© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 042/20 Fragen zur Rückkehr von abgelehnten Asylbewerbern in Drittstaaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 2 Fragen zur Rückkehr von abgelehnten Asylbewerbern in Drittstaaten Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 042/20 Abschluss der Arbeit: 9. März 2020 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) 4 3. Weitere Maßnahmen des Bundes zur Förderung der freiwilligen Rückkehr 5 3.1. Rückkehrprogramme 6 3.1.1. REAG/GARP 6 3.1.2. StarthilfePlus 6 3.2. Reintegrationsprogramme 7 3.2.1. Perspektive Heimat 7 3.2.2. Programm Migration & Diaspora 8 3.2.3. CAROB Armenien 8 4. Weitere Maßnahmen des Bundes zur Förderung von Abschiebungen 9 4.1. Gesetzgebung 9 4.2. Maßnahmen des Gemeinsamen Zentrums zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) und der Bundespolizei 10 4.3. Kooperation der Bundesregierung mit Herkunftsstaaten zur Verbesserung der Abschiebung 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 4 1. Einleitung Gefragt wird nach konkreten Bemühungen der Bundesregierung im Bereich freiwillige Rückkehr und Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern in Drittstaaten seit 2016. Dabei soll besonders auf Best-practice-Beispiele eingegangen werden. Die Zahlen der jährlichen Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen aus Deutschland sind im Vergleich zu 2016 rückläufig: 2016 2017 2018 20191 Freiwillige Ausreisen2 54.006 29.522 15.962 13.105 Abschiebungen3 25.375 23.966 23.617 22.097 Die Bundesregierung hat ihre Bemühungen zur Verbesserung der freiwilligen Rückkehr und Abschiebungen in Drittstaaten seit dem Jahr 2015 kontinuierlich intensiviert. Im Folgenden wird ein Überblick über ausgewählte Maßnahmen der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages gegeben. 2. Gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) Ausreisewillige Personen verfügen in vielen Fällen nicht über die notwendigen Reise- und Identifikationsdokumente , um in ihr Herkunftsland zurückkehren zu können. Das Gemeinsame Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) unterstützt als „Kooperationsplattform zwischen Bund und Ländern“4 seit März 2017 bei der freiwilligen Rückkehr als auch bei der Organisation und Optimierung von Abschiebungen.5 Die Leitung des ZUR liegt beim Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat (BMI). Neben dem Bundesamt für Migration und 1 Die Welt, 200.000 erhalten die Nachricht, dass Deutschland sie nicht abschieben kann, 7. Februar 2020, S. 6. 2 Für die Jahre 2016, 2017 und 2018 liegen Zahlen über freiwillige Rückkehrer mit REAG/GARP vor. BAMF, Freiwillige Rückkehr, Stand: 19. Februar 2019, https://www.bamf.de/DE/Themen/Statistik/FreiwilligeRueckkehr /freiwilligerueckkehr-node.html (letzter Abruf am 6. März 2020). Im Jahre 2019 gab es zusätzlich 9419 freiwillige Rückkehrer ohne diese Förderung, siehe dazu Die Welt, 200.000 erhalten die Mitteilung, dass Deutschland sie nicht abschieben kann, Stand: 6. Februar 2020, https://www.welt.de/politik/deutschland/article 205640443/Migration-Der-Flop-bei-freiwilligen-Ausreisen.html (letzter Abruf: 6. März 2020). 3 Statistisches Bundesamt, Anzahl der Abschiebungen aus Deutschland von 2000 bis 2018, Stand Februar 2019, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/451861/umfrage/abschiebungen-aus-deutschland/ (letzter Abruf: 6. März 2020). 4 BT-Drs. 19/5885, S. 4. 