© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 035/18 Regelungen zum Einwanderungs- und Einbürgerungsrecht Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 035/18 Seite 2 Regelungen zum Einwanderungs- und Einbürgerungsrecht Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 035/18 Abschluss der Arbeit: 13. Februar 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 035/18 Seite 3 1. Einleitung Es wird darum gebeten, einen Überblick über die bundesrechtlichen Regelungen zur Einwanderung nach Deutschland zu geben. Bei der Einwanderung geht es um die Möglichkeiten eines dauernden Aufenthalts von Ausländern in Deutschland. Im Zusammenhang mit der Einwanderung ist ferner von Interesse, ob und unter welchen Bedingungen der dauernde Aufenthalt in den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung münden kann. Es werden daher Gutachten zusammengestellt , die sich mit den Rechtsgrundlagen des Einwanderungs- und Einbürgerungsrechts befassen. Zunächst ist jedoch kurz auf die wesentlichen Regelwerke des Einwanderungs- und Staatsangehörigkeitsrechts einzugehen. 2. Regelwerke des Einwanderungs- und Staatsangehörigkeitsrechts Für die Einwanderung nach Deutschland sind verschiedene Regelwerke maßgeblich. Zu unterscheiden ist zunächst zwischen unterschiedlichen Gruppen von Ausländern, die nach Deutschland einwandern wollen. So bestimmt sich die Einwanderung der Unionsbürger nach dem Freizügigkeitsgesetz /EU (FreizügG/EU) und die Einwanderung der Drittstaatsangehörigen nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Soweit die nationalen Regelungen des FreizügG/EU und des AufenthG auf Richtlinien der Europäischen Union beruhen, sind diese bei der Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts zu berücksichtigen.1 Eine weitere Gruppe bilden diejenigen Drittstaatsangehörigen, die aus mit der EU assoziierten Staaten kommen und einen privilegierten Status haben. Insoweit kommt neben dem Aufenthaltsgesetz das entsprechende Assoziationsrecht zur Anwendung. Von Bedeutung sind ferner die Regelungen des Asylrechts, also des Asylgesetzes (AsylG) und der einschlägigen Richtlinien der Europäischen Union,2 da diese das Aufenthaltsrecht von asylrechtlich Schutzberechtigten in Deutschland begründen, das nach einer Verfestigung wiederum zu einem Daueraufenthaltsrecht führen kann. Schließlich ist auf die Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage von Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes erlassen wurden, z.B. die Aufenthaltsverordnung (§ 99 AufenthG),3 die Beschäftigungsverordnung (§ 42 AufenthG)4 und die Integrationskursverordnung (§ 43 Abs. 4 AufenthG)5 1 Einschlägig sind insoweit z.B. die EU-Daueraufenthaltsrichtlinie (Richtlinie 2003/109/EG) und die sog. Blue-Card- Richtlinie (Richtlinie 2009/50/EG). 2 Zu den unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen des Asylrechts vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Aktueller Begriff, Kategorien des asylrechtlichen Schutzes in Deutschland (Nr. 30/15), abrufbar unter: https://www.bundestag.de/blob/399484/0eaad68b0a3fa65669f964738bac3f25/kategorien-des-asylrechtlichen -schutzes-in-deutschland-data.pdf. 3 Aufenthaltsverordnung vom 25. November 2004, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthv /AufenthV.pdf. 4 Beschäftigungsverordnung vom 6. Juni 2013, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/beschv _2013/BeschV.pdf. 5 Integrationskursverordnung vom 13. Dezember 2004, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/intv/IntV.pdf. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 035/18 Seite 4 sowie auf die (untergesetzliche) Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz zu verweisen.6 Die Voraussetzungen der Einbürgerung sind im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. Die auf Grundlage des § 10 Abs. 7 StAG erlassene Einbürgerungstestverordnung7 regelt die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses. Zu beachten sind ferner die (untergesetzlichen) Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz.8 3. Einwanderung Einen Überblick über die Möglichkeiten von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen zur Einwanderung nach Deutschland gibt die Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Einwanderung nach Deutschland – Bestandsaufnahme der geltenden ausländerrechtlichen Regelungen (WD 3 - 3000 - 111/16) Anlage 1. In Bezug auf Drittstaatsangehörige wird in der Ausarbeitung u.a. ausgeführt, dass und unter welchen Voraussetzungen zunächst befristet Aufenthaltsberechtigte (Aufenthaltserlaubnis nach § 7 AufenthG und Blaue Karte EU nach § 19a AufenthG) einen unbefristeten Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG und Daueraufenthalt-EU nach § 9a AufenthG) erhalten können. Der insoweit in der Regel erforderliche fünfjährige Voraufenthalt gilt seit den Änderungen durch das Integrationsgesetz vom August 2016 grundsätzlich auch für Asylberechtigte und Flüchtlinge (vorher dreijähriger Voraufenthalt), und zwar zudem nur bei erbrachten