© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 047/17 Beschäftigungsverhältnisse bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 047/17 Seite 2 Beschäftigungsverhältnisse bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 047/17 Abschluss der Arbeit: 09.03.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 047/17 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird, inwiefern bei einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) Beschäftigungsverhältnisse des öffentlichen Dienstes vorgeschrieben sind. Dabei soll insbesondere geklärt werden, ob eine Bindung an den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) besteht. 2. Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst Zum öffentlichen Dienst gehören alle Bediensteten des Bundes, der Länder und der Kommunen sowie der verselbstständigten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Die Beschäftigen einer AöR wären daher Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Die rechtliche Ausgestaltung der Dienst- und Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst ist nicht einheitlich geregelt. Neben unterschiedlichen Vorgaben im Bund und in den Ländern (Bundesbeamtengesetz, Landesbeamtengesetze sowie TVöD und TV-L) ist der öffentliche Dienst von einem Dualismus geprägt, wonach man die Dienstverhältnisse der Beamten, Soldaten und Richter von den privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen unterscheidet. Während sich die rechtliche Stellung der Beamten maßgeblich aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen ergibt, wird das Arbeits- und Tarifrecht der privatrechtlich Beschäftigten vor allem durch die jeweiligen Tarifverträge geprägt. Für die privatrechtlich Beschäftigten des Bundes ist dabei vor allem der TVöD zu nennen.1 Daneben bestehen für bestimmte verselbstständigte Bereiche, wie etwa bei den Sozialversicherungsträgern, eigene Tarifverträge.2 Die möglichen Beschäftigungsformen bei einer neu zu errichtenden AöR richten sich insbesondere nach dem Inhalt des Errichtungsrechtsaktes. Dem Gesetzgeber kommt hier ein Ausgestaltungsspielraum zu. Demnach kann er weitgehend wählen, ob er Bedienstete in Beamten- oder in Anstellungsverhältnissen beschäftigt. Möglich ist dabei sowohl eine einheitliche als auch eine gemischte Auswahl der Beschäftigungsverhältnisse. 3. Beschäftigung von Bundesbeamten Die Beschäftigung von Beamten setzt die Dienstherrenfähigkeit voraus. Diese richtet sich für die Bundesebene nach § 2 Bundesbeamtengesetz (BBG). Demnach hat zunächst nur der Bund die Befugnis, Beamte zu haben. Bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen kann die Dienstherrenfähigkeit durch oder aufgrund eines Gesetzes verliehen werden. Die Beschäftigung von Beamten bei einer neu zu errichtenden bundesunmittelbaren AöR ist daher vom Inhalt des Errichtungsrechtsaktes abhängig. Wird der AöR die Dienstherreneigenschaft nicht verliehen, ist eine Beschäftigung von Beamten nur im Wege der Zuweisung durch eine andere Dienststelle möglich. 1 Conze, in: Personalhandbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 4. Aufl. 2014, Rn. 1 ff. 2 Vgl. etwa den Tarifvertrag für die Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung vom 23.08.2006 (TV-TgDRV), abrufbar: http://www.tgrv.de/cms/dokumente/upload/13f50_tv-tgdrv.pdf (letzter Zugriff: 08.03.2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 047/17 Seite 4 4. Beschäftigung von privatrechtlich Beschäftigten 4.1. Bestehende Praxis Sämtliche Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst werden derzeit von jeweils einschlägigen Tarifverträgen erfasst. Grund hierfür sind vor allem haushaltsrechtliche Erwägungen und die gleichmäßige Behandlung der Mitarbeiter.3 Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollen Entgelte, die über tarifvertragliche Vereinbarungen hinausgehen, in der Regel untersagt sein. Eine spezielle Ausprägung findet dieser Grundsatz in § 51 Bundeshaushaltsordnung (BHO), der besondere Personalausgaben, die nicht auf Gesetz oder Tarifvertrag beruhen, nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässt.4 Daneben zwingt aber auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu einer gewissen Standardisierung der Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst. Demnach ist es Arbeitgebern untersagt, Arbeitnehmer willkürlich schlechter zu stellen als andere Arbeitnehmer in vergleichbaren Situationen.5 Damit sind einer außertariflichen Beschäftigung oder gar einer rein individuellen Vertragspraxis von vornherein enge Grenzen gesetzt. Für Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst bedarf es daher grundsätzlich einer tarifvertraglichen Grundlage. 