Deutscher Bundestag Einheitsgemeinde und Samtgemeinde am Beispiel Niedersachsens Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 - 063/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 063/11 Seite 2 Einheitsgemeinde und Samtgemeinde am Beispiel Niedersachsens Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 - 063/11 Abschluss der Arbeit: 09. März 2011 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 063/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die Einheitsgemeinde 5 2.1. Die Organe der Einheitsgemeinde 5 2.2. Die Aufgaben der Einheitsgemeinde 6 2.3. Die Rechtstellung der Untergliederungen der Einheitsgemeinde 6 3. Die Samtgemeinde 6 3.1. Die Organe der Samtgemeinde 7 3.2. Die Aufgaben der Samtgemeinde 7 3.3. Die Rechtstellung der Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden 8 4. Vor- und Nachteile der behandelten Verwaltungseinheiten 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 063/11 Seite 4 1. Einleitung Gemeinden sind öffentlich-rechtliche Körperschaften (Art. 57 Abs. 1 Niedersächsische Verfassung ) und Gebietskörperschaften (§ 1 Abs. 2 Niedersächsische Gemeindeordnung (NGO)) . Sie sind als juristische Personen des öffentlichen Rechts rechtsfähig1, d. h. sie können selbständig Träger von Rechten und Pflichten sein2. Für Gemeinden gilt die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) und des Art. 57 der Niedersächsischen Verfassung (NV). Als Gebietskörperschaften entfalten Gemeinden ihre Hoheitsgewalt in einem bestimmten Gebiet, dem Gemeindegebiet3. Mit der Verwaltungs- und Gebietsreform von 19724 wurde die Verwaltungsstruktur des Landes Niedersachsen verändert. Um die Anzahl der Verwaltungseinheiten in Niedersachsen zu verringern , wurde die Möglichkeit des Zusammenschlusses mehrerer kleinen Gemeinden zu einer Samtgemeinde als Alternative zu der Einheitsgemeinde geschaffen5. Einheitsgemeinden und Samtgemeinden sind Verwaltungseinheiten mit unterschiedlicher Struktur und Organisation. Während Einheitsgemeinden eigenständige Gemeinden oder Städte ggf. mit unselbständigen Untergliederungen, wie zum Beispiel Ortschaften oder Stadtbezirke, sind6, stellen Samtgemeinden Verwaltungsgemeinschaften dar, die aus selbständigen kreisangehörigen Mitgliedsgemeinden bestehen7. Auch andere Bundesländer besitzen vergleichbare Kommunalstrukturen , in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein Amt, in Baden- Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen Verwaltungsgemeinschaft, in Baden-Württemberg Gemeindeverwaltungsverband oder Verwaltungsverband und in Rheinland-Pfalz und Sachsen- Anhalt Verbandsgemeinde genannt. Nachfolgend werden die Begriffe der Einheits- und der Samtgemeinde erläutert (2. und 3.) und die Vor- und Nachteile dieser Verwaltungsorganisationen am Bespiel des niedersächsischen Landesrechts aufgezeigt (4.). 1 Ipsen, Jörn, Niedersächsisches Kommunalrecht, 2. Auflage, Stuttgart – München – Hannover – Berlin – Weimar – Dresden 1999, Rn. 44. 2 Heinrichs, Helmut, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Auflage, München 2004, Einf. v. § 21 Rn. 8 ff. 3 Ipsen (Fn. 1) Rn. 48. 4 Fünftes Gesetz zur Verwaltungs- und Gebietsreform vom 21. Juni 1972 (Nds. GVBl. 1972 S.309), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 17.2.2010 (Nds.GVBl. Nr.4/2010 S.59). Aufzählung der einzelnen Reformmaßnahmen bei: Thieme, Werner/Prillwitz, Günther, Durchführung und Ergebnisse der kommunalen Gebietsreform, Baden-Baden 1981, S. 282 f. 5 Ipsen (Fn. 1) Rn. 60. 