Finanzierung des Ausbaus der Kinderbetreuung durch den Bund - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 3 - 062/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Ausbau der Kinderbetreuung mit Bundesmitteln Ausarbeitung WD 3 - 062/07 Abschluss der Arbeit: 02.03.2007 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - Zusammenfassung Im Bereich der Kinderbetreuung kommen als Rechtsgrundlagen das Schulrecht für die Betreuung von Schulkindern und das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) für die Betreuung von Kindern im Alter von 0 – 12 außerhalb der Schule in Betracht. Für das Schulrecht tragen die Länder die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz. Das SGB VIII hat der Bund auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG („öffentliche Fürsorge“) gestützt und damit von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Die Länder haben gemäß Art. 30, 83 GG die Vollzugskompetenz für das SGB VIII des Bundes. Die Finanzierungskompetenz knüpft gemäß Art. 104a Abs. 1 GG grundsätzlich an die Verwaltungskompetenz an (Konnexitätsprinzip). Somit sind die Länder für die Finanzierung der Ausführung ihrer Aufgaben alleine zuständig. Art. 104a Abs. 1 GG lässt jedoch Durchbrechungen des Konnexitätsprinzips zu, wenn sie im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen sind, wie z.B. Art. 104a Abs. 2, 3, 104b, 91a, 91b GG. In Betracht kommt letztlich nur die Ausnahme des Art. 104b Abs. 1 Nr. 3 GG, dessen Auslegung streitig ist. Legt man die Norm weit aus, so könnte man jede Finanzhilfe (auch für einen Ausbau der Kinderbetreuung) des Bundes auf Art. 104b Abs. 1 Nr. 3 GG stützen. Die überwiegende restriktive Auslegung verbietet das, weil sonst das Konnexitätsprinzip umgangen würde, und fordert einen engen Bezug zum Wirtschaftswachstum . Ein solch enger Bezug besteht beim Ausbau der Kinderbetreuung wohl nicht. Eine finanzielle Unterstützung der Länder durch den Bund beim Ausbau der Kinderbetreuung ist nach überwiegender Ansicht wegen des Konnexitätsprinzips nicht möglich. Die Verfassung kann jedoch nach Maßgabe des Art. 79 GG geändert werden. Man könnte eine Finanzierungsmöglichkeit für den Bund zum Ausbau der Kinderbetreuung somit in die Verfassung aufnehmen. - 4 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 5 2. Zuständigkeiten des Bundes für die Kinderbetreuung 6 2.1. Gesetzgebungskompetenz 7 2.2. Verwaltungskompetenz 10 2.3. Finanzierung der Kinderbetreuung 11 2.3.1. Der Grundsatz: Art. 104a Abs. 1 GG (Konnexitätsprinzip) 11 2.3.2. Ausnahmen vom Konnexitätsprinzip 12 2.3.2.1. Auftragsverwaltung Art. 104a Abs. 2 GG 12 2.3.2.2. Geldleistungsgesetze Art. 104a Abs. 3 GG 12 2.3.2.3. Finanzhilfen des Bundes Art. 104b GG n. F. (Art. 104a Abs. 4 GG a. F.) 13 2.3.2.4. Die Gemeinschaftsaufgaben gemäß Art. 91a und 91b GG 14 3. Die Möglichkeit einer Grundgesetzänderung 15 4. Ergebnis 16 - 5 - 1. Einleitung Das Angebot von Betreuungsplätzen für Kinder in Deutschland ist zu gering, um die Nachfrage an entsprechenden Plätzen zu decken. So warten in Deutschland rund 1,2 Mio. Kinder auf einen Betreuungsplatz 1. Von den unter dreijährigen Kindern besuchen nur 10 % eine Betreuungseinrichtung in Form einer Kinderkrippe. Zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr sind es immerhin ca. 80 %, die den Kindergarten, die Kindertagesstätte oder die Vorschule besuchen2. Auf rund 20 % sinkt der Anteil dann wieder bei den sechs- bis zwölfjährigen, die in einem Hort betreut werden3. Aufgrund dieses Mangels an Betreuungsplätzen, insbesondere an Kinderkrippenplätzen für die unter Dreijährigen, wird zur Zeit diskutiert, ob der Bund die Länder speziell in diesem Bereich unterstützen soll und ob er es gegebenenfalls darf. Bezüglich der rechtlichen Grundlagen im Bereich der Kinderbetreuung ist zwischen Schulkindern und Vorschulkindern zu unterscheiden. Den rechtlichen Rahmen für die Betreuung schulpflichtiger Kinder bilden verfassungsrechtliche Vorschriften und die Schulgesetze der Länder. Aus Art. 7 Abs. 1, 20 Abs. 1 GG ergibt sich die Pflicht des Staates, für ein leistungsfähiges Schulsystem Sorge zu tragen4. Die Verantwortung des Staates reicht über die bloße Wissensvermittlung hinaus auf eine umfassende Bildung und Erziehung zur Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes5. