© 2021 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 041/21 Möglichkeit und Voraussetzungen eines Misstrauensvotums in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/21 Seite 2 Möglichkeit und Voraussetzungen eines Misstrauensvotums in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 041/21 Abschluss der Arbeit: 11. März 2021 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/21 Seite 3 1. Einleitung Es wurde gefragt, in welchen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Möglichkeit eines Misstrauensvotums gegen den Regierungschef besteht und unter welchen Voraussetzungen das Misstrauensvotum gestellt werden kann. In Deutschland kann nach Art. 67 Abs. 1 S. 1 GG der Bundestag dem Bundeskanzler das Misstrauen dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Diesem Ersuchen hat der Bundespräsident zu entsprechen und den Gewählten zu ernennen, Art. 67 Abs. 1 S. 2 GG. Mit der Abwahl des Bundeskanzlers endet auch die Amtszeit der Minister, Art. 69 Abs. 2 HS. 2 GG. Zwischen dem Misstrauensantrag und der Wahl müssen gemäß Art. 67 Abs. 2 GG achtundvierzig Stunden liegen. Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf Informationen aus den Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten bzw. Recherche in den Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten. 2. Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten 2.1. Belgien Gemäß Art. 46 Nr. 2 der Verfassung kann der König die Abgeordnetenkammer auflösen, wenn die absolute Mehrheit aller Mitglieder einen Misstrauensantrag gegen die Föderalregierung annimmt und nicht gleichzeitig ein neuer Premierminister vorgeschlagen wird. Über den Misstrauensantrag kann erst achtundvierzig Stunden nach Einbringung des Antrags abgestimmt werden, Art. 46 der Verfassung. 2.2. Bulgarien Gemäß Art. 111 Abs. 1 Nr. 1 der Verfassung besteht die Möglichkeit eines Misstrauensvotums gegen den Ministerrat oder den Ministerpräsidenten. Gemäß Art. 91 der Geschäftsordnung der Nationalversammlung kann von einem Fünftel der Mitglieder der Nationalversammlung durch Vorlage eines begründeten Resolutionsentwurfes das Misstrauensvotum eingeleitet werden. Nach Art. 92 der Geschäftsordnung beginnt die Debatte über den Entwurf einer Misstrauensentschließung frühestens drei Tage und spätestens sieben Tage nach der Einreichung des Antrags. Während der Debatte sind keine Änderungen oder Ergänzungen des Resolutionsentwurfes zulässig, Art. 92 Abs. 2 der Geschäftsordnung. Der Beschluss darf nicht vor Ablauf von vierundzwanzig Stunden nach Abschluss der Aussprache zur Abstimmung gestellt werden, Art. 92 Abs. 3 der Geschäftsordnung . Gemäß Art. 92 Abs. 4 der Geschäftsordnung wird der Beschluss gefasst, wenn mehr als die Hälfte aller Mitglieder der Nationalversammlung dafür stimmen. 2.3. Dänemark Wenn eine Mehrheit im Parlament kein Vertrauen mehr in den Ministerpräsidenten hat, kann ein Misstrauensantrag gemäß Art. 15 des dänischen Verfassungsgesetzes gestellt werden. Antragsberechtigt ist jedes Mitglied des Parlaments, eine besondere Mehrheit ist für die Einreichung des Antrags nicht erforderlich. Der Misstrauensantrag kann durch einfache Mehrheit angenommen werden. Jedoch kann der Misstrauensantrag nur während einer Debatte über eine Interpellation Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/21 Seite 4 oder während der Debatte über den Bericht des Premierministers über den allgemeinen Zustand des Reiches gestellt werden, Abschnitt 24 der Geschäftsordnung des Parlaments (Folketing). 