6 Rennert, Klaus, in: Umbach, Dieter / Clemens, Thomas, Grundgesetz, Heidelberg 2002, Art. 28 Abs. 2 Rn. 94.; von Hoerner, Hans-Henning, Wieviel Demokratie in der Ortsebene? – Gemeinden oder Samtgemeinden in Niedersachsen, DNV 1998, Nr. 3, 14 ff. 7 Ipsen (Fn. 1) Rn. 910. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 063/11 Seite 5 2. Die Einheitsgemeinde Wie oben bereits skizziert, ist die Einheitsgemeinde eine selbständige Gemeinde. Daraus folgt, dass die Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 57 NV auch für die Einheitsgemeinde gilt. Diese umfasst die Befugnis zu eigenverantwortlicher Einnahmen-, Ausgaben- und Personalwirtschaft, sowie das Recht zur Organisation der eigenen Verwaltung, zur Planung des Gemeindegebiets und die Befugnis, ihre Angelegenheiten im Wege autonomer Rechtsetzung zu regeln.8 Die 287 Einheitsgemeinden in Niedersachsen bestehen aus 229 einfachen, d.h. nicht privilegierten Gemeinden, aus 41 selbständigen Gemeinden, aus 7 großen selbständigen Städten und aus 10 kreisfreien Städten.9 2.1. Die Organe der Einheitsgemeinde Als juristische Person besitzt die Gemeinde vertretungsberechtigte Organe, um rechtserhebliche Handlungen vornehmen zu können10. Das kommunale Vertretungsorgan ist dabei der Gemeinderat , der vom Gesetzgeber als „Hauptorgan“ der Gemeinde bezeichnet wird (§ 31 Abs. 1 S. 1 NGO). Die Ratsmitglieder sind Volksvertreter und werden von den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt (§ 33 Abs. 1 S. 1 NGO). Die Zuständigkeiten des Rates sind in § 40 NGO abschließend geregelt. Zu denen zählen beispielsweise die Zuständigkeit für organinterne Entscheidungen, Kreations- und Abberufungskompetenzen , dienstrechtliche Befugnisse, Rechtsetzungskompetenzen und Beschlüsse in Haushalts-, Wirtschafts- und Vorbehaltsangelegenheiten. Weiteres Organ der Einheitsgemeinde ist der Bürgermeister. Er ist der „Hauptverwaltungsbeamte “ der Gemeinde11. Der Bürgermeister ist der repräsentative Vertreter der Gemeinde (§ 63 Abs. 1 S. 1 NGO) und vertritt die Gemeinde in Rechts-und Verwaltungsangelegenheiten (§ 63 Abs. 1 S. 2 NGO). Darüber hinaus leitet er die Verwaltung (§ 62 Abs. 2 NGO) und besitzt interorganschaftliche Zuständigkeiten, wie zum Beispiel die körperschaftsinterne Rechtsaufsicht (§ 65 NGO). Desweiteren gibt es den Verwaltungsausschuss als „Zwischenorgan“.12 Er besteht aus dem Bürgermeister , den Beigeordneten und den Inhabern eines Grundmandats (§ 56 Abs. 1 S. 1 NGO). Er bereitet u.a. die Ratsbeschlüsse vor, besitzt eine Auffangkompetenz insbes. für die Vergabe von Aufträgen und zum Abschluss von Verträgen (§ 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 NGO) sowie das Einspruchsrecht gegen Ratsbeschlüsse (§ 60 S. 1 NGO). 8 Zu den einzelnen Selbstverwaltungsangelegenheiten vgl. Ipsen (Fn.1) Rn. 94 ff. 9 Vgl. die Aufzählung bei: Hoffmann, Peter, in: Kost, Andreas, Kommunalpolitik in den deutschen Ländern, 2. Auflage, Wiesbaden 2010, S. 206. 10 Heinrichs (Fn. 2) Rn. 1. 11 Ipsen (Fn. 1) Rn. 334. 