Deutscher Bundestag Parteispenden von Verbänden Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 074/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 074/10 Seite 2 Parteispenden von Verbänden Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 074/10 Abschluss der Arbeit: 10. März 2010 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Die Ausarbeitung ist mit dem Referat PM 3 abgestimmt. Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 074/10 Seite 3 1. Einleitung Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Parteiengesetzes (PartG) sind Parteien grundsätzlich berechtigt, Spenden anzunehmen. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Spendenrechts entspringt der Parteienfreiheit (Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG).1 Die individuelle Dimension der Parteienfreiheit drückt sich in dem Recht der Bürger und auch juristischer Personen2 aus, an Parteien zu spenden .3 Parteispenden sind verfassungsrechtlich erwünscht4 und vom GG grundsätzlich nicht verwehrt .5 Das GG setzt vielmehr politische Parteien voraus, „getragen von der Bereitschaft der Bürger , sie auch zu unterstützen“.6 Das Bundesverfassungsgericht sieht Parteispenden an als „eine geläufige Form zulässiger Interessenwahrnehmung“7 und der politischen Partizipation8. Das Spendenaufkommen einer Partei dokumentiert ihre gesellschaftliche Verwurzelung.9 Spenden können daher ein Indikator für den Erfolg einer Partei sein und als Anknüpfung für die staatliche Parteienfinanzierung dienen (§ 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PartG).10 Daher nimmt das GG die faktisch bestehende „Spendenungleichheit“11 hin. Nach § 25 Abs. 2 PartG sind von der Befugnis der Parteien, Spenden anzunehmen, u. a. ausgeschlossen : - Spenden von Berufsverbänden, die diesen mit der Maßgabe zugewandt wurden, sie an eine politische Partei weiterzuleiten (§ 25 Abs. 2 Nr. 4 PartG); - Spenden von Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden, sofern die direkte Beteiligung der öffentlichen Hand 25 vom Hundert übersteigt (§ 25 Abs. 2 Nr. 5 PartG); - Spenden, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden (§ 25 Abs. 2 Nr. 7 PartG). Nach dem Rechenschaftsbericht 200812 erhielt die CDU 13.586.616,35 € Spenden von natürlichen und 7.526.588,55 € von juristischen Personen, davon 351.000 € Spenden von Verbänden .13 Der SPD wurden 10.328.147,26 € Spenden von natürlichen und 2.668.069,36 € von juristischen Personen zugewandt, davon 115.000 € Spenden von Verbänden.14 Die FDP bekam 6.442.784,58 € Spenden von natürlichen und 2.667.957,79 € von juristischen Personen, davon 275.000 € Spenden von Verbänden.15 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurden mit 3.417.077,79 € 1 Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Loseblatt, Stand: März 2001, Art. 21 Rn. 415. 2 BVerfGE 73, 40 (79 f.,103,106); 85, 264 (315). 3 Kersten, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), Parteiengesetz (PartG) und europäisches Parteienrecht, 2009, § 25 Rn. 12. 4 BGHSt 49, 275 (285,293). 5 BVerfGE 52, 63 (86, 89). 6 BVerfGE 73, 40 (81). 7 BVerfGE 52, 63 (89). 8 BVerfGE 8, 51 (68); 24, 300 (360). 9 BVerfGE 85, 264 (283 f., 292). 10 BVerfGE 85, 264 (284, 292). 11 BVerfGE 52, 63 (90). 12 BT-Drs. 17/630. 13 BT-Drs. 17/630, S. 3f. 14 BT-Drs. 17/630, S. 57f. 15 BT-Drs. 17/630, S. 99f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 074/10 Seite 4 Spenden von natürlichen und 491.771,47 € von juristischen Personen bedacht, davon 32.500 € Spenden von Verbänden.16 Die Linke kam in den Genuss von 2.148.971,46 € Spenden von natürlichen und 109.084,13 € von juristischen Personen. Sie erhielt keine Spenden von Verbänden .17 Die CSU erhielt 11.120.846,62 € Spenden von natürlichen und 6.389.623,43 € von juristischen Personen, davon 755.445,11 € Spenden von Verbänden.18 Handelt es sich bei spendenden juristischen Personen um Verbände, sind nur diese in den Rechenschaftsberichten der Parteien als Spender erkennbar, nicht die in den Verbänden organisierten juristischen Personen. Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit der Verfassungskonformität dieser aktuellen Praxis und fragen nach der Zulässigkeit eines Verbots von Parteispenden durch Verbände. Unter Verbänden werden dabei organisierte Zusammenschlüsse von natürlichen und juristischen Personen zum Zwecke gemeinsamer Interessenverfolgung verstanden , wobei der Begriff des „Interesses“ weit gefasst ist.19 2. Begriff der Spende Spenden von natürlichen Personen und von juristischen Personen sind in der Einnahmerechnung des Rechenschaftsberichts auszuweisen (§ 24 Abs. 4 Nr. 3, 4 PartG). Nach § 26 Abs. 1 PartG ist Einnahme jede von der Partei erlangte Geld- oder geldwerte Leistung, soweit für einzelne Einnahmearten (§ 24 Abs. 4 PartG) nichts Besonderes gilt.20 Als geldwerte Leistung ist jeder in Geld messbare wirtschaftliche Vorteil anzusehen und damit jede Form der Dienstleistung.21 Mit diesem weiten Einnahmebegriff geht das PartG über die handelsrechtliche Begrifflichkeit hinaus und trägt dem Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG Rechnung, wonach die Parteien über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben müssen.22 Als Einnahmen gelten auch die Freistellung von üblicherweise entstehenden Verbindlichkeiten, die Übernahme von Veranstaltungen und Maßnahmen durch andere, mit denen ausdrücklich für eine Partei geworben wird, die Auflösung von Rückstellungen sowie Wertaufholungen im Anlagevermögen (Einnahmefiktionen des § 26 Abs. 1 Satz 2 PartG). Wirtschaftsgüter , die nicht in Geld bestehen, sind mit den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für gleiche oder vergleichbare Leistungen üblicherweise zu zahlenden Preisen anzusetzen (§ 26 Abs. 3 PartG). Spenden werden in § 27 Abs. 1 Satz 3 PartG als Zahlungen definiert, die über Mitgliedsbeiträge (regelmäßige Geldleistungen, die ein Mitglied auf Grund satzungsrechtlicher Vorschriften entrichtet) und Mandatsträgerbeiträge (regelmäßige Geldleistungen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes [Mandatsträger] über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus leistet) hinausgehen . Dazu gehören nach § 27 Abs. 1 Satz 4 PartG auch Sonderumlagen und Sammlungen sowie geldwerte Zuwendungen aller Art, sofern sie nicht üblicherweise unentgeltlich von Mitgliedern außerhalb eines Geschäftsbetriebes zur Verfügung gestellt werden. 16 BT-Drs. 17/630, S. 129f. 17 BT-Drs. 17/630, S. 165f. 18 BT-Drs. 17/630, S. 199f. 19 Tilch/Arloth (Hrsg.), Deutsches Rechts-Lexikon, Band 3, 3. Auflage 2001, Stichwort „Verbände“, S. 4397. 20 Vgl. hierzu auch BVerfGE 73, 40 (98 f.). 21 Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), Parteiengesetz, 2008, § 26 Rn. 2. 22 Kersten (Fn. 3), § 26 Rn. 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 074/10 Seite 5 3. Verfassungsmäßigkeit der aktuellen Praxis der Parteispenden durch Verbände mit Mitgliedsbeiträgen juristischer Personen Wenn § 25 Abs. 2 Nr. 4 PartG die Annahme von Spenden eines Berufsverbandes verbietet, die diesem mit der Maßgabe zugewandt wurden, sie an eine politische Partei weiterzuleiten, sind mit Berufsverbänden alle Vereinigungen gemeint, welche die allgemeinen, ideellen und/oder wirtschaftlichen Interessen eines Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges wahrnehmen.23 Es soll durch das Annahmeverbot verhindert werden, dass Berufsverbände als Spendenannahmestellen fungieren und so eine verdeckte Einflussnahme mächtiger Lobbyisten auf die politische Arbeit der Parteien möglich wird.24 Das Verbot bezieht sich aber nur auf Zuwendungen, die den Berufsverbänden über die normalen Mitgliedsbeiträge hinaus zur Weiterleitung an die Parteien gesondert zur Verfügung gestellt wurden („Durchlaufspenden“).25 Nicht erfasst werden damit die Zuwendungen, die Berufsverbände aus ihrem Beitragsaufkommen politischen Parteien zukommen lassen.26 Die derzeitige Praxis der Parteispenden durch Verbände mit Mitgliedsbeiträgen juristischer Personen unterliegt somit einfachgesetzlich keinem Verbot. Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist das in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG normierte Transparenzgebot. Denn bei Verbänden ist nicht unmittelbar erkennbar, wer in dem Verband organisiert ist. Als Spender tritt nur der Verband selbst auf, eine Offenlegung der verbandlichen Mitglieder und der Herkunft der Finanzmittel findet nicht statt. Das Transparenzgebot zielt auf die möglichst vollständige Offenlegung politischer Einflussnahme mit finanziellen Mitteln.27 Der Bürger soll durch die Kenntnis der Finanzquellen in den Stand versetzt werden, aus Verpflichtungen und Abhängigkeiten der Parteien seine Konsequenzen zu ziehen.28 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betont dazu, dass dem Schutzgedanken des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG nur genügt sei, „wenn der Wähler von der wirklichen Herkunft der Mittel einer Partei Kenntnis erhält. Dafür ist vom Gesetzgeber Sorge zu tragen.“29 Flankiert wird das Transparenzgebot durch das Gebot einer demokratischen Binnenordnung der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG. Die demokratische Binnenordnung fordert eine transparente Willensbildung der Parteien von „unten nach oben“.30 Damit wirkt es sachfremden Einflüssen entgegen, die über Spenden inhaltlich Einfluss auf die Parteipolitik nehmen.31 Die Rechenschaftspflicht in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG wird allgemein als unmittelbar geltendes Recht angesehen,32 das aber der gesetzgeberischen Konkretisierung bedarf, die erstmals durch das PartG von 1967 vorgenommen wurde. Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG stellt in Verbindung mit Art. 21 Abs. 3 GG eine Verpflichtung des Gesetzgebers, nicht eine solche der Parteien oder ihrer Mitglieder und Funktionsträger dar. Daraus folgt, dass die Vorschriften der §§ 23 ff. PartG, die in 23 Küstermann, Das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG und seine Ausgestaltung durch das Parteiengesetz , 2003, S. 151; Kersten (Fn. 3), § 25 Rn. 84. 24 Jochum (Fn. 20), § 25 Rn. 31; BT-Drs. 13/8888, S.32. 25 BT-Drs. 10/697, S.6. 26 Kersten (Fn. 3), § 25 Rn. 85. 27 Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Band 2, 2. Auflage 2006, Art. 21 Rn. 111. 28 BVerfGE 24, 300 [356]. 29 BVerfGE 85, 264 [323]. 30 Kersten (Fn.3), § 25 Rn. 14. 31 BVerfGE 20, 56 (105); Kersten (Fn.3), § 25 Rn. 14. 32 Klein (Fn. 1), Art. 21 Rn. 469; Morlok (Fn. 26), Art. 21 Rn. 108; anders noch BVerfGE 2, 1 (13 f.) – SRP-Urteil vom 23. Oktober 1952. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 074/10 Seite 6 Erfüllung des Gesetzgebungsauftrags erlassen worden sind, die Rechenschaftspflicht der Parteien erschöpfend regeln und darüber hinausgehende Offenlegungspflichten nicht bestehen.33 Mangels eines Spendenannahmeverbots für Parteien sind Spenden von Verbänden mit Mitgliedsbeiträgen juristischer Personen zulässig. Das gilt auch für Verbände, deren Mitglieder selbst dem Spendenverbot nach § 25 Abs. 2 Nr.5 PartG unterliegen, weil sie ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden, sofern die direkte Beteiligung der öffentlichen Hand 25 vom Hundert übersteigt. Denn der Staat selbst ist nicht Mitglied des Verbandes. So sind auch Tochterunternehmen von staatlichen Unternehmen keine Unternehmen im Sinne des § 25 Abs. 2 Nr.5 PartG, da der Staat an diesen Enkelunternehmen nicht direkt beteiligt ist, wie dies das Spendenannahmeverbot voraussetzt.34 4. Verfassungsmäßigkeit eines Parteispendenverbotes für Verbände Ein generelles Verbot von Parteispenden durch den Gesetzgeber wäre verfassungswidrig, da die Parteienfreiheit Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG auch das Spendenrecht gewährleistet.35 Dies dürfte weitgehend unbestritten sein. Umstritten ist dagegen, ob juristische Personen, insbesondere