SACHSTAND Thema: Beschränkung der Wahlwerbung von Parteien Fachbereich III Verfassung und Verwaltung Tel.: Verfasser/in: Abschluss der Arbeit: 15. Februar 2006 Reg.-Nr.: WF III 40/06 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG werden „die Abgeordneten des Deutschen Bundestages (…) in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt“. „Freie Wahlen“ bedeutet, dass die Freiheit für die Stimmabgabe in beliebiger Weise zu werben , ihre Grenze in der Entschließungsfreiheit der Wähler findet, die nicht beeinträchtigt werden darf. Wo genau die Grenze zwischen freier Wahlwerbung einerseits und Entschließungsfreiheit andererseits verläuft, ist nicht festzustellen und bedarf daher einer eigenen gesetzlichen Festlegung.1 Insbesondere gebietet das Gebot der „freien Wahl“ und der Wahrung der Chancengleichheit der Parteien und Kandidaten, dass der Wähler in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung ohne jede unzulässige Beeinflussung von staatlicher und nichtstaatlicher Seite zu seiner Wahlentscheidung finden können muss.2 Eine gesetzliche Norm zur Beschränkung von Wahlkampfaktivitäten findet sich in § 32 Bundeswahlgesetz: BWahlG § 32 - Unzulässige Wahlpropaganda und Unterschriftensammlung, unzulässige Veröffentlichung von Wählerbefragungen (1) Während der Wahlzeit sind in und an dem Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie jede Unterschriftensammlung verboten. (2) Die Veröffentlichung von Ergebnissen von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung ist vor Ablauf der Wahlzeit unzulässig. Ansonsten sind die Wahlkämpfe vor den Bundestagswahlen dem Prinzip der aus Art. 38 Abs.1 S. 1 GG folgenden Wahlfreiheit zufolge grundsätzlich frei und unterliegen de lege lata weder nach Beginn und Dauer noch nach Art und Menge der Wahlwerbung noch im Umfang der dafür aufgewendeten Geldmittel einer gesetzlichen Beschränkung .3 Da Art. 5 GG (Meinungsfreiheit) die die Freiheit zum Wahlkampf konstituiert, weil durch ihn die überwiegende Anzahl von Wahlkampfaktivitäten geschützt wird, finden diese Aktivitäten ihre Schranken in den Vorschriften der „allgemeinen Gesetze “.4 Das Bundesverfassungsgericht stellt bezüglich der zeitlichen Eingrenzung der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung während des Wahlkampfes fest, dass „ein genauer Stichtag, von dem an das Gebot äußerster Zurückhaltung [der staatlichen Informationspolitik ] strikt zu beachten und für Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsberichte kein Raum mehr ist“, nicht eindeutig zu bestimmen ist. „Als Orientierungspunkt kann unbeschadet 1 Walther, Wahlkampfrecht, Baden-Baden 1989, S. 98. 2 Lübken, Wahlkampfrecht Deutschland, Recklinghausen 2005, S. 6. 3 Seifert, Bundeswahlrecht, Kommentar, 3. Auflage, S. 159. 4 Walther, Wahlkampfrecht, Baden-Baden 1989, S. 99. - 3 - dessen etwa der Zeitpunkt gelten, an dem der Bundespräsident den Wahltag bestimmt (§ 16 Bundeswahlgesetz).“5 Aus dieser Entscheidung wird heute allgemein gefolgert, dass der Bundestagswahlkampf (Vorwahlkampf) mit der Festlegung des Wahltages beginnt. Die „heiße Wahlkampfphase“ nimmt einen Zeitraum von ca. sechs Wochen vor dem Wahltag ein.6 Diese zeitliche Einordnung hat insbesondere für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Aufstellung von Wahlwerbung und Infoständen Bedeutung . Die „allgemeinen (Verwaltungs-) Gesetze“ sind in der „heißen Wahlkampfphase “ im Lichte der überragenden Bedeutung der demokratischen Wahlen auszulegen. Diese Entscheidungen sind von den Behörden im Einzelfall unter Beachtung des Gebots der Chancengleichheit zu treffen. Ein informativer Überblick über die Zeitvorgaben des Wahlkampfes findet sich bei Lübken:7 5 BVerfGE 44, 125 (153). 6 Lübken, Wahlkampfrecht Deutschland, Recklinghausen 2005, S. 10. 7 Tabelle aus: Lübken, Wahlkampfrecht Deutschland, Recklinghausen 2005, S. 12.