© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 034/20 Rechtschutzmöglichkeiten gegen die Errichtung von 5G-Mobilfunkanlagen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 034/20 Seite 2 Rechtschutzmöglichkeiten gegen die Errichtung von 5G-Mobilfunkanlagen Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 034/20 Abschluss der Arbeit: 20. März 2020 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 034/20 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird nach den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Errichtung von Mobilfunkanlagen für den 5G-Netzausbau. Dabei soll darauf eingegangen werden, ob es für sensible Einrichtungen, wie beispielsweise Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser spezielle Abwehrrechte gibt und welche Rechtsschutzmöglichkeiten Erziehungsberechtigten in diesem Zusammenhang zukommen. 2. Zum Rechtsrahmen des Mobilfunkausbaus Die Errichtung und der Betrieb von Mobilfunksendeanlagen unterliegen insbesondere immissionsschutzrechtlichen sowie bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Bestimmungen. Einzelne Kommunen haben zudem per Satzung den Mobilausbau bereichsweise beschränkt, zum Beispiel in der Nähe von Kindergärten oder Schulen. Neben diesen formellen Regelungen haben die Kommunen auch informelle Bestimmungen, sogenannte Vorsorgemodelle zur Beschränkung des Mobilausbaus getroffen. Die Telekommunikationsunternehmen haben mit den kommunalen Spitzenverbänden Vereinbarungen über den Informationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau getroffen (Verbändevereinbarungen) und freiwillige Selbstverpflichtungen verabschiedet. Einzelne Bundesländer haben ergänzende Vereinbarungen mit den Mobilfunknetzbetreibern getroffen. Ausführlich zum komplexen Rechtsrahmen und den zentralen Akteuren siehe Deutsches Institut für Urbanistik (difu), Rahmenbedingungen beim Mobilinfrastrukturausbau, Juli 2019.1 Der 5G-Netzausausbau ist dadurch geprägt, dass nicht nur neue Funkmasten bzw. die Erweiterung bestehender Funkmasten benötigt werden, sondern insbesondere vermehrt kleinere Netzstrukturen aufgebaut werden müssen. Eine Schlüsseltechnik des 5G-Ausbaus sind kleine Funkstationen mit geringerer Sendeleistung und kürzeren Reichweiten als klassische Mobilfunkstationen, sogenannte Smart Cells.2 3. Rechtsschutzmöglichkeiten Bei den Rechtsschutzmöglichkeiten gilt es zunächst zwischen den öffentlich-rechtlichen Rechtsbehelfen und zivilrechtlichen Abwehr- und Schadensersatzansprüchen zu unterscheiden. 3.1. Öffentlich-rechtliche Rechtsbehelfe Bei den behördlichen Rechtsschutzmöglichkeiten ist danach zu differenzieren, ob eine Baugenehmigung für die Errichtung der Mobilfunkanlage vorliegt oder ob die Errichtung der Anlage 1 Abrufbar unter https://difu.de/publikationen/2019/rahmenbedingungen-beim-mobilfunkinfrastrukturausbau.html (letzter Abruf 20. März 2020). 2 Siehe hierzu die Informationen des Informationszentrums Mobilfunk, abrufbar unter https://www.informationszentrum -mobilfunk.de/technik/funktionsweise/5g (letzter Abruf 18. März 2020). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 034/20 Seite 4 verfahrensfrei stattfinden kann. Für die Überprüfung der Gültigkeit von Bebauungsplänen und anderen Satzungen steht die Normenkontrolle als Rechtsbehelf zur Verfügung. 3.1.1. Rechtsschutz bei Vorliegen einer Baugenehmigung für die Errichtung der Mobilfunkanlage Grundsätzlich unterfallen Mobilfunkanlagen als bauliche Anlagen § 2 Abs. 1 der Landesbauordnungen .3 In den allermeisten Landesbauordnungen ist eine Baugenehmigung nur dann erforderlich, wenn die Anlage eine Höhe von 10 Metern überschreitet.4 Für Smart Cells bedarf es daher keiner Baugenehmigung. Die statthaften Rechtsbehelfe gegen eine Baugenehmigung sind das Widerspruchsverfahren nach § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO und die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO. Da beide Rechtsbehelfe aufgrund von § 212a Abs. 1 Var. 2 BauGB in Verbindung mit § 80 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung entfalten, kommt regelmäßig ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80a Abs. 3 S. 2, § 80 Abs. 5 S. 1 Var. 1 VwGO bzw. nach § 80a Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 VwGO in Betracht. Ein Widerspruch bzw. eine Anfechtungsklage eines Dritten, der nicht Adressat der Baugenehmigung ist, ist nur dann zulässig, wenn dieser geltend machen kann, durch die Baugenehmigung