesondere können sie beim Bundesministerium des Innern die Bundespolizei (§ 11 Abs.1 Nr. 2 Bundespolizeigesetz33) sowie beim Bundesministerium der Verteidigung die Bundeswehr zur Unterstützung anfordern (vgl. Art. 87a Abs. 2 Grundgesetz). Dabei unterstellen sich die eingesetzten Einheiten bei ihren Einsätzen den örtlichen Behörden. Zudem kann der Bundesgrenzschutz auch zur Verstärkung der Polizeikräfte des Landes eingesetzt werden. Zu den Aufgaben der örtlichen Behörden gehört es, für ihren Zuständigkeitsbereich Katastrophenabwehrpläne zu erstellen und kontinuierlich fortzuschreiben. Eine interministerielle Koordinierungsgruppe kann dann beim Bundesministerium des Innern tätig werden, wenn das Schadensereignis nicht mehr mit den Möglichkeiten des betroffenen Landes zu bewältigen ist oder seine regionalen Grenzen überschreitet. In diesen Fällen stimmt das Bundesministerium des Innern in Absprache mit den anderen Bundesministerien die Unterstützungsmaßnahmen für das Land ab. Seit Einrichtung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) am 1. Mai 2004 besitzt Deutschland ein zentrales Organisationselement für die zivile Sicherheit, das alle einschlägigen Aufgaben und Informationen an einer Stelle bündelt und vorhält. 32 Ursus Fuhrmann, Katastrophenschutz-Reform notwendiger denn je; der städtetag, 2/2005, S. 16 ff. (16). 33 Gesetz über die Bundespolizei vom 9. Oktober 1994, BGBl I 1994, S. 2978, 2979; zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 21. 6. 2005 BGBl I S. 1818. - 13 - Die wesentlichen Einrichtungen zur Hilfeleistung, die den kommunalen Behörden unterstehen, sind die Feuerwehren (Berufsfeuerwehren und Freiwillige Feuerwehren). Sie sind für den Brandschutz und die technische Hilfe, in einigen Bundesländern darüber hinaus auch für die medizinische Hilfe zuständig. Berufsfeuerwehren existieren i. d. R. nur in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern. Sie haben insgesamt rund 27 000 Mitglieder. Im Übrigen wird die Aufgabe von Freiwilligen Feuerwehren wahrgenommen . Zusätzlich sind Betriebe mit einem besonderen Gefährdungspotential verpflichtet , eine eigene Berufsfeuerwehr zu unterhalten. In ihnen sind rund 37 000 Feuerwehrleute aktiv. Bundesweit sind außerdem folgende Organisationen mit ehrenamtlichen Helfern im Bevölkerungsschutz aktiv: Arbeiter-Samariter-Bund Deutsche-Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe, Malteser-Hilfsdienst.34 Die genannten Organisationen sind im Wesentlichen in den Aufgabenbereichen Sanitätswesen und Betreuung eingebunden. Ehrenamtliche Mitarbeiter sind darüber hinaus in allen Bereichen des Hilfeleistungssystems aktiv. Der Bundesgesetzgeber unterstützt dies System entscheidend dadurch, dass er Wehrpflichtige, die sich vor Vollendung des 23. Lebensjahres mit Zustimmung der zuständigen Behörde auf mindestens sechs Jahre zum ehrenamtlichen Dienst als Helfer im Zivilschutz oder Katastrophenschutz verpflichtet haben, nicht zum Wehrdienst heranzieht, solange sie als Helfer im Zivilschutz oder Katastrophenschutz mitwirken (vgl. § 13 a Wehrpflichtgesetz35). Die Ausbildung der Helferinnen und Helfer des Zivilschutzes erfolgt durch die Organisationen, denen sie angehören. Sie findet teils am Standort, teils an organisationseigenen Schulen bzw. den Landesfeuerwehrschulen statt. Ferner unterhält der Bund eine Ausbildungsstätte, die Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Bad Neuenahr -Ahrweiler, an der unter anderem Führungskräfte und Spezialisten eine zusätzliche Ausbildung erhalten. Der Bund ergänzt die Ressourcen der Länder in den Bereichen Brandschutz, ABC- Schutz, Sanitätswesen und Betreuung, indem er zusätzliche Fahrzeuge und Ausrüstungen stellt sowie eine zivilschutzbezogene Ausbildung finanziert. Insgesamt beschaffte er 9 460 spezielle Fahrzeuge. Erwähnenswert ist hier insbesondere die Beschaffung von 34 § 20 Abs. 1 ZSG. 35 Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956, BGBl I 1956, S. 651; neu gefasst durch Bek. v. 30. 5. 