© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 063/19 Fragen zur Speicherung des personengebundenen Hinweises „ANST“ in INPOL Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 2 Fragen zur Speicherung des personengebundenen Hinweises „ANST“ in INPOL Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 063/19 Abschluss der Arbeit: 8. April 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Verarbeitung personenbezogener Hinweise „ANST“ in INPOL 4 2.1. Einheitlicher polizeilicher Informationsverbund 4 2.2. Allgemeine Voraussetzungen an die Datenweiterverarbeitung in INPOL 4 2.3. Personengebundene Hinweise in INPOL 6 3. Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit im polizeilichen Informationsverbund 7 4. Information und Auskunftsrecht Betroffener 7 5. Speicherdauer und Löschung von in INPOL gespeicherten personenbezogenen Daten 8 5.1. Löschung von Amts wegen 8 5.2. Lösch- und Aussonderungsprüffristen 8 5.3. Recht Betroffener auf Löschung 9 6. DSGVO/JI-Richtlinie 10 7. Politische Haltung der im Bundestag vertretenen Parteien 10 8. Vergabe der PHW ANST durch Stellen der Bundesländern nach Inkrafttreten der JI-Richtlinie 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 4 1. Einleitung Laut eines Beschlusses der Innenministerkonferenz aus dem Jahr 2011 werden im von Bund und Ländern gemeinsam genutzten Informationssystem Polizei (INPOL) auch sog. „Personengebundene Hinweise“ (PHW) gespeichert. Insbesondere wird zu einer in INPOL bereits erfassten Person, die mit HIV, Hepatitis B oder Hepatitis C infiziert ist, der Zusatz „ANST“ zum Zweck der Kennzeichnung einer Ansteckungsgefahr gespeichert. Die konkreten Kriterien zur Vergabe von PHW sind in einem zwischen Bund und Ländern abgestimmten Leitfaden festgelegt worden, der derzeit überarbeitet wird. Der PHW-Leitfaden ist als Verschlusssache eingestuft und deshalb nicht öffentlich zugänglich. Der Sachstand gibt einen Überblick über die im mit Wirkung zum 25. Mai 2018 neugefassten Bundeskriminalamtsgesetz1 (BKAG) geregelten generellen Vorgaben für die Verarbeitung von PHW. 2. Verarbeitung personenbezogener Hinweise „ANST“ in INPOL 2.1. Einheitlicher polizeilicher Informationsverbund INPOL ist eine auf Grundlage von § 13 i. V. m. §§ 29, 30 BKAG errichtete Verbunddatei des einheitlichen polizeilichen Informationsverbunds. Zu diesem gehören neben dem BKA, der Bundespolizei und weiterer öffentlicher Stellen des Bundes insbesondere auch die Landeskriminalämter und sonstigen Polizeibehörden der Länder, vgl. § 29 Abs. 3 BKAG. § 29 Abs. 6 BKAG regelt ferner Abrufbefugnisse des Auswärtigen Amtes sowie der Staatsanwaltschaften. Die Zentralstelle des Informationsverbundes ist gemäß § 2 Abs. 3 BKAG das Bundeskriminalamt (BKA). Unabhängig davon, können grundsätzlich alle am Verbund teilnehmenden Stellen Daten in INPOL weiterverarbeiten und abrufen. 2.2. Allgemeine Voraussetzungen an die Datenweiterverarbeitung in INPOL Die einer Weiterverarbeitung im Verbund und hier speziell in INPOL vorausgehende Erhebung personenbezogener Daten richtet sich nach dem für die jeweilige am Verbund teilnehmende Stelle geltenden Bundes- oder Landesrecht. Beispielsweise enthält das BKAG eine allgemeine Rechtsgrundlage für die Datenerhebung durch das BKA in § 9 BKAG sowie weitere speziellere Befugnisse in den Abschnitten 4 bis 7. Auf Bundesebene sind weitere Befugnisse zur Datenerhebung insbesondere im Bundespolizeigesetz (BPolG) und der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Bei polizeilichen Mischdateien wie INPOL, die Daten zu Strafverfolgungs- und Präventionszwecken enthalten, richtet sich die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten und die Rechte der Betroffenen allein nach dem für die speichernde Stelle geltenden Polizeirecht, § 483 Abs. 3, § 484 Abs. 4 StPO.2 Dies gilt auch für personengebundene Hinweise.3 Im polizeilichen Informationsverbund dürfen ausschließlich personenbezogene Daten weiterverarbeitet werden, die eine Verbundrelevanz im Sinne von § 30 BKAG aufweisen. Eine solche ist 1 Bundeskriminalamtgesetz vom 1. Juni 2017, BGBl. 2017 I S. 1354; Berichtigung in BGBl. I 2019, S. 400. 