© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 047/14 Parlamentarische Informationsrechte über den Haushalt des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 047/14 Seite 2 Parlamentarische Informationsrechte über den Haushalt des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 047/14 Abschluss der Arbeit: 3. März 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 047/14 Seite 3 1. Fragestellung Im Zusammenhang mit dem Haushalt und den Ausgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sowie des Bundesnachrichtendienstes (BND) werden folgende Fragen aufgeworfen: – Welche Informationsrechte haben die Mitglieder des Bundestages und die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums in Bezug auf die Haushalte der genannten Bundesinstitutionen , insbesondere bezüglich der Ausgaben für V-Leute (Honorare, Aufwandsentschädigungen usw.)? Aus welchen Gründen können Informationen von Seiten der Regierung verweigert werden? – Gibt es definierte Fristen, ab denen diese Informationen in jedem Falle frei zugänglich gemacht werden müssen? 2. Erläuterungen 2.1. Informationsrechte über den Haushalt des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes und Verweigerungsgründe Grundsätzlich gilt das Prinzip der Öffentlichkeit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG).1 Dies wird jedoch durch die Bundeshaushaltsordnung (BHO2) für den Haushalt der Nachrichtendienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst) eingeschränkt (§ 10a BHO).3 Daher ist in Bezug auf die Informationsrechte zwischen den Mitgliedern des Vertrauensgremiums (§ 10a Abs. 2 Satz 1 BHO) sowie des Parlamentarischen Kontrollgremiums (Art. 45d GG) einerseits und den sonstigen Mitgliedern des Bundestages andererseits zu unterscheiden. 2.1.1. Mitglieder des Vertrauensgremiums und des Parlamentarischen Kontrollgremiums 2.1.1.1. Informationsrechte Welche Informationen die Mitglieder des Vertrauensgremiums und des Parlamentarischen Kontrollgremiums über die Haushalte und damit auch Ausgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienstes erhalten, richtet sich maßgeblich nach den darauf zugeschnittenen Regeln der Bundeshaushaltsordnung. Die Haushalte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes (sowie des Militärischen Abschirmdienstes) unterliegen der Geheimhaltung, soweit der Bundestag nichts anderes bestimmt (§ 10a Abs. 2 Satz 1 Nebel, in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 40. Ergänzungslieferung (Stand: Dezember 2004), Art. 110 GG, Rdnr. 27. 2 Bundeshaushaltsordnung vom 19.08.1969, BGBl. I S. 1284, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15.07.2013, BGBl. I S. 2395. 3 Siehe grundlegend zum Thema die Kommentierung zu § 10a BHO bei: Nebel, in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 45. Ergänzungslieferung (Stand: Januar 2011), § 10a BHO, Rdnr. 3 ff.; Lewinski/Burbat, Bundeshaushaltsordnung Kommentar , 1. Auflage 2013, § 10a BHO, Rdnr. 6 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 047/14 Seite 4 3 BHO).4 Von dieser Möglichkeit hat der Bundestag jedoch keinen Gebrauch gemacht, so dass diese so genannten Wirtschaftspläne geheim sind.5 Die Bewilligung der Wirtschaftspläne erfolgt durch das Vertrauensgremium des Bundestages, das aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses besteht. Sie sind zur Geheimhaltung aller Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt werden (§ 10a Abs. 2 Satz 5 BHO). Dem Haushaltsausschuss ist es aufgrund dieser Regelungen versagt, sich mit den Wirtschaftsplänen zu befassen.6 Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums dürfen an Sitzungen des Vertrauensgremiums mitberatend teilnehmen, soweit in den Sitzungen die Wirtschaftspläne und deren Vollzug beraten werden (§ 10a Abs. 2 Satz 7 BHO). Ansonsten sind zu den Sitzungen des Vertrauensgremiums nur der Vorsitzende, sein Stellvertreter und ein beauftragtes Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums zugelassen (§ 10a Abs. 2 Satz 6 BHO, § 9 Abs. 1 Satz 1 PKGrG7). In diesem Rahmen erhalten somit auch die jeweils zugelassenen Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums Informationen über die Haushaltsansätze. Den