© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 059/16 § 58f Arzneimittelgesetz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 2 § 58f Arzneimittelgesetz Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 059/16 Abschluss der Arbeit: 16.03.2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung in den Themenbereich und Fragestellung 4 2. Zulässigkeit der Datenweitergabe nach § 58f AMG 6 2.1. Datenschutz nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und dem Bundesdatenschutzgesetz 6 2.2. Bereichsspezifische Datenschutzregelung des § 58f AMG 7 2.3. Keine unterschiedliche Regelung in § 58f AMG von personenbezogenen und anonymisierten Daten 8 3. Herausgabe der Daten nach §§ 58a bis 58d AMG aufgrund von Ansprüchen aus dem Informationsfreiheitsgesetz, dem Verbraucherinformationsgesetz und dem parlamentarischen Informationsanspruch 10 3.1. Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz 10 3.1.1. Anwendbarkeit des IFG auf die Daten nach §§ 58a bis 58d AMG 10 3.1.2. Zugangsanspruch gemäß den Vorschriften des IFG auf die Daten nach §§ 58a bis 58d AMG 12 3.1.2.1. Anspruch auf Zugang zu den nicht anonymisierten Daten 12 3.1.2.1.1. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nach § 6 Satz 2 IFG 12 3.1.2.1.2. Zugang zu personenbezogenen Daten nach § 5 IFG 13 3.1.2.2. Anspruch auf Zugang zu den anonymisierten Daten 14 3.2. Ansprüche nach dem Verbraucherinformationsgesetz 14 3.3. Ansprüche nach den parlamentarischen Informationsrechten 15 4. Datenschutzrechtliche Vorschriften mit Übermittlungsbefugnis an Dritte 17 5. Zusammenfassung 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 4 1. Einführung in den Themenbereich und Fragestellung Diese Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Frage, zu welchem Zweck Daten verwendet werden dürfen, die ihm Rahmen eines Verfahrens zur Auswertung des Einsatzes von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung erhoben werden. Mit dem Ziel, den Einsatz von Antibiotika bei der Haltung von Tieren zu reduzieren und das Risiko der Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu begrenzen,1 wurden im Jahr 2013 neue Regelungen zur Meldung und zur Auswertung des Einsatzes von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung eingeführt (§§ 58a – 59f Arzneimittelgesetz AMG2).3 Die neuen Regelungen richten sich an Landwirte mit Masttierhaltung ab einer bestimmten Größe und an die zuständigen Behörden. Danach gilt im Überblick folgendes Verfahren: Personen, die Rinder, Schweine, Hühner oder Puten berufs- oder gewerbsmäßig oberhalb der festgelegten Mengen 4 halten, müssen die nach Landesrecht zuständigen Behörden über den Betrieb selbst (§ 58a AMG), über die Verwendung von Antibiotika5 und die Häufigkeit des Einsatzes dieses Arzneimittels unterrichten.6 Aus diesen Angaben berechnet die zuständige Behörde für jeden Betrieb nach einer festgelegten Formel die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit (§ 58c Abs. 1 AMG).7 Diese betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit meldet die jeweils in den Bundesländern zuständige Behörde8 an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in anonymisierter Form (§ 58c Abs. 2 AMG). Das BVL berechnet aus diesen Angaben als Kennzahl 1 1 Siehe BT-Drs. 17/11293, S. 12. 2 Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2210). 3 Sechzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (BGBl. I, S. 3813). 4 Die Mengen, ab der die Meldepflichten gelten, sind in der Tierarzneimittel-Mitteilungendurchführungsverordnung - TAMMitDurchfV (BGBl. I 2014 S. 797) enthalten. Nach § 2 TAMMitDurchfV entfallen die Mitteilungspflichten , wenn die folgende durchschnittliche Anzahl pro Tierart nicht überschritten wird: 20 zur Mast bestimmte Rinder, 250 zur Mast bestimmte Schweine, 1.000 Mastputen oder 10.000 Masthühner. 5 Gemäß § 58b Abs. 1 AMG bezieht sich die Meldepflicht genauer auf Arzneimittel, „die antibakteriell wirksame Stoffe enthalten“. 6 Dies gilt insbesondere für die Zahl der behandelten Tiere, die Behandlungsdosis und die Anzahl der Behandlungstage ; vgl. § 58b AMG. 7 Die Berechnung erfolgt – grob zusammengefasst – wie folgt: Die Anzahl der in einem halben Jahr behandelten Tiere wird mit der Anzahl der Behandlungstage multipliziert. Das Ergebnis wird durch die Anzahl der in diesem Zeitraum in dem Betrieb gehaltenen Tiere der betroffenen Art dividiert, um die Therapiehäufigkeit zu errechnen . Beispiel: Ein Landwirt, der 2.000 Schweine hält, verabreicht im Betrachtungszeitraum 1.000 Schweinen für jeweils 5 Tage ein Antibiotikum. Die Anzahl der behandelten Schweine multipliziert mit den Behandlungstagen ergibt 5.000 (1.000 Schweine x 5 Behandlungstage). Dieser Betrag wird mit der Anzahl aller Schweine dividiert (5.000/2.000). Dies ergibt eine halbjährliche Therapiehäufigkeit von 2,5. 8 Die Länder haben auch die Möglichkeit, eine für diese Zwecke gemeinsame Stelle einzurichten (§ 58c Abs. 3 AMG). Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) wurde von den Ländern mit der Erstellung und dem Betrieb der Zentralen Datenbank im Rahmen des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere beauftragt (vgl. http://www.hi-tier.de/default.htm). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 5 den Wert, unter dem 50% der gemeldeten halbjährlichen Therapiehäufigkeiten liegen (Median). Das ist gewissermaßen die durchschnittliche Therapiehäufigkeit im Bundesgebiet. Als Kennzahl 2 berechnet das BVL den Wert, unter dem 75% der gemeldeten halbjährlichen Therapiehäufigkeiten liegen für jede Tierart (drittes Quartil § 58c Abs. 4 Satz 1 AMG). Diese Kennzahlen werden durch das BVL halbjährlich im Bundesanzeiger veröffentlicht (§ 58c Abs. 4 Satz 2 AMG).9 Die betroffenen Tierhalter sind sodann verpflichtet, ihre betriebsindividuelle Kennzahl mit den bundesweiten Kennzahlen zu vergleichen. Für den Fall, dass die Therapiehäufigkeit des einzelnen Betriebs über der Kennzahl 1 (Median, d.h. über dem Durchschnitt) aller Betriebe liegt, ist der Tierhalter gehalten, gemeinsam mit dem behandelnden Tierarzt die Ursachen für die Überschreitung zu ermitteln und, falls erforderlich, entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes zu ergreifen (§ 58d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AMG). Liegt die