© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 065/17 Polizeiliche Videoüberwachung im öffentlichen Raum Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 065/17 Seite 2 Polizeiliche Videoüberwachung im öffentlichen Raum Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 065/17 Abschluss der Arbeit: 23. März 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 065/17 Seite 3 1. Einleitung Der Sachstand gewährt eine Übersicht über die Rechtsgrundlagen der polizeilichen Videoüberwachung im Recht des Bundes und der Länder. Regelungen zur Videoüberwachung durch Private werden nicht genannt. Die Darstellung ist außerdem auf die Überwachung des öffentlichen Raums beschränkt. Nicht erfasst sind daher Befugnisnormen der Polizei- und Verfassungsschutzgesetze zur Observation Einzelner. 2. Rechtsgrundlagen Ein einheitliches Gesetz zur Videoüberwachung existiert in Deutschland nicht. Vielmehr bestehen zahlreiche bundes- und landesrechtliche Regelungen mit jeweils eigenem sachlichem und örtlichem Anwendungsbereich. 2.1. Versammlungsgesetze Im Anwendungsbereich des Versammlungsrechts, bei öffentlichen Versammlungen und Aufzügen, gehen die Vorschriften der Versammlungsgesetze dem allgemeinen Polizeirecht vor. Einige Länder haben nach der Föderalismusreform eigene Vorschriften zur offenen Videoüberwachung von Versammlungen geschaffen.1 Diese differenzieren teils zwischen bloßen Videoaufnahmen zur Beobachtung und Videoaufzeichnungen, die gespeichert werden; außerdem werden Übersichtsaufnahmen und Aufnahmen einzelner Personen unterschieden. Während für gespeicherte Aufzeichnungen und die Überwachung einzelner Personen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich sind, setzt die Anfertigung von Übersichtsaufnahmen teilweise nur eine unübersichtliche Situation voraus. Soweit die Länder keine eigenen Versammlungsgesetze erlassen haben, gilt nach Art. 125a Abs. 1 S. 1 des Grundgesetzes das Versammlungsgesetz des Bundes fort, das die Videoüberwachung in §§ 12a, 19a regelt.2 Danach darf die Polizei Bild- und Tonaufnahmen von Versammlungsteilnehmern nur anfertigen, „wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen.“ Nach Ende der Versammlung sind die Aufnahmen unverzüglich zu löschen, soweit sie nicht zur Strafverfolgung oder zur Gefahrenabwehr benötigt werden. 2.2. Polizeigesetze Bei der Videoüberwachung des öffentlichen Raums nach den Polizeigesetzen des Bundes und der Länder sind vier Fallgruppen zu unterscheiden: die Videoüberwachung bei öffentlichen Veranstaltungen , an gefährdeten Orten, bei gefährdeten Objekten und mit sogenannten „Bodycams“. Einen Sonderfall bildet die Videoüberwachung der Bundesgrenze durch die Bundespolizei. 1 Vgl. etwa Art. 9 des Bayerischen Versammlungsgesetzes, abrufbar unter http://gesetze-bayern.de/Content /Document/BayVersG08-9. 2 Das Versammlungsgesetz des Bundes ist abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/versammlg/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 065/17 Seite 4 Nahezu alle Polizeigesetze ermächtigen zu Videoaufnahmen von öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen, soweit diese nicht dem Versammlungsrecht unterliegen. Hierzu zählen etwa Sportveranstaltungen oder Volksfeste. Ebenso erlauben fast alle Polizeigesetze die Videoüberwachung an gefährdeten Orten. Darunter werden zumeist solche öffentlichen Orte verstanden, an denen sich erfahrungsgemäß Straftäter aufhalten, an denen Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder begehen oder an denen der Prostitution nachgegangen wird. Die ähnlich weit verbreitete Befugnis zur Videoüberwachung in oder bei gefährdeten Objekten bezieht sich in der Regel auf Versorgungs- und Verkehrseinrichtungen , öffentliche Verkehrsmittel, Amtsgebäude, Religionsstätten oder Denkmäler. Einige Landespolizeigesetze regeln bereits den Einsatz sogenannter „Bodycams“. Diese Kameras werden von Polizeibeamten am Körper getragen. In einigen Bundesländern darf der Beamte die Kamera einschalten, sobald Gefahren für Leib oder Leben bestehen.3 In anderen Bundesländern zeichnen die Kameras kontinuierlich auf; die Aufzeichnung wird aber nach kurzer Zeit wieder automatisch gelöscht. Nur wenn der Beamte den Aufnahmeknopf betätigt, werden die aktuellen und die noch vorhandenen vorangegangen Aufnahmen dauerhaft gespeichert (sogenanntes „Pre- Recording“).4 Eine entsprechende Regelung gilt künftig auch für die Bundespolizei.5 2.3. Datenschutzgesetze Die Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder regeln den Einsatz von Videokameras durch Behörden und andere öffentliche Stellen, soweit keine spezielleren Normen anwendbar sind.6 Die Vorschriften erlauben unter anderem die Überwachung von Amtsgebäuden, öffentlichen Verkehrsmitteln und Kulturgütern. Die Vorschriften sehen zumeist ausdrücklich eine Abwägung mit schutzwürdigen Interessen der Betroffenen vor. Die Überwachung muss offen erfolgen und besonders kenntlich gemacht werden. Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks der Videoüberwachung nicht mehr benötigt werden. *** 3 So z.B. in Bayern nach Art. 32 PAG, abrufbar unter http://gesetze-bayern.de/Content/Document/BayPAG-32. 4 So z.B. in Hessen nach § 14 Abs. 6 HSOG, abrufbar unter http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal _nrw.cgi?xid=169564,1. 5 Das Änderungsgesetz ist beschlossen, aber noch nicht in Kraft getreten; vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung unter http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/109/1810939.pdf. 6 Vgl. etwa § 6b des Bundesdatenschutzgesetzes, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/.