© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 040/20 Zum Stand der Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie und ihren Auswirkungen auf das nationale Waffenrecht in Deutschland und Tschechien Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 040/20 Seite 2 Zum Stand der Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie und ihren Auswirkungen auf das nationale Waffenrecht in Deutschland und Tschechien Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 040/20 Abschluss der Arbeit: 3. April 2020 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 040/20 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird nach dem Stand der Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie und ihren Auswirkungen auf das nationale Waffenrecht in Bezug auf den Erwerb, den Besitz und das Führen von Waffen in Deutschland und Tschechien. 2. Zur Rechtslage in Deutschland 2.1. Stand der Umsetzung Die Richtlinie (EU) 2017/853 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (EU-Feuerwaffenrichtlinie) wird durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 17. Februar 2020 (3. WaffRÄndG) umgesetzt. Einige Vorschriften des Gesetzes sind bereits in Kraft getreten; vollständig tritt das Gesetz am 1. September 2020 in Kraft. 2.2. Wichtige Auswirkungen der Vorgaben der EU-Feuerwaffenrichtlinie auf das nationale Waffenrecht in Bezug auf den Erwerb, den Besitz und das Führen von Waffen In Deutschland sind der private Erwerb und der Besitz von Waffen und Munition sowie das Führen von Waffen im Waffengesetz geregelt. Grundsätzlich ist jeder Umgang mit Waffen oder Munition erlaubnispflichtig, § 2 Abs. 2 Waffengesetz. Die Voraussetzungen für die Erlaubnis regelt § 4 Waffengesetz.1 § 10 Waffengesetz regelt die Form der Erteilung der Erlaubnis. Danach bedarf es grundsätzlich für den Erwerb und Besitz einer Waffe einer Waffenbesitzkarte (Abs. 1 und 2), zum Erwerb und Besitz von Munition eines Munitionserwerbsscheins (Abs. 3), zum Führen einer Waffe eines Waffenscheins (Abs. 4) und zum Schießen mit einer Waffe eines besonderen Erlaubnisscheins (Abs. 5). §§ 13 bis 20 Waffengesetz regeln besondere Erlaubnistatbestände für bestimmte Personengruppen, u. a. für Jäger, Sportschützen, Brauchtumsschützen und gefährdete Personen. Durch das 3. WaffRÄndG kommt es insbesondere zu folgenden Änderungen: – Anzeigepflicht für unbrauchbar gemachte Schusswaffen; – Schusswaffen für Zentralfeuermunition mit eingebauten großen Magazinen sowie die betroffenen Wechselmagazine mit hoher Kapazität werden zu verbotenen Gegenständen im Sinne der Anlage 2 Abschnitt 1 zum Waffengesetz erklärt. Es gilt allerdings eine weitgehende Besitzstandsregelung. Zudem kann die zuständige Behörde allgemein oder für den Einzelfall Ausnahmen zulassen;2 – Änderung des Bedarfsnachweises für Sportschützen. 1 Zu den Voraussetzungen im Einzelnen siehe den Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Waffenrecht in Deutschland, WD 3 - 3000 - 048/18, vom 21. Februar 2018. 2 Ausführlicher dazu siehe den Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Zur Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie, WD 3 - 3000 - 294/19, vom 20. Dezember 2019. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 040/20 Seite 4 3. Zur Rechtslage in Tschechien 3.1. Stand der Umsetzung In Tschechien ist die Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt worden. Hintergrund der Verzögerung ist, dass die tschechische Regierung im August 2017 beim Europäischen Gerichtshof eine Nichtigkeitsklage gegen die Richtlinie 2017/853 eingereicht hatte, die der Europäische Gerichtshof im Dezember 2019 abgewiesen hat. Der Gesetzentwurf der Regierung zur Änderung des Gesetzes Nr. 119/2002 Slg. über Schusswaffen und Munition3 wurde der Abgeordnetenkammer am 14. Februar 2018 vorgelegt und muss von dieser noch beraten und beschlossen werden. Ein Termin für die erste Lesung steht noch nicht fest. Das tschechische Innenministerium plant eine weitere Reform des Waffenrechts, die im Laufe des Jahres 2022 in Kraft treten soll. Danach soll es künftig getrennte Gesetze über Schusswaffen und über Munition geben. Zudem ist ein neues Gesetz über den Umgang mit Schusswaffen im Bereich der inneren Sicherheit geplant. 