5 Die Bundesregierung, Freiwillige Rückführungen. Koordinierungszentrum nimmt Arbeit auf, 13. März 2017, https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/koordinierungszentrum-nimmt-arbeit-auf-320910 (letzter Abruf: 6. März 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 5 Flüchtlinge (BAMF) und der Bundespolizei entsenden die Bundesländer jeweils mindestens einen Mitarbeiter an das ZUR.6 Die Aufgabenbereiche des ZUR umfassen die freiwillige Rückkehr (Ständige Informations- und Auskunftsstelle), Passersatzbeschaffung (PEB), Operative Angelegenheiten der Rückführung (u.a. Charterflüge, Abschiebehaftplatzvermittlung), Sicherheit, Optimierung (u.a. Informationen zu Best Practices anderer EU-Mitgliedstaaten).7 Im ZUR ist außerdem die Geschäftsstelle für die Bund- Länder-Koordinierungsstelle der Arbeitsgruppe Integriertes Rückkehrmanagement (AG IRM) der Innenministerkonferenz angesiedelt. Der Arbeitsbereich PEB analysiert und unterstützt die Passersatzbeschaffung durch die Bundesländer organisatorisch und operativ. Es beschafft in Problemfällen auch selbst die nötigen Passersatzpapiere. Das ZUR stimmt sich dazu in konkreten Fällen mit dem Auswärtigen Amt und dem BMI ab und steht in ständigem Kontakt mit den Botschaften der Herkunftsländer.8 In Zusammenarbeit mit den Botschaften sollen Verfahren zur Beantragung und Ausstellung von Ersatzdokumenten vereinheitlicht und übersichtlich dargestellt werden. Das ZUR soll nach Aussagen des BMI zur Umsetzung des Masterplans Migration der Bundesregierung „zum zentralen Dienstleister des Bundes und der Länder im Rückkehrmanagement weiterentwickelt werden. Die Zentralisierung der Passersatzpapierbeschaffung für Herkunftsstaaten und Staaten, die lediglich eine Auslandsvertretung in Deutschland haben, soll vorangetrieben werden. Die Zahl der Rückführungsbegleiter bei der Bundespolizei soll von derzeit ca. 1 300 auf 2 000 im Jahr 2021 erhöht werden, um mehr Kapazitäten für begleitete Rückführungen zu schaffen. Durch die im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat eingerichtete ‚Task Force Gefährder‘ können die Länder zudem intensiver bei der Rückführung von Gefährdern durch den Bund unterstützt werden.“9 3. Weitere Maßnahmen des Bundes zur Förderung der freiwilligen Rückkehr Im Folgenden werden einige ausgewählte Bemühungen auf Bundesebene im Bereich der freiwilligen Rückkehr dargestellt.10 Für Einzelheiten zu den Rückkehrprogrammen REAG/GARP und Starthilfe- Plus, den Reintegrationsprogrammen Perspektive Heimat und URA sowie Beispielen für landeseigene Programme wird auf den Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages 6 BT-Drs. 18/12679, S. 3 7 BT-Drs. 19/3702, S. 66 f. 8 BT-Drs. 19/5885, S. 4. 9 BT-Drs. 19/11676, S. 17. 10 Eine Übersicht weiterer Angebote gibt das vom BAMF und der IOM betriebene Informationsportal zu freiwilliger Rückkehr und Reintegration, Rückkehr- und Reintegrationsprogramme, https://www.returningfromgermany .de/de/programmes (letzter Abruf: 6. März 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 6 zum Thema „Programme von Bund und Ländern zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von Migranten in ihre Heimatländer“, WD 3 - 3000 - 353/18 (Stand: 15. Oktober 2018) verwiesen.11 3.1. Rückkehrprogramme 3.1.1. REAG/GARP Bund und Länder führen seit 1979 das „Reintegration and Emigration Programme for Asylum- Seekers in Germany“ (REAG) durch, das freiwillig ausreisenden Migranten die Reisekosten für die Rückkehr in ihr Heimatland finanziert.12 1989 kam das „Government Assisted Repatriation Programme“ (GARP) hinzu, das freiwillig Ausreisenden aus bestimmten Staaten13 eine finanzielle Starthilfe gewährt. Zuständig für die Umsetzung der Programme durch Reisevorbereitungen, Buchung von Flügen etc. ist die Internationale Organisation für Migration (IOM), eine zwischenstaatliche Organisation im System der Vereinten Nationen. Die REAG/GARP-Förderung kann nur einmal in Anspruch genommen werden. Wer sie annimmt, verpflichtet sich, Deutschland dauerhaft zu verlassen. Geförderte, die sich nicht an die Verpflichtung halten, müssen die gewährten Leistungen zurückzahlen. 