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag des Staates steht gleichberechtigt neben dem elterlichen Erziehungsauftrag aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG6. Die grundgesetzlichen Vorgaben werden in den Schulgesetzen der Länder umgesetzt. Die Finanzierung erfolgt durch das Land bzw. die Kommunen7. Die gesetzliche Grundlage für die Betreuung, Bildung und Erziehung in Tageseinrichtungen von nicht schulpflichtigen Kindern von Geburt an bis zum Alter 1 Spieß, C. Katharina/Wrohlich, Katharina, Kindertageseinrichtungen: Bedarf und nachhaltige Finanzierung , in: APuZ 23-24 2005, S. 30, 35. 2 Perspektiven zur Weiterentwicklung des Systems der Tageseinrichtungen, http://www.bmfsfj.de/ RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/perspektiven-zur-weiterentwicklung-dessystems -der-tageseinrichtungen,property=pdf,bereich=,rwb=true.pdf (Abgerufen am 22.02.2007), S. 8. 3 Statistik der Stadt Hanau, http://www.hanau.de/rathaus/statistik/artikel/01990/ (Abgerufen am 22.02.2007). 4 Robbers, Gerhard, in: von Mangoldt, Hermann/Klein, Friedrich/Starck, Christian (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Band 1, 5. Auflage, München 2005, Art. 7 GG, Rn. 61. 5 BVerfG, DVBl 2003, 999. 6 BVerfGE 34, 165, 182 f. 7 Z.B. BW: Das Land trägt die Kosten für die in seinem Dienst stehenden Lehrer, die Schulträger tragen die übrigen Kosten, Vgl. § 15 FAG BW. - 6 - von 12 Jahren bildet das Achte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) Kinder- und Jugendhilfe8. Das Kinder- und Jugendhilferecht steht selbstständig neben dem Schulrecht und dient der Verwirklichung des in § 1 SGB VIII garantierten Rechts jedes jungen Menschen auf Förderung seiner Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit9. Der Erziehungsauftrag, den das Kinder- und Jugendhilferecht formuliert, tritt nicht eigenständig neben das elterliche Erziehungsrecht, sondern dient der Unterstützung der Eltern bei der Wahrnehmung ihres Rechts10. Das SGB VIII ist Bundesrecht, lässt aber Raum für landesrechtliche Regelungen . Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal innerhalb des Kinder- und Jugendhilferechts ist das Alter der Kinder. Seit dem 1. Januar 1996 ist in § 24 Abs. 1 SGB VIII ein individueller Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt verankert11. Für Kinder unter drei Jahren und für Kinder im schulpflichtigen Alter ist gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Regelungen zum Umfang der Leistungen und zur Finanzierung sind in den Landesgesetzen zur Kindertagesbetreuung enthalten. Die Leistungserbringung nach dem SGB VIII obliegt grundsätzlich den Landkreisen und kreisfreien Städten (§ 3 Abs. 2 S. 2, § 85 Abs. 1 i. V. m. § 69 Abs. 1 S. 2 SGB VIII)12. 2. Zuständigkeiten des Bundes für die Kinderbetreuung Das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Bundesstaatsprinzip teilt die Staatsgewalt zwischen zwei verschiedenen staatlichen Ebenen auf: der Bundes- und der Landesebene13. Der föderale Staatsaufbau verlangt eine klare Abgrenzung der Kompetenzräume von Bund und Ländern14. Gemäß Art. 30 GG ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse 8 Vgl.: Der aktuelle Begriff - Kinderbetreuung in Deutschland, Nr. 46/02, vom 4. Dezember 2002, http://www.bundestag.btg/ButagVerw/Abteilungen/W/Ausarbeitungen/Dossiers/Ablage/369/Kinder betreuung_in_Deutschland.pdf 9 Schoch, Friedrich/Wieland, Joachim, Aufgabenzuständigkeit und Finanzierungsverantwortung verbesserter Kinderbetreuung, Stuttgart u. a., 2004, S. 197. 10 Stein, Katrin, die neuen Kinderbetreuungskonzepte als Kompetenzproblem im Bundesstaat, in: ZG 2003, S. 324, 329. 