© 2021 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 044/21 Pandemiebedingte Herabsenkung von landeswahlrechtlichen Unterschriftenquoren Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 044/21 Seite 2 Pandemiebedingte Herabsenkung von landeswahlrechtlichen Unterschriftenquoren Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 044/21 Abschluss der Arbeit: 1. März 2021 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 044/21 Seite 3 1. Einleitung und Fragestellung Im Anschluss an die Ausarbeitung vom 26. Februar 20211 wird im Folgenden die aktuelle Rechtslage in Bezug auf die Erfordernisse von Unterstützungsunterschriften in den Ländern dargestellt, die Quoren pandemiebedingt geändert haben. Gesetzesänderungen sind in Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und in Rheinland-Pfalz im Hinblick auf anstehende Landtagswahlen erfolgt, sowie in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf anstehende Kommunalwahlen. In Sachsen-Anhalt und in Thüringen liegen Gesetzentwürfe vor. 2. Baden-Württemberg Baden-Württemberg beschloss am 12. November 2020 das Gesetz zur Änderung des Landtagswahlgesetzes . Zuvor hatte der Landesverfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg (LVerfGH BW) entschieden, dass das bestehende Quorum unter Pandemie-Bedingungen verfassungswidrig geworden sei.2 Der LVerfGH BW hatte eine Herabsenkung des Quorums um 50 Prozent nahegelegt. Diese Option nahm der baden-württembergische Gesetzgeber wahr: Nach der Gesetzesänderung sind für die Landtagswahlen am 14. März 2021 75 (statt wie bisher 150) Unterstützungsunterschriften pro Wahlkreis erforderlich. Für eine Kandidatur in allen 70 Wahlkreisen des Landes sind damit 5.250 (statt wie bisher 10.500) Unterstützungsunterschriften erforderlich. 3. Berlin Durch das Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes vom 28. Januar 2021 wurden die Unterschriftenquoren sowohl für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus, als auch für die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen herabgesenkt. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus sind für den Kreiswahlvorschlag demnach 25 (statt wie bisher 45) Unterstützungsunterschriften erforderlich, für die Landesliste 1100 (statt wie bisher 2200) Unterstützungsunterschriften. Für den Bezirkswahlvorschlag sowie für die Bezirksliste sind jeweils 100 (statt wie bisher 185) Unterstützungsunterschriften erforderlich. 4. Mecklenburg-Vorpommern In Mecklenburg-Vorpommern wurde durch Gesetzesänderung unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer vom geltenden Landeswahlrecht abweichenden Regelung durch Rechtsverordnung eröffnet. In diesem Fünften Gesetz zur Änderung des Landes- und Kommunalwahlgesetzes vom 28. Januar 2021 wird ausdrücklich unter anderem eine Herabsenkung der geforderten 1 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung vom 26. Februar 2021, Unterstützungsunterschriften für die Zulassung zur Bundestagswahl, WD 3 - 3000 - 042/21. 2 LVerfGH BW, Urteil vom 9. November 2020, Az. 1 GR 101/20; hierzu bereits Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung vom 26. Februar 2021, Unterstützungsunterschriften für die Zulassung zur Bundestagswahl, WD 3 - 3000 - 042/21, S. 4 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 044/21 Seite 4 Anzahl der Unterstützungsunterschriften als Möglichkeit genannt. Es ist keine konkrete Zahl für die etwaige Herabsenkung vorgegeben. 5. Nordrhein-Westfalen Durch das Gesetz zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 vom 2. Juni 2020 senkte Nordrhein- Westfalen die verschiedenen Unterschriftenquoren für die Kommunalwahlen um jeweils 40 Prozent ab. Zugleich wurde die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge um elf Tage verlängert. Der Verfassungsgerichtshof von Nordrhein-Westfalen entschied, dass der Landesgesetzgeber mit diesem Gesetz etwaige verfassungsrechtliche Anpassungspflichten durch hinreichenden Ausgleich pandemiebedingter Erschwernisse erfüllt habe.3 6. Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz reduzierte mit dem Landesgesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes und des Kommunalwahlgesetzes vom 17. Dezember 2020 die landesrechtlichen Quoren. Für den Kreiswahlvorschlag sind danach 50 (statt wie bisher 125) Unterstützungsunterschriften erforderlich, was einer Herabsenkung um 60 Prozent entspricht. Für die Einreichung der Landesliste wurde das Unterschriftenquorum um 75 Prozent reduziert. 7. Sachsen-Anhalt Nach einem Gesetzentwurf vom 28. Januar 2021 (Drucksache 7/718) sollen in Sachsen-Anhalt die Unterschriftenquoren für die Landtagswahlen im Jahr 2021 jeweils um 70 Prozent reduziert werden. Dann wären für den Kreiswahlvorschlag 30 (statt wie bisher 100) Unterstützungsunterschriften erforderlich, für die Landesliste 300 (statt wie bisher 1000) Unterstützungsunterschriften. Bezüglich anstehender Kommunalwahlen sollen die Unterschriftenquoren für Direktwahlen (Bürgermeister- und Landratswahlen) jeweils um 50 Prozent herabgesenkt werden. 8. Thüringen In Thüringen liegt ein Gesetzentwurf vom 4. November 2020 vor (Drucksache 7/2043). Demnach sollen die Unterschriftenquoren für die Landtagswahlen im Jahr 2021 jeweils um 50 Prozent herabgesenkt werden. Für den Wahlkreisvorschlag sollen 250 (statt wie bisher 125) Unterstützungsunterschriften , für die Landesliste 500 (statt wie bisher 1.000) Unterstützungsunterschriften. *** 3 VerfGH Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Juli 2020, Az. VerfGH 88/20, Rn. 71 ff. (juris).