© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 041/19 Möglichkeit des Identitätsnachweises mittels Ausweis-Scan Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/19 Seite 2 Möglichkeit des Identitätsnachweises mittels Ausweis-Scan Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 041/19 Abschluss der Arbeit: 6. März 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/19 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird nach der Möglichkeit der Identifizierung gegenüber Behörden mittels eines Scans des Personalausweises oder Reisepasses. Insbesondere soll erörtert werden, ob ein Ausweis-Scan im Falle eines Ausweisverlustes als Nachweis der Identität gegenüber der Ausstellungsbehörde gelten und somit die Neuausstellung erleichtern kann. Dabei soll auch auf datenschutzrechtliche Vorgaben eingegangen werden. 2. Erlaubnis zur Anfertigung eines Ausweis-Scans Bis 2017 war das Scannen des Personalausweises oder Reisepasses gemäß § 20 Abs. 2 Personalausweisgesetz (PAuswG)1 aF und § 18 Abs. 3 Paßgesetz (PaßG)2 aF verboten.3 Ob dieses Verbot auch für das Kopieren galt, war umstritten und wurde größtenteils von den Umständen des Einzelfalls abhängig gemacht.4 Die Gesetzesbegründung zur Neufassung der genannten Vorschriften geht allerdings davon aus, dass sowohl das Scannen als auch das Fotografieren oder Kopieren des Ausweises und Passes verboten war.5 Mit der Neufassung von § 20 Abs. 2 PAuswG und § 18 Abs. 3 PaßG wurde 2017 das Kopieren, Fotografieren und Scannen von Personalausweis und Pass unter dem Begriff „Ablichtung“ erlaubt.6 Dazu heißt es in der Begründung, dass im behördlichen und privaten Rechtsverkehr ein berechtigtes Bedürfnis für das Ablichten von Ausweisen bestehen könne.7 Der Personalausweis oder Pass darf nach § 20 Abs. 2 S. 1 PAuswG bzw. § 18 Abs. 3 S. 1 PaßG nur durch den Inhaber oder mit Zustimmung des Inhabers abgelichtet werden. Zudem muss die Ablichtung eindeutig und dauerhaft als Kopie erkennbar sein. 3. Datenschutzrechtliche Vorgaben § 18 Abs. 3 S. 2 PaßG und § 20 Abs. 2 S. 2 PAuswG besagen, dass ausschließlich der Pass- bzw. Ausweisinhaber selbst die Ablichtung an Dritte weitergeben darf. Ein Verstoß gegen die Beschränkung der Weitergabe ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 25 Abs. 2 Nr. 5a PaßG bzw. § 32 Abs. 1 Nr. 7 PAuswG. Als Dritte im Sinne der Vorschrift gelten allerdings nicht Personen, die derselben Organisation angehören wie die Person, der der Inhaber die Zustimmung zum Erhalt der Ablichtung 1 Personalausweisgesetz vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1346), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745). 2 Paßgesetz vom 19. April 1986 (BGBl. I S. 537), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2017 (BGBl. I S. 2310). 3 Vgl. Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 20 PAuswG Rn. 7. 4 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 20 PAuswG Rn. 7. 5 BT-Drs. 18/11279, S. 27, 33. 6 Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises vom 7. Juli 2017 (BGBl. I S. 2310). 7 BT-Drs. 18/11279, S. 27. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/19 Seite 4 erteilt hat.8 Innerhalb derselben Organisation darf eine Ablichtung daher mit Zustimmung des Inhabers weitergegeben werden. Gemäß § 18 Abs. 3 S. 3 PaßG und § 20 Abs. 2 S. 3 PAuswG dürfen personenbezogene Daten aus der Ablichtung nur mit Einwilligung des Pass- bzw. Ausweisinhabers erhoben oder verarbeitet werden. Die Einwilligung in die Ablichtung nach § 18 Abs. 3 S. 1 PaßG oder § 20 Abs. 2 S. 1 PAuswG umfasst nicht die Einwilligung in die Datenerhebung oder -verarbeitung.9 Diese ist also gesondert zu erteilen. Ein Verstoß gegen dieses Erfordernis ist ordnungswidrig nach § 25 Abs. 2 Nr. 5b PaßG bzw. § 32 Abs. 1 Nr. 7a PAuswG. § 18 Abs. 3 S. 4 PaßG und § 20 Abs. 2 S. 4 PAuswG verweisen zudem auf die