11 Durch das Schwangeren- und Familienhilfegesetz vom 27. Juli 1992 wurde in § 24 SBG VIII der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz verankert, der bis zum 31. Dezember 1995 nach Maßgabe des Landesrechts bestand und ab dem 1. Januar 1996 bundesrechtlich einheitlich gelten sollte. 12 Näher erläutert bei Schoch/Wieland, Aufgabenzuständigkeit und Finanzierungsverantwortung verbesserter Kinderbetreuung, S. 76 f. 13 Erbguth, Wilfried, in: Sachs, Michael (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Auflage, München, 2003, Art. 20, Rn. 59. - 7 - und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben grundsätzlich Sache der Länder. Der Bund ist nur ausnahmsweise, soweit das Grundgesetz eine andere Regelung trifft oder zulässt, zuständig. 2.1. Gesetzgebungskompetenz In der Regel haben die Länder das Recht der Gesetzgebung (Art. 30, 70 GG). Der Bund hat nur auf den Gebieten die Gesetzgebungskompetenz, die ihm in den Art. 70 ff. GG ausdrücklich zugewiesen sind. Eine verbesserte Kinderbetreuung kann auf der Grundlage des Kinder- und Jugendhilferechts oder des Schulrechts erfolgen15. Das Schulrecht ist in der Enumeration der Kompetenzzuweisungen an den Bund (Art. 70 ff. GG) nicht aufgeführt. Die Schulgesetzgebung ist somit ausschließlich Ländersache . Im Bereich des Kinder- und Jugendhilferechts hat der Bund den Erlass des SGB VIII auf den Kompetenztitel „öffentliche Fürsorge“ (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) gestützt. Darunter wird die öffentliche Hilfeleistung in wirtschaftlichen Notlagen verstanden16. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Bereich des Kinder- und Jugendhilferechts als Teil der öffentlichen Fürsorge wird trotz der Nähe zur landeseigenen Bildung von der Rechtsprechung anerkannt. Das Merkmal „öffentliche Fürsorge“ sei nicht eng auszulegen17. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG umfasse auch präventive Maßnahmen zum Ausgleich von Notlagen und besonderen Belastungen sowie Vorkehrungen gegen die Gefahr der Hilfsbedürftigkeit18. Vorschulischen Betreuungseinrichtungen sei eine bildungsbezogene Aufgabe nicht abzusprechen19. Der Schwerpunkt des Kindergartenwesens sei jedoch eine fürsorgende Betreuung mit dem Ziel einer Förderung sozialer Ver- 14 Isensee, Josef, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland (HStR), Band IV, Heidelberg 1990, § 98, Rn. 161 f. Erbguth, in: Sachs, Art. 30, Rn. 6. 15 Schoch/Wieland, Aufgabenzuständigkeit und Finanzierungsverantwortung verbesserter Kinderbetreuung , S. 47. 16 Kunig, Philip, in: von Münch, Ingo/Kunig, Philip (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band 3, München 2003, Art. 74, Rn. 32. 17 BVerfGE 88, 203, 329 f.; 97, 332, 341 f. 18 BVerfGE 88, 203, 329 f. 19 Das Bayerische Kindergartengesetz vom 1. Januar 1973 stuft Kindergärten nicht als Fürsorgeeinrichtungen , sondern als Bildungseinrichtungen ein und stützt sich auf die Landeskompetenz zum Bildungswesen. Dies entspricht der herrschenden verfassungsrechtlichen Auffassung in der Wissenschaft : z. B. Isensee, DVBl 1995, 1 f.; Rengeling, in: HStR IV, § 100, Rn. 154, Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 74 GG, Rn. 116, Kunig, in: von Münch/Kunig, Art. 74 GG, Rn. 34, Degenhart, in: Sachs Art. 74 GG, Rn. 33. - 8 - haltensweisen und damit präventiver Konfliktvermeidung. Der vorschulische Bildungsauftrag stehe hinter dieser, dem Bereich der öffentlichen Fürsorge zuzuordnenden Aufgabe zurück20. Sieht man das Merkmal „öffentliche Fürsorge“ und damit den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG als gegeben an, so müssten weiterhin die Voraussetzungen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 72 GG) erfüllt sein. Art. 72 GG ist durch die Föderalismusreform grundlegend geändert worden, für einige Kompetenztitel, darunter auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG, gilt jedoch gemäß Art. 72 Abs. 2 GG wie bisher die „Erforderlichkeitsklausel “: Der Bund hat das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechtsoder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine Regelung erforderlich macht. Das Bundesverfassungsgericht