in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Dritte muss zum einen Nachbar sein, zum anderen bedarf es der Verletzung einer drittschützenden Vorschrift.5 In Bereich von Mobilfunkanlagen kommen drittschützende Normen im Baurecht und vor allem im Immissionsschutzrecht in Betracht.6 Zu den drittschützenden Normen im Einzelnen siehe die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Abwehr- und Schadensersatzansprüche gegen Errichtung und Betrieb elektrischer Anlagen in der Nähe von Wohnhäusern, WD 7 - 177/06 vom 1. August 2006, Anlage 1 die insofern noch aktuell ist. Die Ausarbeitung geht auch auf die unterschiedlichen Nachbarbegriffe im Bau- oder Immissionsschutzrecht ein. Nachbarn im baurechtlichen Sinne sind der Eigentümer oder ein dinglich Berechtigter an Grundstücken in der unmittelbaren Umgebung.7 Der immissions- 3 Gehrken/Kahle/Mechel, Mobilfunkanlagen im öffentlichen Immissionsschutz- und Baurecht, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2006, 72 (74). 4 Gehrken/Kahle/Mechel, Mobilfunkanlagen im öffentlichen Immissionsschutz- und Baurecht, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2006, 72 (75). 5 Zum Drittwiderspruch siehe Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Werkstand: 37. EL Juli 2019, § 68 Rn. 41; zu Drittklagen siehe Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung , Werkstand: 37. EL Juli 2019, § 42 Rn. 50 und 102 ff. 6 Siehe dazu Gehrken/Kahle/Mechel, Mobilfunkanlagen im öffentlichen Immissionsschutz- und Baurecht, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2006, 72 (77). 7 Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2019, § 42 Rn. 97. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 034/20 Seite 5 schutzrechtliche Nachbarbegriff ist weiter und umfasst alle, die sich regelmäßig im Einwirkungsbereich der emittierenden Anlage aufhalten.8 Damit zählen Personen, die sich regelmäßig im Einwirkungsbereich aufhalten, etwa weil sich dort eine Schule oder ein Kindergarten besuchen, zu den Nachbarn im Sinne des Immissionsschutzrechts.9 3.1.2. Rechtsschutzmöglichkeiten im Freiverfahren Auch wenn für die Errichtung der Mobilfunkanlage beispielsweise aufgrund ihrer Größe keine Baugenehmigung erforderlich ist, so hat deren Errichtung und Betrieb im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Bauordnungs-, Bauplanungs- und Immissionsschutzrechts zu stehen.10 Wird gegen diese Vorgaben verstoßen, kann der betroffene Nachbar bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde ein Gesuch auf baurechtliches Einschreiten stellen. Anspruchsgrundlage hierfür ist die jeweils einschlägige Ermächtigungsgrundlage im Landesbaurecht (vgl. §§ 79, 80 MBO), welche die Behörde ermächtigt, gegen den Bauherren vorzugehen. Der Anspruch erstreckt sich hierbei auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Baubehörde über das Ob sowie die Art und Weise des Einschreitens.11 Sollte die Behörde ein baurechtliches Einschreiten ablehnen oder nicht tätig werden, gibt es die Möglichkeit mittels der Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO die Behörde zum Erlass des begehrten drittadressierten Verwaltungsakts (beispielsweise einer Untersagungs-, Einstellungs- bzw. Beseitigungsverfügung) zu verpflichten.12 Gegen die Errichtung einer genehmigungsfreien Mobilfunkanlage eines öffentlichen Bauherrn kann im Wege einer allgemeinen Leistungsklage vorgegangen werden.13 Vorläufiger Rechtsschutz kann über eine Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO gerichtlich erwirkt werden: Hält das Gericht nach summarische Prüfung das Vorliegen des Anspruches für wahrscheinlich, so muss der Bauherr auf Anordnung des Gerichtes den „Status Quo“ bis zum Hauptsacheverfahren erhalten. 8 Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2019, § 42 Rn. 104. 9 Jarass, in: Jarass, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 3 Rn. 41. 10 Zu den Anforderungen im Einzelnen siehe Deutsches Institut für Urbanistik (difu), Rahmenbedingungen beim Mobilinfrastrukturausbau, Juli 2019, 23 ff.; Gehrken/Kahle/Mechel, Mobilfunkanlagen im öffentlichen Immissionsschutz - und Baurecht, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2006, 72 ff.; Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Abwehr- und Schadensersatzansprüche gegen Errichtung und Betrieb elektrischer Anlagen in der Nähe von Wohnhäusern, WD 7 - 177/06 vom 1. August 2006. 11 Spannowsky/Uechtritz, in: Spannowsky/Uechtritz, BeckOK Bauordnungsrecht Baden-Württemberg, 12. Edition, § 65 BWLBO Rn. 71. 