Integrationsleistungen , § 26 Abs. 3 S. 1 AufenthG (anders noch in der Anlage 1, S. 10, Ziff. 4.4). Die aufenthaltsrechtliche Rechtsstellung von türkischen Staatsangehörigen nach dem Aufenthaltsgesetz und nach dem EU-Assoziationsrecht wird in der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Zur aufenthaltsrechtlichen Rechtsstellung türkischer Staatsangehöriger (WD 3 - 3000 - 159/16) Anlage 2 und in dem Sachstand der 6 Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009, abrufbar unter: http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/pdf/BMI-MI3-20091026-SF-A001.pdf. 7 Einbürgerungstestverordnung vom 5. August 2008, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/einbtestv /BJNR164900008.html. 8 Vorläufige Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz vom 1. Juni 2015, abrufbar unter: https://www.dortmund.de/media/p/oednungsamt/ordnungsamt/Allgemeine_Verwaltungsvorschrift _zum_Staatsangehoerigkeitsrecht.pdf. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 035/18 Seite 5 Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Einzelne Aufenthaltstitel für erwerbstätige und nicht erwerbstätige türkische Staatsangehörige (WD 3 - 3000 - 167/16) Anlage 3 näher erläutert. 4. Einbürgerung Dauerhaft in Deutschland lebende Ausländer haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch darauf, die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung zu erwerben, § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). Grundsätzlich sind nach § 10 Abs. 1 StAG folgende Bedingungen zu erfüllen: – ein unbefristetes Aufenthaltsrecht zum Zeitpunkt der Einbürgerung, – seit acht Jahren gewöhnlicher und rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland, – Lebensunterhaltssicherung (auch für unterhaltsberechtigte Familienangehörige) ohne Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II, – ausreichende Deutschkenntnisse, – Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland, – keine Verurteilung wegen einer Straftat, – Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und – Verlust bzw. Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit. Das Vorliegen der genannten Voraussetzungen muss der Ausländer im Einbürgerungsverfahren durch geeignete Dokumente nachweisen. Die Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland sind in der Regel durch einen Einbürgerungstest nachzuweisen (§ 10 Abs. 5 S. 1 StAG). Erleichterte Einbürgerungsbedingungen gelten nach § 10 Abs. 2-4 und Abs. 6 StAG für besondere Personengruppen (z.B. Kinder, ältere Menschen) sowie für Personen, die besondere Integrationsleistungen erbracht haben. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, von den oben genannten Voraussetzungen im Rahmen der sogenannten Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG zugunsten des Ausländers abzuweichen. Bei der Ermessenseinbürgerung besteht kein Anspruch auf Einbürgerung ; vielmehr liegt die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit bei Vorliegen bestimmter Mindestvoraussetzungen im Ermessen der Behörde. Die Ermessenseinbürgerung findet insbesondere auf Ehegatten oder Lebenspartner von Deutschen Anwendung (§ 9 StAG). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 035/18 Seite 6 Eine Einbürgerung ist nach § 11 StAG ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche , extremistische oder terroristische Bestrebungen oder Betätigungen durch den Ausländer bestehen. Dieser Ausschlussgrund gilt für die Anspruchseinbürgerung und für die Ermessenseinbürgerung. Die bisherige Staatsangehörigkeit muss bei der Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG und bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG grundsätzlich aufgegeben werden. Ausnahmen bestehen aber für Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz, für ältere Personen sowie für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge. Darüber hinaus wird die Mehrstaatigkeit nach § 12 StAG bei der Einbürgerung hingenommen, wenn das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht, der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit regelmäßig verweigert oder von nicht zu erfüllenden oder unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder wenn der Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit mit erheblichen Nachteilen verbunden wäre. Im Rahmen der Ermessenseinbürgerung kann die Mehrstaatigkeit darüber hinaus hingenommen werden, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Einbürgerung besteht (z.B. bei Sportlern). In dem Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Einbürgerungsvoraussetzungen für Ausländer ohne qualifizierte Aufenthaltserlaubnis (WD 3 - 3000 - 100/16) Anlage 4 wird erörtert, unter welchen Voraussetzungen ein Ausländer, dem eine gruppenbezogene Aufnahme aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen gewährt wurde (§ 23 Abs. 1 AufenthG), eingebürgert werden kann. In diesem Zusammenhang wird auch auf die rechtliche Bedeutung der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz eingegangen (S. 4). ***