betriebsindividuelle Kennzahl über der Kennzahl 2 (drittes Quartil), ist der Tierhalter verpflichtet, einen schriftlichen Maßnahmenplan zur Senkung des Antibiotikaeinsatzes zu erarbeiten und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen (§ 58d Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 AMG). Diese kann, erforderlichenfalls , entsprechende Maßnahmen anordnen und als ultima ratio den Betrieb zeitlich befristet stilllegen (§ 58d Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 AMG).10 In § 58f AMG ist schließlich der Umgang mit den im Rahmen dieses Verfahrens erhobenen Daten geregelt. Darin heißt es: „Die Daten nach den §§ 58a bis 58d dürfen ausschließlich zum Zweck der Ermittlung und der Berechnung der Therapiehäufigkeit, der Überwachung der Einhaltung der §§ 58a bis 58d und zur Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften verarbeitet und genutzt werden. Abweichend von Satz 1 darf die zuständige Behörde, soweit sie Grund zu der Annahme hat, dass ein Verstoß gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht, das Tierschutzrecht oder das Tierseuchenrecht vorliegt, die Daten nach den §§ 58a bis 58d an die für die Verfolgung von Verstößen zuständigen Behörden übermitteln, soweit diese Daten für die Verfolgung des Verstoßes erforderlich sind.“ Auf dieser gesetzlichen Basis soll untersucht werden, welche Daten nach § 58f AMG weitergegeben werden dürfen und ob insbesondere eine Weitergabe der Informationen über den Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft an die Medien, die Wissenschaft oder die Öffentlichkeit nach dieser Vorschrift zulässig wäre (dazu unten Ziff. 2). Dabei soll auch berücksichtigt werden, ob 9 Vgl. z.B. die Veröffentlichung im BAnz AT vom 30.09.2015 (https://www.bundesanzeiger.de/ebanzwww /wexsservlet?page.navid=official_starttoofficial_view_publication&session.sessionid =40a79096b67672b290a90ad514dc6e9f&fts_search_list.selected=e9ae6643848bc126&&fts_search_list.dest- HistoryId=13279&fundstelle=BAnz_AT_30.09.2015_B4). 10 Siehe zum Ganzen auch Heßhaus/Laber-Probst, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2016, Vorbemerkung zu §§ 58a bis 58g, Rdnr. 1 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 6 entsprechende Informationen nach anderen Gesetzen, insbesondere dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG11) oder dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG12), und aufgrund der parlamentarischen Informationsrechte an die Parlamente herausgegeben werden dürfen bzw. müssen (dazu unten Ziff. 3). Schließlich soll untersucht werden, ob es vergleichbare datenschutzrechtliche Vorschriften gibt, in denen die Weitergabe von zu bestimmten Zwecken erhobenen Daten zu Gunsten Dritter gestattet ist (dazu unten Ziff. 4.). 2. Zulässigkeit der Datenweitergabe nach § 58f AMG 2.1. Datenschutz nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und dem Bundesdatenschutzgesetz Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1983 in seinem Volkszählungsurteil das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entwickelt (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht gewährleistet jedermann, grundsätzlich selbst zu bestimmen, ob seine personenbezogenen Daten überhaupt preisgegeben werden und wie diese Daten verwendet werden dürfen .13 Erhebt und verwendet der Staat dennoch personenbezogene Daten, so stellt dies stets einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Dieser Eingriff bedarf einer gesetzlichen Grundlage, er muss durch ein legitimes staatliches Ziel gerechtfertigt und insgesamt verhältnismäßig sein.14 Die datenschutzrechtlichen Vorschriften dienen der Umsetzung dieser Forderungen. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG15) sieht dementsprechend den Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit vor (§ 3a BDSG).16 In § 4 Abs. 2 und Abs. 3 BDSG wird außerdem deutlich, dass die Datenerhebung und Datennutzung stets nur zu einem begrenzten Zweck erfolgen darf. Im Grundsatz geht die speziellere datenschutzrechtliche Vorschrift des § 58f AMG den Regelungen des BDSG vor, soweit diese inhaltsgleiche Datenschutzregeln enthalten (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG). In Bezug auf die Weitergabe von personenbezogenen Daten an nichtöffentliche Stellen, wird daher die Regelung des § 16 BDSG durch § 58f AMG verdrängt. Soweit diese speziellen 11 Informationsfreiheitsgesetz vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), das durch Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. 12 Verbraucherinformationsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2166, 2725), das durch Artikel 2 Absatz 34 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. 13 BVerfGE 65, 1, 43 – Volkszählungsurteil. 14 BVerfGE 65, 1, 44 – Volkszählungsurteil. 15 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Februar 2015 (BGBl. I S. 162) geändert worden ist. 16 Die Landesdatenschutzgesetze sehen überwiegend vergleichbare Grundsätze vor; vgl. die Nachweise bei Gola/Klug/Körffer, in: Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 12. Auflage 2015, § 3a Rdnr. 12. Soweit es nicht spezifisch auf landesdatenschutzrechtliche Regelungen ankommt, wird nachfolgend zur Entlastung des Textes nur auf die Regelungen des BDSG Bezug genommen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 7 Vorschriften jedoch keine allgemeinen Regeln zum Datenschutz enthalten, wie dies bei § 58f AMG der Fall ist, gelten die allgemeinen Regeln des BDSG, insbesondere die §§ 1 ff. BDSG.17 Der Schutz des BDSG bezieht sich auf personenbezogene Daten von natürlichen Personen (§ 3 Abs. 1 BDSG). Zu diesen gehören auch Daten aus der beruflichen und geschäftlichen Sphäre einer Person18 und daher auch die Angaben über den Betrieb der hier betroffen Tierhalter. Angaben über juristische Personen hat der Gesetzgeber aus dem Anwendungsbereich des BDSG hingegen bewusst ausgenommen.19 Ist ein Tiermastbetrieb als juristische Person organisiert (z.B. als GmbH), ist es demnach möglich, dass das BDSG auf Daten, die sich allein auf diese juristische Person beziehen, keine Anwendung findet. Allerdings bestimmt § 58a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG, dass in der Mitteilung über die Tierhaltung stets der Name des Tierhalters angegeben werden