hat das Erfordernis des Art. 72 GG bisher eng ausgelegt. Die hier in Betracht kommende Erforderlichkeit zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse sei erst dann gegeben, wenn die Auseinanderentwicklung in den Ländern das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigt21. Der Bund könnte eine grundlegende Neuregelung der Kinderbetreuung deshalb nicht vornehmen, wenn es lediglich um die Verbesserung der Lebensverhältnisse geht. Vielmehr müsste sich durch die uneinheitliche Kinderbetreuung in den Ländern eine das bundesstaatliche Sozialgefüge bedrohende Auseinanderentwicklung konkret abzeichnen. Die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung könnte man deshalb bezweifeln22. Etwas anderes gilt für eine Modifikation innerhalb des SGB VIII: Das SGB VIII stammt vom 26. Juni 1990. Vor der Grundgesetzänderung vom 15. November 1994 galt die verschärfte „Erforderlichkeitsklausel“ noch nicht, es gab nur eine „Bedürfnisklausel“. Gesetze, die aufgrund Art. 72 Abs. 2 GG in der bis zum 15. November 1994 geltenden Fassung erlassen wurden, gelten gemäß Art. 125 a Abs. 2 S. 1 GG als Bundesrecht fort. Bei Neuregelungen stellt sich allerdings die Frage, ob der Bund auch die Kompetenz innehat, wenn die mittlerweile verschärften Kriterien des Art. 72 Abs. 2 GG nicht erfüllt 20 BVerfGE97, 332, 342. Kritisch: Schoch/Wieland, Aufgabenzuständigkeit und Finanzierungsverantwortung verbesserter Kinderbetreuung, S. 55. 21 BVerfGE 106, 62, 144. 22 Schmid, Heike/Wiesner, Reinhard, Die Kinder- und Jugendhilfe und die Föderalismusreform, in: Kindschaftsrecht und Jugendhilfe, 9/2006, S. 392, 395 f. - 9 - sind. In diesen Fällen hat der Bund eine eng auszulegende Änderungskompetenz.23 Eine Modifikation einzelner Regelungen soll möglich sein, wenn die wesentlichen Elemente der im fortbestehenden Bundesgesetz enthaltenen Regelungen beibehalten werden. Eine grundlegende Neukonzeption ist dem Bund verwehrt.24 Das SGB VIII ist zuletzt durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) vom 31. Dezember 200425 mit Änderungen durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) vom 13. September 200526 modifiziert worden. Die Verpflichtung, für unter Dreijährige Kinder nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten, wurde im TAG durch die Vorgabe gesetzlich formulierter Kriterien für einen Mindestbedarf und durch die Regelung von Qualitätsmerkmalen konkretisiert.27 Im Gesetzentwurf zum TAG ist von der Bundesregierung betont worden, dass die Gesamtkonzeption des Kinder - und Jugendhilferechts nicht geändert werde und es nur um eine Konkretisierung der Leistungen zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege gehe.28 Eine grundlegende Neuregelung der Kinderbetreuung durch den Bund könnte somit (mangels erheblicher das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Auseinanderentwicklung der Lebensverhältnisse in den Ländern) an Art. 72 Abs. 2 GG scheitern. Eine Modifizierung einzelner Regelungen des SGB VIII kann der Bund jedoch vornehmen , solange die wesentlichen Elemente des SGB VIII beibehalten werden. Soweit im Bundesgesetz SGB VIII keine Regelung getroffen worden ist, sind weiterhin die Länder zuständig (Art. 72 Abs. 1 GG). Der Landesrechtsvorbehalt in § 26 SGB VIII, wonach die Länder das Nähere über Inhalt und Umfang der Leistungen regeln, bringt dies mehr deklaratorisch zum Ausdruck.29 23 Münder, Johannes u. a., in: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII: Kinder- und Jugendhilfe, 5. Auflage, München 2006, Vorb. zu den §§ 22 – 26 SGB VIII, Rn. 42. Schmid/Wiesner, Die Kinderund Jugendhilfe und die Föderalismusreform, S. 392, 395 f.. 24 BVerfGE 111, 10; 111, 226; Münder u. a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, Vorb. zu den §§ 22 – 26 SGB VIII, Rn. 42. 25 BGBl. I, 3852. 26 BGBl. I, 2729. 27 Münder u. a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, Vorb. zu den §§ 22 – 26 SGB VIII, Rn. 44. 28 BT-Drs. 15/3676, 22.; Der Bundesrat sprach hingegen von einer grundlegenden Umgestaltung der Kindertagesbetreuung, BT-Drs. 15/3986, 1. 