Wirtschaftsverbände, mit einem Parteispendenverbot belegt werden können. Innerhalb der Europäischen Union sind Spenden von juristischen Personen und/oder Personenvereinigungen in Belgien, Estland, Frankreich, Griechenland, Lettland, Polen und Portugal unzulässig. In der öffentlichen Auseinandersetzung wie in der Fachliteratur wird das Spendenverbot juristischer Personen oftmals im Zusammenhang mit der Höhe der Spenden und der Einführung einer Spendenobergrenze diskutiert. Der rechtspolitischen Forderung nach einem generellen Verbot oder einer Begrenzung der Spenden von juristischen Personen liegt implizit die Annahme zugrunde, dass die gesetzgeberische Realisierung verfassungsrechtlich möglich wäre. Es wird in der Regel die Erwägung angestellt, dass die politische Willensbildung des Volkes, an der die Parteien mitwirken sollen, ihren letztlich maßgebenden Ausdruck im Wahlakt der Bürger findet.36 An den Wahlen zu den gesetzgebenden Körperschaften bzw. zu den Gemeindevertretungen können aber nur natürliche Personen teilnehmen, keine juristischen Personen, die auch nicht Mitglied einer Partei sein könnten. Deswegen sei ein Verbot der Spenden juristischer Personen auch gerechtfertigt, weil es das Leitbild einer möglichst weitgehenden Kongruenz von Mitglieder- und Wählerwillen und Parteifinanzierung widerspiegele.37 Ferner wird mit Blick auf die Gleichbehandlung der Bürger bei der parteipolitischen Betätigung eingewandt, dass der Inhaber einer juristischen Person seine politischen Ziele zweifach verfolgen könne, einmal als Privatperson, zum anderen als Verfügungsberechtigter über die Mittel der juristischen Person – Letzteres allerdings nicht mehr mit steuerlicher Vergünstigung . Ferner wird vorgebracht, dass hohe Spenden, wie sie überwiegend von juristischen Personen getätigt werden, in besonderem Maße die Unabhängigkeit der politischen Willensbil- 33 Klein (Fn. 1), Art. 21 Rn. 469. 34 Lenz, Das neue Parteienfinanzierungsrecht, NVwZ 2002, 769 (771); Jochum (Fn. 20), § 25 Rn. 32. 35 Klein (Fn. 1), Art. 21 Rn. 415. 36 Römmele, in: APuZ B 16/2000, S.23 (28); Hug, Die verfassungsrechtliche Problematik der Parteienfinanzierung, 1970, S. 184f.; von Arnim, Die neue Parteienfinanzierung, DVBl. 2002, S. 1065, 1068. 37 Preuß, in: Wassermann (Hrsg.), Alternativkommentar zum Grundgesetz, 2. Aufl.1998, Art. 21 Abs. 1, 3 Rn. 71. Die Kommentierung von Art. 21 GG in der 3. Auflage, Loseblatt, Stand: GW 2001, behandelt die Problematik der Parteispenden durch juristische Personen nicht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 074/10 Seite 7 dung in den Parteien bedrohten.38 Schließlich wird der Regelungsbereich von § 25 Abs. 2 PartG als zu eng und den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügend angesehen. So wird gegen die Annahmeverbotsregelung in § 25 Abs. 2 Nr. 7 PartG eingewandt, sie sei „schwammig“ und komme nie zur Anwendung, weil sie nicht greifbar sei. Insbesondere Spenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden an Parteien erweckten den Anschein der Käuflichkeit von Politik. Kein Unternehmen gebe eine Spende, ohne nicht auch eine entsprechende Gegenleistung zu erwarten.39 Die vom Bundespräsidenten eingesetzte (zweite) Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung hat sich in ihrem Bericht vom 19. Juli 200140 in dem Abschnitt „Probleme der Eigenfinanzierung der Parteien“41 auch mit Spenden juristischer Personen befasst und empfohlen, Spenden juristischer Personen weiterhin zuzulassen (Empfehlung Nr. 16)42. Die Kommission macht „gewichtige grundgesetzliche Bedenken“43 gegen ein generelles Verbot von Spenden juristischer Personen geltend und stützt sich dabei auf die ständige Rechtsprechung des BVerfG, die davon ausgehe, dass Spenden juristischer Personen in beliebiger Höhe zulässig seien. Lediglich die steuerliche Begünstigung solcher Spenden habe das Gericht untersagt. In allen Entscheidungen zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden