© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 067/17 Parlamentarische Kontrolle privater Gesellschaften Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 067/17 Seite 2 Parlamentarische Kontrolle privater Gesellschaften Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 067/17 Abschluss der Arbeit: 23.03.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 067/17 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird nach dem Umfang und den Grenzen der parlamentarischen Frage- und Informationsrechte bezüglich einer privatrechtlich organisierten Infrastrukturgesellschaft des Bundes. Hintergrund ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, wonach die Verwaltung der Bundesautobahnen auch durch eine Gesellschaft privaten Rechts erfolgen kann.1 2. Allgemeines parlamentarisches Frage- und Informationsrecht Den Abgeordneten des Deutschen Bundestages steht nach Art. 38 Abs. 1 GG ein allgemeines Frageund Informationsrecht gegenüber der Bundesregierung zu.2 Dieses in den §§ 100 ff. GOBT in seiner Ausübung konkretisierte Recht korrespondiert mit einer entsprechenden Antwortpflicht der Bundesregierung. Diese ist demnach grundsätzlich verpflichtet, parlamentarische Anfragen zu beantworten.3 Das Fragerecht dient damit in erster Linie einer effektiven parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns.4 Die Antwortpflicht der Bundesregierung unterliegt jedoch Grenzen. Ihr Umfang erstreckt sich zunächst nur auf solche Themen, die in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung fallen.5 Fragen, die über diesen Bereich hinausgehen, müssen nicht beantwortet werden.6 Vom Verantwortungsbereich werden alle Bereiche erfasst, für die die Bundesregierung unmittelbar oder mittelbar Verantwortung trägt, § 105 GOBT i.V.m. Ziff. I Nr. 2 Anl. 4 zur GOBT. Hierunter fallen nicht nur hoheitliche Handlungen, sondern die gesamte Amtsführung. Zu dieser ist auch die Beteiligung an privatrechtlichen Organisationsformen zu zählen, da der Bundesregierung eine sog. Flucht ins Privatrecht verwehrt ist.7 Darüber hinaus können auch entgegenstehende Verfassungsgüter die Antwortpflicht begrenzen. Das Bundesverfassungsgericht stellt hierzu insbesondere auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung , einer Geheimhaltung aus Gründen des Staatswohls sowie auf den Grundrechtsschutz 1 Vgl. Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90 u.a.) vom 13.02.2017, BT- Drs. 18/11131. 2 Klein, in: Maunz/Dürig, 78. EL 2016, Art. 38 GG Rn. 232. 3 BVerfG, NVwZ 2009, 1092 [1093]. 4 Hamdorf, in: Scheffczyk/Wolter [Hrsg.], Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 4, 2016, S. 488 f. 5 BVerfG, NVwZ 2009, 1092 [1093]. 6 Butzer, in: Beck-OK 31. Edt. 2016, Art. 38 GG Rn. 114. 7 BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 –, juris, Rn. 48. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 067/17 Seite 4 ab.8 Für parlamentarische Anfragen, die Tätigkeiten einer privaten Infrastrukturgesellschaft betreffen , kommen als mögliche Grenze einer Auskunftspflicht vor allem potenzielle Grundrechtsbeeinträchtigungen wegen einer Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in Betracht. 3. Parlamentarische Frage- und Informationsrechte in Bezug auf eine privatrechtliche Infrastrukturgesellschaft Die konkrete Verteilung der Gesellschaftsanteile kann auf die Ausübung der parlamentarischen Frage- und Informationsrechte erhebliche Auswirkungen haben. Das Bundesverfassungsgericht stellt etwa zur Begründung der Grundrechtsberechtigung entsprechender Gesellschaften, und damit für die Verortung zur Sphäre des Staates, auf einen sog. beherrschenden Einfluss des Staates ab.9 Für die weitere Darstellung soll daher entsprechend den Vorgaben im Gesetzentwurf zunächst unterstellt werden, dass der Bund Alleineigentümer der Gesellschaftsanteile der Infrastrukturgesellschaft wird.10 3.1. Begrenzung der Antwortpflicht auf den Verantwortungsbereich der Bundesregierung Die Bestimmung des Umfanges der Antwortpflicht richtet sich nach dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Bei einer privatrechtlich ausgestalteten Infrastrukturgesellschaft in der Hand des Bundes erstreckt sich dieser Verantwortungsbereich zunächst auf die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte.11 Die Bundesregierung ist bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen daher zur Herausgabe solcher Informationen