2.4. Estland Gemäß § 97 der Verfassung kann der Misstrauensantrag gegen die Regierung, den Ministerpräsidenten oder einen Minister von einem Fünftel der Mitglieder des Parlaments (Riigikogu) durch Vorlage eines schriftlichen Antrags während einer Parlamentssitzung gestellt werden. Grundsätzlich kann frühestens am zweiten Tag nach der Einleitung über den Antrag entschieden werden. Jedoch kann die Regierung eine frühere Entscheidung verlangen. Bei einem erfolgreichen Misstrauensantrag gegen die Regierung oder den Ministerpräsidenten kann der Präsident auf Vorschlag der Regierung außerordentliche Parlamentswahlen durchführen lassen. 2.5. Finnland In Finnland kann das Parlament gemäß § 43 der Verfassung mit einer einfachen Mehrheit einem einzelnen Minister oder der Regierung als Ganzes das Misstrauen aussprechen, wenn ein Antrag während einer Debatte über eine Interpellation gestellt wird. Ein Misstrauensvotum ist auch möglich, wenn der Antrag während der Debatte zu einer Stellungnahme der Regierung zur Staatsführung oder zu den internationalen Beziehungen im Parlament eingereicht wird, § 44 der Verfassung. 2.6. Frankreich Durch einen Misstrauensantrag nach Art. 49 der Verfassung wird die Verantwortung der Regierung in Frage gestellt. Während der Antrag bei Unterzeichnung von mindestens einem Zehntel der Mitglieder der Nationalversammlung zulässig ist, wird der Antrag von der Mehrheit der Mitglieder angenommen, Art. 49 der Verfassung. Die Abstimmung findet frühestens achtundvierzig Stunden nach der Einreichung des Antrags statt. Gemäß Art. 50 der Verfassung reicht der Premierminister bei einem erfolgreichen Misstrauensantrag den Rücktritt der Regierung beim Präsidenten ein. Zudem besteht die Möglichkeit des Premierministers, die Verantwortung vor der Nationalversammlung für die Abstimmung über einen Gesetzentwurf oder die Finanzierung der sozialen Sicherheit zu übernehmen. Der Gesetzentwurf ist in diesen Fällen angenommen, wenn nicht innerhalb der folgenden vierundzwanzig Stunden ein Misstrauensantrag angenommen wird, Art. 49 der Verfassung. 2.7. Griechenland Das Parlament kann gemäß Art. 84 Nr. 2 der Verfassung durch Beschluss der Regierung oder einem einzelnen Minister das Vertrauen entziehen. Der Misstrauensantrag muss von mindestens einem Sechstel der Abgeordneten unterzeichnet sein und die Gründe angeben, über die beraten werden soll. Wird der Misstrauensantrag abgelehnt, kann er ausnahmsweise vor Ablauf von sechs Monaten erneut gestellt werden, wenn er von der Mehrheit der Gesamtzahl der Abgeordneten unterzeichnet wurde, Art. 84 Nr. 3 der Verfassung. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/21 Seite 5 Zwei Tage nach der Stellung des Antrags wird über diesen beraten, die Beratung darf nicht mehr als drei Tage seit ihrem Beginn andauern. Jedoch kann die Regierung auch einen unmittelbaren Beginn der Beratung verlangen, Art. 84 Nr. 4 der Verfassung. Die Abstimmung findet grundsätzlich nach dem Abschluss der Beratungen statt, wobei die Regierung eine Vertagung um achtundvierzig Stunden verlangen kann, Art. 84 Nr. 5 der Verfassung. Gemäß Art. 84 Nr. 6 der Verfassung kann ein Misstrauensantrag nur mit der absoluten Mehrheit der Gesamtzahl der Abgeordneten angenommen werden. 2.8. Irland In Irland soll gemäß Art. 28.10 und 28.11 der Verfassung die Regierung als Ganzes zurücktreten, wenn das Unterhaus des Parlaments mit der Mehrheit seiner Mitglieder dem Premierminister das Misstrauen ausspricht. Über den Misstrauensantrag kann frühestens vier Tage nach Eingang debattiert und abgestimmt werden, § 30 der Geschäftsordnung. Die Abstimmung wird mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden und abstimmenden Mitglieder entschieden, §§ 68-75 Geschäftsordnung . 