habe das Gericht die grundsätzliche Berechtigung juristischer Personen, Spenden geben zu können, nicht beanstandet, sondern – im Gegenteil – ausgeführt: „Artikel 21 GG gewährleistet den Parteien Freiheit vom Staat, nicht jedoch absoluten Schutz vor dem Einfluss finanzkräftiger Einzelpersonen, Unternehmen und Verbände . Der Gefahr, dass anonyme Großspender durch ins Gewicht fallende finanzielle Zuwendungen auf die längerfristige Zielsetzung der begünstigten Partei oder sie berührende innerparteiliche Entscheidungen von Einzelfragen einzuwirken versuchen, um so indirekt mehr oder minder großen Einfluss auf die staatliche Willensbildung zu gewinnen, begegnet das Grundgesetz durch das in Artikel 21 Abs. 1 Satz 4 GG an die Parteien gerichtete Gebot, über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu geben.“44 In diesem Urteil vom 9. April 1992 hat das BVerfG die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden juristischer Personen an politische Parteien für verfassungswidrig erklärt, woraufhin das Körperschaftssteuergesetz geändert wurde. Steuerlich begünstigt werden nur noch Spenden natürlicher Personen. Die Kommission führte weiter aus, dass juristische Personen wie Wirtschaftsunternehmen, Wirtschaftsverbände oder Gewerkschaften, obwohl sie nicht an Wahlen teilnehmen könnten, berechtigt seien, auf die politische Willensbildung Einfluss zu nehmen. Ein Verbot von Spenden juristischer Personen hielt die Kommission zudem für einen erheblichen Eingriff in die Chancengleichheit derjenigen Parteien, die mit ihrem Programm vor allem auch Wirtschaftsunternehmen und -verbände ansprechen, die in der Regel als juristische Personen organisiert sind. Solche Unterschiede in der vorgefundenen Wettbewerbslage zwischen den Parteien dürfe der Staat nicht verfälschen.45 Der Staat sollte im Übrigen nur dort in die gesellschaftlichen Verhältnisse regulierend eingreifen, wo es unbedingt notwendig sei. Gegen ein Verbot der Spenden juristischer Person sprechen für die Kommission schließ- 38 Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 2. Aufl. 1994, S. 301 f. 39 Antrag „Parteispenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden verbieten“ der Abgeordneten Wawzyniak u. a. und der Fraktion DIE LINKE., BT-Drs. 17/651. 40 BT-Drs. 14/6710. 41 BT-Drs. 14/6710, S. 33 ff. 42 BT-Drs. 14/6710, S. 7. 43 BT-Drs. 14/6710, S. 33 f. 44 BT-Drs. 14/6710, S. 33 unter Bezugnahme auf BVerfGE 52, 63 (86 f.); ferner BVerfGE 85, 264 (315), jeweils m.w.N. 45 BT-Drs. 14/6710, S. 34 unter Bezugnahme auf Klein, Vorschläge zur Neuregelung des Rechts der Parteienfinanzierung , BT-Drs. 14/6711, 2. Abschnitt, III. 2. d). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 074/10 Seite 8 lich Gründe der Transparenz und die hohe Umgehungsgefahr; es sei leicht, im Falle eines Verbots Strohmänner einzusetzen mit dem Ergebnis, dass die Öffentlichkeit über die wahren Geldflüsse getäuscht werde. Unter Transparenzaspekten sei es von wesentlich größerem Informationswert , wenn im Rechenschaftsbericht der Name der juristischen Person (des Unternehmens, der Bank usw.) aufgeführt werde anstatt der Name des nicht selten unbekannten Inhabers, Anteilseigners oder Handlungsbefugten oder gar dritter Personen.46 Die Kommission hat zur Einführung einer Obergrenze für Großspenden nach eingehender Diskussion keine einheitliche Position gefunden. Das lag vor allem daran, dass in dieser Frage unterschiedliche Grundüberzeugungen darüber zu Tage traten, in welchem Umfang der Gesetzgeber in die Wettbewerbssituation der Parteien eingreifen darf. Nach all dem sprach sich die Kommission mit 3 zu 2 Stimmen gegen die Einführung einer Obergrenze für Spenden aus, und zwar sowohl bei Spenden von Privatpersonen als auch von juristischen Personen. Der (zweite) Kommissionsbericht vom 19. Juli 2001 lag auf der Linie des Berichts der (ersten) Sachverständigen-Kommission vom 18. April 198347. Auch die (erste) Kommission konnte