© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 068/19 Zur Direktwahl des Bundespräsidenten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 068/19 Seite 2 Zur Direktwahl des Bundespräsidenten Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 068/19 Abschluss der Arbeit: 27.03.2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 068/19 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand thematisiert Fragen zu einer möglichen Direktwahl des Bundespräsidenten. Eingegangen wird auch auf Regelungen zur Präsidentschaftswahl in Österreich. 2. Erforderliche Gesetzesänderungen Nach Art. 54 Abs. 1 GG wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt. Eine nähere Ausgestaltung des Wahlverfahrens obliegt gem. Art. 54 Abs. 7 GG dem einfachen Gesetzgeber . Dieser ist seinem Regelungsauftrag mit dem „Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung“ (BPräsWahlG) nachgekommen.1 Um eine Direktwahl des Bundespräsidenten zu ermöglichen, müssten sowohl die verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch die einfachgesetzlichen Regelungen entsprechend geändert werden. Für eine Änderung des Art. 54 GG müssten dabei vor allem die qualifizierten Mehrheitserfordernisse (zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages und zwei Drittel der Stimmen des Bundesrates) des Art. 79 Abs. 2 GG erreicht werden. Eine Direktwahl des Bundespräsidenten wird im juristischen Schrifttum immer wieder diskutiert. Dabei wird zumeist hervorgehoben, dass eine solche Wahl rechtspolitisch nur schwer mit den begrenzten Befugnissen des Amtes zu vereinbaren wäre.2 3. Finanzielle Aspekte Inwieweit Bewerber für das Amt des Bundespräsidenten bzw. die sie aufstellenden Parteien einen finanziellen Ausgleich für etwaige Wahlkampfkosten erhalten würden, lässt sich nicht prognostizieren . Ein allgemeiner Erstattungsanspruch, wonach Wahlbewerber für ihre Kandidatur generell entschädigt werden müssen, existiert nicht. Bestehen Regelungen für eine Wahlkampfkostenerstattung zugunsten der politischen Parteien, verlangt das Bundesverfassungsgericht jedoch, dass der Grundsatz der Chancengleichheit gewahrt wird.3 Parteilose Bewerber dürfen von einem Erstattungssystem nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Es würde daher bei der Einführung einer Direktwahl des Bundespräsidenten zunächst dem Gesetzgeber obliegen, einen möglichen finanziellen Anspruch zu schaffen und auszugestalten. Das derzeit geltende Recht kennt an verschiedenen Stellen eine Berücksichtigung für finanzielle Aufwendungen für die Teilnahme an Wahlen. So werden bei der Bemessung der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien nach § 18 Abs. 3 Nr. 1 PartG etwa die Stimmen berücksichtigt, die für die jeweilige Liste einer Partei abgegeben wurden; bzw. nach § 18 Abs. 3 Nr. 2 PartG werden unter Umständen Stimmen berücksichtigt, die die Partei im Wahl- oder Stimmkreis erhalten hat. 1 Vgl. Gesetz vom 25.04.1959, BGBl I 1959, 230. 2 Vgl. nur: Lörler, ZRP 2014, 209; Leisner, NJW 2009, 2938. 3 BVerfGE 41, 399. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 068/19 Seite 4 Die Parteien erhalten für die ersten vier Millionen Stimmen, die sie bei den letzten Landtags-, Bundestags- und Europawahlen erhalten haben, jeweils einen Euro pro Stimme (§ 18 Abs. 3 S. 2 PartG). Die weiteren Stimmen werden mit jeweils 0,83 Euro bei der Teilfinanzierung berücksichtigt .4 Denkbar wäre es grundsätzlich, auch mögliche Präsidentschaftswahlen bei der Parteienfinanzierung zu berücksichtigen. Auch parteilosen Einzelbewerbern in den Wahlkreisen steht unter Umständen ein Anspruch nach § 49b BWahlG zu, wenn sie mindestens zehn vom Hundert der in einem Wahlkreis abgegebenen gültigen Erststimmen erhalten haben. In diesem Fall erhalten sie 2,80 Euro für jede auf sie entfallene gültige Stimme. Auch diese Regelung könnte von ihrem Grundgedanken her auf parteilose Präsidentschaftsbewerber übertragen werden. Selbst wenn man die dargestellten Erstattungssätze bei einer möglichen Direktwahl des Bundespräsidenten jedoch fiktiv zur Anwendung bringen würde, ließen sich daraus prognostisch keine Gesamtkosten ermitteln. Diese würden von zahlreichen Faktoren, wie insbesondere der Zahl möglicher Bewerber sowie der Stimmenverteilung, abhängen. 4. Wahl des Bundespräsidenten in Österreich Nach Art. 60 Abs. 1 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes wird der Bundespräsident vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der zum Nationalrat wahlberechtigten Männer und Frauen gewählt.5 Die Einzelheiten zur Bundespräsidentenwahl sind im Bundespräsidentenwahlgesetz (BPräsWG) aus dem Jahr 1971 geregelt.6 Die österreichischen Regelungen enthalten auch Vorgaben für die Ausgaben, die die Kandidaten im Wahlkampf aufwenden dürfen. So darf ein Bewerber nach § 24a Abs. 1 BPräsWG maximal 7 Millionen Euro aufwenden. Darüber hinaus werden auch die Modalitäten für die Annahme von Spenden geregelt. In § 24a BPräsWG sind hierzu verschiedene Beschränkungen für die Spendenannahme vorgesehen. Eine staatliche vollständige oder teilweise Erstattung von Wahlkampfkosten ist in den genannten Regelungen zur Bundespräsidentenwahl nicht explizit vorgesehen. Der österreichischen Medienberichterstattung ist jedoch zu entnehmen, dass zumindest eine teilweise Rückerstattung der Wahlkampfkosten diskutiert wird.7 *** 4 Vgl. zu den Einzelheiten der Mittelverteilung: Koch, in: Ipsen, 2. Aufl. 2018, § 18 PartG Rn. 28 ff. 5 Die Regelung ist abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer =10000138 (Stand: 26.03.2019). 6 Die Regelung ist abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer =10000494 (Stand: 26.03.2019). 7 Vgl. etwa: https://kurier.at/politik/inland/wahlkampfkosten-griss-fuer-rueckerstattung/237.027.737 (Stand: 26.03.2019).