12 Ipsen (Fn. 1) Rn. 397ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 063/11 Seite 6 2.2. Die Aufgaben der Einheitsgemeinde Die der Gemeinde auferlegten Aufgaben unterteilen sich in Selbstverwaltungsangelegenheiten (eigener Wirkungskreis i. S. v. § 4 Abs. 1 NGO) und Auftragsangelegenheiten (übertragener Wirkungskreis i. S. v. § 5 Abs. 1 NGO). Zum eigenen Wirkungskreis gehören alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sowie die Aufgaben, die den Gemeinden durch Gesetz oder sonstige Vorschrift als eigene zugewiesen sind (§ 4 Abs. 1 NGO). Die Selbstverwaltungsaufgaben, die von der Gemeinde freiwillig übernommen werden können, sind Basisversorgung, Soziales und Gesundheit , Bildung und Kultur, Sport, Freizeit, Erholung, das Bauwesen, die Wirtschaft und die Gefahrenabwehr. Demgegenüber gibt es solche Selbstverwaltungsaufgaben, deren Erfüllung durch Gesetz zur Pflicht gemacht worden ist. Zu den Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises gehören die Basisentsorgung, das Grundschulwesen, die Bauleitplanung, die Erschließungslast , die Straßenbaulast und der Brandschutz.13 Zu den Auftragsangelegenheiten der Gemeinden gehören staatliche Aufgaben, die durch Gesetz den Gemeinden zugewiesen sind (Art. 57 Abs. 4 NV, § 5 Abs. 1 NGO), wie zum Beispiel die Integration der Gemeinden in den Verwaltungsaufbau . In diesem Bereich sind die Gemeinden an die Weisungen der staatlichen Behörden gebunden .14 2.3. Die Rechtstellung der Untergliederungen der Einheitsgemeinde Eine Einheitsgemeinde kann auch eine Ortschaftsverfassung besitzen. Die in einer Einheitsgemeinde eingegliederten, unselbständigen Gemeindeteile sind aber keine Körperschaften und besitzen keine Rechtsfähigkeit, sondern sind als Körperschaftsteile anzuordnen, deren Organe (Ortsrat, Ortsvorsteher bzw. Bezirksrat, Bezirksbürgermeister) Organe der Gemeinde sind.15 Der Ortsrat bzw. der Stadtbezirksrat (§§ 55 f, g bzw. 55 b NGO) und der Ortsvorsteher bzw. Bezirksbürgermeister (§ 55 h bzw. 55 b Abs. 1 S. 4 NGO) üben grundsätzlich nur Hilfsfunktionen aus. Jedoch sind sie in manchen Fällen örtlicher Angelegenheiten auch mit Entscheidungskompetenzen (§ 55 g Abs. 1 S. 2 bzw. 55 c Abs. 1 S. 1 NGO), Anhörungsrechten (§ 55 g Abs. 3 bzw. 55 c Abs. 3 NGO) und mit dem Recht, Auskünfte zu verlangen (§ 55 h Abs. S. 5 NGO), ausgestattet. 3. Die Samtgemeinde Gemeinden desselben Landkreises, die mindestens 400 Einwohner haben, können Samtgemeinden bilden (§ 71 Abs. 1 S. 1 NGO). Eine Samtgemeinde soll mindestens 7000 Einwohner haben und darf aus nicht mehr von 10 Mitgliedsgemeinden bestehen (§ 71 Abs. 1 S. 3 NGO). Die Samtgemeinden sind auch öffentlich-rechtliche Körperschaften mit dem Recht der Selbstverwaltung . Sie sind Kommunalverbände und besitzen Dienstherrnfähigkeit (§71 Abs. 3 NGO). 13 Ipsen (Fn. 1) Übersicht in Rn. 157. 14 Ipsen (Fn. 1) Rn. 162. 15 Ipsen (Fn. 1) Rn. 440. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 063/11 Seite 7 Die Samtgemeinden sind jedoch keine Gemeinden i. S. v. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 57 NV, da das körperschaftliche Element nicht aus dem Zusammenschluss von Personen, sondern von Gemeinden besteht. Sie sind somit „sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften“ i. S. d. Art. 57 Abs. 1 NV und „Gemeindeverbände“ i. S. d. Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG. 16 Die Samtgemeinde, als Alternative zu der Einheitsgemeinde, charakterisiert sich dadurch, dass der Bestand der Mitgliedsgemeinden unberührt bleibt (§ 71 Abs. 1 NGO). 