2005 BGBl I 1465. - 14 - 370 eigens entwickelten ABC-Erkundungskraftwagen, die den Ländern kostenlos überlassen wurden.36 Damit gibt es in Deutschland ein hoch mobiles System zur Aufspürung , Messung und Erfassung von radiologischen, biologischen und chemischen Kontaminationen , das insbesondere den Einsatz von militärischen Spürpanzern weitgehend unnötig macht. Die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) ist die einzige operative Einheit, über die der Bund verfügt. Das THW steht den zuständigen Katastrophenschutzbehörden im Weg der Amtshilfe zur Verfügung. Mit der Bundesanstalt steht dem Bundesminister des Innern eine eigene Einsatzorganisation für die unmittelbare Katastrophenhilfe im Inund Ausland zur Verfügung. Rund 75 000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, unter ihnen zahlreiche Techniker, Ingenieure, Logistiker und Spezialisten aller Art, gehören dem bundesweit organisierten THW an. Das THW verfügt über 810 technische Züge mit verschiedenen Fachgruppen und hat ca. 6 000 Einsatzfahrzeug. Die vom Bund für die Bundespolizei (Bundesgrenzschutz) im Rahmen des Zivilschutzes beschafften Hubschrauber sind heute in das Deutsche Luftrettungssystem integriert. Derzeit sind in 16 der 51 Standorte Hubschrauber des Zivilschutzes stationiert. 6. Zusammenwirken von Zivil- und Katastrophenschutz Bund und Länder haben sich insbesondere unter dem Eindruck des 11. Septembers 2001 auf eine neue Rahmenkonzeption für den Zivil- und Katastrophenschutz verständigt. Sie wurde auf der Innenministerkonferenz Anfang Juni 2002 unter der Überschrift "Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland" verabschiedet und soll für ein partnerschaftliches Zusammenwirkens über föderale Grenzen hinweg sorgen. Die neue Rahmenkonzeption zielt insbesondere auf zweierlei: 36 Der ABC-Erkundungskraftwagen verfügt über ein chemisches und radiologisches Messsystem. Der chemische Teil des Systems besteht im Wesentlichen aus zwei Messgeräten: einem Photoionisationsdetektor und einem Ionenmobilitätsspektrometer. Diese Geräte sind in der Lage, eine Vielzahl von Industriechemikalien zu erfassen sowie gängige chemische Kampfstoffe nachzuweisen. Ein Vorteil gegenüber den herkömmlichen Prüfmethoden ist, dass die Geräte kontinuierlich messen und daher ein Abbild der momentanen Situation liefern. Die Messdaten werden als Grafik und als Tabelle dargestellt und gespeichert. Das radiologische Messsystem ermöglicht das Erkennen radioaktiver Quellen. Es besteht aus einer Gamma-Sensorik, die die Erkennung von künstlichen Strahlungsanteilen auch vor einem stark schwankenden natürlichen Hintergrund ermöglicht. Möglich sind das Vermessen großer Flächen und die Suche nach Punktquellen, die Erfassung, Speicherung, Visualisierung, Ausgabe und Übertragung der radiologischen Messdaten einschließlich Ortungsdaten. Bei Überschreiten von variablen Dosis-/Dosisleistungsschwellen alarmiert das System unmittelbar das Einsatzteam. Alle Messdaten werden entweder als zeit- oder wegabhängige Grafik – Diagramm – oder als gefärbter Fahrweg auf der Karte dargestellt. - 15 - 1. auf bessere Verzahnung der vorhandenen Hilfspotenziale des Bundes und derer in den Ländern, also Feuerwehren und Hilfsorganisationen (Stichwort: "integriertes Notfallvorsorgesystem"), 2. auf neue Koordinierungsinstrumentarien für ein effizienteres Zusammenwirken des Bundes und der Länder, insbesondere im Bereich des Informationsmanagements und beim Nachweis von Engpass-Ressourcen. Kernpunkt des neuen Rahmenkonzepts ist die Entwicklung eines Stufensystems für die Gefahrenabwehr. Ausgehend von der potenziellen Gefährdung und der Bevölkerungsdichte sollen Risikokategorien gebildet werden, an denen sich die unterschiedlichen Versorgungsstufen ausrichten. Eckpunkte sind: - eine flächendeckende Regelversorgung zur alltäglichen Gefahrenabwehr, wie sie in den Kommunen jetzt schon von Feuerwehren und Rettungsdiensten garantiert ist; - eine flächendeckende Grundversorgung für besondere Lagen (gemeint sind größere Schadenlagen, die sich jederzeit an nahezu jedem Ort, in jeder Region Deutschlands ereignen können); - ein erhöhter Schutz für gefährdete Regionen (Ballungsgebiete) und Einrichtungen (etwa Chemieanlagen, Kernkraftwerke, Tunnel); - ein Sonderschutz mit Hilfe von Spezialeinsatzkräften (Task