muss. Damit sind jedenfalls die Namen der Tierhalter personenbezogene Daten. Da – nach hiesigem Verständnis alle weiteren Daten des Betriebes mit dem Namen des Tierhalters zur Berechnung der individuellen Therapiehäufigkeit bei den zuständigen Behörden verknüpft sind, wird vorliegend davon ausgegangen, dass diese Daten in der Regel auch bei juristischen Personen als personenbezogene Daten zu qualifizieren sind. 2.2. Bereichsspezifische Datenschutzregelung des § 58f AMG Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und dem Zweckbindungsgrundsatz des BDSG entsprechend, sieht § 58f AMG für die Daten, die im Rahmen der Antibiotikaverwendung und -kontrolle in der Tierhaltung erhoben werden (Daten nach den §§ 58a bis 58d AMG), eine enge Zweckbindung vor. Die Daten dürfen zunächst nur für die Ermittlung und Berechnung der Therapiehäufigkeit sowie die Überwachung der Einhaltung der §§ 58a bis 58d AMG genutzt werden . Diese Zweckbindung wird auf die Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften (§ 58f Satz 1 2. Halbsatz AMG) ausgedehnt. Sie dürfen schließlich auch an die für die Verfolgung von Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht, das Tierschutzrecht oder das Tierseuchenrecht zuständigen Behörden weitergeleitet werden, wenn die Daten für die Verfolgung der Verstöße erforderlich sind (§ 58f Satz 2 AMG). Eine weitergehende Datenverarbeitung – zur Verarbeitung von Daten gehört auch die Übermittlung der Daten an Dritte (§ 4 Abs. 4 Satz 1 BDSG20) schließt § 58f Satz 1 AMG durch die Verwendung des Wortes „ausschließlich“ ausdrücklich aus. Auch die Regelung in Satz 2 ist als eng begrenzte Ausnahme zu verstehen, da die Datenübermittlung für diese Fälle an die zuständige Behörde nur dann zulässig ist, wenn die Daten für die Verfolgung der Verstöße erforderlich 17 Gusy, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 1 BDSG, Rdnr. 81; Dix, in: Simitis, Bundesdatenschutzgesetz , 7. Auflage 2011, § 1 Rdnr. 162 ff. 18 Dammann, in: Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 7. Auflage 2011, § 3 Rdnr. 7. 19 Vgl. BT-Drs. 7/1027, S. 19 Ziff. 3.9.4. 20 Vgl. zu den weitgehend übereinstimmenden landesrechtlichen Regeln Gola/Klug/Körffer, in: Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 12. Auflage 2015, § 3 Rdnr. 60. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 8 sind.21 Damit ist die Weitergabe der Daten nach den §§ 58a bis 58d AMG an Dritte gemäß § 58f AMG nicht zulässig. 2.3. Keine unterschiedliche Regelung in § 58f AMG von personenbezogenen und anonymisierten Daten § 58f AMG unterscheidet auch nicht zwischen den persönlichen Daten der Tierhalter einerseits und den von den zuständigen Behörden zu anonymisierenden und in dieser Form an das BVL zu übermittelnden Daten andererseits (§ 58c Abs. 2 und Abs. 3AMG22). Es wurde bereits erwähnt, dass die Daten, die die Tierhalter an die zuständigen Behörden zu melden haben (z.B. Name Adresse, Betriebsgröße, Nutzarten gemäß § 58a Abs. 1 AMG), als personenbezogene Daten im Sinne § 3 Abs. 1 BDSG23 zu qualifizieren sind.24 Sie unterliegen damit den genannten Grundsätzen der Datenvermeidung und –sparsamkeit sowie der Notwendigkeit einer strengen Zweckbindung nach dem BDSG. Gleichzeitig sind solche Daten auch von dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) geschützt.25 Der Schutz von anonymisierten Daten stellt sich nach dem BDSG und auch dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hingegen anders dar. Nach dem BDSG gelten Daten, sobald sie anonymisiert wurden, nicht mehr als „personenbezogene Daten“, so dass sie dem Schutz des 21 So wohl auch: Heßhaus/Laber-Probst, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2016, Vorbemerkung zu § 58f, Rdnr.6. 22 § 58c Abs. 3 AMG regelt die Datenübermittlung an das BVL, wenn die Länder eine gemeinsame Stelle einrichten , an die die Tierhalter die Angaben nach den §§ 58a und 58b AMG mitteilen müssen. Im Unterschied zu der Regelung für die unterschiedlichen nach Landesrecht zuständigen Stellen in § 58c Abs. 2 AMG ist für die gemeinsame Stelle nicht ausdrücklich vorgesehen, dass sie die Daten dem BVL anonymisiert übermitteln muss. Bei diesem unterschiedlichen Wortlaut scheint es sich jedoch um einen Formulierungsfehler im Gesetzgebungsverfahren zu handeln. Zunächst waren die heutigen Absätze 1 bis 3 des § 58c AMG in nur einem Absatz der Vorschrift zusammengefasst (damals noch § 58b AMG-E, vgl. BT-Drs. 17/11293, S. 8 f.). Weder in der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs (BT-Drs. 17/11293, S. 12 ff.) noch in der Begründung zu den durch den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorgeschlagenen Änderungen in Bezug auf die Trennung der Absätze wird erläutert, dass die Datenübermittlung durch eine gemeinsame Stelle der Länder anders, d.h. nicht anonymisiert, erfolgen soll als über die zuständigen dezentralen Stellen. Die ursprüngliche Gesetzesbegründung deutet vielmehr darauf hin, dass die gemeinsame Stelle „nur“ die zuständigen (dezentralen ) Stellen ersetzen, für die Datenübermittlung jedoch kein anderes Verfahren gelten soll. Danach soll die Regelung zur gemeinsam Stelle „die Option [eröffnen], dass die […] für die zuständige Behörde beschriebenen Aufgaben auch von einer von den Ländern gebildeten gemeinsamen Stelle übernommen werden können“ (BT. Drs. 17/11293, S. 18). Daher ist davon auszugehen, dass auch die gemeinsame Stelle die Daten dem BVL anonymisiert übermittelt. 23 In § 3 BDSG sind personenbezogene Daten als „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“ definiert. 24 Vgl. dazu oben S. 7. 