2.9. Italien Art. 94 der Verfassung verlangt von der Regierung, das Vertrauen beider Kammern zu erlangen. Dabei hat jedes Haus die Möglichkeit, sein Vertrauen durch einen begründeten Antrag, über den die Mehrheit der Mitglieder namentlich abgestimmt hat, zu entziehen. Dabei muss der Antrag jeweils von einem Zehntel der Mitglieder der Kammer unterzeichnet sein. Gemäß Art. 161 der Geschäftsordnung des Senats wird über Misstrauensanträge namentlich abgestimmt . Erörtert wird der Antrag in der vom Senat eingerichteten Sitzung nach Konsultation der Regierung, jedoch frühestens drei Tage nach dem Einreichen des Antrags. Zudem dürfen keine Empfehlungen für den Misstrauensantrag eingereicht werden. Auch eine Abstimmung über getrennte Teile des Misstrauensantrags ist nicht zulässig. Gemäß Art. 115 der Geschäftsordnung der Abgeordnetenkammer müssen bei Misstrauensanträgen die Gründe für das fehlende Vertrauen angegeben werden. Auch hier dürfen die Anträge erst nach Ablauf von drei Tagen nach ihrer Einführung erörtert werden. Es wird namentlich abgestimmt . 2.10. Kroatien In Kroatien ist gemäß Art. 113 Abs. 5 der Verfassung ein Misstrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten erfolgreich, wenn das Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder dafür stimmt. Der Misstrauensantrag muss von mindestens einem Fünftel der Abgeordneten gestellt werden, Art. 113 Abs. 1 der Verfassung. Gemäß Abs. 3 und 4 darf die Beratung und Abstimmung nicht vor dem Ablauf des siebten Tages und soll nicht später als dreißig Tage nach Antragseinreichung ausgeführt werden. Wenn das Parlament nicht innerhalb von 30 Tagen nach Rücktritt der Regierung eine Nachfolgeregierung wählt, muss der Präsident das Parlament auflösen und Neuwahlen durchführen, Art. 113 Abs. 7 der Verfassung. Falls das Misstrauensvotum scheitert, dürfen die Antragssteller gemäß Abs. 6 erst nach Ablauf von sechs Monaten denselben Antrag erneut stellen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/21 Seite 6 2.11. Lettland In Lettland kann gemäß Art. 59 der Verfassung das Parlament dem Ministerpräsidenten oder einem einzelnen Minister das Misstrauen aussprechen. Im ersten Fall muss die ganze Regierung zurücktreten, im zweiten der betroffene Minister. 2.12. Litauen Gemäß Art. 101 der Verfassung kann das Parlament (Seimas) mit Stimmmehrheit aller seiner Mitglieder und in geheimer Abstimmung das Misstrauen gegen die Regierung oder den Ministerpräsidenten zum Ausdruck bringen. In diesem Fall muss die Regierung zurücktreten. Zudem kann nach der Geschäftsordnung des Seimas eine Gruppe von mindestens einem Fünftel der Mitglieder des Parlaments dem Premierminister eine Interpellation oder einen Entwurf einer berechtigten Entschließung vorlegen, in der das direkte Misstrauen gegenüber der Regierung erklärt wird. 2.13. Luxemburg Die Verfassung Luxemburgs enthält keine direkte Vorschrift zum Misstrauensvotum. Nach Art. 78 der Verfassung sind die Minister für ihre Handlungen verantwortlich. Die Abgeordnetenkammer kann den Ministern über einen Misstrauensantrag das Vertrauen entzieht.1 2.14. Malta In Malta darf der Präsident gemäß Art. 81 Abs. 1 der Verfassung den Premierminister seines Amtes entheben, wenn das Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder der Regierung das Misstrauen ausspricht. Die Amtsenthebung ist an die Voraussetzung geknüpft, dass drei Tage seit der Abstimmung vergangen sind und der Präsident nicht entschieden hat, das Parlament gemäß Art. 76 der Verfassung aufzulösen. 2.15. Niederlande In der niederländischen Verfassung findet sich keine Vorschrift zum Misstrauensantrag. Es gilt jedoch die ungeschriebene Regel, dass die Zweite Kammer des Parlaments mit der Mehrheit ihrer Mitglieder dem Ministerrat oder einem Minister das Misstrauen aussprechen kann.2 2.16. Österreich Der Nationalrat kann gemäß Art. 74 Abs. 1 der Verfassung der Bundesregierung oder einzelnen Mitgliedern durch Beschluss das Vertrauen versagen. Für den Beschluss ist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder des Nationalrates erforderlich, Art. 74 Abs. 2 der Verfassung. 