WD 3 - 3000 - 044/20 (25. Februar 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Für die Wahlen zur 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestages ergeben sich aus dem Grundgesetz (GG) und aus dem Bundeswahlgesetz (BWahlG) mehrere Fristen bzw. Terminzeiträume. Da die Wahlperiode des 19. Deutschen Bundestages mit der konstituierenden Sitzung am 24. Oktober 2017 begonnen hat, muss nach Art. 39 Abs. 1 GG der Wahltermin innerhalb der Zeitspanne von Mittwoch, dem 25. August 2021 und Sonntag, dem 24. Oktober 2021 liegen. Unabhängig vom genauen späteren Wahltermin dürfen nach § 21 Abs. 3 S. 4 BWahlG die Wahlen für die Vertreterversammlungen frühestens ab dem 25. März 2020, die Wahlen für die Bewerberinnen und Bewerber selbst frühestens ab dem 25. Juni 2020 stattfinden. Aus diesen Fristen ergibt sich nach überwiegender Ansicht nicht zwingend, dass im Anschluss an die Vertreterversammlung nach geltendem Recht keine Wahlrechtsreform mehr durchgeführt werden kann. Bis wann eine Wahlrechtsänderung erfolgen kann, ist eine Frage des Einzelfalls, bei der es auf die jeweiligen Änderungen ankommt. Das Wahlrecht ist weitüberwiegend einfachgesetzlich ausgestaltet. Die im einfachen Recht festgelegte Fristen und das einfachgesetzlich geregelte Wahlsystem kann der Gesetzgeber grundsätzlich ändern. Maßstab für die Änderung ist das Grundgesetz, insbesondere mit der Verpflichtung zu einer allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG). Zudem darf es gemäß Art. 21 Abs. 1 GG den Parteien den vorgesehenen Abläufen nach nicht gänzlich unmöglich sein, die Wahl vorzubereiten und ihre Wahlvorschläge fristgerecht einzureichen. Auch für die Wahlkreiseinteilung besteht nach derzeitigem Recht kein gesetzlicher Stichtag (Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 3 Rn. 24a). Offenkundige verfassungsrechtliche Gründe für einen Stichtag sind nicht ersichtlich (vgl. Hahlen a.a.O.). Die Einteilung erfolgt durch Bundesgesetz. Die Zeit zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfs und Verkündung im Bundesgesetzblatt lässt sich auf etwa eine Woche verkürzen (Hölscheidt/Menzenbach, DÖV 2008, 139 (143)). Bei Wahlrechtsänderungen, wie einer neuen Wahlkreiseinteilung, wäre auch der rechtsstaatliche Vertrauensschutz zu beachten. Das Hamburgische Verfassungsgericht hat eine Änderung des Wahlrechts auch weniger als ein Jahr vor der Wahl als zulässig erachtet: „Diese Grundsätze [u. a. Vertrauensschutz ] sind aber jedenfalls dann nicht verletzt, wenn die Wahl durch die zu Wählenden bzw. die Parteien effektiv vorbereitet und durchgeführt werden konnte, insbesondere das Gesetzgebungsverfahren so rechtzeitig abgeschlossen ist, dass sich die Parteien bei der Aufstellung ihrer Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zeitliche Parameter für Wahlrechtsänderungen Kurzinformation Zeitliche Parameter für Wahlrechtsänderungen Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Kandidaten auf die neue Rechtslage einstellen können“ (WD 3 - 3000 - 254/16, S. 4). Eine Einstellung auf die neue Rechtslage kann auch dann erfolgen, wenn erneut Wahlkreiskandidaten aufgrund anderer Anforderungen an die Aufstellung bestimmt werden müssen (Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 21 Rn. 31). Eine andere Position dazu hat die Landesregierung des Freistaates Thüringen im Rahmen des Ergänzenden Berichts der Wahlkreiskommission für die 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages vertreten und verwies auf Gründe der Chancengleichheit der Parteien und der Wahlkreisbewerber sowie auf allgemeine Gründe der Rechtssicherheit. Diese erforderten, dass die Wahlkreiseinteilung vor dem frühestmöglichen Zeitraum der Wahl der Vertreterversammlung abgeschlossen sein müsse (BT-Drs. 18/7350, S. 7). Sofern sich eine Wahlrechtsänderung nur auf das rechnerische Sitzzuteilungsverfahren bezieht, erscheint eine Umsetzung in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich unproblematisch, sofern sie lediglich zur Folge hat, dass sich die Verwaltung (vor allem die Wahlleitung) auf das neue Verfahren einstellen muss. ***