WD 3 - 3000 - 050/19 (21. Februar 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Nach einem heute veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Januar 2019 (Az.: 2 BvC 62/14) ist der Ausschluss von in allen ihren Angelegenheiten Betreuten vom aktiven Wahlrecht nach § 13 Nr. 2 Bundeswahlgesetz (BWG) mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar. Hinsichtlich des § 13 Nr. 3 BWG, der den Wahlrechtsausschluss von Personen regelt, die sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, stellte das Bundesverfassungsgericht sogar die Nichtigkeit fest. Gefragt wird, ob die betreffenden Personen nun unmittelbar wahlberechtigt seien oder ob Gesetzesänderungen zwingend notwendig seien (1.). Weiter wird um eine Information zur Auswirkung des Beschlusses auf Landeswahlgesetze mit ähnlichen Wahlrechtsausschlüssen (2.) und auf die Regelung des § 6a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 Europawahlgesetz (EuWG) (3.) gebeten. Hinsichtlich der 1. Frage kann grundsätzlich auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in Rz. 136 ff. der Entscheidung verwiesen werden. Danach ist § 13 Nr. 3 BWG nichtig und ohne weiteres Zutun des Gesetzgebers unanwendbar. Demgegenüber steht die Entscheidung, wie der hinsichtlich § 13 Nr. 2 BWG festgestellte Gleichheitsverstoß zu beseitigen ist, dem Gesetzgeber zu. Um der gesetzgeberischen Entscheidung nicht vorzugreifen, beschränkt das Bundesverfassungsgericht sich in diesen Fällen darauf, die gleichheitswidrige Vorschrift für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären. Art. 20 Abs. 3 GG steht generell einer Anwendung von verfassungswidrigen Regelungen aufgrund der Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht entgegen. Dies gilt nicht nur für nichtige, sondern auch für mit der Verfassung als unvereinbar erklärte Normen wie § 13 Nr. 2 BWG. Sofern der Gesetzgeber untätig bliebe und die unveränderte verfassungswidrige Vorschrift dennoch auf vollbetreute Personen angewendet würde, könnten diese die Verletzung ihrer Rechte im Rahmen eines Wahleinspruches (Art. 41 Abs. 2 GG i.V.m. § 1, § 2 WahlprüfG) gegenüber dem Deutschen Bundestag geltend machen. Würde dieser den Wahleinspruch verwerfen, könnten sich Betroffene mit einer Wahlprüfungsbeschwerde nach § 18 WahlprüfG i.V.m. § 13 Nr. 3, § 48 BVerfGG an das Bundesverfassungsgericht wenden. Auch wenn die Wahlrechtsgrundsätze nach Art. 28 GG auch in den Ländern gelten, berührt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeswahlrecht die in der 2. Frage angesprochene Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Fragen zu den Wahlrechtsausschlüssen nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 Bundeswahlgesetz Kurzinformation Nr. 3 Bundeswahlgesetz Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Geltung von vergleichbaren Wahlrechtsausschlüssen nach Landeswahlrecht nicht unmittelbar. Die Entscheidung über eine Aufhebung bzw. Neufassung der Bestimmungen obliegt den Landesgesetzgebern und deren gerichtliche Überprüfung den Landesverfassungsgerichten. Die Rechtsfolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu § 13 Nr. 2 und Nr. 3 BWG berührt formal auch die Geltung des in der 3. Frage in Bezug genommenen § 6a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EuWG nicht, da dieser nicht auf das BWG verweist, sondern eigenständige Wahlrechtsausschlüsse enthält. Sofern die Bestimmungen nicht geändert werden, dürfte deren Anwendung jedoch ebenfalls zur Verletzung der subjektiven Rechte der Betroffenen führen, da diese inhaltlich mit den Regelungen in § 13 Nr. 2 und Nr. 3 BWG übereinstimmen. Für Wahleinsprüche ist gemäß § 26 EuWG i.V.m. § 1 WahlprüfG ebenfalls der Deutsche Bundestag zuständig. Gegen dessen Entscheidung kann eine Wahlprüfungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht (§ 26 EuWG i.V.m. § 18 WahlprüfG und § 13 Nr. 3, § 48 BVerfGG) eingelegt werden. ***