sonstigen Mitgliedern des Bundestages werden die Dokumente und damit zusammenhängenden Informationen nicht zugänglich gemacht. Dem Haushaltsausschuss werden nur die Abschlussbeträge der Wirtschaftspläne mitgeteilt (§ 10a Abs. 2 Satz 4 BHO). Daraus sind die Ansätze der Ausgaben für die V-Leute jedoch nicht ersichtlich. Die Kontrolle dieser Wirtschaftspläne erfolgt durch den Bundesrechnungshof in einem besonderen Verfahren, das der Vertraulichkeit der Pläne Rechnung trägt (§ 10a Abs. 3 Satz 1 BHO in Verbindung mit § 19 Satz 1 Nr. 1 Bundesrechnungshofgesetz8).9 Der Bundesrechnungshof unterrichtet das Vertrauensgremium und das Parlamentarische Kontrollgremium über das Ergebnis seiner Prüfung der Jahresrechnung sowie der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes (§ 10a Abs. 3 Satz 1 BHO). Diese Informationen erhalten ebenfalls nur die Mitglieder dieser Gremien. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung über die Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste 10 die auf einzelne Mitglieder des Bundestages beschränkte Kontrolle der Ausgaben für verfassungsgemäß erklärt. Zwar sei das Budgetrecht des Bundestages eines der wesentlichen Ele- 4 Nach Auskunft der Bundesregierung richten sich die Ausgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz nach den „Bestimmungen über die Bewirtschaftung des Titels 532 04 (für Zwecke des Verfassungsschutzes)“, die insgesamt als „VS – Vertraulich“ eingestuft sind. Vgl. Antwort der Bundesregierung vom 26.02.2013 auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Antwort auf Frage 2. und auf Frage 10., BT-Drs. 17/12470, S. 3 und S. 5. 5 Vgl. dazu auch die Antwort der Bundesregierung vom 26.02.2013 auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Antwort auf Frage 2., BT-Drs. 17/12470, S. 3. 6 Nebel, in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 45. Ergänzungslieferung (Stand: Januar 2011), § 10a BHO, Rdnr. 3. 7 Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes vom 29.07.2009, BGBl. I S. 2346. 8 Gesetz über den Bundesrechnungshof vom 11.07.1985 (BGBl. I S. 1445), zuletzt geändert durch Artikel 15 Absatz 82 des Gesetzes vom 05.02.2009 (BGBl. I S. 160) . 9 Siehe dazu auch Rossi, Möglichkeiten und Grenzen des Informationshandelns des Bundesrechnungshofes, 2012, S. 73 f. 10 BVerfGE 70, 324 - Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 047/14 Seite 5 mente der parlamentarischen Regierungskontrolle und der einzelne Abgeordnete habe ein eigenes Recht auf Beurteilung des Haushaltsentwurfs der Bundesregierung (Art. 38 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 77 Abs. 1 Satz 1 und Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG), dies könne jedoch eingeschränkt werden, wenn es aus zwingenden Gründen des Staatswohls unvermeidlich sei, Detailangaben bestimmter Haushaltsmittel geheim zu halten.11 Dem in diesem Rahmen notwendigen Kompromiss zwischen Regierungskontrolle durch den (gesamten) Bundestag und der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Arbeit der Nachrichtendienste trägt auch das Grundgesetz Rechnung, indem es das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages mit Verfassungsrang ausstattet (Art. 45d GG). Allerdings hat die Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu den Ausgaben für V-Leute des Bundesamtes für Verfassungsschutz eine als „VS – Vertraulich eingestufte Übersicht über die seit dem Jahr 2000 insgesamt sowie der davon im Bereich Rechtsextremismus gezahlten Prämien […] in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt.“12 2.1.1.2. Verweigerungsrechte Im Bereich der Genehmigung der Wirtschaftspläne des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes sind keine Gründe vorgesehen, aufgrund der die Bundesregierung die Vorlage der Haushaltsansätze verweigern darf. Die Wirtschaftspläne bedürfen der Zustimmung des Vertrauensgremiums des Bundestages, so dass dieser darüber umfassend in Kenntnis zu setzen ist. Dem Bundestag und seinen Gremien ist es nicht möglich, die Haushaltsansätze zu beraten und darüber zu beschließen, wenn ihnen umfassende Informationen darüber verweigert werden.13 Die Beschränkung dieser Haushaltsberatung auf ein