2 Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, 2. Auflage 2018, BKAG § 30 Rn. 9; Wittig, in: BeckOK StPO, 32. Auflage Stand 1.1.2019, StPO § 483 Rn. 7; Singelnstein, in: MüKO StGB, 1. Auflage, 2019, § 483 Rn. 7 und 8. 3 OVG Saarlouis, Urteil vom 30. Januar 2018, Az.: 2 A 269/16, juris. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 5 nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 BKAG insbesondere gegeben, wenn die Verarbeitung der Daten für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung erforderlich ist. Die Kriterien zur Bestimmung, welche Straftaten – ggf. orientiert an unterschiedlichen Phänomenbereichen – nach allgemeiner kriminalistischer Erfahrung Verbundrelevanz aufweisen, werden gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 bis 4 BKAG durch die am polizeilichen Informationsverbund teilnehmenden Stellen unter Beteiligung der jeweils zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden und im Benehmen mit der oder dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit festgelegt und aktualisiert. Die entsprechenden Bestimmungen sind nicht öffentlich zugänglich.4 § 30 Abs. 1 Nr. 2 BKAG regelt ferner unter welchen Voraussetzungen die Datenverarbeitung in INPOL zu erkennungsdienstlichen Zwecken (lit. a)) bzw. zu Zwecken der Fahndung nach Personen und Sachen (lit. b)) zulässig ist. Bei der Weiterverarbeitung von personengebundenen Daten in INPOL ist gemäß § 29 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 1 BKAG unabhängig von der Art und Sensibilität der erhobenen personenbezogenen Daten zudem stets der Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung (§ 12 BKAG) zu beachten: Nach § 12 Abs. 1 BKAG können durch die jeweilige Stelle selbst erhobene personenbezogene Daten, grundsätzlich zur Erfüllung derselben Aufgabe und zum Schutz derselben Rechtsgüter oder zur Verfolgung oder Verhütung derselben Straftaten auch in INPOL weiterverarbeitet werden. § 12 Abs. 2 BKAG regelt ferner die Voraussetzungen unter denen personenbezogene Daten zu anderen Zwecken, als denjenigen, zu denen sie erhoben worden sind, weiterverarbeitet werden dürfen. Gemäß § 29 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 20 BKAG hat das BMI mit Zustimmung des Bundesrates durch die BKA-Daten-Verordnung5 (BKADV) „das Nähere“ über die Art und den Umfang der Daten geregelt, die nach den §§ 16, 18 und 19 BKAG nicht nur durch das BKA, sondern durch alle6 am Verbund teilnehmenden Stellen in INPOL weiterverarbeitet werden dürfen. Die Landeskriminalämter oder andere im Benehmen mit dem BKA festgelegte Polizeibehörden der Länder sind gemäß § 32 Abs. 1 BKAG verpflichtet, die in der BKADV festgelegten Informationen an die Zentralstelle des BKA zu übermitteln, sofern diese zur Erfüllung der Aufgaben der Zentralstelle erforderlich sind. Eine § 32 Abs. 1 S. 1 BKAG entsprechende Übermittlungspflicht besteht auch für durch die Bundespolizei (§ 32 Abs. 3 S. 1 BKAG) und für durch das BKA selbst erhobene Informationen (§ 32 Abs. 4 BKAG). § 32 Abs. 3 S. 2 und 3 BKAG enthalten zudem spezifische Regelungen für Übermittlungspflichten der Zollbehörden. Alle am Verbund teilnehmenden Stellen haben das Recht, selbst Daten zur Erfüllung ihrer Übermittlungspflichten im automatisierten 4 Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, 2. Auflage 2018, BKAG § 30 Rn. 9. 5 Verordnung über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 des Bundeskriminalamtgesetzes gespeichert werden dürfen vom 4. Juni 2010 (BGBl. I S. 716), zuletzt geändert durch Artikel 6 Absatz 12 des Gesetzes vom 13. April 2017, BGBl. I S. 872. 6 BT-Drs. 18/11163, S. 29. