WD 3 - 3000 - 075/21 (27. April 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. § 13a Wasserhaushaltsgesetz (WHG)1 ist eine der zentralen Neuregelungen der sog. Fracking- Novelle. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie vom 4. August 2016 (BGBl. I S. 1972) ins WHG eingeführt und trat am 11. Februar 2017 in Kraft. § 13a Abs. 7 WHG lautet: „Im Jahr 2021 überprüft der Deutsche Bundestag auf der Grundlage des bis dahin vorliegenden Standes von Wissenschaft und Technik die Angemessenheit des Verbots nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1.“ § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG betrifft das Verbot des Aufbrechens von Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein oder Kohleflözgestein zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl (Verbot des sog. unkonventionellen Frackings). Abweichend von § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG können Erlaubnisse für vier Erprobungsmaßnahmen mit dem Zweck erteilt werden, die Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich zu erforschen (§ 13a Abs. 2 Satz 1 WHG). Eine von der Bundesregierung eingesetzte unabhängige Expertenkommission soll diese Erprobungsmaßnahmen wissenschaftlich begleiten und auswerten (§ 13a Abs. 6 WHG). Diese Expertenkommission Fracking ist für die wissenschaftliche Beratung des Deutschen Bundestages zuständig. Ihre Aufgaben bestehen gemäß ihrer Geschäftsordnung ausschließlich in der wissenschaftlichen Begleitung und Stellungnahme zu den max. vier Erprobungsmaßnahmen, der Unterrichtung der Öffentlichkeit hierüber, der Berichterstattung an den Deutschen Bundestag 1 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2585), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19.6.2020 (BGBl. I S. 1408) geändert worden ist, https://www.gesetzeim -internet.de/whg_2009/WHG.pdf. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Überprüfungsklausel zum Verbot des sog. unkonventionellen Frackings im Wasserhaushaltsgesetz Kurzinformation Überprüfungsklausel zum Verbot des sog. unkonventionellen Frackings im Wasserhaushaltsgesetz Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 über die Erprobungsmaßnahmen und zum Stand der Technik sowie der Beteiligung der Öffentlichkeit an ihren Berichtsentwürfen.2 Durch das Verbot des unkonventionellen Frackings sind insbesondere die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie – vor allem mit Blick auf bereits vor der Novellierung verliehene Bergbauberechtigungen – die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 GG betroffen. Eingriffen in die Berufsausübungsfreiheit und Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums stehen im Rahmen der Rechtfertigung das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sowie der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen aus Art. 20a GG gegenüber.3 Die Überprüfungsklausel in § 13a Abs. 7 WHG dient insofern auch der verhältnismäßigen Ausgestaltung von Grundrechtsbeschränkungen, die mit dem Verbot einhergehen.4 § 13a Abs. 7 WHG enthält eine Pflicht zur Überprüfung der Angemessenheit des Verbots des unkonventionellen Frackings.5 Darüber hinaus zeitigt die Regelung für die Geltung des Verbots keine Folgen. Die Nichtevaluierung des Verbots entgegen der gesetzlichen Vorgabe führt nicht etwa zu seiner Verfassungswidrigkeit.6 Da der Gesetzgeber mit der Überprüfungsklausel aber kollidierende Grundrechtspositionen zum Ausgleich bringt, könnte ein erhebliches Überschreiten des zeitlichen Überprüfungsziels im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung des Verbots dessen Verhältnismäßigkeit in Frage stellen. Mangels Befristung des Verbots gilt das Verbot auch dann fort, wenn der Gesetzgeber untätig bleibt.7 Zuletzt wurde dem Deutschen Bundestag ein Bericht der Expertenkommission Fracking8 mit Schreiben vom 26. Juni 2020 zugeleitet. Bis zum Zeitpunkt der Berichterstattung lagen der Expertenkommission keine Anträge für Erprobungsmaßnahmen vor. Der Bericht kündigt an, dass für den Abschlussbericht im Jahr 2021 die Erkenntnisse der Studien zusammengefasst und von den Mitgliedern der Expertenkommission eingeordnet werden. Einige Stimmen der juristischen Literatur 2 Geschäftsordnung der unabhängigen Expertenkommission Fracking vom 16.5.2019, https://expkom-frackingwhg .de/lw_resource/datapool/systemfiles/elements/files/88FF0DB321F26FACE0539A695E86E0F2/live/docume nt/GeschaeftsordnungExpKom_160519verabschiedet.pdf. 3 Von Weschpfennig, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 93. EL August 2020, § 13a WHG, Rn. 67. 4 Von Weschpfennig (Fn. 3) Rn. 100. 5 Rossi, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, 54. EL August 2020, § 13a WHG, Rn. 169; Giesberts/ Kastelec, Das Regelungspaket zum Fracking, NVwZ 2017, 360 (366 f.); Reinhardt, Entscheidung vertagt oder verkappt: Die WHG-Novelle 2016 zum Fracking, NVwZ 2016, 1505 (1508). 6 Von Weschpfennig (Fn. 3) Rn. 100. 7 Rossi (Fn. 5) Rn. 170; Giesberts/Kastelec, in: BeckOK Umweltrecht Giesberts/Reinhardt, 57. Edition 2021, § 13a WHG, Rn. 36; Frenz, Fracking-Verbot, NVwZ 2016, 1042 (1046). 8 Bericht der Expertenkommission Fracking 2020, Drucksache 19/21536, https://dip21.bundestag .de/dip21/btd/19/215/1921536.pdf. Kurzinformation Überprüfungsklausel zum Verbot des sog. unkonventionellen Frackings im Wasserhaushaltsgesetz Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 bezweifeln, dass eine ausreichende Erkenntnisgrundlage vorliegen werde, die eine Neubewertung des Verbots ermögliche.9 Eine Befristung der Einsetzung der Expertenkommission Fracking ist dem Gesetzeswortlaut des WHG, der Geschäftsordnung der Kommission und den Beschlüssen über die Ernennung ihrer Mitglieder 10 nicht zu entnehmen. Es ist daher von einer unbefristeten Einsetzung der Expertenkommission Fracking auszugehen. *** 9 Von Weschpfennig (Fn. 3) Rn. 84, 100; Giesberts/Kastelec (Fn. 5); Giesberts/Kastelec, in: BeckOK Umweltrecht (Fn. 7). 10 Vgl. Beschluss des Bundesrates, Drucksache 113/18, https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen /2018/0101-0200/113-18(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1.