kleines Gremium ist verfassungsrechtlich zulässig, eine inhaltliche Beschränkung der notwendigen Informationen hingegen nicht. Gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium sind zwar besondere Verweigerungsgründe der Bundesregierung vorgesehen (§ 6 PKGrG), diese beziehen sich jedoch nicht auf die Informationen , die dieses Gremium in den Verfahren zur Billigung und Kontrolle der Wirtschaftspläne des Bundesamtes für Verfassungsschutz erhält. Folglich besteht auch gegenüber den Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums kein Informationsverweigerungsrecht der Bundesregierung über die Ausgaben dieser Institutionen. 2.1.2. Sonstige Mitglieder des Bundestages 2.1.2.1. Parlamentarische Informationsrechte Die Beschränkung der Haushaltsbewilligung und –kontrolle auf das Vertrauensgremium und das Parlamentarische Kontrollgremium führt nicht dazu, dass die Abgeordneten, die nicht Mitglieder 11 BVerfGE 70, 324, 355 ff. - Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste. 12 Antwort der Bundesregierung vom 26.02.2013 auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Antwort auf Frage 2. und auf Frage 10., BT-Drs. 17/12470, S. 3 und S. 5. 13 BVerfGE 70, 324, 355 f. - Haushaltskontrolle der Nachrichtendienste. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 047/14 Seite 6 dieser Gremien sind, ihre Frage- und Informationsrechte in Bezug auf diese vertraulichen Informationen verlieren.14 Für Themen, mit denen sich das Parlamentarische Kontrollgremium befasst , ist dies in ausdrücklich in § 1 Abs. 2 PKGrG festgeschrieben. Dies bedeutet, dass Fragen15 dieser Abgeordneten auch dann zulässig sind, wenn sie Inhalte betreffen, die auch von den Entscheidungs - und Informationsrechten des Vertrauensgremiums oder des Parlamentarischen Kontrollgremiums erfasst werden. Dies gilt jedenfalls soweit mit dem Inhalt der Frage selbst keine Staats- oder Dienstgeheimnisse offen gelegt werden.16 Parlamentarische Fragen zu den Ausgaben der Nachrichtendienste für V-Leute sind somit zulässig. 2.1.2.2. Verweigerung und Beschränkung der Antwort auf parlamentarische Fragen Allerdings ist es der Bundesregierung gestattet, die Beantwortung von Fragen zu verweigern, wenn dadurch Geheimschutzinteressen des Staates gefährdet werden könnten und diese Interessen dem parlamentarischen Informationsrecht vorgehen. Sowohl die Geheimschutzinteressen des Staates (Art. 45d GG) als auch die Informationsrechte des Bundestages (Art. 43 Abs. 1 und Art. 44 Abs. 1 GG) haben Verfassungsrang. Die Bundesregierung hat daher stets abzuwägen, ob die Geheimschutzinteressen in dem jeweiligen Einzelfall dem parlamentarischen Informationsrecht vorgehen.17 Im Rahmen dieser Abwägung ist allerdings von der Bundesregierung zu berücksichtigen , dass die Geheimschutzinteressen des Staates nicht der Bundesregierung allein, sondern auch dem Bundestag als Verfassungsorgan des Bundes anvertraut sind.18 Das Bundesverfassungsgericht führt daher aus: „Mithin kann die Berufung auf das Wohl des Bundes gerade gegenüber dem Bundestag in aller Regel dann nicht in Betracht kommen, wenn beiderseits wirksam Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Dienstgeheimnissen getroffen wurden. Daß auch die Beobachtung von Vorschriften zur Wahrung von Dienstgeheimnissen deren Bekanntwerden nicht ausschließt, steht dem nicht entgegen.“19 Dies bedeutet, dass die Bundesregierung – gewissermaßen als „milderes Mittel“ gegenüber der gänzlichen Verweigerung – in der Regel auch geheime 14 Beck/Schlikker, Zur Kontrolle der Geheimdienste durch Fragen der Abgeordneten und Fraktionen des Deutschen Bundestages, NVwZ 2006, 912 f. Zu den parlamentarischen Fragerechten allgemein: Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, 1992; ders., Information der Parlamente durch die Regierungen, DÖV 1993, 593, 595 f.; Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Loseblattsammlung, 39. Ergänzungslieferung (Stand: Juli 2001), Art. 43 Rdnr. 75 ff.; Kunig, Politische Kontrolle der Bundesregierung durch das Parlament, Jura 1993, 220, 221; Brüning, Der Informierte Abgeordnete, Die Informationspflicht der Regierung als „Bringschuld“ gegenüber dem Parlament, Der Staat 43 (2004), 512, 518 ff. 15 Dabei kann es sich um Fragen im Rahmen der klassischen parlamentarischen Fragerechte handeln: z.B. Große Anfrage (§§ 100 ff. GO-BT), Kleine Anfrage (§ 104 GO-BT), Fragen einzelner Mitglieder des Bundestages (§ 105 GO-BT) oder Fragen im Rahmen einer Aktuellen Stunde (§ 106 GO-BT), aber auch um das Fragerecht eines Untersuchungsausschusses (Art. 44 GG). 