© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 073/19 Parlamentarisches Fragerecht zu Unternehmen mit Beteiligung des Bundes Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 073/19 Seite 2 Parlamentarisches Fragerecht zu Unternehmen mit Beteiligung des Bundes Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 073/19 Abschluss der Arbeit: 13. März 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 073/19 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand befasst sich mit der Frage, ob die Bundesregierung gegenüber dem Bundestag eine Auskunftspflicht über Unternehmen mit Bundesbeteiligung hat. 2. Reichweite des parlamentarischen Fragerechts Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) wird das Frage- und Informationsrecht des Bundestages aus dem freien Mandat der Bundestagsabgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG) und dem Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG hergeleitet.1 Es wird in den §§ 100 ff. der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages konkretisiert. Die Bundesregierung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich verpflichtet, Fragen der Abgeordneten zu beantworten.2 Inhaltlich erstreckt sich das Fragerecht auf alle Angelegenheiten, die in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung fallen.3 Erfasst werden alle Aufgabenbereiche, für die die Regierung unmittelbar oder mittelbar einzustehen hat, die also von ihr selbst wahrgenommen werden oder sonst zu verantworten sind. Der parlamentarischen Kontrolle unterliegt dabei nicht nur das hoheitliche Handeln der Regierung, sondern ihre gesamte Amtsführung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG unterliegt auch das wirtschaftliche Engagement der öffentlichen Hand der parlamentarischen Kontrolle. Die Regierung hat sich auch insoweit der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung zu unterziehen.4 Eine Grenze der parlamentarischen Kontrolle ergibt sich daraus, dass sich das Fragerecht nur auf Umstände beziehen kann, die die Bundesregierung zu verantworten hat. Bei Unternehmensbeteiligungen des Bundes kann dies je nach Ausgestaltung der Beteiligung unterschiedlich sein. Wenn sich der Bund „nur“ finanziell an einem Unternehmen beteiligt, dieses aber nicht strategisch beherrscht , kann das Fragerecht sich nicht auf einzelne unternehmerische Entscheidungen erstrecken , auf die die Bundesregierung keinen Einfluss hat. Das Fragerecht reicht hingegen weiter, wenn die Bundesregierung ein Unternehmen derart beherrscht, dass auch einzelne unternehmerische Entscheidungen ihrem Verantwortungsbereich zuzuordnen sind. Als Grundsatz kann demnach festgehalten werden, dass für die Frage der Reichweite des parlamentarischen Fragerechts eine Prüfung des Verantwortungsbereichs der Bundesregierung im jeweiligen Einzelfall erforderlich ist. 1 Die folgenden Ausführungen entstammen zum Teil der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Reichweite des parlamentarischen Fragerechts bei privatisierten öffentlichen Unternehmen, WD 3 - 3000 - 236/11. 2 BVerfGE 13, 123 (125); 67, 100 (129), 105, 279 (306). 3 Lennartz/Kiefer, Parlamentarische Anfragen im Spannungsfeld von Regierungskontrolle und Geheimhaltungsinteressen , DÖV 2006, 185 (187). 4 BVerfGE 98, 145 (160 f.). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 073/19 Seite 4 3. Grenzen des parlamentarischen Fragerechts Das parlamentarische Fragerecht kann eingeschränkt sein durch Grundrechte Dritter oder aus Gründen des Staatswohls. Dies kommt auch in Bezug auf unternehmensbezogene Fragen in Betracht . So hat das BVerfG 2017 entschieden, dass das (fiskalische) Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner Beteiligungsunternehmen einen verfassungsrechtlichen Staatswohlbelang darstellt.5 Unternehmensbezogene Fragen können zudem insbesondere das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berühren, das grundsätzlich auch auf juristische Personen anwendbar ist. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit kommt vor allem bei der Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in Betracht.6 Nicht auf die Berufsfreiheit oder andere Grundrechte können sich allerdings Unternehmen berufen, die vollständig oder mehrheitlich vom Staat beherrscht werden.7 Ob eine Verweigerung der Auskunft aus grundrechtlichen Erwägungen oder aus Staatswohlgründen zulässig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich ist eine Abwägung zwischen dem parlamentarischen Interesse an der Beantwortung der Frage und dem Interesse der Regierung an der Geheimhaltung der Informationen vorzunehmen.8 Dabei ist auch zu prüfen, ob die Antwort in einer Art und Weise erfolgen kann, die dem Schutz der betroffenen Interessen Rechnung trägt. Liegen berechtigte Geheimhaltungsinteressen vor, kann anstelle der Nichtbeantwortung als milderes Mittel die nicht öffentliche Beantwortung einer Frage unter Anwendung der Geheimschutzordnung in Betracht kommen.9 *** 5 BVerfG NVwZ 2018, 51 (62). 6 BVerfG NVwZ 2018, 51 (57). 7 BVerfG NVwZ 2018, 51 (58). 8 Vgl. BVerfG NVwZ 2018, 51 (67). 9 Vgl. Harks, Das Fragerecht der Abgeordneten, in: JuS 2014, 979 (982).