© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 065/19 Die Begründung der Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 065/19 Seite 2 Die Begründung der Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 065/19 Abschluss der Arbeit: 25.03.2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 065/19 Seite 3 1. Vorbemerkung: keine Begründungspflicht Nach § 93d Abs. 1 S. 3 BVerfGG bedarf die Ablehnung der Annahme einer Verfassungsbeschwerde keiner Begründung. Eine eingeschränkte Begründungspflicht galt für Nichtannahmebeschlüsse bereits vor Inkrafttreten der heutigen Regelung.1 Mit der nunmehr geltenden Fassung der Norm beabsichtigte der Gesetzgeber eine weitergehende Entlastung des Bundesverfassungsgerichts.2 Die Regelung ist in der juristischen Literatur auch auf Kritik gestoßen. Die nachfolgende Auflistung beinhaltet entsprechend dem Auftrag eine Auswahl an kritischen Literaturstimmen. 2. Kritische Literaturstimmen 2.1. Uwe Kakeldey, AnwBl 1998, S. 38 ff. beigefügt als Anlage 1 Eine fehlende Begründung seiner Entscheidungen schade nach Ansicht des Autors dem Ansehen des Bundesverfassungsgerichts. Er zeigt hierzu Fälle auf, die auf eine gewisse Beliebigkeit in der verfassungsgerichtlichen Entscheidungspraxis schließen lassen. 2.2. Uwe Kischel, Die Begründung - Zur Erläuterung staatlicher Entscheidungen gegenüber dem Bürger, Tübingen, 2003, auszugsweise beigefügt als Anlage 2 Der Autor sieht § 93d Abs. 1 S. 3 BVerfGG als verfassungsrechtlich unhaltbar an. Ohne eine Begründung der Entscheidungen seien Akzeptanz und Vertrauen kaum zu erreichen. Das Annahmeverfahren sei zudem rechtsgebunden und nicht als freie Annahmeentscheidung ausgestaltet. Zweifel werden zudem auch daran geäußert, dass die Begründungspflicht zu einem erheblichen Mehraufwand führen soll. 2.3. Eckart Klein, Konzentration durch Entlastung? Das Fünfte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht, NJW 1993, S. 2073 ff. beigefügt als Anlage 3 Bezweifelt wird insbesondere der Entlastungseffekt, da jeder Entscheidung ohnehin ein Kurzvotum des Berichterstatters zugrunde liege. 1 Vgl. zur Historie der Regelung Graßhof, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, 55. EL Oktober 2018, § 93d BVerfGG Rn. 5. 2 Vgl. BT-Drs. 12/3628, S. 14. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 065/19 Seite 4 2.4. Hans Lechner/Rüdiger Zuck, Kommentar zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 7. Aufl. 2015; die Kommentierung zu § 93d BVerfGG ist auszugsweise beigefügt als Anlage 4 Der Autor äußert vor allem rechtspolitische Kritik an der Regelung. Eine Entscheidung ohne Begründung erwecke beim Bürger den Eindruck willkürlicher Machtausübung. Dennoch hält er sie im Ergebnis für verfassungsmäßig. 2.5. Rüdiger Zuck, Der Zugang zum BVerfG: Was läßt das 5. Änderungsgesetz zum Gesetz über das BVerfG von der Verfassungsbeschwerde noch übrig? NJW 1993, S. 2641 ff. beigefügt als Anlage 5 Ein Verzicht auf die Begründungspflicht sei rechtsstaatswidrig und europarechtsfeindlich, da der Bürger nicht zum bloßen Verfahrensobjekt gemacht werden dürfe. Zudem sei das BVerfG wegen einer möglichen Menschenrechtsbeschwerde zum EGMR nicht letzte Instanz. ***