2016 wurde 54 006 Personen die Ausreise durch REAG/GARP ermöglicht. 2017 waren es 29 522 Personen und 15 962 im Jahr 2018.14 2019 wurden 13 105 freiwillige Rückkehrer gefördert.15 3.1.2. StarthilfePlus Für Asylsuchende mit geringer Bleibeperspektive, abgelehnte Asylbewerber und Geduldete gibt es seit Anfang 2017 die Möglichkeit, sich für das vom Bund finanzierte Programm „StarthilfePlus“ zur Förderung der freiwilligen Rückkehr zu bewerben. Die Auszahlung der Leistungen erfolgt in zwei Schritten. Die erste Hälfte der Auszahlung wird bei der Ausreise am Flughafen vorgenommen. Die zweite Auszahlung erfolgt sechs bis acht Monate später im Herkunftsland. Die Auszahlung ist an die Unterzeichnung einer Verzichtserklärung gegenüber dem BAMF geknüpft.16 Die Rückkehrenden verzichten damit auf ihren Schutzstatus, auf eine Fortsetzung des Asylverfahrens und 11 Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/585714/b8addf1de29f6780701ccc3d62805e58/WD-3- 353-18-pdf-data.pdf (letzter Abruf: 6. März 2020). 12 Siehe zum Ganzen BAMF, REAG/GARP, Stand: 13. Mai 2019, https://www.bamf.de/DE/Themen/Rueckkehr/Foerderprogramm REAGGARP/reaggarp-node.html (letzter Abruf: 6. März 2020). 13 Für eine Auflistung der Staaten (Stand: 11. Oktober 2018) siehe https://www.returningfromgermany.de/de/programmes /reag-garp#information (letzter Abruf: 6. März 2020). 14 BAMF, Freiwillige Rückkehr, Stand: 19. Februar 2019, https://www.bamf.de/DE/Themen/Statistik/Freiwillige Rueckkehr/freiwilligerueckkehr-node.html (letzter Abruf: 6. März 2020). 15 Die Welt, 200.000 erhalten die Mitteilung, dass Deutschland sie nicht abschieben kann, Stand: 6. Februar 2020, https://www.welt.de/politik/deutschland/article205640443/Migration-Der-Flop-bei-freiwilligen-Ausreisen.html (letzter Abruf: 6. März 2020). 16 BAMF/IOM, Informationsportal zu freiwilliger Rückkehr und Reintegration, StarthilfePlus, Stand: 10. Oktober 2018, https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/starthilfe-plus (letzter Abruf: 6. März 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 7 auf weitere Rechtsmittel. Dieser Verzicht und die daran geknüpfte Geldleistung stehen im Mittelpunkt der Kritik, die an dem Programm geäußert wird.17 Im November 2019 veröffentlichten das BAMF und die IOM eine erste Evaluation des Rückkehrförderprogramms StarthilfePlus. Untersucht wurden Rückkehrmotive und Reintegration von gefördert ausgereisten Personen aus Deutschland.18 Im Zeitraum zwischen dem Programmbeginn im Februar 2017 und Ende 2018 wurden die Leistungen 15 182 Personen bewilligt.19 3.2. Reintegrationsprogramme 3.2.1. Perspektive Heimat Das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderte Programm „Perspektive Heimat“ gewährt seit März 2017 Reintegrationsunterstützung in Tunesien (Tunis), Albanien (Tirana), Ghana (Accra), Kosovo (Prishtina), Marokko (Casablanca, Oujda, Tanger, Fes, Beni Mellal), Nigeria (Lagos, Abuja, Benin City), Senegal (Dakar), Serbien (Belgrad) und den Irak (Erbil und Bagdad). Ferner wird in Afghanistan ein Beratungsprogramm in Partnerschaft mit der IOM angeboten. Weitere Zentren, unter anderem in Pakistan und Ägypten, sind in Planung.20 Die Beratungszentren informieren über Aus- und Weiterbildungsangebote und berufliche Chancen in der Region und unterstützen beim Einstieg in den lokalen Arbeitsmarkt.21 Das Programm steht nicht nur Rückkehrern, sondern allen Personen in den jeweiligen Staaten zur Verfügung. Für die Jahre 2017 bis 2020 wurden für das Programm 150 Mio. Euro zur Verfügung gestellt.22 Seit Beginn des Programms im Juli 2017 haben in den 13 Zielländern insgesamt etwa 35 300 Personen mit Unterstützung des Programms eine Beschäftigung gefunden, davon etwa 4 100 Rückkehrer 17 Siehe etwa die Stellungnahme des Pro Asyl e.V. vom 10. Oktober 2018, Grundrechte im Ausverkauf? Bundesregierung will für Verzicht auf Asyl zahlen, https://www.proasyl.de/news/grundrecht-im-ausverkauf-bundesregierung -will-fuer-verzicht-auf-asyl-zahlen/ (letzter Abruf: 6. März 2020). 