29 Münder u. a., Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, § 26 Rn. 1. - 10 - 2.2. Verwaltungskompetenz Bundesgesetze werden gemäß Art. 30, 83 GG von den Ländern grundsätzlich als eigene Angelegenheit ausgeführt, vorbehaltlich einer anderweitigen Bestimmung durch das Grundgesetz. Die Kompetenz der Länder, Bundesgesetze als eigene Angelegenheit auszuführen (Art. 83, 84 GG), kann durch die Ausführung im Auftrag des Bundes (Art. 85 GG) ersetzt werden, oder zugunsten einer Ausführung durch den Bund allein (Art. 86 ff. GG) oder im Zusammenwirken mit den Ländern (Art. 91a, 91b, 108 Abs. 4 GG) verdrängt werden. Dies ist jedoch nur durch einen verfassungsrechtlichen Titel möglich, eine einfachgesetzliche Kompetenzverschiebung zulasten der Länder ist ausgeschlossen 30. Für den Vollzug von Bundesgesetzen ergibt sich somit grundsätzlich die Zuständigkeit der Länder, es sei denn die Verwaltungskompetenz ist dem Bund ausdrücklich zugewiesen. Weder für das Schulrecht, noch für das Kinder- und Jugendhilferecht sieht das Grundgesetz eine vom Grundsatz der landeseigenen Verwaltung abweichende Zuweisung an den Bund vor. Daneben werden allerdings unter engen Voraussetzungen auch ungeschriebene Verwaltungskompetenzen überwiegend anerkannt31. Ist eine reibungslose und vollständige Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder unter keinen Umständen zu gewährleisten , werden die Gedanken des Sachzusammenhangs (bzw. der Annex-Kompetenz) oder der Natur der Sache herangezogen, um eine Bundeskompetenz zu begründen32. Der Bund hat die ungeschriebene Verwaltungskompetenz kraft Sachzusammenhangs, wenn eine dem Bund ausdrücklich zugewiesene Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene Materie mitgeregelt wird, wenn also ein Übergreifen in nicht ausdrücklich zugewiesene Materien unerlässliche Voraussetzung ist für die Regelung einer der Bundesgesetzgebung zugewiesenen Materie33. Eine ungeschriebene Verwaltungskompetenz kraft Natur der Sache wird angenommen, wenn gewisse Sachgebiete begriffsnotwendig nur vom Bund gere- 30 Dittmann, in: Sachs, Art. 83, Rn. 10. 31 Trute, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 83 GG, Rn. 80, m. w. N. anderer Ansicht Broß, in: v. Münch/Kunig, Vor Art. 83 GG Rn. 10 f. und Bull, Hans Peter, in: Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (AK-GG), 3. Auflage 2001, Art. 83 GG, Rn. 8, 9. 32 Dittman, in: Sachs, Art. 83 GG, Rn. 16, 17. 33 BVerfGE 3, 407, 421. - 11 - gelt werden können, weil sie ihrer Natur nach eigenste Angelegenheiten des Bundes darstellen und wenn andere Möglichkeiten sachgerechter Lösung ausgeschlossen sind34. In einer „Verwaltungsvereinbarung über die Finanzierung öffentlicher Aufgaben von Bund und Ländern“ (sog. Flurbereinigungsabkommen) sollten im Zuge der Finanzreform von 1969 Umfang und Abgrenzung ungeschriebener Finanzierungszuständigkeiten geklärt werden.35 Der Abschluss der Verwaltungsvereinbarung scheiterte am Widerstand einiger Länder und behielt lediglich Entwurfcharakter. Dennoch wird der Entwurf von 1971 in der Praxis bis heute als Orientierungshilfe herangezogen, und zwar nicht nur für das Vorliegen ungeschriebener Finanzierungszuständigkeiten, sondern auch ungeschriebener Verwaltungszuständigkeiten, da erstere nur als Folge letzterer gesehen werden.36 Obwohl der Bund in extensiver Auslegung des Abkommens die Länder in zahlreichen Bereichen gefördert hat,37 lassen sich aus den Kompetenzbereichen, die nach dem Abkommen dem Bund zufallen sollen,38 keine grundsätzlichen ungeschriebenen Verwaltungskompetenzen des Bundes für das Schulrecht oder das Kinder- und Jugendhilferecht , ableiten. Somit haben die Länder die Verwaltungskompetenz für diese Bereiche inne. 2.3. Finanzierung der Kinderbetreuung Die finanzielle Lastenverteilung zwischen den Ländern und dem Bund ist im 10. Abschnitt des GG geregelt. 