16 Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, 1992, S. 44 ff. 17 Beck/Schlikker, Zur Kontrolle der Geheimdienste durch Fragen der Abgeordneten und Fraktionen des Deutschen Bundestages, NVwZ 2006, 913. 18 Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Loseblattsammlung, 39. Ergänzungslieferung (Stand: Juli 2001), Art. 43 Rdnr. 103. 19 BVerfGE 67, 100, 136 - Flick-Untersuchungsausschuss. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 047/14 Seite 7 Informationen an den Bundestag als Verschlussache weitergeben muss, da dieser über eine Geheimschutzordnung 20 und entsprechende Einrichtungen verfügt.21 Damit der Bundestag beurteilen kann, ob die Verweigerung einer Antwort oder die Zugangsbeschränkung als Verschlusssache gerechtfertigt ist, hat die Bundesregierung eine solche Entscheidung stets zu begründen.22 Die Einstufung der Informationen über die Prämien für V-Leute, die das Bundesamtes für Verfassungsschutz seit dem Jahr 2000 gezahlt hat, als „Verschlusssache- Vertraulich“ begründet die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke daher wie folgt: „Angaben, die für sich allein oder im Zeitverlauf und in der Zusammenschau mit Antworten gleicher Zielrichtung oder in Ansehung von aus sonstigen Quellen erlangten Informationen geeignet sein können, Arbeitsweisen, Strategien, Methoden und den Erkenntnisstand der Nachrichtendienste offen zu legen, können die Arbeitsfähigkeit und die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste gefährden. Dies gilt ganz besonders auch für quantifizierbare Aspekte, wenn diese einen mittelbaren Rückschluss auf Aufklärungsschwerpunkte und gegebenenfalls auch Beobachtungsdefizite ermöglichen oder auch die Verhandlungsposition zwischen dem Nachrichtendienst und dem jeweiligen Gegenüber beeinflussen können. Nach Abwägung dieser Gesamtumstände ist eine offene Übermittlung der Angaben zu gezahlten Prämien […] nicht möglich.“23 2.1.2.3. Verweigerung der Offenlegung nach dem Informationsfreiheitsgesetz Ein Antrag auf Informationen zu den einzelnen Haushaltsposten der Nachrichtendienste nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG)24, hätte voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Grundsätzlich kann ein solcher Antrag von jedem Bürger und daher auch von jedem Mitglied des Bundestages gestellt werden. Der Antrag wird jedoch abgelehnt, wenn ein Anspruch auf die begehrten Informationen nicht besteht. Dies ist der Fall, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Belange der inneren oder äußeren Sicherheit haben kann (§ 3 Nr. 1 lit c) IFG), wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann (§ 3 Nr. 2 IFG) oder wenn die Information der Geheimhaltungspflicht und Vertraulichkeit von Verschlusssachen unterliegt (§ 3 Nr. 4 IFG). Darüber hinaus besteht auch kein Informationsanspruch gegenüber den Nachrichtendiensten (§ 3 Nr. 8 IFG). 20 Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages - Anlage 3 zu Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 02.07.1980, BGBl. I S.1237, zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 10.07.2013, BGBl. I S. 2167. 21 So auch BVerfGE 131, 152, 208 – europapolitische Informationsrechte. 22 Beck/Schlikker, Zur Kontrolle der Geheimdienste durch Fragen der Abgeordneten und Fraktionen des Deutschen Bundestages, NVwZ 2006, 913. 23 Antwort der Bundesregierung vom 26.02.2013 auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Antwort auf Frage 2. BT-Drs. 17/12470, S. 3, ähnlich auch die Antwort auf Frage 10, S. 5. 24 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 05.09.2005, BGBl. I S. 2722, zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes vom 07.08.2013, BGBl. I S. 3154. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 047/14 Seite 8 Da die Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste Verschlusssachen und damit geheim sind, um die nachrichtendienstliche Tätigkeit und damit den Schutz der innen und äußeren Sicherheit sowie der öffentlichen Sicherheit nicht zu gefährden, dürften die genannten Ausnahmetatbestände des § 3 Nr. 1 lit. c, Nr. 2 und Nr. 4 IFG erfüllt sein. In jedem Falle versagt jedoch § 3 Nr. 8 IFG die Herausgabe von Informationen über die Nachrichtendienste. Zwar werden die Wirtschaftspläne von der Bundesregierung erstellt, so dass sich der Anspruch gegen sie und nicht direkt gegen die Nachrichtendienste richten würde, dieser Ausnahmetatbestand umfasst jedoch auch Informationen anderer Behörden, die Vorgänge der Nachrichtendienste erfassen. Dies betrifft auch deren fiskalisches Handeln, da sich auch daraus unter Umständen Rückschlüsse auf Strategien und Aktivitäten der Nachrichtendienste ziehen lassen.25 2.2. Geheimhaltungsfristen Wie lange geheime Dokumente (Verschlusssachen) der Geheimhaltung unterliegen, richtet sich nach den Regeln der Behörde, die das betreffende Dokument erarbeitet und in diesem Zuge auch der Geheimhaltung unterstellt („herausgebende Stelle“). Die Wirtschaftspläne des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes werden von der Bundesregierung erstellt, die auch die jeweilige Geheimhaltungsstufe dafür festlegt. Die Dauer der Geheimhaltung von Dokumenten der Bundesbehörden richtet sich nach § 8 und § 9 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung26). Danach gilt grundlegend, dass die herausgebende Stelle den Geheimhaltungsgrad einer Verschlusssache ändern oder aufheben muss, sobald sich die Gründe für die bisherige Einstufung ändern oder weggefallen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 1 VS-Anweisung). Auf jedem Dokument, das als Verschlussache-VERTRAULICH und höher eingestuft wird, ist außerdem der Zeitpunkt des Ablaufs der Verschlusssachen-Einstufung zu bestimmen. Die Regelfrist für die Geheimhaltung beträgt 30 Jahre, wobei auch eine kürzere Frist bestimmt werden kann (§ 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 VS-Anweisung). Ist auf einem Verschlusssachen-Dokument keine längere oder kürzere oder gar keine Frist bestimmt, erfolgt die Aufhebung der Verschlusssachen-Einstufungen zu den folgenden Zeitpunkten (§ 9 Abs. 2 Satz 1 VS-Anweisung): 1. für die Vorgänge der Jahre 1949 bis 1959 bis zum 1. Januar 2013, 2. für die Vorgänge der Jahre 1960 bis 1994 bis zum 1. Januar 2025, beginnend mit dem Ablauf des Jahres 2013 sind mindestens drei Jahrgänge pro Kalenderjahr in chronologischer Reihenfolge zu öffnen, 3. für die Vorgänge der Jahre ab 1995 nach 30 Jahren. Die Einstufung VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH ist spätestens nach 30 Jahren aufgehoben und kann nicht verlängert werden (§ 9 Abs. 2 Satz 2 VS-Anweisung). Für alle höher eingestuften Verschlusssachen kann die herausgebende Stelle oder deren Rechtsnachfolger eine Verlängerung 25 Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, 1. Auflage 2005, § 3 Rdnr. 62, mit Verweis auf die entsprechende Gesetzesbegründung , BT-Drs. 15/4493, S. 12. 26 Verwaltungsvorschrift vom 31.03.2006, in der Fassung vom 26. April 2010, GMBl 2010, S. 846. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 047/14 Seite 9 der Frist für einzelne Verschlusssachen oder pauschal für die in einem bestimmten Bereich entstehenden Verschlusssachen verfügen (§ 9 Abs. 1 Abs. 3 VS-Anweisung). Eine weitere Frist für die Geheimhaltung ergibt sich aus dem Bundesarchivgesetz (BArchG).27 Soweit Dokumente den Geheimhaltungsvorschriften des Bundes unterliegen und dem Bundesarchiv zur Verfügung gestellt werden, dürfen sie erst 60 Jahre nach ihrer Entstehung genutzt werden (§ 5 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Nr. 2 BArchG). Da jedoch nicht davon auszugehen ist, dass die Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste dem Bundesarchiv zur Verfügung gestellt werden , dürfte diese Frist für die vorliegende Frage unbedeutend sein. 27 Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes vom 06.01.1988, BGBl. I S. 62, zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 38 des Gesetzes vom 07.08.2013, BGBl. I S. 3154.