© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 075/19 Digitalisierung von Visaverfahren Aktueller Stand in Deutschland und Finnland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 075/19 Seite 2 Digitalisierung von Visaverfahren Aktueller Stand in Deutschland und Finnland Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 075/19 Abschluss der Arbeit: 28. März 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 075/19 Seite 3 1. Einleitung Dem Sachstand liegt eine Anfrage zum Stand der Umsetzung der Digitalisierung der Visavergabe in Deutschland und Finnland zugrunde. Im Folgenden wird ausgeführt, welche Maßnahmen hinsichtlich einer Digitalisierung des Visumsverfahrens in Deutschland und Finnland geplant sind bzw. bereits umgesetzt wurden. 2. Stand der Digitalisierung der Visavergabe in Deutschland Eine vollständige Digitalisierung von Visaverfahren in dem Sinne, dass Visa online beantragt, digitalisiert geprüft und schließlich auch elektronisch erteilt werden können, ist noch nicht erreicht. Bisher fehlte es insbesondere für eine gänzlich papierlose Bearbeitung von Schengen-Visumanträgen an einer Rechtsgrundlage. Diese wird jedoch mit der laufenden Reform des Visakodexes eingeführt. Die Pflicht zur Abgabe von biometrischen Daten (insbesondere von Fingerabdrücken) in der Auslandsvertretung oder ggf. beim externen Dienstleister bleibt hiervon jedoch unberührt. Die EU- Kommission hat zudem eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und berät sich mit Experten aus den Mitgliedstaaten zur weiteren Digitalisierung von Schengen-Visaverfahren insbesondere durch die Ersetzung des herkömmlichen Visumsetiketts durch ein E-Visum und die Einführung einer Online-Antragstellung. Die Bundesregierung ist unter Federführung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) an den Verfahren beteiligt. In Deutschland ist die Bearbeitung von Visumanträgen bereits jetzt zu einem großen Teil digitalisiert. So kann der Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums bei einer deutschen Auslandsvertretung zuvor online ausgefüllt werden. Mithilfe eines Barcodes, der auf dem ausgedruckten Antrag erscheint , können die Daten des Antragstellers dann bei einem externen Dienstleister oder in der Auslandsvertretung in das deutsche System zur Bearbeitung von Visumanträgen (RK-Visa) eingelesen werden (sog. VIDEX-Formular). Die weitere Bearbeitung der eingelesenen Daten, z. B. der Kontakt zu den im Verfahren beteiligten Behörden und der Abgleich mit verschiedenen Datenbanken , läuft ebenfalls weitestgehend digitalisiert. Bei Anträgen für ein nationales Visum wird derzeit noch zusätzlich der Papierantrag über das Bundesverwaltungsamt an die beteiligte Ausländerbehörde übersandt. Die Möglichkeit der Online-Antragstellung soll aber noch in diesem Jahr auch für Anträge auf nationale Visa angeboten werden. Das Auswärtige Amt, das BMI und das Bundesverwaltungsamt arbeiten derzeit gemeinsam daran, das Visumsverfahren weiter zu digitalisieren und an neue gesetzliche Vorgaben anzupassen. Die weitere bzw. vollständige Digitalisierung von Visaverfahren würde einen substantiellen Bedarf an Personal und Finanzmitteln begründen. Der konkrete Umfang des Personal und Finanzbedarfes ist aktuell nur schwer zu prognostizieren. Insbesondere wäre im Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes eine Anschubfinanzierung zur Schaffung einer weltweit standardisierten Schnittstelle für hochautomatisierte Visaverfahren zum deutschen Inlandsportal erforderlich. 3. Stand der Digitalisierung der Visavergabe in Finnland Finnland führte 2010 die Möglichkeit ein, nationale Visumanträge online zu auszufüllen. Anträge auf Erteilungen eines Schengen-Visums können ebenfalls vorab online ausgefüllt werden. Der ausgedruckte Antrag muss, den Anforderungen des Visakodexes entsprechend, zunächst in einem der Visumantragszentren, die von einem externen Dienstleister betrieben werden, eingereicht Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 075/19 Seite 4 werden. Anschließend werden die Antragsdaten elektronisch an das finnische Visasystem übermittelt und die Anträge dort durch die Visabeamten bearbeitet. Als erster Schengen-Staat führte Finnland 2012 ein papierloses, vollständig elektronisches und ortsunabhängiges Visaverfahrenskonzept ein. Das ortsunabhängige Visaverfahren soll sowohl den Zugang für Antragsteller zu erleichtern als auch die Antragslast der Behörden besser verteilen, indem die Anträge über ein gemeinsames System an alle bearbeitenden Stellen gleichmäßig aufgeteilt werden. Visumanträge, Reisedokumente und alle sonstigen Unterlagen werden in den Visumantragszentren durch externe Dienstleister gescannt und den Konsulaten und dem Servicezentrum für Einreisebewilligungen in Kouvala (Finnland) elektronisch zugänglich gemacht. Letzteres bearbeitet einen Großteil der Schengen-Visumanträge, die in Russland, der Ukraine und in China gestellt werden. Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung liegt in den Einsparungen, die durch den Wegfall permanenter Visazentren an verschiedenen Orten einerseits und den elektronischen anstelle eines physischen Antragverkehrs andererseits entstehen. Verschiedene Beteiligte im Visaverfahren, z.B. Grenzbeamte und die Polizei, verwenden das gleiche elektronische System und haben jederzeit und überall Zugriff auf die Datenbank der Visumanträge. Aktuell arbeitet das finnische Außenministerium an einem neuen nationalen Visasystem, dessen erste Version bereits 2019 eingeführt wird. Eine spätere Version, die Ende 2020/2021 eingeführt wird, soll für die Entscheidungspraxis (einschließlich des Profiling) stärker auf verschiedene automatisierte Prozesse, Analysen und Robotik zurückgreifen. ***