verpflichtet, die sie in Ausübung der Gesellschafterrechte erlangt oder erlangen kann. Welche Informationsrechte der Bundesregierung im Einzelfall zustehen, definieren die jeweils anzuwendenden gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen. Die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Informationsrechte ist nicht einheitlich und richtet sich nach dem jeweiligen Gesellschaftstyp. Da für die Infrastrukturgesellschaft lediglich eine Errichtung als Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder als Aktiengesellschaft in Betracht kommt, ergibt sich der rechtliche Rahmen insbesondere aus den Vorschriften des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) bzw. aus dem Aktiengesetz (AktG).12 Weitere Festlegungen können im Gesellschaftervertrag bzw. der jeweiligen Satzung geregelt werden. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht allgemein festgestellt, dass auch die wirtschaftliche Betätigung des Staates der parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Insbesondere untersteht 8 Butzer, in: Beck-OK 31. Edt. 2016, Art. 38 GG Rn. 114 m.w.N. 9 BVerfG, NVwZ 2009, 1282. 10 Eine solche Ausgestaltung der Gesellschafterstruktur sieht der derzeitige Gesetzentwurf ausdrücklich vor: vgl. hierzu: Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90 u.a.) vom 13.02.2017, BT-Drs. 18/11131. 11 Vgl. für die Fragerechte gegenüber der Deutschen Bahn AG: Wissenschaftliche Dienste, Anspruch des Bundestages auf Einsicht in Planungsunterlagen der Deutschen Bahn AG bei Vorhaben nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz , WD 3 - 3000 - 109/13. 12 Vgl. für die Auskunftsansprüche gegenüber einer Aktiengesellschaft: Wissenschaftliche Dienste, Auskunftsansprüche der Legislative zur staatlichen Beteiligung an privaten Unternehmen, WD 7 - 3000 - 003/17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 067/17 Seite 5 die Regierung einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsgemäßheit der Haushaltsund Wirtschaftsführung.13 Damit geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass auch privatrechtlich organisierte Unternehmen des Bundes grundsätzlich der parlamentarischen Kontrolle und damit auch den Frage- und Informationsrechten der Abgeordneten unterliegen. Welche Grenzen dieser Kontrolle gezogen sind, hat das Bundesverfassungsgericht bisher nicht entschieden.14 Eine allgemeingültige Definition der Grenzen des Verantwortungsbereiches lässt sich nicht finden. Der Einfluss des Bundes auf ein Unternehmen variiert im Einzelfall je nach der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung und den jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen. So wird sich der Umfang des Fragerechts vor allem daran orientieren, welchen konkreten Einfluss die Bundesregierung auf das Unternehmen hat. Dieser kann von einer bloßen finanziellen Beteiligung bis hin zu einer vollständigen strategischen Beherrschung reichen. Je stärker die Bundesregierung in die konkrete Unternehmensführung eingebunden ist, desto eher werden ihr unternehmerische Entscheidungen auch unmittelbar als eigene zugerechnet werden können. Dies wirkt sich auch unmittelbar auf den Umfang der Fragerecht aus, da die Bundesregierung über ihr unmittelbar zuzurechnende Handlungen umfassend auf parlamentarische Anfragen hin antworten muss.15 Einfluss auf den Umfang der Antwortpflicht können aber auch konkrete verfassungsrechtliche Vorgaben haben. Bei der Privatisierung der Eisenbahnunternehmen des Bundes sieht Art. 87e Abs. 3 GG eine Führung als „Wirtschaftsunternehmen“ ausdrücklich vor. Diese Festlegung des verfassungsändernden Gesetzgebers wird dahingehend interpretiert, dass die Unternehmensausrichtung von einer reinen Gemein- hin zur Privatnützigkeit geändert wurde.16 Damit verbunden, ist ein Bereich entstanden, der der unternehmerischen Verantwortung der Deutschen Bahn AG unterliegt und vom staatlichen Verantwortungsbereich abzugrenzen ist. Lediglich für den Bereich in staatlicher Verantwortung sieht die derzeitige Praxis eine umfassende Antwortpflicht vor.17 Die Abgrenzung erfolgt dabei nach einem Kriterienkatalog, wie er in der Anlage 1 zur BT-Drs. 13/6149 zu finden ist. Ob auch bei der neu zu schaffenden Infrastrukturgesellschaft ein Bereich eigenständiger unternehmerischer Verantwortung entstehen wird, obliegt der gesetzgeberischen Ausgestaltung. Der derzeitige Entwurfstext sieht keine ausdrückliche Führung als „Wirtschaftsunternehmen“ vor, wie dies bei Art. 87e Abs. 3 GG für die Eisenbahnunternehmen der Fall ist. Ausdrücklich geht der Gesetzentwurf davon aus, dass der Bund sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen kann.18 Damit soll offenbar kein gesetzgeberisch angeordneter 13 BVerfG, Beschluss vom 05.06.1998 – 2 BvL 2/97–, juris, Rn. 55. 