© 2021 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 058/21 Verlängerung der Wahlperiode auf fünf Jahre Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 058/21 Seite 2 Verlängerung der Wahlperiode auf fünf Jahre Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 058/21 Abschluss der Arbeit: 23. März 2021 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 058/21 Seite 3 1. Fragestellung Es wird gefragt, ob durch eine Verfassungsänderung die 20. Wahlperiode auf fünf Jahre verlängert werden kann. 2. Verlängerung zukünftiger Wahlperioden Der Bundestag wird gemäß Art. 39 Abs. 1 S. 1 GG grundsätzlich auf vier Jahre gewählt. Eine Verlängerung der Wahlperiode ist seit den 1950er Jahren Diskussionsgegenstand.1 Sie bedarf einer Verfassungsänderung, die nach Maßgabe des Art. 79 GG zulässig ist. Hierzu ist gemäß Art. 79 Abs. 2 GG eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich . Zudem ist die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG zu beachten, wonach unter anderem die in Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze nicht berührt werden dürfen. Aus dem in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verankerten Demokratieprinzip folgt, dass es unzulässig ist, eine laufende Wahlperiode zu verlängern.2 Nach der im Grundgesetz verwirklichten repräsentativen Demokratie ist das Volk der Träger der Staatsgewalt. Der Souverän, das Volk, überträgt dem Parlament durch Wahlen die Herrschaft für die in der Verfassung festgeschriebene Dauer („Herrschaft auf Zeit“). Eine Verlängerung der laufenden Wahlperiode käme daher einer Selbstermächtigung gleich, die nicht von der Verfassung gedeckt ist.3 Zulässig ist dagegen eine Verlängerung künftiger Wahlperioden.4 Allerdings könnte die kommende 20. Wahlperiode nicht mehr verlängert werden, weil die Bundestagswahl bereits in einem halben Jahr stattfindet. Das Parlament als einziges unmittelbar demokratisch legitimiertes Verfassungsorgan bedarf der regelmäßig wiederkehrenden Legitimation durch Wahlen.5 Die Dauer der Wahlperiode muss einerseits lang genug sein, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu wahren. Effektive parlamentarische Tätigkeit darf nicht durch zu häufige Wahlen behindert werden.6 Andererseits muss der für die repräsentative Demokratie essentielle Legitimationsakt der Wahl in ausreichend kurzen Abständen erfolgen. Bei einer zu langen Ausdehnung der Wahlperiode ginge der Legitimationszusammenhang zwischen Abgeordneten und Wähler verloren.7 Überwiegend wird vertreten, dass 1 Hölscheidt, in: Bonner Kommentar, Juli 2019, Art. 39 Rn. 51. 2 Klein; in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 92. EL August 2020, Art. 39 Rn. 22. 3 Magiera, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 39 Rn. 4. 4 Magiera, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 39 Rn. 5; Groh, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar , 7. Auflage 2021, Art. 39 Rn. 7. 5 Magiera, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 38 Rn. 33. 6 Schliesky, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 39 Rn. 23. 7 Magiera, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 39 Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 058/21 Seite 4 eine Wahlperiode nicht länger als fünf Jahre dauern sollte, um noch mit dem Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG vereinbar zu sein.8 In allen Bundesländern (bis auf Bremen) und dem Europäischen Parlament werden die Abgeordneten der Parlamente für eine Wahlperiode von fünf Jahren gewählt. Es wäre daher zulässig, auch für den Bundestag eine fünfjährige Wahlperiode vorzusehen. *** 8 Schliesky, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 39 Rn. 25; Morlok, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2015, Art. 39 Rn. 10.