WD 3 - 3000 - 039/18 (8. Februar 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Gefragt wird nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Mitgliederentscheids der SPD über den Abschluss eines Koalitionsvertrags. Dabei soll insbesondere auf die Teilnahme von Parteimitgliedern eingegangen werden, die kein aktives Wahlrecht bei Bundestagswahlen besitzen. Zu beachten ist zunächst, dass allein die Abgeordneten den Bundeskanzler wählen (Art. 63 GG) und damit über die Bildung einer Koalitionsregierung entscheiden. Ein Mitgliederentscheid wirkt – ebenso wie ein Parteitagsbeschluss oder ein geschlossener Koalitionsvertrag – hierauf nur mittelbar und tatsächlich ein. Dies verletzt grundsätzlich nicht das freie Mandat der Abgeordneten . Sie sind zwar nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Zugleich ist aber, wie das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss zum SPD-Mitgliederentscheid von 2013 ausführt, die „politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion (…) verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt“. Das Grundgesetz weise den Parteien im Prozess der politischen Willensbildung eine besondere Rolle zu. „Wie die politischen Parteien diesen parlamentarischen Willensbildungsprozess innerparteilich vorbereiten, obliegt unter Beachtung der – jedenfalls hier – nicht verletzten Vorgaben aus Art. 21 und 38 GG sowie des Parteiengesetzes grundsätzlich ihrer autonomen Gestaltung. Es ist nicht erkennbar, dass die vom Antragsteller beanstandete Abstimmung für die betroffenen Abgeordneten Verpflichtungen begründen könnte, die über die mit der Fraktionsdisziplin verbundenen hinausginge.“ (BVerfG, Beschl. v. 6. Dezember 2013, Az. 2 BvQ 55/13; Hervorhebungen hinzugefügt). Auch aus dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) und dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit (Art. 38 Abs. 1 GG) ergeben sich keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar sind auch Ausländer und Minderjährige abstimmungsberechtigt, die kein aktives Wahlrecht zum Deutschen Bundestag besitzen. Deren Beteiligung an Verfahren innerparteilicher Demokratie steht den Parteien aber frei. Darin liegt insbesondere keine nachträgliche Relativierung der Bundestagswahl. Denn zum einen werden in der repräsentativen Demokratie des Grundgesetzes Abgeordnete gewählt (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) und keine Koalitionen; zum anderen sind die Abgeordneten an das Ergebnis des Mitgliederentscheids gerade nicht gebunden. Das Bundesverfassungsgericht hat auch die Verfassungsbeschwerden gegen den aktuellen Mitgliederentscheid der SPD ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Mitgliederentscheid über den Abschluss eines Koalitionsvertrags