© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 035/17 Zuwanderung und gesellschaftliche Integration Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 035/17 Seite 2 Zuwanderung und gesellschaftliche Integration Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 035/17 Abschluss der Arbeit: 02.03.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 035/17 Seite 3 1. Flüchtlingszuwanderung nach Deutschland Im Zentrum der Zuwanderung nach Deutschland steht die Flüchtlingszuwanderung. Im Jahr 2015 lag die Zahl der eingereisten Flüchtlinge bei 890.000. Für das Jahr 2016 geht man von 280.000 nach Deutschland eingereisten Flüchtlingen aus. Die Flüchtlingszuwanderung stellt die Bundesrepublik vor besondere integrationspolitische Herausforderungen. Der Bundesgesetzgeber hat auf diese Herausforderungen mit zahlreichen Neuregelungen zur Integrationsförderung reagiert, zuletzt durch das Integrationsgesetz von 2016. Gegenstand dieser Neuregelungen sind die Ausweitung bestimmter Integrationsangebote (z.B. Öffnung der Integrationskurse für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive ) und die Einführung neuer Integrationspflichten (z.B. Wohnsitzzuweisung), mit denen insgesamt das Integrationskonzept „Fördern“ und „Fordern“ verfolgt wird. Von integrationspolitischer Bedeutung ist ferner der Familiennachzug, der für international subsidiär Schutzberechtigte Einschränkungen erfahren hat. 2. Integration durch „Fördern“ und „Fordern“ Das Integrationskonzept „Fördern und Fordern“ ist so ausgestaltet, dass es Integrationsangebote für Asylbewerber und asylrechtlich Schutzberechtigte einerseits ausweitet, ihre Wahrnehmung andererseits aber auch einfordert. Mit dem Integrationsgesetz wurden die rechtlichen Grundlagen geschaffen, um im Einzelfall Teilnahmepflichten an Integrationskursen und Arbeitsgelegenheiten zu begründen und die Nichtteilnahme mit Leistungskürzungen zu sanktionieren. Auch die Erteilung einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis kommt für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge nur dann in Betracht, wenn sie bestimmte Integrationsleistungen erbracht haben (z.B. hinreichende Deutschkenntnisse, überwiegende Unterhaltssicherung). Dabei wirkt sich die Teilnahme an einem Integrationskurs positiv auf die Gewährung eines unbefristeten Aufenthaltstitels aus, denn die insoweit u.a. erforderlichen Kenntnisse der Sprache, Rechtsordnung etc. gelten bei erfolgreicher Teilnahme am Integrationskurs als nachgewiesen. Die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs erleichtert ferner die Bedingungen der Einbürgerung: anstelle eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland ist nur ein siebenjähriger Voraufenthalt erforderlich . Weitere besondere Integrationsleistungen können den erforderlichen Voraufenthalt für die Einbürgerung auf sechs Jahre verkürzen. Zum Integrationskonzept gehört ferner die Wohnsitzregelung. Sie verpflichtet asylrechtlich Schutzberechtigte dazu, für einen Zeitraum von drei Jahren ihren Wohnsitz in einem bestimmten Bundesland und ggf. auch an einem bestimmten Ort zu nehmen. Ausnahmen von der Wohnsitzregelung gelten bei vorzuweisenden Integrationsleistungen (Aufnahme einer Beschäftigung, einer Berufsausbildung oder eines Studiums). Die Wohnsitzzuweisung an einen bestimmten Ort kommt insbesondere dann in Betracht, wenn dadurch eine angemessene Wohnraumversorgung, der Erwerb hinreichender mündlicher Deutschkenntnisse und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erleichtert werden kann. Auf der anderen Seite kann auch der Zuzug an einen bestimmten Ort untersagt werden, um „soziale und gesellschaftlicher Ausgrenzung“ zu vermeiden („Zuzugssperre“). 3. Familiennachzug zu international subsidiär Schutzberechtigten Der Familiennachzug zu Ausländern, die über eine international subsidiäre Schutzberechtigung verfügen (z.B. Bürgerkriegsflüchtlinge), wurde dem (privilegierten) Familiennachzug zu anerkannten Flüchtlingen im Jahr 2015 zunächst gleichgestellt. Mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren von 2016 wurde der Familiennachzug zu international subsidiär Schutzberechtigten Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 035/17 Seite 4 jedoch für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesetzt. Regelungstechnisch erfolgte die Aussetzung des Familiennachzugs durch eine Übergangsvorschrift in § 104 Abs. 13 Aufenthaltsgesetz. Diese sieht vor, dass der Familiennachzug zu international subsidiär Schutzberechtigten, die nach dem 17.3.2016 eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, bis zum 16.3.2018 nicht gewährt wird. Dabei gilt die Aussetzung des Familiennachzugs auch für den Nachzug zu minderjährigen Kindern. Die Übergangsvorschrift enthält allerdings einen ausdrücklichen Hinweis auf die Anwendbarkeit der §§ 22, 23 Aufenthaltsgesetz, nach denen eine humanitäre Aufnahme von Familienangehörigen aus dem Ausland im Rahmen von Ermessensentscheidungen weiterhin möglich bleibt. ***