14 Vgl. hierzu aber die Ausführungen unter: 4. „Aktuelle Entwicklungen“. 15 Wissenschaftliche Dienste, Auskunftspflicht zur Wirtschaftlichkeitsberechnung für „Stuttgart 21“, WD 3 - 3000 - 027/11. 16 Windthorst, in: Sachs 7. Aufl. 2014, Art. 87e GG Rn. 43. 17 Zur Ausweitung der Fragerechte und den aktuellen Entwicklungen vgl. die Ausführungen unter 4. 18 Vgl. Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90 u.a.) vom 13.02.2017, BT-Drs. 18/11131. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 067/17 Seite 6 Wechsel von der Gemein- in die Privatnützigkeit erfolgen. Die Infrastrukturgesellschaft würde folglich im Bereich der Daseinsvorsorge verbleiben. Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung würde damit über die Stellung hinausgehen, die der Bund gegenüber der Deutschen Bahn AG innehat. Dies würde sich entsprechend zugunsten der Frage- und Informationsrechte der Abgeordneten auswirken. Dennoch führt eine Ausgliederung von staatlichen Aufgabenbereichen auf privatrechtliche Gesellschaften immer auch zu einer Verselbständigung des ausgegliederten Aufgabenbereiches. Der Umfang des Fragerechts wird sich daher nicht allgemein bestimmen lassen, sondern ist im jeweiligen Einzelfall mittels einer konkreten Abgrenzung der Verantwortungsbereiche unter Berücksichtigung der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben zu bestimmen.19 Dabei kann für die Rechtspraxis eine gewisse Unsicherheit bei der Abgrenzung im Einzelfall nicht vollständig ausgeräumt werden. 3.2. Entgegenstehende Grundrechte einer Infrastrukturgesellschaft als Grenze des Informationsanspruches Auch entgegenstehende Grundrechte können die Antwortpflicht der Bundesregierung begrenzen. Bei juristischen Personen des Privatrechts kommt insbesondere ein aus den Grundrechten resultierender Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in Betracht. Dass sich eine bundeseigene privatrechtliche Gesellschaft auf Grundrechte berufen kann, erscheint jedoch zweifelhaft. Als unmittelbar dem Staat zuzurechnende privatrechtliche Gesellschaft fehlt es bereits an der erforderlichen Grundrechtsfähigkeit. Der Staat ist grundrechtsverpflichtet und kann sich auch bei Tätigkeiten in privatrechtlicher Form nicht auf einen ihm zukommenden Grundrechtsschutz berufen.20 Dennoch wird in der Literatur vertreten, in bestimmten Konstellationen privatrechtlich organisierten Unternehmen in staatlicher Trägerschaft einen Grundrechtsschutz zukommen zu lassen.21 Gestützt wird die Grundrechtsberechtigung auf die Art der wahrgenommen Aufgaben. Weisen diese eine rein privatwirtschaftliche Natur auf, können sich auch im Eigentum des Bundes befindliche Unternehmen auf Grundrechte berufen.22 Auch diese Ansicht würde bei einer Infrastrukturgesellschaft des Bundes jedoch nicht zu einer Grundrechtsberechtigung führen. Wie dem Gesetzentwurf zu entnehmen ist, soll sich der Bund bei der „Verwaltung der Bundesautobahnen einer Gesellschaft 19 Für eine solche Bestimmung im Einzelfall bei parlamentarischen Anfragen bezüglich der Deutschen Bahn AG: Wissenschaftliche Dienste, Auskunftspflicht zur Wirtschaftlichkeitsberechnung für „Stuttgart 21“, WD 3 - 3000 - 027/11. 20 BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 –, juris, Rn. 48. 21 Vgl. etwa m.w.N.: Ruge: in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, 13. Aufl. 2014, Art. 87e GG Rn. 26. 22 Für eine Grundrechtsberechtigung der Eisenbahnunternehmen des Bundes: Windthorst, in: Sachs, 7. Aufl. 2014, Art. 87e GG Rn. 49. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 067/17 Seite 7 des privaten Rechts bedienen“23 dürfen. Die Verwaltung der Bundesautobahnen bleibt damit eine Aufgabe der Daseinsvorsorge und würde nicht in den rein privatrechtlichen Bereich ausgegliedert werden. Im Ergebnis kann das parlamentarische Frage- und Informationsrecht der Abgeordneten daher nicht mit einem Verweis auf entgegenstehende Grundrechte der Infrastrukturgesellschaft beschränkt werden. Fraglich ist, ob über den Grundrechtsschutz hinaus ein Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen für Unternehmen im öffentlichen Eigentum hergeleitet werden kann. Denkbar wäre etwa ein Schutz von fiskalischen Interessen, wie er in § 3 Nr. 6 IFG geregelt ist. Problematisch ist dabei jedoch, ob sich ein solcher Schutz aus der Verfassung ableiten lässt.24 Einen wettbewerbsrechtlichen Schutz des Staates kann dem Grundgesetz jedenfalls nicht ausdrücklich entnommen werden.25 Eine verfassungsgerichtliche Klärung zu dieser Frage steht bisher aus. Daher spricht wenig dafür, dass die Bundesregierung parlamentarische Anfragen unter Verweis auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zurückweisen könnte. 4. Aktuelle Entwicklungen Derzeit ist ein Verfahren zur Bestimmung des Umfanges der Antwortpflicht der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht anhängig. In diesem Verfahren soll insbesondere geklärt werden, ob die Bundesregierung zu einer umfassenden Auskunftserteilung auch im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung und dem sonstigen staatlichen Handeln, also auch hinsichtlich einer Beteiligung des Bundes an privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen, verpflichtet ist. Hintergrund der Verfahren sind parlamentarische Anfragen zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen der Bundesregierung gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie über verschiedene Angelegenheiten der Deutschen Bahn AG.26 Streitgegenstand ist der Verantwortungsbereich der Bundesregierung in der Rolle als Rechtsaufsicht bzw. bei der Ausübung der Gesellschafterrechte und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Umfang der Antwortpflicht bei parlamentarischen Anfragen. Hinsichtlich der Deutschen Bahn AG sollen ferner auch Fragen zu deren Grundrechten bzw. grundrechtsähnlichen Rechten als Grenze des parlamentarischen Informationsanspruches thematisiert werden.27 Einer Entscheidung in diesem Verfahren dürften daher auch 23 Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90 u.a.) vom 13.02.2017, BT-Drs. 18/11131. 24 Schoch, 2. Aufl. 2016, § 3 IFG Rn. 278. 25 Eine Ausrichtung in Richtung eines stärkeren Wettbewerbes enthält etwa Art. 87e Abs. 3 GG, der eine Einrichtung als Wirtschaftsunternehmen vorsieht. Vgl. hierzu etwa: Windthorst, in: Sachs, 7. Aufl. 2014, Art. 87e GG Rn. 42. 26 Vgl. hierzu die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.03.2017, abrufbar unter: http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/bvg17-014.html (Stand: 20.03.2017). 27 Vgl. hierzu die Gliederung für die mündliche Verhandlung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 9. Und 10. Mai 2017, abrufbar unter: http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads /DE/Verhandlungsgliederungen/bafin_mv.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Stand: 20.03.2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 067/17 Seite 8 wesentliche Aussagen hinsichtlich der parlamentarischen Informationsrechte bezüglich einer privatrechtlich organisierten Infrastrukturgesellschaft zu entnehmen sein. 5. Fazit Die Antwortpflicht der Bundesregierung bei parlamentarischen Anfragen zu Angelegenheiten einer privatrechtlich organisierten Infrastrukturgesellschaft umfasst den gesamten Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Diese hat zunächst solche Informationen herauszugeben, die sie in Ausübung ihrer Gesellschafterrechte erlangt hat oder erlangen kann. Darüber hinaus bedarf es einer jeweiligen Entscheidung im Einzelfall, ob bestimmte Informationen, die nicht im Rahmen der allgemeinen Gesellschafterbeteiligung der Bundesregierung zur Kenntnis gelangen oder gelangen könnten, dennoch in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung fallen. Zu berücksichtigen ist dabei der Grad der Einbindung der Bundesregierung in Unternehmensentscheidungen sowie die Bedeutung der jeweiligen Sachfrage für Allgemeinwohlbelange. Je näher Fragen institutionell oder thematisch den Aufgaben der Bundesregierung stehen, desto eher unterfallen sie auch dem Frage- und Informationsrecht der Abgeordneten. Auf einen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Infrastrukturgesellschaft kann sich die Bundesregierung jedenfalls unter Zugrundelegung der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht berufen, um die Beantwortung parlamentarischer Anfragen zu verweigern. ***