25 Grundlegend: BVerfGE 65, 1, 43 – Volkszählung; für die darauf aufbauende ständige Rechtsprechung: BVerfGE 130, 151, 184 m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 9 BDSG nicht mehr unterfallen.26 Dieser Grundsatz ist jedoch „relativ“.27 Dies bedeutet, dass die anonymisierten Daten nur für denjenigen keine „personenbezogenen Daten“ sind, der auch unter Nutzung weiterer, ihm vorliegender Informationen nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig großem Aufwand (§ 3 Abs. 3 BDSG) in der Lage ist, Personenbezug herzustellen.28 Danach ist eine Weitergabe der Daten z.B. an wissenschaftliche Einrichtungen oder die Presse nur zulässig , wenn sichergestellt ist, dass diese Empfänger keinen Personenbezug herstellen können, oder jedenfalls wenn das Risiko, dass doch Personenbezug hergestellt werden kann, so gering ist, dass es praktisch irrelevant erscheint.29 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ist hinsichtlich des Umfangs der geschützten Daten zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sehr weit auszulegen,30 allerdings gelte der Schutz nicht, wenn persönliche Daten „nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden“.31 Ob damit jegliche Form anonymer Daten aus dem Grundrechtsschutz herausfällt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar nicht eindeutig, es dürfte sich jedoch die Tendenz ergeben, dass unter den genannten Voraussetzungen anonymisierte Daten auch nicht von dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst sind. Mit Blick auf die anonymisierten Daten, die nach § 58c Abs. 2 und Abs. 3 AMG an das BVL gesendet werden müssen, würde dies somit bedeuteten, dass unter dem Regime des BDSG und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung diese Daten an Dritte weitergegeben werden dürften, soweit eine Reanonymisierung durch diesen Dritten unmöglich oder jedenfalls höchst unwahrscheinlich erscheint. Wie bereits erwähnt, unterscheidet § 58f AMG jedoch nicht zwischen den persönlichen und den später anonymisierten Daten. Vielmehr beschränkt die Vorschrift die Verarbeitung, zu der auch die Weitergabe von Daten gehört (§ 3 Abs. 4 Nr. 3a BDSG), und Nutzung der Daten nach den §§ 58a bis 58d AMG insgesamt auf die genannten Zwecke. Die Reichweite und der Schutz des § 58f AMG geht somit unter diesem Aspekt weiter als die Regelungen des BDSG. Da der Gesetzgeber in bereichsspezifischen Regelungen einen gegenüber dem BDSG weitergehenden Schutz von Daten vorsehen darf, bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit des § 58f AMG auch keine Bedenken. Die Weitergabe der Daten, die nach §§ 58a bis 58d AMG erhoben werden und damit auch die anonymisierten Daten, dürfen somit nur zu den § 58f AMG genannten Zwecken verarbeitet und genutzt werden. 26 Schild, in: Wolff/Brink, Datenschutzrecht in Bund und Ländern, 2013, § 3 BDSG, Rdnr. 22; Dammann, in: Simitis , Bundesdatenschutzgesetz, 7. Auflage 2011, § 3 Rdnr. 23. 27 Gola/Klug/Körffer, in: Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 12. Auflage 2015, § 3 Rdnr. 10 und 44. 28 Gola/Klug/Körffer, in: Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 12. Auflage 2015, § 3 Rdnr. 10. 29 Dammann, in: Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 7. Auflage 2011, § 3 Rdnr. 23. 30 BVerfGE 65, 1, 45 – Volkszählungsurteil; BVerfGE 118, 168, 185 - Kontostammdaten; BVerfGE 120, 378, 398 f. - Automatisierte Kennzeichenerfassung; BVerfGE 130, 151, 183 f. - Zuordnung dynamischer IP-Adressen. 31 BVerfGE 120, 378, 399 - Automatisierte Kennzeichenerfassung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 10 Auf der Basis des § 58f AMG dürfen die zuständigen Behörden in Bund und Ländern die Daten an Dritte nicht auch nicht anonymisiert weitergeben. 3. Herausgabe der Daten nach §§ 58a bis 58d AMG aufgrund von Ansprüchen aus dem Informationsfreiheitsgesetz , dem Verbraucherinformationsgesetz und dem parlamentarischen Informationsanspruch 3.1. Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz 3.1.1. Anwendbarkeit des IFG auf die Daten nach §§ 58a bis 58d AMG Nach § 1 Abs. 1 IFG hat jeder nach Maßgabe der Vorschriften des IFG gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.32 Das IFG bestimmt aber auch, dass den Regelungen des IFG – bis auf bestimmte Ausnahmen, die hier jedoch nicht einschlägig sind die Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen vorgehen (§ 1 Abs. 3 IFG). Der Zugangsanspruch nach § 1 Abs. 1 IFG wäre demnach nicht gegeben, wenn die Vorschrift des § 58f AMG, die eine Weitergabe der Daten an Dritte nicht vorsieht, dem IFG vorgeht. Nach der wohl herrschenden Meinung wird das IFG jedoch nur durch Vorschriften verdrängt und ist diesen gegenüber subsidiär, die einen mit § 1 Abs. 1 IFG identischen sachlichen Regelungsgegenstand aufweisen.33 Dies ist nur dann der Fall, wenn die andere Rechtsvorschrift gerade die Frage des Zugangs zu amtlichen Informationen für den jeweils geltenden Bereich abschließend regelt.34 Soweit ersichtlich, hat die Rechtsprechung diese Frage im Zusammenhang mit der datenschutzrechtlichen Regelung des § 58f AMG noch nicht entschieden. § 58f AMG regelt zwar abschließend , zu welchem Zweck die Behörden die Daten nach §§ 58a bis 58d AMG verarbeiten oder nutzen dürfen (Satz 1) oder unter welchen Voraussetzungen sie die Daten an andere Behörden weitergeben dürfen (Satz 2), die Vorschrift regelt jedoch nicht bereichsspezifisch den Zugangsan- 32 In der überwiegenden Zahl der Bundesländer existieren ebenfalls Landesinformationsfreiheitsgesetze, die den Zugang zu den Behörden der Länder nach Maßgabe des jeweiligen Landesgesetzes regeln. Siehe dazu im Einzelnen Debus, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), § 1 IFG, Rdnr. 59 ff. Inwieweit sich ein Anspruch in einem bestimmten Bundesland auf Zugang zu den Daten nach den §§ 58a bis 58d AMG ergibt, wäre anhand des jeweils einschlägigen Landesrechtes zu prüfen . Zur Entlastung des Textes wird vorliegend nur auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes Bezug genommen . 33 BVerwG, NVwZ 2012, 251; VG Berlin, Urteil vom 11.04.2014, Az.: 2 K 145.11 (juris); Schoch, Informationsfreiheitsgesetz Kommentar, 2009, § 1 Rn. 165; Debus, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations - und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), § 1 IFG, Rdnr. 182 m.w.N. 34 Debus, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), § 1 IFG, Rdnr. 182; Trips-Hebert, Informationsfreiheit und Arzneimittelrecht – mögliche Implikationen eines Informationsfreiheitsgesetzes für die pharmazeutische Industrie, PharmR 2005, 155. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 11 spruch zu diesen amtlichen Informationen für „jeden“ (oder für eine wegen des spezifischen Bereiches eingeschränkte Personengruppe). Daher werden die Ansprüche des IFG nach hiesiger Auffassung nicht schon durch die Vorschrift des § 58f AMG verdrängt. Allerdings enthält § 77a Abs. 2 AMG eine abschließende Regelung über den Zugang zu bestimmten amtlichen Informationen im Anwendungsbereich des AMG. In dieser Vorschrift werden die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder35 jedoch „nur“ verpflichtet, die Geschäftsordnungen ihrer Ausschüsse, die Tagesordnungen sowie die Ergebnisprotokolle ihrer Sitzungen öffentlich zugänglich zu machen, wobei Betriebs-, Dienst- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren sind. Der Zugang zu den Daten nach §§ 58a bis 58d AMG für „jeden“ wird in diesem Zusammenhang jedoch nicht angesprochen. Durch die Regelung des § 77a Abs. 2 AMG werden daher die Regelungen des IFG nicht durch das AMG verdrängt.36 In einem Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)37 wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Informationsfreiheitsgesetze der Länder keinen Anspruch auf Zugang zu den Informationen nach §§ 58a bis 58d AMG gewähren dürften, da § 58f AMG als bundesrechtliche Regelung den Verwendungszweck der Daten abschließend regele und diese Regelung daher aufgrund des Art. 31 GG verdrängt werde.38 Die Regelung des Art. 31 GG kommt jedoch nicht zum Tragen, wenn potentiell kollidierende Gesetze ihrerseits Regelungen zum Anwendungsvorrang im Kollisionsfalle enthalten. Soweit ersichtlich, sehen die landesrechtlichen Vorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen ähnlich wie § 1 Abs. 3 IFG – auch Regelungen über den Anwendungsvorrang anderer (speziellerer) Vorschriften vor.39 Daher ist das Verhältnis dieser landesrechtlichen Regelungen zu § 58f AMG nicht über Art. 31 GG, sondern über die jeweiligen Vorschriften zum Anwendungsbereich zu lösen. Nach allem werden nach hiesiger Auffassung die Regelungen des IFG und die entsprechenden landesrechtlichen Informationsansprüche nicht durch § 58f AMG verdrängt. 35 Zu den Adressaten der Regelung: Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2016, § 77a, Rdnr. 18 f. 36 Für das AMG: Trips-Hebert, Informationsfreiheit und Arzneimittelrecht – mögliche Implikationen eines Informationsfreiheitsgesetzes für die pharmazeutische Industrie, PharmR 2005, 155; allgemeiner: Debus, in: Gersdorf /Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), § 1 IFG, Rdnr. 180. 37 Schreiben an die Arbeitsgruppe Tierarzneimittel der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) vom 09.07.2015, nicht veröffentlicht. 38 Schreiben des BMEL (Fn. 37), S. 2. 39 Vgl. z.B. § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW; § 3 Satz 2 IZG-SH; § 3 Abs. 3 IFG Berlin; § 1 Abs. 3 BremIFG; § 1 Abs. 3 Satz 1 IFG M-V. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 12 3.1.2. Zugangsanspruch gemäß den Vorschriften des IFG auf die Daten nach §§ 58a bis 58d AMG Der Zugangsanspruch nach dem IFG ist in Bezug auf die Daten nach §§ 58a bis 58d AMG nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich dabei um Berufsgeheimnisse handeln würde, für die nach § 3 Nr. 4 IFG kein Zugangsanspruch besteht. Bei Berufsgeheimnissen im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich z.B. um die ärztliche oder anwaltliche Schweigepflicht.40 Allgemeine Informationen zu Geschäfts- und Betriebsvorgängen und damit die Informationen zum Einsatz von Antibiotika im Sinne der §§ 58a bis 58d AMG sind nicht von diesem Ausschlussgrund umfasst. Im Übrigen ist bei dem Zugangsanspruch nach dem IFG zwischen den nicht anonymisierten Daten (§§ 58b und 58c Abs.1 1 AMG) und den anonymisierten Daten (§ 58c Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 AMG) zu unterscheiden. 3.1.2.1. Anspruch auf Zugang zu den nicht anonymisierten Daten Bei den nicht anonymisierten Daten ist zwischen dem Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nach § 6 Satz 2 IFG und von personenbezogenen Daten nach § 5 IFG weiter zu unterscheiden . 3.1.2.1.1. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nach § 6 Satz 2 IFG Nach § 6 Satz 2 IFG ist die Herausgabe von Informationen, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen enthalten oder Rückschlüsse darauf zulassen,41 nur mit Zustimmung des Betroffenen, hier des Tierhalters, zulässig. Dem Betroffenen kommt insoweit ein Vetorecht zu.42 Ohne eine solche Zustimmung wäre der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, wenn es sich bei den Daten nach §§ 58a bis 58d AMG um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt. Diese werden definiert als „alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.“43 Aus den Daten nach §§ 58a bis 58d AMG lassen sich nicht nur die Daten des Betriebs selbst (Größe, Tierbestand, Tierarten), sondern auch Besonderheiten des Betriebsablaufs erkennen, z.B. wie häufig und wie lange Tiere in dem Mastbetrieb krank sind, in welchem Umfang sie Antibio- 40 Vgl. dazu BT-Drs. 15/4493, S. 11; Schirmer, in; Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), IFG § 3, Rdnr. 159 f. 41 BVerwGE 135, 34, 46. 42 Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), IFG § 6, Rdnr. 16. 43 BVerfG, NVwZ 2006, 1041, 1042 m.w.N. - Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Verwaltungsstreitverfahren; dazu auch für den Bereich des IFG: Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations - und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), IFG § 6, Rdnr. 16 ff.; Rossi, Informationsfreiheitsgesetz Handkommentar, 1. Auflag 2006, § 6 Rdnr. 66 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 13 tika erhalten, in welchem Maße Tierärzte im Betrieb eingesetzt werden. Es wird hier auf die genaue Aussage der Daten im Einzelfall ankommen, im Zweifel dürfte es sich bei diesen Informationen jedoch um „nicht offenkundige“ auf ein „Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge“ handeln. Es kommt daher darauf an, ob die Tierhalter auch ein berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung der Daten haben. Dies kann zum einen der Fall sein, wenn die Informationen von wettbewerbsrechtlicher Relevanz sind.44 Es ist nicht auszuschließen, dass den Daten nach §§ 58a bis 58d AMG eine solche Relevanz zukommt, dies kann jedoch an dieser Stelle mangels ausreichender Kenntnisse dieser landwirtschaftlichen Branche nicht abschließend entschieden werden. Zum anderen kann sich das berechtigte Interesse auch aus dem Aspekt ergeben, dass eine Schädigung des Betriebs durch die Offenlegung verhindert werden soll.45 Gerade für Betriebe, deren