2.3.1. Der Grundsatz: Art. 104a Abs. 1 GG (Konnexitätsprinzip) Nach Art. 104a Abs. 1 GG tragen der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben , die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben (Konnexitätsprinzip). Abzustellen ist hier auf die Verwaltungskompetenz. Dies bedeutet, dass das Land die Ausgaben trägt, wenn es das Gesetz nach Art. 83, 84 GG selbst ausführt. Wird das Gesetz hingegen durch den Bund im Rahmen der Art. 86 ff. GG ausgeführt, muss dieser auch die Ausgaben tragen, wobei sich die Zuständigkeit des Bundes für die Verwaltung 34 Vgl. BVerfGE 11, 89, 99; 12, 205, 250; 22, 180, 217. 35 Bgl. BT-Drs. V/2861. 36 Brockmeyer, Hans Bernhard, Ungeschriebene Finanzierungszuständigkeiten des Bundes, in: Steuerrecht , Verfassungsrecht, Finanzpolitik, Festschrift für Franz Klein, S. 636, 637. Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 104a GG, Rn. 15. 37 Brockmeyer, Ungeschriebene Finanzierungszuständigkeiten, S. 643 f. - 12 - nach Art. 86 ff. GG nur aus ausdrücklichen Zuweisungen des Grundgesetzes ergeben kann (Art. 83 GG). Irrelevant für die Kostentragung ist also, wem die Gesetzgebungskompetenz zukommt. Mangels einer ausdrücklichen grundgesetzlichen Zuweisung bzw. einer ungeschriebenen Verwaltungskompetenz für den Bund im Bereich der Kinderbetreuung, sind nach Art. 83 GG die Länder zuständig. Daraus ergibt sich auch deren Pflicht, die entstehenden Kosten zu tragen. Es ist nicht möglich, diese Rechtslage durch eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Kostentragung zu umgehen. Die Vorschrift des Art. 104a Abs. 1 GG ist kein dispositives Recht39. 2.3.2. Ausnahmen vom Konnexitätsprinzip Art. 104a Abs. 1 GG lässt Durchbrechungen des Konnexitätsprinzips zu. Diese müssen jedoch verfassungsrechtlich ausdrücklich vorgesehen sein („soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt“ Art. 104a Abs. 1 GG). Die hier relevanten Ausnahmen sind im Wesentlichen in den Art. 104a Abs. 2, 3, 104b, 91a, 91b GG geregelt40. Die verfassungsrechtlich gestatteten Abweichungen vom Konnexitätsprinzip betreffen jedoch nur die Zweckausgaben (Kosten, die bei der Verwirklichung des Verwaltungszwecks entstehen ), die Verwaltungsausgaben (Kosten des Verwaltungspersonals und der Verwaltungseinrichtung ) sind in jedem Fall vom Inhaber der Aufgabenkompetenz zu tragen41. 2.3.2.1. Auftragsverwaltung Art. 104a Abs. 2 GG Art. 104a Abs. 2 GG lässt eine Kostentragung (der Zweckausgaben) durch den Bund abweichend von Art. 104a Abs. 1 GG zu, wenn die Länder im Auftrag des Bundes handeln (Art. 85 GG). Hier fehlt es jedoch an einer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Regelung der Auftragsverwaltung für den Bereich Kinderbetreuung. 2.3.2.2. Geldleistungsgesetze Art. 104a Abs. 3 GG Der Bund kann ferner gemäß Art. 104a Abs. 3 GG ganz oder teilweise finanzielle Lasten übernehmen, die durch die Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder ent- 38 Siehe: Brockmeyer, Ungeschriebene Finanzierungszuständigkeiten, S. 643 f.; Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 104a GG, Rn. 16. 39 BVerfGE 55, 274, (301), Entscheidung vom 10.12.1980; Hellermann, in: von Mangoldt /Klein/Starck, Art. 104a GG, Rn. 5. 40 Siekmann, in: Sachs, Art. 104a GG, Rn. 2. - 13 - stehen, wenn es sich um Gesetze handelt, die Geldleistungen an Dritte gewähren. Der Bund darf sich allerdings nur an den Kosten der Geldleistungsbestimmungen beteiligen, auf andere Kosten verursachende Bestimmungen findet Art. 104a Abs. 3 GG keine Anwendung 42. 2.3.2.3. Finanzhilfen des Bundes Art. 104b GG n. F. (Art. 104a Abs. 4 GG a. F.) Eine weitere Ausnahme von der strikten verfassungsrechtlichen Finanzierungsverteilung des Art. 104a Abs. 1 GG stellt die Vorschrift des Art. 104b Abs. 1 GG dar, wonach der Bund innerhalb seiner Gesetzgebungsbefugnisse den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen gewähren kann, wenn sie zum Erreichen der genannten Investitionszwecke erforderlich sind. Diese sind: Abwehr der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet und Förderung des wirtschaftlichen Wachstums. In Betracht käme hier die Nr. 3, Förderung des wirtschaftlichen