18 BAMF/IOM, Geförderte Rückkehr aus Deutschland: Motive und Reintegration, Eine Begleitstudie zum Bundesprogramm StarthilfePlus, November 2019, https:// https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Forschung /Forschungsberichte/fb34-evaluation-starthilfeplus.html?nn=284778 (letzter Abruf: 6. März 2020). 19 BAMF/IOM, Geförderte Rückkehr aus Deutschland: Motive und Reintegration, Eine Begleitstudie zum Bundesprogramm StarthilfePlus, (Fn. 18), S. 17. 20 BMZ, Das BMZ-Programm „Perspektive Heimat“, www.bmz.de/de/themen/Sonderinitiative-Fluchtursachenbekaempfen -Fluechtlinge-reintegrieren/deutsche_politik/perspektive_heimat/index.jsp; kritische Bewertung unter Süddeutsche Zeitung, Wenn die Heimat keine Perspektive bietet, 8. März 2019, https://www.sueddeutsche .de/politik/migration-rueckkehrzentren-reintegration-ghana-irak-1.4357408 (letzter Abruf der Links jeweils: 6. März 2020). 21 GIZ, Startchancen und berufliche Perspektiven in der Heimat, Stand: 10. Oktober 2018, https://www.giz.de/de/mit_der_giz_arbeiten/68352.html (letzter Abruf: 6. März 2020). 22 BT-Drs. 19/3384, S. 141. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 8 aus Deutschland (Stand Ende 2018).23 Insgesamt wurden in diesem Zeitraum rund 21 200 Rückkehrer mit Reintegrationsmaßnahmen unterstützt. Der Effekt des Programms auf die Reintegration von Rückkehrern wird von Teilen der Opposition sowie der Presse bezweifelt.24 So führt etwa die Fraktion der FDP aus, es „müsse bezweifelt werden, ob mit den […] umgesetzten kleinteiligen Lösungen wirklich Erfolge erzielt werden könnten. Wirksamer wäre es, die Rahmenbedingungen in den betreffenden Ländern zu verbessern“.25 Infrage gestellt wird ferner „das Verhältnis von Kostenaufwand und Ertrag“.26 Die Fraktion der AfD bezweifelt, dass „die Hauptzielgruppe des Programms Rückkehrwillige“27 seien. Die Bundesregierung sieht den Nutzen des Programms nicht nur in der Rückkehrförderung, sondern auch in der Stärkung des Arbeitsmarktes in den Zielländern und somit einer präventiven Vermeidung von Abwanderung.28 3.2.2. Programm Migration & Diaspora Ein weiterer Ansatz zur Optimierung der Reintegrationsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt des Herkunftslandes ist das Programm Migration & Diaspora im Auftrag des BMZ. Das Programm wird durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH in Kooperation mit der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) im Zeitraum von Juli 2019 bis Juni 2022 durchgeführt. Ein Fokus des Programms liegt auf dem Ausbau der internationalen Partnerschaften mit den Arbeitsagenturen der Partnerländer (darunter etwa Albanien, Äthiopien, Ecuador, Georgien, Ghana, Indien, Kamerun, Kenia, Kosovo, Nigeria, Senegal, Tunesien). Das Programm fördert Rückkehrende bei der Arbeitsmarktreintegration, unterstützt Unternehmensgründungen und berät die internationalen Partner bei ihrer Politik-, Organisations- und Strategieentwicklung zum Themenbereich Migration.29 3.2.3. CAROB Armenien CAROB (Cooperation for Assistance in Reintegration OFII-BAM) Armenien ist eine deutsch-französische Reintegrationskooperation, die freiwillig Rückkehrende seit dem 1. September 2019 bei der Reintegration in Armenien unterstützt. Das Angebot umfasst eine individuelle Beratung vor 23 BMZ, Papier 05/2019, S. 8, Stand: Ende 2018, http://www.bmz.de/de/mediathek/publikationen/reihen/strategiepapiere /Strategiepapier470_05_2019.pdf (letzter Abruf: 6. März 2020). 