halbjährliche Therapiehäufigkeit sehr hoch ist, könnte sich ein negatives Image bei den Kunden ergeben. Ob es sich bei diesem Geheimhaltungsinteresse um ein „berechtigtes Interesse“ handelt, ist auch danach zu beurteilen, ob der Gesetzgeber gerade für den betroffenen Bereich die Informationen als schützenswert eingestuft hat.46 Wie dargestellt, ist die Weitergabe der Daten an Dritte nach § 58f AMG gerade nicht vorgesehen, so dass daraus auch ein berechtigtes Interesse am Schutze der nicht anonymisierten Daten abgeleitet werden kann. Im Ergebnis hängt daher die Frage, ob es sich hier um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen im Sinne von § 6 Satz 2 IFG handelt, von der Aussage der Daten im Einzelfall und der Branchenund Marktsituation ab. 3.1.2.1.2. Zugang zu personenbezogenen Daten nach § 5 IFG Können die nicht anonymisierten Daten nach §§ 58a bis 58d AMG nicht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 6 Satz 2 IFG qualifiziert werden, könnten sie aber als personenbezogene Daten der Regelung des § 5 IFG unterfallen. Danach dürfen solche Informationen nur zugänglich gemacht werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des „Dritten“ am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der „Dritte“ eingewilligt hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 IFG). „Dritter“ im Sinne dieser Regelung ist mit Blick auf die Daten nach §§ 58a bis 58d AMG der Tierhalter.47 Somit hat bei einer Entscheidung über ein Auskunftsbegehen nach dem IFG, das auf personenbezogene Daten nach den §§ 58a bis 58d AMG gerichtet ist, eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem Interesse des Tierhalters zu erfolgen. Grundsätzlich 44 Rossi, Informationsfreiheitsgesetz Handkommentar, 1. Auflag 2006, § 6 Rdnr. 75 m.w.N. 45 Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), IFG § 6, Rdnr. 25 ff.; Rossi, Informationsfreiheitsgesetz Handkommentar, 1. Auflag 2006, § 6 Rdnr. 76. 46 Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), IFG § 6, Rdnr. 28. 47 In § 5 Abs. 2 letzter Halbsatz IFG findet sich auch in diesem Zusammenhang eine besondere Regelung zu Berufsgeheimnissen . Auch hier geht der Begriff nicht weiter als bereits oben im Rahmen von § 3 Nr. 4 IFG erläutert . Informationen über Geschäfts- und Betriebsabläufe werden davon nicht erfasst (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 13). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 14 kommt es auf eine Abwägung der Interessen in jedem Einzelfall an,48 dabei wird jedoch regelmäßig zu berücksichtigen sein, dass die personenbezogenen Daten dem Schutz des Grundrechts auf informelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) unterstehen. Zwar gilt dieses Grundrecht nicht schrankenlos, so dass sich in besonderen Fällen49 auch das Informationsinteresse durchsetzen kann. Bei Grundrechtsbeschränkungen ist allerdings immer zu prüfen, ob das mit der Einschränkung angestrebte Ziel nicht auch durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Eines der Hauptziele, die mit Auskunftsbegehren in Bezug auf die Daten nach §§ 58a bis 58d AMG verfolgt werden dürften, sind die sich daraus ergebenden Erkenntnisse über den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung, die über die im Bundesanzeiger zu veröffentlichen Kennzahlen hinausgehen. Häufig werden sich diese Erkenntnisse jedoch auch aus den anonymisierten Daten nach § 58c Abs. 2 und Abs. 3 AMG herleiten lassen. Soweit dies der Fall ist, würde sich das Schutzinteresse des Tierhalters gegen das Informationsinteresse durchsetzen und der Antragssteller müsste auf die anonymisierten Daten verwiesen werden. Ein auf die nicht anonymisierten Daten gerichteter Antrag nach dem IFG wäre daher insoweit abschlägig zu bescheiden. Es ist daher insoweit festzuhalten, dass nach dem IFG ein Antrag auf Zugang zu den nicht anonymisierten Daten wenig Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei den Daten um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse oder um personenbezogene Daten handelt. 3.1.2.2. Anspruch auf Zugang zu den anonymisierten Daten Die anonymisierten Daten über den Einsatz von Antibiotika dürften weder als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis noch, wie bereits dargestellt, als personenbezogene Daten zu qualifizieren sein, soweit jedenfalls dem Empfänger eine Reanonymisierung unmöglich ist oder jedenfalls höchst unwahrscheinlich erscheint.50 Daher unterfallen anonymisierte Daten unter diesen Voraussetzungen auch nicht der Regelung der §§ 6 Satz 2 und 5 IFG. Weitere Ablehnungsgründe insbesondere auf der Grundlage des § 3 IFG sind nicht ersichtlich. Soweit sich in besonderen Einzelfällen nicht eine abweichende Bewertung ergibt, dürfte ein Anspruch auf Herausgabe der Informationen bzw. der anonymisierten Daten nach dem IFG bestehen. 3.2. Ansprüche nach dem Verbraucherinformationsgesetz Ansprüche nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG51) richten sich auf den Zugang zu Informationen über Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs , des Produktsicherheitsgesetzes, der auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen 48 Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), IFG § 5, Rdnr. 28. 49 Vgl. die Darstellung der Entscheidungen aus der Rechtsprechung so solchen Abwägungen bei Guckelberger, in: Gersdorf/Paal, Beck'scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 10. Edition (Stand: 01.11.2015), IFG § 5, Rdnr. 28.1 ff. 50 Vgl. oben S. 8. 