4.2. Bestehende Tarifverträge im öffentlichen Dienst des Bundes Wie bereits aufgezeigt wurde, bestehen auf der Ebene des Bundes verschiedene Tarifverträge. Für die unmittelbare Bundesverwaltung regelt zunächst der TVöD die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse . Für andere verselbstständigte Bereiche bestehen eigenständige Tarifverträge. Der TVöD findet nach § 1 Abs. 1 auf der Bundesebene nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anwendung, die in einem Arbeitsverhältnis zum Bund stehen. In den Anwendungsbereich fallen dabei zunächst alle Behörden, Dienststellen und Betriebe des Bundes. Bundesunmittelbare Körperschaften , Anstalten oder Stiftungen sind hingegen nicht vom Anwendungsbereich des TVöD umfasst. Sie sind rechtlich verselbständigt und schließen daher zumeist eigene Tarifverträge ab. 4.3. Anwendbarkeit des jeweiligen Tarifvertrages Anwendung finden Tarifverträge entweder im Wege der Tarifgebundenheit oder kraft Tarifunterstellung .6 Tarifgebunden sind zunächst nur die Tarifvertragsparteien und deren Mitglieder.7 Da aufseiten der Beschäftigten in der Regel keine umfassende Gewerkschaftsmitgliedschaft vorliegt, findet zumeist eine Tarifunterstellung statt. Diese kann auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage erfolgen. Im öffentlichen Dienst ist eine vertragliche Tarifunterstellung üblich. Bei dieser 3 Conze, in: Personalhandbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 4. Aufl. 2014, Rn. 18. 4 Vgl. Löwisch, Differenzierungsklauseln im öffentlichen Dienst? NZA 2011, 187; dieser Ansatz wird für das Beamtenrecht in § 51 BBesG konsequent fortgesetzt. 5 Vgl. zum arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz: BAG, Urteil vom 17. November 2016 – 6 AZR 487/15 –, juris, Rn. 37; Müller/Landshuter, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 7. Aufl. 2009, Rn. 734 ff. 6 Conze, in: Personalhandbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 4. Aufl. 2014, Rn. 18. 7 Conze, in: Personalhandbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 4. Aufl. 2014, Rn. 1549. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 047/17 Seite 5 wird in den jeweiligen Arbeitsverträgen auf den Tarifvertrag Bezug genommen. Diese Bezugnahme bewirkt die vollständige Übernahme der tarifvertraglichen Regelungen in das Arbeitsverhältnis.8 Bei einer gesetzlichen Tarifunterstellung ordnet ein Gesetz die Geltung eines Tarifvertrages für bestimmte Bereiche an. Im öffentlichen Dienst sind solche gesetzlichen Regelungen vor allem bei Ausgründungen zu finden. Eine solche liegt vor, wenn Aufgaben aus der unmittelbaren Bundesverwaltung auf rechtlich selbstständige Einrichtungen übertragen werden. In diesen Fällen enthalten die Errichtungsgesetze zumeist entsprechende Verweise auf einen Tarifvertrag. Aufgrund dieser Verweise werden die tarifvertraglichen Inhalte auf die gesetzlich vorgeschriebenen Bereiche übertragen.9 4.4. Tarifbindung einer neuerrichteten bundesunmittelbaren AöR Eine neuerrichtete bundesunmittelbare AöR würde nach den obigen Ausführungen nicht automatisch in den Anwendungsbereich des TVöD fallen. Eine Tarifbindung müsste daher im Wege der Tarifunterstellung erfolgen. Dabei liegt es nahe, diese durch eine gesetzliche Tarifunterstellung zu erreichen, indem das Errichtungsgesetz auf die Anwendbarkeit etwa des TVöD verweist. Dass eine solche Anwendung des TVöD derzeit beabsichtigt, zeigt der vorliegende Gesetzentwurf.10 Dessen Art. 15 verweist in § 5 Abs. 5 für die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse ausdrücklich auf den TVöD. Daneben wäre es der neuerrichteten AöR als rechtlich verselbstständigten juristischen Person des öffentlichen Rechts theoretisch auch möglich, einen eigenen Tarifvertrag abzuschließen. Ob dies bei einer Neuerrichtung einer Anstalt praktikabel ist, obliegt der rechtspolitischen Beurteilung. Der Verweis auf einen bestehenden Tarifvertrag dürfte in der Praxis jedenfalls erheblich leichter umsetzbar sein. *** 8 Conze, in: Personalhandbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 4. Aufl. 2014, Rn. 1549. 9 Conze, in: Personalhandbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst, 4. Aufl. 2014, Rn. 1549. 10 Vgl. BT-Drs. 18/11135.