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 6 Verfahren in INPOL einzugeben und, soweit dies zur jeweiligen Aufgabenerfüllung erforderlich ist, abzurufen, § 29 Abs. 1 S. 2 BKAG. 2.3. Personengebundene Hinweise in INPOL Gemäß § 29 Abs. 3 BKAG ist jede Stelle des polizeilichen Informationsverbundes berechtigt, ergänzende Informationen zu bereits bestehenden Datensätzen in INPOL einzugeben. Gemäß § 29 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 6 BKAG können insbesondere zur Eigensicherung von Beamten und zur Sicherung der Person selbst erforderliche PHW als Zusatzinformationen in INPOL weiterverarbeitet werden. § 16 Abs. 6 BKAG stellt keine Rechtsgrundlage für die Erhebung der der Vergabe der PHW zugrunde liegenden personenbezogenen Daten dar.7 Deren Zulässigkeit richtet sich nach dem jeweils einschlägigen Bundes- oder Landesrecht. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 15, Abs. 2 Nr. 2 BKADV8 dürfen zum Schutz des Betroffenen oder zur Eigensicherung von Beamten auch personenbezogene Daten von Beschuldigten (§ 29 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BKAG) und von einer Straftat verdächtigen Personen (§ 29 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 18 Abs. 1 Nr. 3 BKAG) als PHW wie insbesondere „Freitodgefahr“ oder „bewaffnet“, „gewalttätig“, „Explosivstoffgefahr“ weiterverarbeitet werden. Der Begriff Ansteckungsgefahr wird in § 2 Abs. 1 Nr. 15 BKADV nicht ausdrücklich als möglicher PHW genannt. Die dortige Aufzählung ist aber nur beispielhaft und nicht abschließend. Die Art und die Voraussetzungen der Vergabe der PHW sind wie eingangs bereits erwähnt stattdessen im nicht öffentlich zugänglichen PHW-Leitfaden näher geregelt. Aktuell finde im Kreis einer Expertengruppe auf Bundesebene eine Abstimmung zwischen dem BKA und dem Bundesministerium für Gesundheit sowie dem Robert Koch-Institut zur Anpassung der bundesweiten Vergabekriterien statt.9 Der PHW ANST werde ausschließlich für die definierten Infektionskrankheiten HIV, Hepatitis B und Hepatitis C vergeben.10 Die Vergabe sei laut Aussage der Bundesregierung jeweils das Ergebnis einer Einzelfallprüfung und erfolge nur dann, wenn Hinweise von einem Arzt oder einer anderen öffentlichen Stelle auf der Grundlage eines ärztlichen Attestes oder einer entsprechenden ärztlichen Unterlage (Gesundheitsamt, Verwaltungsbehörde, Justizvollzugsanstalt, u. Ä.) oder Angaben des Betroffenen selbst vorlägen. Es erfolge keine automatisierte Übermittlung durch andere öffentliche Stellen an die Polizei.11 7 Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, 2. Auflage 2018, BKAG § 16 Rn. 1. 8 In § 15 BKADV wird anstelle von § 18 Abs. 1 BKAG n. F. noch auf § 8 Abs. 2 BKAG a. F. verwiesen. 9 Antwort der Senatsverwaltung für Inneres und Sport des Landes Berlin vom 25. September 2018 auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Walter (GRÜNE) vom 10. September 2018, Drs. 18/16417, S. 5 mit weiteren Informationen zu den zu dieser Zeit diskutierten Vorschlägen zur Überarbeitung der Kriterien der Vergabe der PHW. 10 Antwort der Senatsverwaltung für Inneres und Sport des Landes Berlin vom 25. September 2018 auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Walter (GRÜNE) vom 10. September 2018, Drs. 18/16417, S. 2. 11 Antwort der Bundesregierung vom 16. Oktober 2014 auf eine Schriftliche Frage des Abgeordnetem Hubertus Zdebel (DIE LINKE.), BT-Drs. 18/2976, S. 17; vgl. auch Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Sigrid Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. (BT-Drs. 18/6755), Drs. 18/6949, S. 7 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 7 Informationen zur aktuellen Anzahl der bundesweit in INPOL gespeicherten PHW ANST sind nicht ersichtlich. Im September 2014 waren in INPOL laut Angaben der Bundesregierung 17.785 entsprechende Datensätze gespeichert.12 Rechtsprechung zur Vergabe bzw. Verarbeitung des PHW ANST ist nicht ersichtlich. 3. Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit im polizeilichen Informationsverbund Da das BKA zwar Zentralstelle des Verbundes ist, die in den Verbunddateien wie INPOL gespeicherten Daten aber häufig ursprünglich nicht selbst erhoben hat, sieht § 31 BKAG ein Konzept abgestufter und geteilter datenschutzrechtlicher Verantwortlichkeit13 vor: Diese obliegt gemäß Abs. 2 S. 1 namentlich für die Rechtmäßigkeit der Erhebung, die Zulässigkeit der Eingabe sowie die Richtigkeit oder Aktualität der Daten, grundsätzlich derjenigen Stelle, die die Daten unmittelbar eingegeben hat. Diese muss jeweils eindeutig feststellbar sein, § 32 Abs. 2 S. 2 BKAG. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Abrufs im automatisierten Verfahren trägt die jeweilige empfangende Stelle (§ 31 Abs. 2 S. 3 BKAG); die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung an die Zentralstelle trägt die übermittelnde Stelle (§ 32 Abs. 5 BKAG). Das BKA hat als Zentralstelle für den polizeilichen Informationsverbund die Einhaltung der Regelungen zur Zusammenarbeit und zur Führung des Verbundsystems zu überwachen, § 31 Abs. 1 BKAG. Die Datenschutzkontrolle obliegt grundsätzlich der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), § 31 Abs. 3 S. 1 BKAG. Datensätze, die durch nach § 31 Abs. 3 S. 2 datenschutzrechtlich verantwortliche Stellen der Länder in INPOL eingegeben wurden, können auch durch die nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen öffentlichen Stellen für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz kontrolliert werden. Der oder die BfDI arbeitet insoweit mit den zuständigen Stellen der Länder zusammen, § 31 Abs. 3 S. 3 BKAG. 4. Information und Auskunftsrecht Betroffener Weder das BKAG noch der für die Verarbeitung personenbezogener Daten in INPOL maßgebliche Teil 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) sehen eine generelle Verpflichtung der am einheitlichen polizeilichen Informationsverbund teilnehmen Stellen zur aktiven Information von Betroffenen über die Speicherung von PHW vor. Eine Ausnahme sieht § 75 BKAG vor: Werden personenbezogene Daten von Kindern, die ohne Kenntnis der Sorgeberechtigten erhoben worden sind, gespeichert, sind die Sorgeberechtigten zu benachrichtigen, sobald die Aufgabenerfüllung hierdurch nicht mehr gefährdet wird (S. 1). Von der Benachrichtigung kann abgesehen werden, solange zu besorgen ist, dass die Benachrichtigung zu erheblichen Nachteilen für das Kind führt (S. 2). Im Rahmen des polizeilichen Informationsverbundes obliegt diese Verpflichtung der dateneingebenden Stelle (S. 3). 12 Antwort der Bundesregierung vom 26. September 2014 auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE.), BT-Drs. 18/2671, S. 15. 13 Vgl. Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, 2. Auflage 2018, BKAG § 85 Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 8 Betroffene können aber gemäß § 57 Abs. 1 BDSG eine Auskunft darüber beantragen, ob (S. 1) und wenn ja, welche (S. 2 Nr. 1 Hs. 1) sie betreffende Daten verarbeitet werden. Sie haben auch ein Recht auf den Erhalt von Informationen über die Kategorien, zu denen diese Daten gehören (S. 2 Nr. 1 Hs. 2), die Herkunft der Daten (Nr. 2), die Zwecke der Verarbeitung und deren Rechtsgrundlage (Nr. 3), die Empfänger oder die Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die Daten offengelegt worden sind (Nr. 4), die für die Daten geltende Speicherdauer oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für deren Festlegung (Nr. 5), das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung der Daten durch den Verantwortlichen (Nr. 6), das Recht nach § 60, die BfDI anzurufen (Nr. 7) sowie über Angaben zur Erreichbarkeit der oder des BfDI (Nr. 8). Diese Auskünfte werden gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 BKAG durch das BKA im Einvernehmen mit der datenschutzrechtlich