51 Verbraucherinformationsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2166, 2725), das durch Artikel 2 Absatz 34 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 15 oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze, die von einer nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stelle festgestellt wurden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG). Die Ansprüche bestehen auch in Bezug auf Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit solchen Abweichungen getroffen worden sind (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis Nr. 7 VIG). Die Daten nach den §§ 58a bis 58d AMG fallen nicht unter diese Voraussetzungen. Sie werden nicht erhoben, um Verstöße gegen die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG genannten Gesetze oder sonstigen Regeln feststellen zu können. In den §§ 58a ff. AMG geht es um die Kontrolle des Einsatzes von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung mit dem Ziel, den Einsatz von Antibiotika in diesem Bereich zu reduzieren und das Risiko der Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu begrenzen.52 Mit der Erhebung der Daten nach §§ 58a bis 58d AMG und der auf dieser Basis ermittelten Therapiehäufigkeiten geht nicht die Feststellung von den genannten Abweichungen einher. Zwar darf die zuständige Behörde, soweit sie Grund zu der Annahme hat, dass ein Verstoß gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht, das Tierschutzrecht oder das Tierseuchenrecht vorliegt, die Daten nach den §§ 58a bis 58d AMG an die für die Verfolgung von Verstößen zuständigen Behörden übermitteln, soweit diese Daten für die Verfolgung des Verstoßes erforderlich sind (§ 58f Satz 2 AMG). Der Anspruch nach dem VIG könnte sich jedoch dann nur auf die Feststellungen richten, die diese für die Verfolgung zuständige Behörde auf der Grundlagen der Daten nach §§ 58a bis 58d AMG trifft. Dies ist dann jedoch nur eine Folge aus der Datenerhebung nach den §§ 58a bis 58d AMG. Gegen die für die Erhebung und Verwendung der Daten nach den §§ 58a ff. AMG primär zuständigen Behörden ergeben sich daher in der Regel keine Ansprüche nach dem VIG in diesem Zusammenhang. 3.3. Ansprüche nach den parlamentarischen Informationsrechten Der Bundestag und seine Mitglieder verfügen über breite parlamentarische Frage- und Informationsrechte gegenüber der Bundesregierung.53 Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts leitet dies für die Bundesebene aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ab.54 Auch den Landesparlamenten stehen entsprechende Informationsrechte gegenüber ihren jeweiligen Regierungen zu.55 Gegenstand der damit korrespondierenden Informationspflichten können dabei 52 Siehe dazu oben, Ziff. 1 und insbesondere Fn. 1. 53 Vgl. dazu grundlegend, Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, 1992, S. 24 ff. sowie die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Informationsrechte des Deutschen Bundestages, vom 02.10.2012, Az: WD 3 - 3000 - 256/12. 54 BVerfGE 124, 161, 188 – parlamentarisches Frage- und Informationsrecht; siehe zur Herleitung bereits Hölscheidt , Frage und Antwort im Parlament, 1992, S. 18 f. Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der parlamentarischen Fragerechte ist in den §§ 100 ff. der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) geregelt (Große und kleine Anfragen, Einzelfragen und Fragestunde, Befragung der Bundesregierung). 55 Siehe dazu die Nachweise bei Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, 2016, § 35 Rechtsstellung der Regierung im Parlament, Rdnr. 84. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 16 immer nur solche Sachverhalte sein, die den Verantwortungsbereich der jeweils für den Bund bzw. das Land bestehenden Regierung fallen.56 Da es sich bei den parlamentarischen Fragerechten um verfassungsmäßige Rechte handelt, können sie durch einfaches (bereichsspezifisches) Datenschutzrecht nicht verdrängt werden. § 58f AMG schließt somit die Weitergabe der Daten nach §§ 58a bis 58d AMG an ein Parlament nicht aus.57 Das BVL, dem die halbjährlichen Therapiehäufigkeiten in anonymisierter Form gemeldet werden (§ 58c Abs. 2 AMG), ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und gehört damit zur Bundesregierung. Die für die Erhebung der Daten nach §§ 58a bis 58d AMG nach Landesrecht zuständigen Stellen (§ 58c Abs. 1 und Abs. 3 AMG) sind in die Verwaltung und damit (ggf. mittelbar) auch in die Regierung des jeweiligen Bundeslandes eingegliedert. Im Grundsatz können sich die jeweiligen parlamentarischen Informationsrechte daher auch auf diese Daten und Informationen erstrecken, so dass sie im Grundsatz an die Parlamente herauszugeben wären. Die parlamentarischen Informationsrechte gelten jedoch nicht grenzenlos. Die Regierungen können die Auskunft insbesondere aus besonderen Gründen des Staatswohls, der Grundrechte Dritter und des Schutzes des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung verweigern.58 Vor dem Hintergrund der hier zu untersuchenden Frage können von einem parlamentarischen Informationsbegehren vor allem Grundrechte Dritter (der Tierhalter) betroffen sein. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass die Fragen und Antworten in der Regel entweder direkt vom Parlament veröffentlicht werden oder jedenfalls durch die Abgeordneten der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden könnten. Daher sollen Daten, die den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung berühren (Art. 2 Abs. 1 GG), von dem Informationsanspruch ausgeschlossen sein.59 Im Fall der Daten nach §§ 58a bis 58d AMG kann das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1. Abs. 1 GG) oder bei Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen die Berufsfreiheit sowie das Eigentumsrecht (Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG) der Tierhalter betroffen sein.60 Dies gilt vor allem, wenn die nicht anonymisierten Daten, die die zuständigen Stellen auf Landesebne bei den Tierhaltern erheben (§ 58c Abs. 1 und Abs. 3 AMG), an die Parlamente weitergegeben werden. Sind diese Grundrechte berührt, stellt sich die Frage, ob dem parlamentarischen Informationsinteresse nicht auch durch ein milderes Mittel Genüge getan werden kann. 56 Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, 1992, S. 31 ff. 57 Allgemein für datenschutzrechtliche Vorschriften ebenso: Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, 1992, S. 45. 58 Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Informationsrechte des Deutschen Bundestages, vom 02.10.2012, Az: WD 3 - 3000 - 256/12, S. 5. 59 Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, 2016, § 35 Rechtsstellung der Regierung im Parlament, Rdnr. 107. 