12 Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2019, § 42 Rn. 6 und 10. 13 Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2019, § 42 Rn. 42. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 034/20 Seite 6 Wie beim Widerspruch und der Anfechtungsklage sind auch diese Rechtsbehelfe nur zulässig, wenn der Kläger als Nachbar geltend machen kann, durch die Errichtung bzw. den Betrieb der Mobilfunkanlage in seinen Rechten verletzt zu sein. Es bedarf daher auch hier der Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift. Neben der Möglichkeit die Behörde zum baurechtlichen Einschreiten zu verpflichten kommt zudem in Betracht, gegen die Standortbescheinigung14 vorzugehen, die gemäß § 4 Abs. 1 BEMFV für ortsfeste Funkanlagen mit einer Strahlungsleistung von 10 Watt oder mehr benötigt wird. Da Smart Cells regelmäßig eine geringere Strahlungsleistung haben, braucht es für diese nur dann eine Standortbescheinigung , wenn sie an einem Standort mit einer Gesamtstrahlungsleistung von 10 Watt oder mehr errichtet werden sollen oder wenn durch sie die Gesamtstrahlungsleistung von 10 Watt erreicht oder überschritten wird. Nach überwiegender Meinung handelt es sich bei der Standortbestimmung um einen Verwaltungsakt, der von Nachbarn im immissionsschutzrechtlichen Sinne angefochten werden kann.15 3.1.3. Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO Die bauplanungsrechtliche Relevanz einer Mobilfunkanlage muss grundsätzlich in jedem Einzelfall gesondert beurteilt werden.16 Grundsätzlich gilt, dass die Errichtung der Mobilfunkanlage in den meisten Baugebietstypen allgemein zulässig ist.17 Satzungen und an ihre Stelle in den Stadtstaaten gemäß § 246 Abs. 2 BauGB tretende Rechtsverordnungen unterliegen dem Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Damit können beispielsweise Bebauungspläne sowie Satzungen zur Festlegung der Baugebietstypen im geplanten Innenbereich und des Außenbereichs mit der Normenkontrolle auf ihre Gültigkeit überprüft werden. Den Antrag auf Normenkontrolle beim Oberverwaltungsgericht kann jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO. Auch Behörden können einen Antrag auf Normenkontrolle stellen, § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO. Der Antrag kann nur innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift 14 Ausführlich zur Standortbescheinigung siehe die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Mobilfunksendemasten – Standortfestlegung, Standortbescheinigung und Vorsorgeprinzip, WD 7 - 3000 - 210/10 vom 18. August 2010. 15 Gehrken/Kahle/Mechel, Mobilfunkanlagen im öffentlichen Immissionsschutz- und Baurecht, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2006, 72 (77); VGH München, Beschluss vom 30. März 2004, 21 CS 03.1053, BeckRS 2004, 14579. 16 Ausführlich dazu Deutsches Institut für Urbanistik (difu), Rahmenbedingungen beim Mobilinfrastrukturausbau, Juli 2019, 26. 17 Deutsches Institut für Urbanistik (difu), Rahmenbedingungen beim Mobilinfrastrukturausbau, Juli 2019, 27; Gehrken/Kahle/Mechel, Mobilfunkanlagen im öffentlichen Immissionsschutz- und Baurecht, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2006, 72 (74 f.); siehe auch Lechner/Busse, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Werkstand: 135. EL, Dezember 2019, Art. 57 Rn. 180. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 034/20 Seite 7 gestellt werden, § 47 Abs. 1 S. 1 VwGO. Soweit dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, kann das Oberverwaltungsgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, § 47 Abs. 6 VwGO. Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO können die Länder bestimmen, dass auch andere im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften dem Normenkontrollverfahren unterliegen. Die überwiegende Zahl der Bundesländer hat von dieser fakultativen Bestimmung Gebrauch gemacht.18 Soweit dies durch Landesrecht bestimmt ist, kann mittels eines Antrags auf Normenkontrolle auch gegen andere kommunale Satzungen vorgegangen werden.19 Während des Verfahrens über die Verabschiedung eines Bauleitplans gibt es die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben. Nach § 3 BauGB ist die Öffentlichkeit möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Gemäß § 3 Abs. 2 BauGB müssen die Entwürfe der Bauleitplanung mit Begründung und nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt werden. Wer nicht rechtzeitig im Verfahren der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung seine Stellungnahmen abgegebenen hat, dessen Stellungnahme bleibt bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt, vgl. § 4a Abs. 6 BauGB. Die Vorschriften des Baugesetzbuches über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung, vgl. § 1 Abs. 8 BauGB. 