3.1. Die Organe der Samtgemeinde Die Organe der Samtgemeinde sind der Samtgemeinderat, der Samtgemeindeausschuss und der Samtgemeindebürgermeister (§ 75 Abs. 1 NGO). Der Samtgemeinderat und der Samtgemeindebürgermeister werden von den Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedsgemeinden nach den Vorschriften über die Wahl der Ratsfrauen und Ratsherren bzw. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gewählt (§ 75 Abs. 2 S. 1 bzw. Abs. 3 S. 1 NGO). Die Verfassung der Samtgemeinde entspricht damit der der kreisangehörigen Gemeinde17. Die Vorschriften der NGO über die Gemeindeorgane gelten für die Organe der Samtgemeinde entsprechend, sofern sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt (§ 71 Abs. 2 NGO). 3.2. Die Aufgaben der Samtgemeinde Die Samtgemeinde erfüllt alle Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden (§72 Abs. 2 S. 1 NGO). Nach § 72 Abs. 1 S. 1 NGO erfüllt die Samtgemeinde obligatorisch auch eine Reihe von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden, wie zum Beispiel die Aufstellung von Flächennutzungsplänen (Nr. 1), die Trägerschaft des Schulwesens (Nr. 2), die Aufgaben nach dem Niedersächsischen Brandschutzgesetz (Nr. 4) und den Bau und die Unterrichtung der Gemeindeverbindungsstraßen (Nr. 5). Daneben erfüllt die Samtgemeinde auch fakultative Aufgaben, die ihr von den Mitgliedsgemeinden übertragen werden (§ 72 Abs. 1 S. 2 NGO). Der Mitgliedsgemeinden verbleiben die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, die nicht unter § 72 Abs. 1 NGO fallen bzw. nicht der Samtgemeinde ausdrücklich übertragen worden sind. Dazu zählen die Aufstellung von Bebauungsplänen, der Bau innerörtlicher Straßen und die Errichtung bzw. Unterrichtung örtlicher Einrichtungen, soweit diese nicht unter § 72 Abs. 1 S. 1 NGO fallen.18 16 Ipsen (Fn. 1) Rn. 910. 17 Ipsen (Fn. 1) Rn. 912. 18 Ipsen (Fn. 1) Rn. 922, 929. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 063/11 Seite 8 3.3. Die Rechtstellung der Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden Für Mitgliedsgemeinden gelten weiter die Vorschriften der NGO, sofern in den §§ 68 bis 70 NGO nichts anderes bestimmt ist (§ 67 NGO). Die Wahl des Rates der Mitgliedsgemeinden bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 31 ff. NGO. Die Stellung des Bürgermeisters der Mitgliedsgemeinden unterscheidet sich jedoch von der eines Bürgermeisters von Einheitsgemeinden oder Samtgemeinden. Zum einen wird er nicht von den Gemeindebürgern (§§ 61 Abs. 1, 75 Abs. 3 S. 1 NGO), sondern vom Rat gewählt (§ 68 Abs. 1 S. 1 NGO). Zum anderen ist er kraft Gesetzes Ratsvorsitzender (§ 68 Abs. 3 S. 2 NGO), während er in Einheitsgemeinden und Samtgemeinden zum Ratsvorsitzenden gewählt werden kann (§ 43 Abs. 1 NGO). Ferner kann der Rat der Mitgliedsgemeinden durch Beschluss die Befugnisse des Bürgermeisters auf den Vorsitz im Rat und im Verwaltungsausschuss und auf die repräsentative Vertretung der Gemeinde beschränken, so dass in diesem Fall die „übrigen Aufgaben“ vom Samtgemeindebürgermeister, dessen allgemeinem Vertreter oder einer anderen Person des Leitungspersonals der Samtgemeinde wahrgenommen werden (§ 70 Abs. 1 S. 1 und 2 NGO). 