© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 053/16 Ausschlussgründe bezüglich der Gewährung von asylrechtlichem Schutz in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 053/16 Seite 2 Ausschlussgründe bezüglich der Gewährung von asylrechtlichem Schutz in Deutschland Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 053/16 Abschluss der Arbeit: 18.02.2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 053/16 Seite 3 1. Refugee status, Subsidiary protection status as per the Qualification Directive: A. Does your state apply more favourable standards for determining who qualifies as a refugee or as a person eligible for subsidiary protection, as per Article 3 of the Qualification Directive? If so, please describe such more favourable standards. Die in der EU-Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) enthaltenen Kategorien des Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 9 ff. Richtlinie 2011/95/EU) und des international subsidiär Schutzberechtigten (Art. 15 ff. Richtlinie 2011/95/EU) sind in das deutsche Asylrecht integriert worden. Die Voraussetzungen für die Flüchtlingsanerkennung und für die Gewährung international subsidiären Schutzes sind dabei nicht günstiger als die Vorgaben der EU-Qualifikationsrichtlinie, sondern entsprechen ihnen. Dies gilt auch für die Flüchtlingsanerkennung und für die Gewährung von international subsidiärem Schutz zugunsten Familienangehöriger . Mit der Vorschrift in § 26 Asylgesetz hat Deutschland die Vorgaben aus Art. 23 Richtlinie 2011/95/EU zur Herstellung der Familieneinheit umgesetzt. Weitergehender asylrechtlicher Schutz wird allerdings für Asylberechtigte im Sinne des Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) und für sog. national subsidiär Schutzberechtigte gewährt (siehe dazu unter Ziff. 2.) B. Please specify and describe the provisions which establish the conditions for granting refugee status and subsidiary protection status (please indicate the applicable legal provisions). Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind in § 3 Asylgesetz (AsylG) geregelt. Danach ist ein Ausländer Flüchtling, „wenn er sich 1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe 2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will“. Ein Ausländer ist nach § 4 Abs.1 AsylG (international) subsidiär Schutzberechtigter, „wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, 2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 053/16 Seite 4 Der internationale Schutz (Flüchtlingseigenschaft und international subsidiäre Schutzberechtigung) wird nach § 26 Abs. 5 AsylG auch Familienangehörigen gewährt. C. Are the grounds for exclusion in your national law identical to the grounds for exclusion specified within the Article 12 and 17 of the Qualification Directive? Die in Art. 12 und 17 Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Ausschlussgründe sind mit den im Asylgesetz geregelten Ausschlussgründen für die Gewährung internationalen Schutzes identisch. Im Hinblick auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wurde zudem von der in Art. 14 Abs. 4 und 5 Richtlinie 2011/95/EU enthaltenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen, „wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedsstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde“. Dementsprechend wird einem Ausländer nach § 3 Abs. 4 AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft versagt, wenn er nach § 60 Abs. 8 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) „aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist“. 2. Other categories of international protection: A. Does your state grant international protection to other categories of persons, besides the EUharmonised categories of international protection (refugee status, subsidiary protection status) specified by the Qualification Directive? Neben dem internationalen Schutz (Flüchtlingseigenschaft und international subsidiäre Schutzberechtigung ) wird Asylberechtigten nach Art. 16a Abs. 1 GG sowie den sog. national subsidiär Schutzberechtigten asylrechtlicher Schutz gewährt. B. If so, please specify the provisions which establish the conditions for granting such other kinds of international protection (please indicate the applicable legal provisions). Das Recht auf Asyl wird nach Art. 16a Abs. 1 GG als Grundrecht gewährt. Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte das Recht auf Asyl. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Verfolgung dann eine politische im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG, „wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen“. Gegenüber dem Flüchtlingsstatus im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention weist die Gewährung der Asylberechtigung strengere Anforderungen auf, u.a. setzt die politische Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 053/16 Seite 5 Verfolgung nach Art. 16a Abs. 1 GG eine staatliche Verfolgung voraus. In der Praxis hat die Asylberechtigung gegenüber dem Flüchtlingsstatus daher an Bedeutung verloren. Das deutsche Asylrecht kennt darüber hinaus die Kategorie des national subsidiär Schutzberechtigten . Rechtsgrundlage sind die in den §§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention ergeben (§ 60 Abs. 5 AufenthG) oder aus einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 7 AufenthG). C. What are the grounds of exclusion for such other categories of international protection? Die Gründe, die eine Flüchtlingszuerkennung ausschließen, gelten aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Rs. C-57/09) auch für die Gewährung des Asyls nach Art. 16a Abs. 1 GG. Der Abschiebungsschutz, der den sog. national subsidiär Schutzberechtigten nach den §§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG gewährt wird, unterliegt keinen Ausschlussgründen. 3. Exclusion of international protection: A. Has there been a legislative proposal tabled in your parliament to amend the above-described grounds for exclusion? Ja, zurzeit wird der Entwurf eines „Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern “1 diskutiert. Dieser Entwurf sieht eine Verschärfung des oben genannten Ausschlussgrundes in § 60 Abs. 8 AufenthG vor. Der Ausschlussgrund in § 60 Abs. 8 AufenthG gilt für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung der Asylberechtigung und bezieht sich inhaltlich auf die Gefährlichkeit des Ausländers für die Allgemeinheit. Die Gefährlichkeit des Ausländers wird nach § 60 Abs. 8 AufenthG angenommen, wenn er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach dem Gesetzentwurf kann die Gefährlichkeit des Ausländers darüber hinaus angenommen werden, wenn der Ausländer „wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist.“ Der vorgeschlagene neue Ausschlussgrund führt nicht automatisch zur Versagung der Flüchtlingsanerkennung , sondern ist als Ermessensentscheidung ausgestaltet. 1 Vgl. die Bundestagsdrucksache 18/7537 vom 16.02.2016, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/075/1807537.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 053/16 Seite 6 B. Has any legislative proposal aimed to establish grounds for exclusion which are different (broader or narrower) than those specified in Article 12 (grounds for exclusion in the case of refugees) and Article 17 (grounds for exclusion in the case of subsidiary protection) of the Qualification Directive? Please describe, I applicable. Der unter 3. A. dargestellte Gesetzentwurf bezieht sich nicht auf die Ausschlussgründe in Art. 12 und 17 Richtlinie 2011/95/EU, sondern auf die in Art. 14 Abs. 4 und 5 Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Ausschlussgründe. Ende der Bearbeitung