Forces) für besondere Gefahren, insbesondere im B- und C-Bereich.37 Das seit Herbst 2002 eingerichtete Gemeinsame Melde- und Lagezentrum des Bundes und der Länder (GMLZ) ist ein Instrument im Rahmen der Bund-Länder-Koordinierung bei großflächigen Gefahrenlagen und ist beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eingerichtet. Das GMLZ soll ständig erreichbarer Meldekopf sein und es soll kontinuierlich die nationale und internationale zivile Sicherheitslage beobachten und auswerten. Darüber hinaus soll es als Zentrum für Ressourcenmanagement in Bereitschaft stehen sowie als Dispositionszentrum vor allem für Helfer, aber auch zum Nachweis und zur Vermittlung von materiellen Hilfsmitteln dienen. Das GMLZ ist insbesondere auch organisatorisch-institutionelles Fundament der Interministeriellen Koordinierungsgruppe, die bei großflächigen Gefahrenlagen eine abgestimmte Entscheidungsfindung der Bundesressorts und der betroffenen Länder sicherstellen soll.38 Das GMLZ stützt sich im Wesentlichen auf das Deutsche Notfallvorsorge- Informationssystem, kurz „deNIS“ genannt. Kernaufgabe dieser Datenbank ist die 37 Aus einer Rede des parlamentarischen Staatssekretärs im BMI Körper Mai 2005. 38 Meyer-Teschendorf, Neue Strategien für die zivile Sicherheitsvorsorge, Notfallvorsorge 2/2003, S. 5 ff. (6). - 16 - übergreifende Vernetzung, Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen für das Management von Großkatastrophen. Das Informationssystem „deNIS“ gibt Informationen zum Schadensereignis selbst, zu Möglichkeiten der Gefahrenabwehr sowie zu Standorten risikobehafteter Anlagen, etwa Raffinerien und Tanklager, in der Nähe des Schadensgebietes. Diese Informationen werden auf einer elektronischen Lagekarte abgebildet. Geobasisdaten bilden die Grundlage des Informationssystems; benutzt werden digitale Landschaftsmodelle, digitale Geländemodelle und die digitale topografische Karte. „deNIS“ enthält auch Nachweise über Engpass-Ressourcen: welche Ressourcen des Bundes, der Länder etc. befinden sich in der Nähe des Schadensereignisses, z. B. Standorte von Krankenhäusern, Hunderettungsstaffeln und Schutzräumen. Die Potentiale von THW, der Feuerwehren und Hilfsorganisationen sowie der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes können so besser koordiniert und eingesetzt werden. Als Informationsportal für den Bürger ist „deNIS“ bereits im Mai 2002 Online gegangen.39 Im Frühjahr 2004 wurde „deNIS II“, einem Informationssystem für einen Benutzerkreis mit besonderer Zugangsberechtigung, in Betrieb genommen. Inzwischen will ein erstes Land (Hamburg) eine dezentrale Datenbank aufbauen und mit dem System „deNIs II“ zu „deNIS II+“ verbinden.40 Letztlich ist auf das neu entwickelte, satellitengestützte Kommunikationssystem des Bundes hinzuweisen,41 mit dem seit Oktober 2001 per Satellit amtliche Warndurchsagen in Sekundenschnelle über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und inzwischen auch über private Rundfunkanstalten verbreitet werden (Sat-WAS). In dieses System sind die Länder miteinbezogen. Weitere Möglichkeiten (Mobilfunk, Festnetztelefon und/oder Funkalarmuhr) sowie die Errichtung eines neuen Sirenensystems werden gegenwärtig geprüft. 7. Strukturprobleme des Katastrophenschutzes Der Katastrophenschutz in Deutschland ist heute ohne das deutliche Engagement des Bundes nicht mehr möglich. Dies wirft die Frage auf, ob die in der Verfassung vorgesehene grundsätzliche Zuständigkeit der Länder für den Katastrophenschutz auf die Dauer ausgehöhlt wird. Sowohl das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum des Bundes und der Länder (GMLZ) als auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie das satellitengestützte Kommunikationssystem des Bundes und das Informationssystem „deNIS“ sind ohne den Bund nicht denkbar. Dies führt zu der 39 http://www.denis.bund.de 40 Vgl. Meyer-Teschendorf, aaO., S. 6 f. 41 Siehe Kap. 4. - 17 - Forderung des Bundes nach größeren Rahmenkompetenzen.42 De lege ferenda wäre an einer Überwindung der rechtlichen Trennung zwischen Zivil- und Katastrophenschutz zu denken.43 Auf der anderen Seite geben die Länder die Befugnisse