1 Siehe dazu Homepage der Luxemburger Regierung, Ministerverantwortlichkeit, abrufbar unter https://gouvernement .lu/de/systeme-politique/gouvernement.html (letzter Abruf: 11. März 2021). 2 Siehe dazu Erklärung der Regierung, Homepage Repräsentantenhaus, abrufbar unter https://www.houseofrepresentatives .nl/governments-statement (letzter Abruf: 10. März 2021). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/21 Seite 7 Ist der Antrag erfolgreich, ist die Bundesregierung oder der betreffende Bundesminister des Amtes zu entheben, Art. 74 Abs. 1 der Verfassung. 2.17. Polen In Polen kann sowohl gegen den Ministerrat als auch gegen einzelne Mitglieder ein konstruktiver Misstrauensantrag gestellt werden. Gemäß Art. 158 Abs. 1 der Verfassung verabschiedet der Sejm auf Antrag von mindestens 46 Abgeordneten ein Misstrauensvotum gegen den Ministerrat mit der Mehrheit der Stimmen der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten und benennt zudem einen neuen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Nach dem Beschluss des Sejms akzeptiert der Präsident den Rücktritt des Ministerrats und ernennt den neugewählten Ministerpräsidenten . Der Antrag auf Beschlussfassung kann frühestens sieben Tage nach seiner Einreichung zur Abstimmung gestellt werden. Ein erneuter Antrag kann frühestens nach Ablauf von drei Monaten ab dem Tag eingereicht werden, an dem der vorherige Antrag eingereicht wurde. Ein erneuter Antrag kann vor Ablauf von drei Monaten eingereicht werden, wenn ein solcher Antrag von mindestens 115 Abgeordneten eingereicht wird, Art. 158 Abs. 2 der Verfassung. 2.18. Portugal Die Möglichkeit eines Misstrauensantrags gegen die Regierung ist in Art. 163 lit. e der Verfassung normiert. Nach Art. 194 Abs. 1 der Verfassung kann die Versammlung der Republik auf Vorschlag eines Viertels der ihr Mandat ausübenden Abgeordneten oder auf Antrag einer Fraktion einen Missbilligungsantrag stellen. Voraussetzung für den Antrag ist die Missbilligung der Ausführung des Programms der Regierung oder einer entscheidenden Angelegenheit von nationalem Interesse. Über Missbilligungsanträge kann nur achtundvierzig Stunden nach der Einbringung und in einer nicht länger als drei Tage andauernden Aussprache beraten werden, Art. 194 Abs. 2 der Verfassung. 2.19. Rumänien In Rumänien können die Abgeordnetenkammer und der Senat in gemeinsamer Sitzung das der Regierung gewährte Vertrauen entziehen, indem sie gemäß Art. 113 Abs. 1 der Verfassung einen Misstrauensantrag stellen. Der Misstrauensantrag kann von mindestens einem Viertel der Gesamtzahl der Abgeordneten und Senatoren eingeleitet werden, Art. 113 Abs. 2 der Verfassung. Der Antrag wird gemäß Art. 113 Abs. 3 der Verfassung drei Tage nach der Vorlage in der gemeinsamen Sitzung der Kammern erörtert. 2.20. Schweden Der Reichstag kann bei fehlendem Vertrauen gegen einen Minister oder den Ministerpräsidenten einen Misstrauensantrag stellen, Kapitel 6, § 7 der Verfassung. Hierfür ist die Zustimmung von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Reichstages nötig. Der Misstrauensantrag wird nur dann behandelt, wenn er von mindestens einem Zehntel der Mitglieder des Reichstages gestellt wird. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/21 Seite 8 Der Misstrauensantrag wird in der Zeit zwischen der Abhaltung einer ordentlichen Wahl oder Bekanntgabe einer Entscheidung zur Einberufung einer außerordentlichen Wahl und dem Datum, an dem der Reichstag zusammentritt, nicht berücksichtigt. Stimmen die Mitglieder des Reichstags für eine Misstrauenserklärung gegen den Ministerpräsidenten , muss die gesamte Regierung zurücktreten. Jedoch kann sich die Regierung auch für eine außerordentliche Parlamentswahl entscheiden. Stimmen die Mitglieder des Reichstages einem Misstrauensantrag gegen einen Minister zu, muss der Minister zurücktreten. 