60 Zum Konflikt dieser Grundreche mit dem parlamentarischen Informationsanspruch siehe: Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, 1992, S. 43 ff.; Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, 2016, § 35 Rechtsstellung der Regierung im Parlament, Rdnr. 105 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 17 Hier kommt vor allem in Betracht, dem fragenden Parlament die Daten ausschließlich in anonymisierter Form zu übermitteln. Wenn aber auch durch die anonymisierten Daten z.B. eine ganze Branche erhebliche Nachteile erleiden könnte oder es dem Parlament bzw. seinen Mitgliedern gerade auf die nicht anonymisierten Daten ankommt, so könnten diese Informationen als „vertraulich “ eingestuft und nur im Rahmen der parlamentarischen Geheimschutzvorschriften dem Parlament zur Verfügung gestellt werden.61 Unter diesen Voraussetzungen könnte somit eine Herausgabe der Daten nach §§ 58a bis 58d AMG an den Bundestag bzw. die Landesparlamente zulässig sein. 4. Datenschutzrechtliche Vorschriften mit Übermittlungsbefugnis an Dritte Der Zugang Dritter bzw. von „jedermann“ zu staatlich erhobenen Daten ist in erster Linie durch die Informationsfreiheitsgesetze in Bund und Ländern sowie durch die besonderen Vorschriften des Umwelt- und des Verbraucherinformationsgesetzes geregelt worden. Auch in bereichsspezifischen Gesetzen finden sich Vorschriften, die in diesen besonderen Bereichen die Informations- und Transparenzinteressen der Bevölkerung berücksichtigen. Als Beispiel kann hier der bereits erwähnte § 77a Abs. 2 AMG herangezogen werden, der die zuständigen Behörden u.a. verpflichtet, die Ergebnisprotokolle der Sitzungen ihrer Ausschüsse öffentlich zugänglich zu machen. Aber auch hier findet sich der Hinweis, dass Betriebs-, Dienst- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren sind (§ 77a Abs. 2 letzter Halbsatz AMG). Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung hat der Gesetzgeber ausführliche Regelungen über eine breite Nutzung der erhobenen (Kranken- und Therapie-)Daten geschaffen (§ 303a ff. SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung62). Die damit geschaffene Datentransparenz verfolgt das Ziel, unter Wahrung des Datenschutzes der Versicherten und Leistungserbringer eine nachhaltig verbesserte Datenbasis für gesundheitspolitische Entscheidungen und Entscheidungsprozesse der Politik und Selbstverwaltung zu schaffen. Auf dieser Basis kann beispielsweise entschieden werden, wie Finanzmittel zielgerichteter eingesetzt und Fehlsteuerungen rechtzeitig erkannt und vermieden werden können.63 Diese Vorschriften (§ 303a ff. SGB V) sind maßgeblich darauf gerichtet, die erhobenen personenbezogen Daten, die in der Regel aufgrund ihres Bezugs zur Krankheitsgeschichte der Betroffenen den Kernbereich ihres Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 2 GG) berühren, über verschiedene (Vertrauens-)Stellen (§ 303c SGB V) in pseudonymisierte Daten umzuwandeln. Besonderes Ziel dieser Datentransparenzregeln ist daher, eine Rückführbarkeit der Daten auf den Betroffenen zu vermeiden. Haben die Daten das vorgesehene Verfahren bei den verschiedenen beteiligten Stellen zur Pseudonymisierung durchlaufen, können sie in dieser Form einer Reihe von Institutionen und verschiedenen Zwecken zur Verfügung gestellt werden 61 Darauf verweist auch: Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, 1992, S. 45. 62 Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 12 des Gesetzes vom 17. Februar 2016 (BGBl. I S. 203) geändert worden ist. 63 Scholz, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht, 40. Edition (Stand: 01.12.2015), SGB V § 303a Rdnr. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 059/16 Seite 18 (§ 303e Abs. 1 und Abs. 2 SGB V: so z.B. auch Hochschulen, Abs. 1 Nr. 8, oder z.B. zur Analyse und Entwicklung von sektorenübergreifenden Versorgungsformen, Abs. 2 Nr. 6). Es lässt sich daher festhalten, dass die Übermittlung an Dritte, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist, möglichst unter Vermeidung von Eingriffen in die Grundrechte oder Datenschutzrechte der Betroffenen erfolgen soll. Die Vorschriften der §§ 303a ff. SGB V machen deutlich, dass sich der Gesetzgeber hier bemüht, das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit oder bestimmter Einrichtungen auf anonymisierte oder pseudonymisierte Daten zu beschränken. 5. Zusammenfassung Auf der Basis von § 58f AMG dürfen die für die Erhebung und Verwendung der Daten über die Häufigkeit des Einsatzes von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung (§ 58a ff. AMG) zuständigen Behörden in Bund und Ländern diese Daten an Dritte nicht - auch nicht anonymisiert - weitergeben. Da es sich bei den nicht anonymisierten Daten häufig um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handeln dürfte, ist eine Zugangsanspruch Dritter nach dem Informationsfreiheitsgesetz nur mit Zustimmung des betroffenen Tierhalters gegeben (§ 6 Satz 2 IFG). Handelt es sich bei diesen Daten nicht um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, jedoch um personenbezogene Daten, so ist das Informationsinteresse des Dritten gegen das Geheimhaltungsinteresse des Tierhalters abzuwägen (§ 5 IFG). Ansprüche nach dem Verbraucherinformationsgesetz beziehen sich nur auf Abweichungen von Anforderungen bestimmter Gesetze, z.B. des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, die von einer nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stelle festgestellt wurden, und auf Maßnahmen, die im Zusammenhang mit diesen Abweichungen getroffen worden sind (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VIG). Die Daten nach den §§ 58a bis 58d AMG werden jedoch nicht erhoben, um Verstöße gegen die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG genannten Gesetze und sonstigen Regeln feststellen zu können. Die bei den Landes- und Bundesbehörden nach den §§ 58a bis 58d AMG vorhandenen Daten fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes . Die Daten dürfen jedoch an die Parlamente in Bund und Ländern aufgrund der parlamentarischen Informationsrechte gegenüber der jeweiligen Regierung weitergegeben werden. Die nicht anonymisierten Daten müssen gegebenenfalls durch Anwendung der parlamentarischen Geheimschutzvorschriften geschützt werden. Soweit Rechtsvorschriften die Datenweitergabe an Dritte in ihrem spezifischen Bereich zulassen, ist zu beobachten, dass dort die Wahrung von Betriebs-, Dienst- und Geschäftsgeheimnissen angeordnet (§ 77a Abs. 2 AMG) oder ein umfangreiches Verfahren zur Pseudonymisierung der Daten vorgesehen ist (§§ 303a ff. SGB V). Ende der Bearbeitung