24 Vgl. BT-Drs. 19/4298, S. 1 f.; kritische Betrachtung der Beratungszentren in der Süddeutschen Zeitung, Wenn die Heimat keine Perspektive bietet, Stand: 8. März 2019, https://www.sueddeutsche.de/politik/migrationrueckkehrzentren -reintegration-ghana-irak-1.4357408 (letzter Abruf: 6. März 2020). 25 BT-Drs. 19/16408, S. 3. 26 BT-Drs. 19/16408, S. 4. 27 BT-Drs. 19/16408, S. 3. 28 BT-Drs. 19/476, S. 13. 29 GIZ, Programm Migration & Diaspora, Stand: 5. März 2020, https://www.giz.de/de/weltweit/78803.html; siehe auch das Informationsblatt (Stand August 2019) unter https://www.giz.de/de/downloads/giz2019-de-programmmigration -global.pdf (letzter Abruf der Links jeweils: 6. März 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 9 Ort nach der freiwilligen Rückkehr nach Armenien. Unterstützung wird im sozialen Bereich und bei medizinischen Angelegenheiten sowie im Bereich der Arbeitssuche, der Berufsausbildung und der Existenzgründung geleistet. Förderungsberechtigt sind armenische Staatsangehörige, die sich mindestens sechs Monate in Deutschland aufgehalten haben und freiwillig ausgereist sind.30 4. Weitere Maßnahmen des Bundes zur Förderung von Abschiebungen Auf Bundesebene wurden seit 2016 zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Zahl der Abschiebungen zu steigern und insbesondere dem Scheitern31 von geplanten Abschiebungen entgegenzuwirken . Seit 2018 übersteigt die Zahl der gescheiterten die Zahl der durchgeführten Abschiebungen .32 2017 standen 22 775 gescheiterte Abschiebungen 23 966 durchgeführten Abschiebungen gegenüber. 4.1. Gesetzgebung Durch das im Sommer 2017 in Kraft getretene Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht 33 wurden u.a. zahlreiche Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) und des Asylgesetzes (AsylG) geändert: Insbesondere sind Asylsuchende ohne gültige Pässe oder Passersatzpapiere nun zur Aushändigung von Datenträgern wie Mobiltelefonen verpflichtet, um ihre Identität und Staatsangehörigkeit zu ermitteln (§ 15 Abs. 2 Nr. 6 und § 15a AsylG). Für geduldete Personen, die über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht haben oder nicht an der Beseitigung von Ausreisehindernissen mitwirken, wurde eine Residenzpflicht eingeführt. Gegenüber diesen wurde auch die Pflicht zur Ankündigung der Abschiebung eingeschränkt (§ 60a Abs. 5 S. 5 AufenthG). Außerdem können die Bundesländer seither alle Asylsuchenden unter den in § 47 Abs. 1b AsylG bestimmten Voraussetzungen verpflichten, für bis zu 24 Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes zu bleiben. Zudem wurden die Möglichkeiten der Anordnung von Abschiebungshaft gegenüber sog. Gefährdern und deren zulässige Dauer ausgeweitet. Gefährder sind Ausländer, von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht. Die Höchstdauer des anders als die Abschiebehaft nicht an das Vorliegen von Fluchtgefahr anknüpfenden Ausreisegewahrsams zur Sicherung der Durchführung der Abschiebung wurde von vier auf maximal zehn Tage angehoben (§ 62b AufenthG). 30 IOM, BAMF, CAROB Armenien, https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/carob-armenia; siehe auch das Informationsblatt unter https://files.returningfromgermany.de/files/190812_CAROB%20Armenia_Fördermerkblatt .pdf (letzter Abruf der Links jeweils: 6. März 2020). 31 Vgl. etwa Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 11. Februar 2020, Bundespolizei will effektiver abschieben, S. 4. 32 2019 scheiterten nach Auskunft des BMI 31 974 von 57 005 geplanten Abschiebungen, vgl. Bild am Sonntag vom 24. Februar 2019, Duldungs-Irrsinn, S. 1. Im Jahr 2018 scheiterten 30 921 Abschiebungen, 26 114 konnten durchgeführt werden. 2017 standen 22 775 gescheiterte Abschiebungen (BT-Drs. 19/8030, S. 2) noch 23 966 durchgeführten Abschiebungen (BT-Drs. 19/16475, S. 194) gegenüber. 33 BGBl. I 2017, S. 2780. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 10 Durch das im Rahmen des Migrationspakets 2019 beschlossene Geordnete-Rückkehr-Gesetz34 wurden weitere Bestimmungen geändert, um Abschiebungen zu erleichtern: Beispielsweise können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht Auflagen (wie etwa die wöchentliche Meldung bei der Ausländerbehörde) verhängt werden (§ 61 Abs. 1e AufenthG). Ferner wurden die zur Anordnung von Abschiebehaft erforderliche Fluchtgefahr in § 62 Abs. 3 AufenthG neu definiert und die Gründe, die zur Annahme einer Fluchtgefahr führen, erweitert. Auch die Anforderungen des § 62b AufenthG an die Anordnung des Ausreisegewahrsams wurden abgesenkt. Erstmals wurde auch ein „bundeseinheitliches Mindestmaß“35 einer Befugnis zum Betreten (§ 58 Abs. 5 AufenthG) und Durchsuchen (§ 58 Abs. 6 AufenthG) von Wohnungen zum Zwecke der Durchführung von Abschiebungen in das AufenthG aufgenommen. Bis zum 30. Juni 2022 ist zudem das Trennungsgebot teilweise ausgesetzt: § 62a AufenthG sieht bis dahin nicht mehr vor, dass Abschiebungshaft zwingend in speziellen Abschiebehafteinrichtungen vollzogen werden muss. Abschiebungsgefangene sind aber auch in sonstigen Hafteinrichtungen getrennt von Strafgefangenen unterzubringen, § 62a Abs. 1 S. 1 AufenthG. Das Migrationspaket 2019 umfasste auch das Zweite Datenaustauschverbesserungsgesetz36. Dieses zielt darauf ab, die Registrierung und den Datenaustausch zwischen Bundes- und Landesbehörden zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken zu verbessern. 4.2. Maßnahmen des Gemeinsamen Zentrums zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) und der Bundespolizei Die Zuständigkeit für die Beantragung und Durchführung von Abschiebehaft liegt bei den Bundesländern . Das ZUR konnte „seit dem Beginn seiner Tätigkeit auf Bitte der Länder in 666 Fällen Abschiebungshaft- oder Ausreisegewahrsamsplätze in anderen Bundesländern vermitteln.“37 Der Bundesinnenminister möchte die Zahl der Plätze für ausreisepflichtige Migranten auf 1 000 verdoppeln ; die Notwendigkeit des Ausbaus wird von den Bundesländern unterschiedlich bewertet .38 Um die Zahl der scheiternden Rückführungen zu reduzieren, plant die Bundespolizei neben einer Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Bundesländern künftig „No-Name-Buchungen" für Flüge, bei denen bis zu drei Stunden vor dem Abflug keine namentliche Zuordnung des Rückzuführenden zu einem Flug mehr erfolge. Gleichzeitig sollen die Arbeitsbedingungen der Bundespolizisten verbessert werden, „damit sich auch in Zukunft genügend Beamte als Freiwillige für die oft physisch und psychisch belastenden Rückführungen melden“ 39. 34 Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht – Geordnete-Rückkehr-Gesetz, BGBl. I 2019, S. 1297. 35 BT-Drs. 19/10706, S. 14. 36 BGBl. I 2019, S. 1131. 37 BT-Drs. 19/15583, S. 21 f. 38 Die Welt, Reichen 500 Abschiebehaftplätze?, 5. Oktober 2019, S. 4. 39 Hannoversche Allgemeine Zeitung, Bundespolizei will effektiver abschieben, 11. Februar 2020, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 11 4.3. Kooperation der Bundesregierung mit Herkunftsstaaten zur Verbesserung der Abschiebung Die Bundesrepublik hat in der Vergangenheit zahlreiche bi- und multilaterale Abkommen mit Herkunfts- und Drittstaaten zur Rückübernahme oder Durchbeförderung von Ausländern abgeschlossen . Am 5. Januar 2018 hat die Bundesregierung mit Guinea ein neues Rückübernahmeabkommen unterzeichnet. Dieses ist zwar formal noch nicht in Kraft getreten, wird aber bereits vorläufig angewendet.40 Am 2. Oktober 2016 unterzeichnete die Bundesregierung eine Gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit im Bereich der Migration und Rückführung mit Afghanistan. Danach erkennt Afghanistan auch von Deutschland ausgestellte