Wachstums. Teilweise wird vertreten, dass jede Investitionssteigerung wachstumsfördernd sei, so dass man jede vom Bund gewährte Finanzhilfe unter die Nr. 3 subsumieren könnte43. Durch diese weite Auslegung des Art. 104b Abs. 1 Nr. 3 GG besteht allerdings die Gefahr, dass das durch den Grundsatz der Konnexität geprägte Gefüge der Finanzverfassung umgangen wird. Es ist gerade die Eigenart dieses Systems, dass die Länder weitgehend unabhängig von finanziellen Hilfen des Bundes bleiben und so ihre Eigenstaatlichkeit wahren können . Deshalb wird überwiegend eine restriktive Auslegung des Förderungsziels gefordert 44. Nach letzterer Ansicht müsste ein enger Bezug zur Wirtschaftsförderung vorliegen , allgemeine Auswirkungen, die letztlich alle Investitionen auf das wirtschaftliche Wachstum haben, genügen nicht45. Dafür sprechen der Wortlaut, ein Vergleich mit den anderen Fallgruppen und die Entstehungsgeschichte der Norm46. 41 Siekmann, in: Sachs, Art. 104a GG, Rn. 13. 42 Maunz, Theodor, in: Maunz/Dürig, Art. 104a GG, Rn. 40. 43 Vgl. Siekmann, in: Sachs, Art. 104a GG, Rn. 56. 44 Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 104a GG, Rn. 51; Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu, Bruno/Klein, Franz (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, 10. Auflage, München 2004, Art. 104a GG, Rn. 22; Fischer-Menshausen, in von Münch/Kunig, Art. 104a GG, Rn. 33. Prokisch, Rainer, in: Dolzer, Rudolf/Vogel, Klaus/Graßhof, Karin (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand: Dezember 2006, Art. 104a GG, Rn. 272. Siekmann, in: Sachs, Art. 104a GG, Rn. 57 m. w. N. 45 Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 104a GG, Rn. 51. 46 Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 104a GG, Rn. 51, Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Art. 104a GG, Rn. 22. - 14 - Der Bund hat dennoch auf Grund dieser Vorschrift verschiedene Finanzhilfen an die Länder gewährt, die sonst unzulässig wären47. Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau von Krankenhäusern wurden beispielsweise deshalb auf Art. 104a Abs. 4 Alt. 3 GG a. F. gestützt, weil die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit des arbeitenden Menschen eine unmittelbare Beziehung zum Arbeitsmarkt habe und damit auch eine große Bedeutung für das Wachstum der Wirtschaft48. Bei der finanziellen Unterstützung zur Schaffung und Entwicklung von Ganztagsschulen in den Ländern durch den Bund wurde das Heranziehen des Art. 104 a Abs. 4 Alt. 3 GG a. F. dadurch gerechtfertigt, dass die Qualitätsverbesserung des Bildungssystems als „nachhaltige gesamtwirtschaftliche Dimension“, ein „entscheidender Beitrag für eine gute Qualifizierung für die zukünftige Erwerbsarbeit“, sowie die Entstehung neuer zukunftssicherer Arbeitsplätze bezweckt seien49. Hielte man Art. 104b Abs 1 Nr. 3 GG für einschlägig, wäre der Bund zur Gewährung von Finanzhilfen ermächtigt, wenn diese zum Erreichen des Förderungsziels erforderlich wären. Dem Bund kommt bei der Bestimmung der Erforderlichkeit ein freies politisches Ermessen zu50. Finanzhilfen sind Geldleistungen an die Länder, wobei eine vollumfängliche Finanzierung durch den Bund ausgeschlossen ist („-hilfen“)51. Solange die Länder allerdings auch nur einen geringen Teil mitfinanzieren (10 % der Ausgaben wird noch als angemessen erachtet52), steht einer Aktivität des Bundes unter diesem Gesichtspunkt nichts entgegen. 2.3.2.4. Die Gemeinschaftsaufgaben gemäß Art. 91a und 91b GG Auf den Gebieten, die in Art. 91a, 91b GG genannt sind, können Bund und Länder zusammenwirken . Gemäß Art. 91a GG kann der Bund zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (Nr. 1) bei der Erfüllung von Aufgaben der Länder mitwirken, wenn diese Aufgabe für die Gesamtheit bedeutsam ist und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich ist. Allerdings fallen hierunter nur Maßnahmen, die unmittelbar der Förderung und der Entwicklung der gewerblichen 47 Eine Auflistung der aufgrund Art. 104a Abs. 4 GG a. F. gewährten Finanzhilfen findet sich bei Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Art. 104a GG, Rn. 22a. 48 BT-Drucksache 6/1874, S. 10. 