Vorschriften des allgemeinen Datenschutzrechts über die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten. Somit sind die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)10 und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)11 oder – bei Datenverarbeitung durch Landes- oder Kommunalbehörden – die Landesdatenschutzgesetze zu beachten.12 Die DSGVO gilt nach Art. 2 Abs. 2a) nur im Anwendungsbereich des Unionsrechts. Ausreichend dafür ist, dass die Tätigkeit bei abstrakter Betrachtung einen Bezug zum Unionsrecht haben kann.13 Dies ist bei der Datenverarbeitung durch staatliche Stellen regelmäßig der Fall: „Wegen der weitreichenden Zuständigkeiten der EU auf den meisten staatlichen Handlungsfeldern [...] und wegen des potenziellen Binnenmarktbezugs der meisten staatlichen Handlungen ist der Anwendungsbereich des Unionsrechts auch für solche Datenverarbeitungen in aller Regel eröffnet.“14. Das BDSG gilt nach § 1 Abs. 1 S. 1 für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen des Bundes sowie öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie Bundesrecht ausführen oder als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt. Hinsichtlich der Einwilligung des Pass- oder Ausweisinhabers sind Art. 6 Abs. 1 a) und Art. 7 DSGVO und § 51 BDSG (oder eine entsprechende landesrechtliche Norm) zu beachten.15 Demnach 8 BT-Drs. 18/11279, S. 28. 9 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 18 PaßG Rn. 13; BT-Drs. 18/11279, S. 28. 10 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Abl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1). 11 Bundesdatenschutzgesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097). 12 Vgl. Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 18 PaßG Rn. 12 ff. Zum Verhältnis von DSGVO und BDSG siehe Ernst, in: Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 2. Aufl. 2018, § 1 BDSG Rn. 13. 13 Bäcker, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 26. Edition Stand: 1. August 2018, Art. 2 DS-GVO Rn. 7 14 Bäcker, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 26. Edition Stand: 1. August 2018, Art. 2 DS-GVO Rn. 9. 15 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 18 PaßG Rn. 13. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/19 Seite 5 muss die Einwilligung der betroffenen Person nachgewiesen werden können. Regelmäßig wird daher eine schriftliche Einwilligung des Pass- oder Ausweisinhabers in die Datenerhebung bzw. -verarbeitung erforderlich sein.16 Zu beachten sind darüber hinaus unter anderem Auskunftsrechte nach Art. 15 DSGVO, § 57 BDSG sowie Löschungspflichten nach Art. 17 DSGVO, § 58 Abs. 2 BDSG. 4. Möglichkeit der Identifizierung mittels Ausweis-Scan 4.1. Identifizierung gegenüber einer zur Identitätsfeststellung berechtigten Behörde Gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 PAuswG hat eine nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAuswG ausweispflichtige Person ihren Personalausweis auf Verlangen einer zur Identitätsfeststellung berechtigten Behörde vorzulegen . Eine Identifikation mittels Ablichtung ist gegenüber diesen Behörden nicht möglich. Zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden sind nach § 2 Abs. 2 PAuswG öffentliche Stellen, die befugt sind, zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben als hoheitliche Maßnahme die Identität von Personen festzustellen. Dazu gehören etwa die Polizei und der Zoll.17 Nicht zu den zur Identitätsfeststellung berechtigten Behörden gehören in der Regel die Behörden der Leistungsverwaltung. Zwar ist im Rahmen der Tätigkeit der Leistungsverwaltung die Identifizierung des Antragstellers erforderlich, dies begründet aber keine Ausweisvorlagepflicht.18 Die Identifizierung ist vielmehr Voraussetzung der Leistungsgewährung. 