3.2. Wichtige Auswirkungen der Vorgaben der EU-Feuerwaffenrichtlinie auf das nationale Waffenrecht in Bezug auf den Erwerb, den Besitz und das Führen von Waffen Das tschechische Gesetz über Schusswaffen und Munition regelt folgende Bereiche: – Erwerb, Besitz, Tragen und Verwendung von Schusswaffen und Munition, – Rechte und Pflichten der Inhaber von Schusswaffen und Munition, – Bedingungen für die Ausfuhr, Einfuhr und Durchfuhr von Schusswaffen und Munition, – Europäischer Feuerwaffenpass, – Erteilung von Genehmigungen für die Herstellung, den Verkauf, die Reparatur, die Änderung, die Deaktivierung von Schusswaffen und Munition, die Ausbildung und Schulung auf Schießständen und andere Aktivitäten im Rahmen des Gesetzes, – Betrieb von Schießständen, – Aktivitäten auf dem Gebiet der nicht explodierten Kampfmittel, – Informationssysteme über legale Besitzer von Schusswaffen und Munition sowie Schießstände . 3 Der vollständige Text der Gesetzesänderung, die Begründung und der Stand der Dinge sind abrufbar unter http://www.psp.cz/sqw/tisky.sqw?O=8&T=92 in tschechischer Sprache (letzter Abruf 3. April 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 040/20 Seite 5 Das Änderungsgesetz sieht folgende Änderungen vor: – Einige Waffen, die bislang in die Kategorie B (genehmigungspflichtige Waffen) fallen, werden der Kategorie A-I (verbotene Waffen) zugeordnet. – Besitzer von Waffen, die neu unter die Kategorie A-I (verbotene Waffen) fallen, sind verpflichtet, diese als verbotene Waffen zu registrieren. – Einige Waffen, die bislang zur Kategorie D (Waffen ohne Meldepflicht) gehören, werden der neuen Kategorie C-I zugeordnet und damit meldepflichtig. Sowohl Waffen der Kategorie D als auch Waffen der Kategorie C-I können weiterhin im Besitz einer Person ohne Waffenschein bleiben, die über 18 Jahre alt und voll geschäftsfähig ist. – Gemäß den Vorgaben der EU-Feuerwaffenrichtlinie, wird die Möglichkeit eingeschränkt, große Magazine mit mehr als 10 Schuss für Langwaffen und mehr als 20 Schuss für Kurzwaffen zu halten und zu benutzen. Wird der Besitz der so genannten Großraummagazine durch den Besitzer einer Waffe der Kategorie B festgestellt, so führt dies zum Entzug der Erlaubnis zum Halten und Tragen einer Waffe der Kategorie B und zur (vorübergehenden) Verpflichtung zur Übergabe der betreffenden Waffe (§ 13a Abs. 1, 2 des Änderungsgesetzes). Nur eine Person, die zum Besitz einer Waffe der Kategorie A oder A-I berechtigt ist, ist berechtigt , das Magazin für den Einsatz in Waffen der Kategorie A oder A-I zu erwerben und zu halten (§ 11a Abs. 4 des Änderungsgesetzes). Es gibt zwei Bestandsschutzregelungen: Zum einen für Inhaber eines Waffenscheins, der am 13. Juni 2017 der berechtigte Inhaber einer Waffe war, die ab dem Tag des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes als Waffe der Kategorie A-I gilt. Zum anderen für berechtigte Inhaber von Waffen, die zukünftig als verbotene Waffen gelten und zwischen dem 13. Juni 2017 und dem Datum des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes erworben wurden. – Der Erwerb vom Schusswaffen der Kategorie A-I wird auf zwei Arten möglich sein: Zum einen kann die zuständige Polizeibehörde nach ihrem Ermessen eine Genehmigung ("Befreiung ") für den Kauf solcher Waffen zum Zweck der Sammlung, der Sicherheit sowie der Bildung, Kultur, Forschung und Geschichte erteilen. Die Ermessensentscheidung soll sich auf die Beurteilung der Frage stützen, ob der Besitz dieser Waffen gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit verstößt. Zum anderen können auch Sportschützen eine Genehmigung erteilt bekommen. Voraussetzung dafür ist die Ausstellung eines Zeugnisses eines Sportschützenvereins . – Die Gültigkeit des Waffenscheins wird von derzeit 10 Jahren auf 5 Jahre verkürzt. ***