verantwortlichen Stelle erteilt. Erteilt ein Landeskriminalamt Auskunft aus seinem Landessystem, kann es hiermit einen Hinweis auf einen vom Land in den polizeilichen Informationsverbund eingegebenen Datensatz verbinden, § 84 Abs. 1 S. 2 BKAG. 5. Speicherdauer und Löschung von in INPOL gespeicherten personenbezogenen Daten Wird ein zu einer Person gespeicherter Datensatz aus INPOL gelöscht, umfasst dies auch die als Zusatzinformationen vermerkten PHW. Möglich ist aber auch eine eigenständige Löschung von PHW. 5.1. Löschung von Amts wegen Die verantwortliche Stelle hat personenbezogene Daten von Amts wegen unverzüglich zu löschen, wenn ihre Verarbeitung unzulässig ist, sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen oder ihre Kenntnis für seine Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist, § 77 Abs. 6 BKAG i. V. m. § 75 Abs. 1 BDSG. Nur diejenige Behörde, die die Daten zu einer Person in INPOL eingegeben hat, ist befugt, diese zu ändern, zu berichtigen oder zu löschen (§ 29 Abs. 5 S. 1 BKAG). Hat eine andere Stelle des polizeilichen Informationsverbundes Anhaltspunkte dafür, dass Daten unrichtig oder zu löschen sind, ist sie gemäß § 29 Abs. 5 S. 2 BKAG verpflichtet, dies umgehend der eingebenden Behörde mitzuteilen. Diese muss die Mitteilung unverzüglich prüfen und erforderlichenfalls die Daten unverzüglich berichtigen, löschen oder in ihrer Verarbeitung einschränken. Das BKA hat sicherzustellen , dass Änderungen, Berichtigungen und Löschungen von personenbezogenen Daten im Informationssystem nur durch eine hierzu befugte Person erfolgen können, § 29 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 15 Abs. 2 BKAG. 5.2. Lösch- und Aussonderungsprüffristen Über den unter 5.1 dargestellten Grundsatz hinaus, dass eine Speicherung und Verarbeitung nur solange erfolgen darf, wie diese erforderlich und nach der jeweiligen Rechtsgrundlage zulässig ist, existieren keine pauschalen, einheitlichen Löschfristen für alle in INPOL gespeicherten personenbezogenen Daten. In INPOL integrierte personenbezogene Daten aus der Haftdatei des BKA (§ 18 Abs. 4 BKAG), sind nach zwei Jahren zu löschen, wenn diese allein zum Nachweis darüber verarbeitet werden, dass sich die betreffenden Personen in Straf- oder Untersuchungshaft befinden, § 29 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 18 Abs. 4 BKAG. Wird der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 9 Hauptverfahrens gegen ihn unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt , so sind die personenbezogenen Daten sofort zu löschen, wenn sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, dass die betroffene Person die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, § 29 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 18 Abs. 5 BKAG. Das BKAG enthält weitere besondere Löschungsvorschriften für personenbezogene Daten, die durch das BKA zum Zweck der Bekämpfung des Terrorismus erhoben wurden (§ 79) sowie zum Schutz des unantastbaren Kernbereichs von Grundrechten (insb. § 46 Abs. 7 und § 51 Abs. 7 S. 5).14 § 77 BKAG statuiert ein einheitliches Konzept von Höchstfristen für die Prüfung der Aussonderung der im Informationssystem des BKA verarbeiteten personenbezogenen Daten. Nach der Rechtsprechung dürfen die Polizeibehörden grundsätzlich davon ausgehen, dass die Speicherung bis zum Ablauf der Prüffristen auch erforderlich ist; danach seien die Daten im Regelfall zu löschen.15 Die Aussonderungsprüffristen dürfen bei im Informationssystem des BKA verarbeiteten personenbezogenen Daten bei Erwachsenen zehn Jahre, bei Jugendlichen fünf Jahre und bei Kindern zwei Jahre nicht überschreiten, wobei nach Zweck der Speicherung sowie Art und Schwere des Sachverhalts zu unterscheiden ist, § 77 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 75 Abs. 3 BKAG. Der Beginn der Fristen ist in § 77 Abs. 3 BKAG geregelt. Ob der PHW-Leitfaden einheitliche Lösch- bzw. Aussonderungsprüffristen speziell für PHW vorsieht, ist nicht bekannt. 