4. Vor- und Nachteile der behandelten Verwaltungseinheiten Folgende Argumente werden für und gegen die Verwaltungseinheiten der Einheits- und Samtgemeinde vorgebracht: Grundsätzlich wird der Einheitsgemeinde eine höhere Effizienz und Effektivität zugesprochen, während das Mehrstufenmodell der Samtgemeinde teilweise hier nur suboptimale Lösungen anbiete .19 Für die höhere Effizienz und Effektivität der Einheitsgemeinde spreche, dass sie zu einer leistungsfähigeren kommunalen Struktur führe und damit die Verwaltungskraft der neuen Gemeinde gestärkt sei. Dies diene auch dem Bürger, da die Einheitsgemeinde für ihn i. d. R. mehr erreichen könne. Hinzu kämen die Einsparungen aus dem geringeren Verwaltungsaufwand und dem geringeren Aufwand für Gremien. Mit der hohen Einwohnerzahlen seien i. d. R. auch finanzielle Vorteile verbunden, die sich aus den Sonderzuweisungen durch das Land ergäben; der Fördermitteleinsatz könne gezielter erfolgen, da Investitionsmittel gebündelt und besser mit den erforderlichen Eigenarten verbunden werden könnten. Demgegenüber bewahrten die Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden ihre Selbständigkeit. Jedoch könne eine ortsnahe Verwaltung auch in der Einheitsgemeinde durch innergemeindliche Gliederung erreicht werden, wie durch die Einführung einer Ortschaftverfassung. Andererseits seien auch Nachteile zu erkennen. Dies sei beispielsweise der Verlust an örtlicher Identität, eigenem örtlichen Gestaltungsspielraum und lokaler Selbstbestimmung. Häufig werde sich ein Gefühl der Vereinnahmung durch den größeren Partner einstellen, die mit einem Verlust an Gestaltungsmöglichkeiten gleichgesetzt werde. Man befürchtet, im neuen Gemeinderat über 19 Miller, Manfred, Von der Verwaltungsgemeinschaft zur Einheitsgemeinde, Praxis der Kommunalverwaltung , B 1 a SAn, zu finden bei: http://beck-online.beck.de (Stand: 9. März 2011). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 063/11 Seite 9 keine Einflussmöglichkeiten mehr zu verfügen. Darüber hinaus ließen sich auch in Samtgemeinden die Ausgaben reduzieren, nämlich durch Einrichtung eines Bürgerbüros, so dass Personalkosten eingespart werden könnten.20 Die Einheitsgemeinde besitze ferner eine weniger komplizierte Finanzverfassung, da der Rat den Haushaltsplan und die Hebesätze für die Gemeindesteuern beschlösse (§ 40 Abs. 1 Nr. 8 NGO) und die Abgabensatzungen in seiner Kompetenz lägen (§ 40 Abs. 1 Nr. 7 NGO). Soweit Ortsräte bestünden, hätten diese Anspruch auf Haushaltsmittel für dort verwaltete Einrichtungen des Ortsteiles – aber auch dies unterliege dem Haushaltsermessen des „zentralen“ Rates.21 In der Samtgemeinde sei die Finanzverfassung sehr viel problematischer. Die Samtgemeinden erfüllten zwar die Hauptaufgaben der Ortsebene, sie besäßen aber nicht die eigentliche Steuerhoheit. Die Mitgliedsgemeinden seien grundsätzlich frei in der Beschlussfassung über den örtlichen Hebesatz . Allerdings seien sie im Finanzverbund mit der Samtgemeinde verpflichtet, insgesamt für eine ausreichende Finanzbasis zu sorgen. Die Samtgemeinde habe kein Recht, von den Mitgliedsgemeinden Mindest-Hebesätze zu verlangen. Dies lasse ein erhebliches Konfliktpotenzial zwischen Samtgemeinden und Mitgliedsgemeinden entstehen.22 20 Detjen, Joachim, Demokratie in der Gemeinde – Bürgerbeteiligung an der Kommunalpolitik in Niedersachsen , Die Kommunale Selbstverwaltung, Hrsg. von der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, Hannover 2000, S. 36. 21 von Hoerner (Fn. 6). 22 ausführlich: von Hoerner (Fn. 6).