3.1.4. Rechtsschutz bzgl. Verbändevereinbarungen und Selbstverpflichtungen Verbändevereinbarungen und Selbstverpflichtungen der Mobilfunkunternehmen kommen keine rechtlich bindende Wirkung zu.20 Sie können daher auch nicht eingeklagt werden. 3.2. Zivilrechtliche Abwehr- und Schadensansprüche Gegen den Betreiber einer Mobilfunkanlage sind zivilrechtliche Abwehr- und Schadensersatzansprüche möglich. Es kommen hier Unterlassungsansprüche des Eigentümers eines Grundstücks gemäß §§ 1004 Abs. 1, 906 BGB in Betracht, das durch die Zuführung von Wärme oder elektromagnetischen Schwingungen wesentlich beeinträchtigt wird. Soweit die Mobilfunkanlage die Grenzwerte der 26. BImSchV nicht überschreitet, liegt allerdings keine wesentliche Beeinträchtigung vor und die Anlage ist nach § 906 BGB zu dulden. Mietern können unter Umständen Ansprüche auf Unterlassung bzw. Mietminderungs- und Schadensersatzansprüche aus §§ 535 Abs. 1 S. 2, 536 BGB zustehen. Zudem sind Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB denkbar, da 18 Zu den Regelungen in den einzelnen Bundesländern siehe Panzer, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung , Werkstand: 37. EL Juli 2019, § 47 Rn. 21 f. 19 Zur nur eingeschränkten Möglichkeit kommunaler Mobilfunkkonzepte siehe Koch, Die kommunale Angst vor dem Mobilfunk, NVwZ 2013, 251ff. 20 Schendel, Selbstverpflichtungen der Industrie als Steuerungsinstrument im Umweltschutz, NVwZ 2001, 494 (498); Wahlfels, Mobilfunkanlagen zwischen Rechtsstreit, Vorsorge und Selbstverpflichtung, NVwZ 2003, 653 (660). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 034/20 Seite 8 die 26. BImSchV als Schutzgesetz zu qualifizieren ist. Auch hier gilt, dass Klagen regelmäßig dann keine Aussicht auf Erfolg haben, soweit die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten werden.21 4. Abwehrmöglichkeiten für sensible Einrichtungen Ausführungen zu den einzuhaltenden Mindestabständen zu sensiblen Einrichtungen finden sich in der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Mobilfunksendemasten – Standortfestlegung , Standortbescheinigung und Vorsorgeprinzip, WD 7 - 3000 - 210/10 vom 18. August 2010. Anlage 2 Nach wie vor sind in der 26. BImSchV keine separaten Grenzwerte für sensible Einrichtungen wie beispielsweise Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser festgelegt.22 Im aktuellen achten Emissionsminderungsbericht der Bundesregierung wird keine Anpassung der Grenzwerte für Mobilfunkanlagen empfohlen.23 Somit ergeben sich keine besonderen Abwehrrechte für sensible Einrichtungen, bei Einhaltung der Grenzwerte wird vielmehr von der allgemeinen Ungefährlichkeit ausgegangen. 5. Vertretungsrechte der Erziehungsberechtigten Die Handlungsfähigkeit im Verwaltungsverfahren bestimmt sich nach § 12 VwVfG; die Prozessfähigkeit im Verwaltungsprozess ist in § 62 VwGO geregelt. Handlungsfähig bzw. prozessfähig sind natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig sind, sowie natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, soweit sie für den Gegenstand des Verfahrens durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts als geschäftsfähig oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt sind. Für handlungs- bzw. prozessunfähige natürliche Personen handelt der gesetzliche Vertreter. Minderjährige sind gem. § 52 ZPO prozessunfähig. Sie können gemäß § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB von ihren Eltern gerichtlich vertreten werden. *** 21 Ausführlich hierzu Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Abwehr- und Schadensersatzansprüche gegen Errichtung und Betrieb elektrischer Anlagen in der Nähe von Wohnhäusern, WD 7 – 177/06 vom 1. August 2006, 7 f. 22 Gehrken/Kahle/Mechel, Mobilfunkanlagen im öffentlichen Immissionsschutz- und Baurecht, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2006, 72 (74). 23 Achter Bericht der Bundesregierung über die Forschungsergebnisse in Bezug auf die Emissionsminderungsmöglichkeiten der gesamten Mobilfunktechnologie und in Bezug auf gesundheitliche Auswirkungen (Achter Emissionsminderungsbericht ), BT-Drs. 19/6270.