2.21. Slowakei Der Misstrauensantrag kann von einem Fünftel der Mitglieder des Nationalrats gegen die Regierung gestellt werden, Art. 88 Abs. 1 der Verfassung. Für die Annahme ist die absolute Mehrheit aller Mitglieder notwendig. Ist der Antrag erfolgreich, entlässt der Präsident gemäß Art. 115 Abs. 1 der Verfassung die Regierung. Zudem besteht die Möglichkeit gemäß Art. 116 Abs. 6 der Verfassung, einen Misstrauensantrag gegen den Ministerpräsidenten zu beantragen. Ein erfolgreicher Antrag führt zur Entlassung des Ministerpräsidenten und somit zum Rücktritt der Regierung. Des Weiteren besteht die Möglichkeit gemäß Art. 166 Abs. 3 der Verfassung, einen Misstrauensantrag gegen ein einzelnes Mitglied der Regierung zu stellen. In diesem Fall wird das Mitglied vom Präsidenten der Slowakischen Republik entlassen. 2.22. Slowenien Die Nationalversammlung kann gemäß Art. 116 der Verfassung ein Misstrauensvotum gegen die Regierung nur durch Wahl eines neuen Ministerpräsidenten auf Vorschlag von mindestens zehn Abgeordneten und mit der Mehrheit der Abgeordneten durchführen. Zwischen der Einreichung eines Vorschlags zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten der Regierung und der Abstimmung selbst müssen achtundvierzig Stunden vergehen. Lediglich wenn die Nationalversammlung mit Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten anders entscheidet oder sich das Land im Krieg oder Ausnahmezustand befindet, kann die Zeitspanne verkürzt werden. Wurde der Ministerpräsident aufgrund von Art. 111 Abs. 4 der Verfassung gewählt, so gilt ihm das Misstrauen als ausgesprochen, wenn die Nationalversammlung auf Vorschlag von mindestens zehn Abgeordneten einen neuen Ministerpräsidenten mit einer Mehrheit der abgegeben Stimmen wählt. Zudem kann im Rahmen einer Interpellation ein Misstrauensantrag gegen die Regierung oder einen einzelnen Minister gestellt werden, Art. 118 der Verfassung. 2.23. Spanien In Spanien muss der Misstrauensantrag gegen die Regierung von mindestens einem Zehntel der Abgeordneten unterzeichnet werden und einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlagen, Art. 113 Abs. 2 der Verfassung. Über den Misstrauensantrag kann nicht vor Ablauf von fünf Tagen nach seiner Einbringung abgestimmt werden, Art. 113 Abs. 3 der Verfassung. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/21 Seite 9 Ist der Misstrauensantrag nicht erfolgreich, können die Unterzeichner in der gleichen Sitzungsperiode keinen neuen Missbilligungsantrag einbringen, Art. 113 Abs. 4 der Verfassung. Nimmt der Kongress den Misstrauensantrag an, reicht die Regierung beim König ihren Rücktritt ein, Art. 114 Abs. 2 der Verfassung. 2.24. Tschechien In Tschechien ist ein Misstrauensvotum gegen die Regierung als Ganzes gemäß Art. 72 der Verfassung möglich, wenn das Abgeordnetenhaus dies mit einer absoluten Mehrheit beschließt. Der Antrag muss von mindestens fünfzig der Abgeordneten schriftlich beantragt werden. 2.25. Ungarn In Ungarn ist gemäß Art. 21 Abs. 2 der Verfassung ein Misstrauensvotum gegen den Premierminister möglich, wenn das Parlament mit einfacher Mehrheit dafür stimmt und gleichzeitig einen Nachfolger wählt. Der Misstrauensantrag muss von mindestens einem Fünftel der Abgeordneten schriftlich gestellt werden und einen Nachfolger benennen, Art. 21 Abs. 1 der Verfassung. Das Parlament soll frühestens drei Tage, aber nicht später als acht Tage nach Einreichung des Antrags eine Abstimmung durchführen, Art. 21 Abs. 5 der Verfassung. 2.26. Zypern Die Verfassung der Republik Zypern enthält keine Regelungen für ein Misstrauensvotum. ***