4.2. Identifizierung gegenüber sonstigen Behörden 4.2.1. Identifizierung für die Anfertigung eines neuen Ausweises Wird ein (neuer) Personalausweis oder Pass beantragt, so hat der Antragsteller nach § 9 Abs. 2 PAuswG bzw. § 6 Abs. 2 PaßG alle Tatsachen anzugeben, die zur Feststellung seiner Person und seiner Eigenschaft als Deutscher notwendig sind. Über diese Tatsachen müssen die erforderlichen Nachweise erbracht werden. Als Nachweis können neben dem bisherigen Personalausweis oder Pass etwa auch der Führerschein, Dienstausweise, Truppenausweise oder sonstige Personenstandsurkunden dienen.19 Möglich ist auch ein Abgleich mit Melderegisterdaten oder das Heranziehen eines Erkennungszeugen, letzteres allerdings nur ergänzend.20 Es erscheint grundsätzlich möglich, auch eine Ablichtung des Personalausweises oder Passes zumindest ergänzend als Nachweis der Identität heranzuziehen. Welche Art des Nachweises die Ausstellungsbehörde akzeptiert, liegt aber grundsätzlich in ihrem Ermessen. Bestehen Zweifel über die Person des Antragstellers, sind nach § 9 Abs. 4 PAuswG bzw. 6 Abs. 3 PaßG die zur Feststellung seiner Identität erforderlichen 16 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 18 PaßG Rn. 14. 17 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 2 PAuswG Rn. 4. 18 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 2 PAuswG Rn. 4. 19 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 6 PaßG Rn. 21. 20 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 6 PaßG Rn. 21. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 041/19 Seite 6 Maßnahmen zu treffen. Dabei handelt es sich insbesondere um erkennungsdienstliche Maßnahmen wie das Abnehmen von Fingerabdrücken.21 4.2.2. Identifizierung für andere behördliche Zwecke Zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens akzeptieren Behörden vielfach eine Kopie des Personalausweises als Identitätsnachweis, etwa wenn eine schriftliche Beantragung von Dokumenten erfolgt.22 Da es sich sowohl bei der Kopie als auch beim Scan um Ablichtungen im Sinne des § 20 Abs. 2 PAuswG bzw. § 18 Abs. 3 PaßG handelt, dürfte grundsätzlich nichts dagegen sprechen, dass eine Behörde auch einen Scan als Identitätsnachweis akzeptiert. Dies liegt allerdings, wie bereits erwähnt, im behördlichen Ermessen. Anstelle der schriftlichen ist grundsätzlich auch die elektronische Übermittlung von Dokumenten im Verwaltungsverfahren zulässig: § 3a Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)23 besagt, dass die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig ist, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Behörden sind nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung (EGovG)24 verpflichtet, die Übersendung elektronischer Dokumente zu ermöglichen. Anstelle der schriftlichen Übersendung einer Ablichtung dürfte daher grundsätzlich auch die elektronische Übermittlung möglich sein. Besondere Regelungen gelten allerdings, wenn in einem Verwaltungsverfahren die Schriftform vorgeschrieben ist. Diese kann nur unter den Voraussetzungen von § 3a Abs. 2 VwVfG durch die elektronische Form ersetzt werden. Notwendig ist dafür beispielsweise nach § 3a Abs. 2 S. 2 VwVfG eine elektronische Signatur oder nach § 3a Abs. 2 S. 4 Nr. 1, S. 5 VwVfG der elektronische Identitätsnachweis nach §§ 18 ff. PAuswG.25 *** 21 Beimowski/Gawron, in: dies., Passgesetz/Personalausweisgesetz, 2018, § 9 PAuswG Rn. 8. 22 Vgl. etwa für die schriftliche Beantragung einer Meldebescheinigung nach § 18 Bundesmeldegesetz in Berlin https://service.berlin.de/dienstleistung/120702/ (Stand: 28. Februar 2019). 23 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639). 24 E-Government-Gesetz vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2206). 25 Siehe etwa die Voraussetzungen für die elektronische Beantragung eines Führungszeugnisses beim Bundesamt für Justiz unter https://www.fuehrungszeugnis.bund.de/ (Stand. 4. März 2019).