für den Katastrophenschutz nahezu vollständig an die Kommunen ab.44 Dies muss letztlich einen Niederschlag in der Organisationsstruktur, der Kostentragung und nicht zuletzt in der personellen Ausstattung und Schulung der Mitarbeiter finden.45 Ob der Bund dies weiterhin weitgehend den Ländern überlassen kann, erscheint zumindest überlegenswert. Vor dem Hintergrund großflächiger Schadensereignisse wie dem Hochwasser 2002 stellt sich zudem die Zukunftsfrage einer europäischen Vernetzung. So prüft der Rat der EU gegenwärtig ein Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz.46 Im Mittelpunkt der Überlegungen steht die Schaffung und Verwaltung eines rund um die Uhr erreichbaren und unmittelbar reaktionsfähigen Beobachtungs- und Informationszentrums (MIC), das den Mitgliedstaaten und der Kommission für die Zwecke des Verfahrens zur Verfügung stehen soll. Nach Artikel 2 des angestrebten Ratsbeschlusses soll ein zukünftiges europäisches Verfahren mindestens folgende Komponenten und Maßnahmen umfassen:47 (1) Ermittlung der in den Mitgliedstaaten für Hilfseinsätze bei Notfällen verfügbaren Einsatzteams und sonstigen Unterstützung, einschließlich zur Unterstützung des Katastrophenschutzes verfügbarer militärischer Mittel und Kapazitäten, (2) Entwicklung und Durchführung eines Ausbildungsprogramms für die Einsatzteams und für sonstiges Unterstützungspersonal sowie für die Experten der für die Evaluierung oder Koordinierung zuständigen Teams, (3) Workshops, Seminare und Pilotprojekte zu wichtigen Einsatzaspekten, (4) Aufstellung und Entsendung der für die Evaluierung oder Koordinierung zuständigen Teams, (5) Schaffung und Verwaltung eines rund um die Uhr erreichbaren und unmittelbar reaktionsfähigen Beobachtungs- und Informationszentrums (MIC), das den Mitgliedstaaten und der Kommission für die Zwecke des Verfahrens zur Verfügung steht, (6) Einrichtung und Verwaltung eines gemeinsamen Kommunikations- und Informationssystems für den Katastrophenfall (CECIS), um den Informationsaustausch zwischen dem Beobachtungs- und Informationszentrum und den operativen Kontaktstellen der Mitgliedstaaten zu ermöglichen, 42 So Bundesinnenminister Otto Schily, Die neue zivile Sicherheitsarchitektur des Bundes, Notfallvorsorge 3/2002, S. 16 ff. (16). 43 Fuhrmann, aaO., S. 18. 44 Vgl. Fuhrmann, aaO., S. 16. 45 Vgl. Fuhrmann, aaO., S. 19. 46 Vorschlag für eine ENTSCHEIDUNG DES RATES über ein Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz (Neufassung) vom 26.1.2006, KOM(2006)29 endgültig 2006/0009(CNS). 47 Vorschlag für eine ENTSCHEIDUNG DES RATES, S. 21 f. - 18 - (7) Entwicklung von Frühwarnsystemen unter Berücksichtigung bestehender Informationsquellen , um eine rasche Reaktion der Mitgliedstaaten und des MIC zu ermöglichen , (8) Entwicklung der Vorkehrungen für Beförderung, Logistik und sonstige Unterstützung auf Gemeinschaftsebene, (9) weitere im Rahmen des Verfahrens erforderliche Unterstützungs– und Ergänzungsmaßnahmen . Im Rahmen dieser europarechtlichen Bestrebungen ist wiederum die Stellung der Länder zu hinterfragen. Um eine zukunftsweisende Organisation des Zivil- und Katastrophenschutzes zu gewährleisten , sollte überlegt werden, ob der verfassungsrechtlich gebotene Rahmen noch zukunftsweisend ist. Die im Hinblick auf die Terrorismusabwehr im Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 vorgesehene Stärkung der Bundeskompetenz in Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 a GG neu reicht hierzu nicht aus: „die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht;“ Zur nationalen Bedeutung des Katastrophenschutzes gibt der Koalitionsvertrag vor:48 „So unterschiedliche Probleme wie die Folgen des Klimawandels und die Bedrohung durch den Terrorismus stellen den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz vor neue Herausforderungen. Wir werden deshalb die Steuerungs- und Koordinierungskompetenz des Bundes bei der Bewältigung von Großkatastrophen und länderübergreifenden schweren Unglücksfällen stärken.“ Es bleibt daher abzuwarten, ob und wie die Vereinbarung Niederschlag in der Gesetzgebung finden wird. 48 Koalitionsvertrag vom 11. November 2005, S. 137.