sich nicht zu einem generellen Spendenverbot für juristische Personen verstehen. Nach Auffassung der Kommission spricht nichts dafür, dass Spenden von juristischen Personen, insbesondere von Kapitalgesellschaften, die Unabhängigkeit der Parteien von bestimmten wirtschaftlichen und sozialen Interessen in größerem Maße gefährden als Spenden gleicher Höhe von natürlichen Personengesellschaften oder sonstigen Interessengruppen.48 Die Kommission ging davon aus, dass sich die Parteien schon in ihrem eigenen Interesse eines unzulässigen politischen Einflusses erwehren können. Um ihnen dies zu erleichtern, schlug die Kommission ein generelles Verbot „finaler “ Spenden vor, die in der erkennbaren Erwartung eines bestimmten faktischen oder wirtschaftlichen Vorteils angeboten werden (jetziger § 25 Abs. 2 Nr. 7 PartG).49 Das Spendenrecht findet seine Grenzen in der Funktion politischer Parteien (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG), dem Transparenzgebot (Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG) sowie in den Anforderungen an eine demokratische Binnenstruktur der Parteien (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG).50 Damit sind bestimmte Spendenannahmeverbote, wie sie in § 25 Abs. 2 PartG normiert sind, verfassungsrechtlich geboten und gerechtfertigt.51 Eine Erweiterung dieses Kataloges um Parteispenden von Berufsverbänden hatte die SPD-Fraktion im Rahmen der Novellierung des Parteiengesetzes 1994 vorgeschlagen und im Wesentlichen damit begründet, dass die Transparenz für die den Berufsverbänden angeschlossenen Mitglieder fehle.52 Der Vorschlag wurde mehrheitlich abgelehnt. Gegen ein generelles Verbot von Parteispenden der Berufsverbände wird eingewandt, auch Berufsverbände hätten das Recht, ihre Mitwirkung an der politischen Willensbildung auf diese Weise zu betreiben (Art. 9 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 19 Abs. 3 GG). Ein Annahmeverbot für Spenden von Berufsverbänden scheide deshalb aus.53 Im Übrigen könne ein solches Verbot aber Anreize schaf- 46 BT-Drs. 14/6710, S. 34 unter Bezugnahme auf Morlok, Vorschläge zur Neuregelung des Rechts der Parteienfinanzierung , BT-Drs. 14/6711, Vierter Teil, III. 3. b) cc). 47 Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 97 vom 26. Mai 1983. 48 Bericht (Fn. 46), S. 193. 49 Bericht (Fn. 46), S. 193. 50 Kersten (Fn. 3), § 25 Rn. 47. 51 Kunig, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band 2, 5. Auflage 2001, Art. 21 Rn. 61. 52 BT-Drs. 12/6090. 53 Klein (Fn. 44), S. 16; Küstermann (Fn. 22), S. 152. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 074/10 Seite 9 fen, es zu umgehen, denn ob ein Einfluss auf politische Parteien ausgeübt werde, hänge in erster Linie von der Höhe der Spende ab und nicht von der Rechtsform des Spenders.54 5. Ergebnis Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Spendenrechts entspringt der Parteienfreiheit (Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG).55 Die individuelle Dimension der Parteienfreiheit drückt sich in dem Recht der Bürger und auch juristischer Personen56 aus, an Parteien zu spenden. Das Spendenrecht findet seine Grenzen in der Funktion politischer Parteien (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG), dem Transparenzgebot (Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG) sowie in den Anforderungen an eine demokratische Binnenstruktur der Parteien (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG). Ein generelles Verbot von Parteispenden durch den Gesetzgeber wäre verfassungswidrig. Umstritten ist dagegen, ob juristische Personen, insbesondere Wirtschaftsverbände, mit einem Parteispendenverbot belegt werden können und so der Verbotskatalog für die Annahme von Spenden in § 25 Abs. 2 GG erweitert werden darf. 54 Rudzio, Die Parteifinanzen und die Zukunft des Parteiensystems, ZParl 2000, S. 428 (439). 55 Klein (Fn.1), Art. 21 Rn. 415. 56 BVerfGE 73, 40 (79 f.,103,106); 85, 264 (315).