49 Präambel VVIZBB: http://www.bmbf.de/pub/20030512_verwaltungsvereinbarung_zukunft_bildung_und_betreuung.pdf 50 BVerfG in NJW 1975, 819 (820). 51 Hellermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 104a GG Rn. 107. - 15 - Wirtschaft dienen, nicht jedoch Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Lebensverhältnisse 53. Der Ausbau der Kinderbetreuung dient wohl allenfalls mittelbar der Wirtschaftsförderung und eher der Verbesserung der Lebensverhältnisse, sodass eine Finanzierung wohl nicht auf Art. 91a Abs. 1 GG gestützt werden könnte. Art. 91 b GG regelt unter anderem die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Bildungsplanung und war vor der Föderalismusreform Rechtsgrundlage für die Durchführung von Modellversuchen im Bildungswesen, die vom Bund gefördert wurden. In einer Rahmenvereinbarung vom 7. Mai 1971 regelten Bund und Länder die Vorbereitung, Durchführung und wissenschaftliche Begleitung von Modellversuchen im Bildungswesen 54. Mit der Änderung des Art. 91 b GG im Zuge der Föderalismusreform wurde die Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe abgeschafft. Seitdem sind nur noch Vereinbarungen , Berichte und Empfehlungen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich möglich. Eine neues Verwaltungsabkommen über das Zusammenwirken von Bund und Ländern gemäß Artikel 91 b Abs. 2 GG55 setzt die Rahmenvereinbarung vom 7. Mai 1971 zum 31. Dezember 2006 außer Kraft und bestimmt in einer Anlage, dass die noch laufenden Modellvorhaben in die Zuständigkeit der Länder übergehen. Infolgedessen kann der Bund Modellprojekte, die sich mit der Kinderbetreuung von Schulkindern beschäftigen, nicht mehr gemäß Art. 91b GG fördern. 3. Die Möglichkeit einer Grundgesetzänderung Das Grundgesetz kann (nur) durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt (Art. 79 Abs. 1 S. 1 GG). Dazu ist sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit notwendig (Art. 79 Abs. 2 GG). Die Grenzen für den verfassungsändernden Gesetzgeber legt Art. 79 Abs. 3 GG fest: Die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze dürfen von einer Verfassungsänderung nicht berührt werden. Man könnte somit die Finanzierung der Kinderbetreuung durch den Bund durch ein verfassungsänderndes 52 Hellermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 104a GG Rn. 107. 53 Mager, in: von Münch/Kunig, Art. 91a GG, Rn. 21. 54 GMBL. 1971, S. 284. 55 Bund und Länder haben dem Abkommen am 13. Dezember 2006 zugestimmt, es ist jedoch noch nicht unterzeichnet. - 16 - Gesetz nach Maßgabe des Art. 79 GG in das Grundgesetz aufnehmen. Die elementaren Grundsätze der Verfassung werden dadurch nicht berührt. 4. Ergebnis Grundsätzlich gilt das Konnexitätsprinzip, wonach die Ausgabenverantwortung an die Aufgabenverantwortung geknüpft ist (Art. 104a Abs. 1 GG). Da die Länder sowohl ihre Schulgesetze, als auch das Kinder- und Jugendhilferecht verwalten, sind sie grundsätzlich auch für die Finanzierung zuständig. Ausnahmen, wie die der Art. 104a Abs. 2, 3, 104b, 91a, 91b GG, sind jedoch zulässig. Ob hier eine Ausnahme gemäß Art. 104b Abs. 1 Nr. 3 GG in Betracht kommt, ist wegen der umstrittenen Auslegung des Förderungsziels „wirtschaftliches Wachstums“ zweifelhaft. Legt man Art. 104b Abs. 1 Nr. 3 GG weit aus und hält jede Investition des Bundes mit allgemeinen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum für ausreichend, so könnte man wohl auch eine Investition in den Ausbau der Kinderbetreuung unter diese Norm subsumieren. Fordert man dagegen in restriktiver Auslegung einen engen Bezug zur Wirtschaftsförderung, so könnte man Art. 104b Abs. 1 Nr. 3 GG als Rechtsgrundlage für Investitionen des Bundes in die Kinderbetreuung wohl nicht heranziehen. Das Grundgesetz kann jedoch nach Maßgabe des Art. 79 GG geändert werden, so dass man die Finanzierung eines Ausbaus der Kinderbetreuung durch den Bund in die Verfassung aufnehmen könnte.