5.3. Recht Betroffener auf Löschung Gemäß § 58 Abs. 2 BDSG können Betroffene von dem Verantwortlichen unverzüglich die Löschung sie betreffender Daten verlangen, wenn deren Verarbeitung unzulässig ist, deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist oder diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen. Der Verantwortliche kann in den in § 58 Abs. 3 S. 1 BDSG abschließend geregelten Fällen die Verarbeitung dieser Daten einschränken anstatt diese zu löschen. Die weitere Verarbeitung der Daten ist dann nur noch zu dem Zweck zulässig, der ihrer Löschung entgegenstand, § 58 Abs. 3 S. 2 BDSG. Da bezüglich INPOL mehrere Stellen automatisiert speicherungsberechtigt sind und die betroffene Person regelmäßig nicht feststellen kann, welche Stelle die Daten gespeichert hat, kann sie sich zur Geltendmachung ihrer Rechte an jede Stelle im einheitlichen polizeilichen Informationsverbund wenden, § 85 S. 1 BKAG.16 Diese sind verpflichtet, das Vorbringen der betroffenen Person an die Stelle, die die Daten gespeichert hat, weiterzuleiten (§ 85 S. 2 BKAG) und die betroffene Person über die Weiterleitung und Name und Anschrift der empfangenden Stelle zu unterrichten (§ 85 S. 3 BKAG). § 85 S. 4 BKAG enthält eine Ausnahme für das BKA: Dieses kann statt der betroffenen Person die oder den BfDI unterrichten. Nach § 85 S. 5 richtet sich das weitere Verfahren insbesondere nach § 57 Abs. 7 S. 3 des BDSG. Danach ist von der Auskunfterteilung an die oder den 14 Vgl. Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, 2. Auflage 2018, BKAG § 77 Rn. 2. 15 Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 6. Auflage 2018, Abschnitt G., Rn. 906 m.w.N. 16 Vgl. Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, 2. Auflage 2018, BKAG § 85 Rn. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 063/19 Seite 10 BfDI abzusehen, wenn die zuständige oberste Bundesbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. 6. DSGVO/JI-Richtlinie Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) findet gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. d) keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Stattdessen diente die Neufassung des BKAG der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (JI-Richtlinie).17 Hinsichtlich der Vergabe und Verarbeitung des PHW „ANST“ in INPOL, der eine den Behörden bekannte Infektion mit HIV, Hepatitis B oder Hepatitis C kennzeichnet und mithin Gesundheitsdaten als besondere Kategorie von Daten in Bezug nimmt, ist Art. 10 der JI-Richtlinie maßgeblich. 7. Politische Haltung der im Bundestag vertretenen Parteien In der aktuellen Wahlperiode war die Vergabe des PHW „ANST“ ausweislich des Dokumentationsund Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge bisher weder Thema im Bundestag selbst, noch Gegenstand von Anfragen an die Bundesregierung. 8. Vergabe der PHW ANST durch Stellen der Bundesländern nach Inkrafttreten der JI-Richtlinie Informationen zur Vergabe des PHW ANST durch Berliner Polizeibehörden in INPOL und Berliner Polizeidatenbanken finden sich in der Antwort der Senatsverwaltung für Inneres und Sport des Landes Berlin vom 25. September 2018 auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Walter (GRÜNE) vom 10. September 2018, Drs. 18/16417.18 Der Bremer Senat beantwortete im Jahr 2018 ebenfalls eine kleine Anfrage zum Thema Personenbezogene Hinweise in polizeilichen Datenbanken.19 *** 17 BT-Drs. 18/11163, S. 1. 18 Vgl. zur über INPOL hinausgehenden Vergabe des PHW ANST auch die Antwort der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vom 26. September 2014 auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN), Drs. 17/14632. 19 Antwort des Senats vom 28. März 2017 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 15. Februar 2017, Drs. 19/996.