europäische Passersatzpapiere an, sofern nicht eine afghanische Auslandsvertretung innerhalb von vier Wochen ein afghanisches Papier ausgestellt hat.41 Die Bundesregierung erörtert mit Herkunftsländern auch, wie eine gezielte technische Unterstützung zu Verfahrenserleichterungen und zur nachhaltigen Unterstützung des Rückkehrprozesses führen kann.42 Durch diesen dialogischen Ansatz habe die Rückübernahmebereitschaft einer Vielzahl von Staaten erheblich gesteigert werden können.43 So habe die Etablierung eines elektronischen Austauschs von (auch biometrischen) Datensätzen laut Medienberichten insbesondere zu einer erheblichen Steigerung der Abschiebungen in die Maghreb-Staaten (Algerien, Marokko, Tunesien) geführt.44 Diese Staaten hatten im Frühjahr 2016 gegenüber dem Bundesinnenminister eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger zugesichert.45 Ferner habe Gambia zur Identifizierung von Staatsangehörigen und Beschaffung von Passersatzpapieren zwei Beamte nach Deutschland entsandt.46 40 BMI, Abkommen zur Erleichterung der Rückkehr ausreisepflichtiger Ausländer, Bilaterale Rückübernahmeabkommen Deutschlands, Stand: Juni 2018, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen /themen/migration/rueckkehrfluechtlinge.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (letzter Abruf: 5. März 2020). 41 BMI, Fact Sheet zur Durchsetzung der Ausreisepflicht (Abschiebung), 26. Juli 2016, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2016/07/factsheet-abschiebungen.html (letzter Abruf : 6. März 2020). 42 BT-Drs. 19/3150, S. 9. 43 BT-Drs. 19/3150, S. 9. 44 RP-Online, Deutschland schiebt deutlich mehr Menschen in Maghreb-Staaten ab, 22. Februar 2019, https://rponline .de/politik/deutschland/deutschland-schiebt-deutlich-mehr-menschen-in-maghreb-staaten-ab_aid- 36934333 (letzter Abruf: 6. März 2020). 45 BMI, Marokko, Algerien und Tunesien sagen Rücknahme ihrer Staatsbürger zu, 29. Februar 2016, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2016/02/bundesinnenminister-besucht-maroccotunesien -algerien.html (letzter Abruf: 6. März 2020). 46 RP-Online, Deutschland schiebt deutlich mehr Menschen in Maghreb-Staaten ab, (Fn. 44). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 042/20 Seite 12 Rückführungen in die Westbalkanstaaten können seit 2016 mit von der EU ausgestellten Passersatzpapieren anstatt vom jeweiligen Staat ausgestellter Papiere erfolgen. Dies hat die Durchführung der Abschiebungen vereinfacht. Albanien, Kosovo und Serbien liegen seit 2016 auf den ersten Rängen der Zahl der Abschiebungen in Drittstaaten.47 Die Zahl der Rückführungen auf dem Luftweg nach Nigeria konnten von 44 im Jahr 2016 auf 282 für den Zeitraum Januar bis August 2019 gesteigert werden.48 Dabei wurden die meisten Sammelabschiebungen nach Nigeria im Jahr 2019 durch Frontex organisiert.49 Im Vergleich zu 2016 konnte die Zahl der Abschiebungen auf dem Luftweg in weitere Drittstaaten wesentlich erhöht werden: 201650 201751 201852 201953 Afghanistan 67 121 284 161 (1. Halbjahr) Armenien 54 184 346 241 (1. Halbjahr) Aserbaidschan 69 163 213 114 (1. Halbjahr) Gambia 29 31 144 26 (Januar bis September) Georgien 369 612 1.085 878 (Januar bis September) Ghana 51 84 210 60 (Januar bis September) Indien 39 32 212 81 (1. Halbjahr) Pakistan 81 207 367 279 (1. Halbjahr) Russische Föderation 126 184 422 269 (1. Halbjahr) *** 47 2016: BT-Drs. 18/11112, S. 2; 2017: BT-Drs. 19/800, S. 3; 2018: BT-Drs. 19/8021, S. 3; Januar bis September 2019: BT-PlPr. 19/117, S. 14366A - 14366D. 48 BT-Drs. 19/14703, S. 9. 49 BT-Drs. 19/14703, S. 10. 50 BT-Drs. 18/11112, S. 2 f. 51 BT-Drs. 19/800, S. 3 f. 52 BT-Drs. 19/8021, S. 3 f. 53 1. Halbjahr vgl. BT-Drs. 19/12240, S. 3 f.; Januar bis September vgl. BT-PlPr. 19/117, S. 14366A - 14366D.