© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 032/20 Polizeibehörden in den angrenzenden EU-Mitgliedstaaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 032/20 Seite 2 Polizeibehörden in den angrenzenden EU-Mitgliedstaaten Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 032/20 Abschluss der Arbeit: 2. März 2020 (zugleich letzter Abruf der Internet-Quellen) Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 032/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Belgien 4 3. Dänemark 4 4. Frankreich 5 5. Luxemburg 6 6. Niederlande 6 7. Österreich 6 8. Polen 7 9. Tschechien 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 032/20 Seite 4 1. Einleitung Es wird gefragt, welche Polizeibehörden bzw. polizeiliche Strukturen es in den an Deutschland angrenzenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union gibt und was die entsprechenden Rechtsgrundlagen sind. Bei den untersuchten Staaten handelt es sich um Belgien, Dänemark. Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen und Tschechien. Soweit nicht anders ausgewiesen, beruhen die Ausführungen auf Informationen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).1 2. Belgien Die belgische Polizei wurde 2001 auf der Grundlage des „Gesetzes vom 7. Dezember 1998 zur Organisation einer auf zwei Ebenen strukturierten, integrierten Polizei“ reformiert. Sie besteht seither aus der Föderalen Polizei („Federale Politie“) und der Lokalen Polizei („Lokale Politie“), die auf 185 Polizeibezirke aufgeteilt ist.2 Beide Polizeien unterstehen dem Generalkommissariat. Die Aufsicht führen die Ministerien für Justiz und für Inneres.3 Die Föderale Polizei ist auf kriminalpolizeiliche Ermittlungen spezialisiert und insbesondere für die überörtliche Strafverfolgung zuständig. Sie unterstützt zudem die Lokale Polizei. Zu den Aufgaben der Lokalen Polizei zählen die polizeiliche Präventionsarbeit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie verkehrspolizeiliche Maßnahmen. Beide Polizeien führen ihre Aufgaben auf der Grundlage des Polizeigesetzes4 aus (vgl. Art. 1 und Art. 2 des Polizeigesetzes). 3. Dänemark Die dänische Polizei untersteht dem Justizministerium und ist auf 14 Polizeibezirke aufgeteilt, zu denen auch die Faröer Inseln und Grönland gehören. Die rechtliche Grundlage der Struktur und der Maßnahmen der Polizei ist das Polizeigesetz5. Danach ist die Polizei für die Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung sowie den Schutz der Gesellschaft zuständig. Die Polizei fördert diese Zwecke durch präventive und repressive polizeiliche Maßnahmen , vgl. § 2 Polizeigesetz. 1 Die Länderprofile der OSZE sind in englischer Sprache abrufbar unter: https://polis.osce.org/country-profiles. 2 Informationen über die Föderale und die Lokale Polizei sind in deutscher Sprache auf der Internetseite der belgischen Polizei zu finden: https://www.polizei.be/5998/de/uber-uns/die-integrierte-polizei/praesentation. 3 Siehe: https://www.polizei.be/5998/de/uber-uns. 4 Loi sur la fonction de police, in Kraft getreten am 1. Januar 1993, in französischer Sprache abrufbar unter: http://www.ejustice.just.fgov.be/cgi_loi/change_lg.pl?language=fr&la=F&cn=1992080552&table_name=loi. 5 Lov om politiets virksomhed, in Kraft getreten am 1. August 2005, in dänischer Sprache abrufbar unter: https://www.retsinformation.dk/Forms/R0710.aspx?id=209271. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 032/20 Seite 5 Übergeordnete Behörde ist die Reichspolizei („Rigspolitiet“). Diese ist unter anderem verantwortlich für die strategische Ausrichtung und die Ausbildung der Polizei. Sie erfüllt zudem bestimmte eigene Aufgaben wie etwa die Bauaufsicht und die Kontrolle des Verkehrs. 4. Frankreich In Frankreich sind dem Innenministerium drei Polizeibehörden unterstellt: die „Police national“, die „Gendarmerie national“ und die „Direction générale de la sécurité intérieure“ (DGSI). Die Organisation und die Maßnahmen der Polizei sind im Gesetz für innere Sicherheit6 geregelt. Die „Police national“ gliedert sich in zahlreiche Direktionen und Einheiten, darunter die für die Strafverfolgung zuständige „Direction centrale de la police judiciaire“ (DCPJ), die „Direction centrale de la sécurité publique“ (DCSP), die unter anderem für städtische Gewalt- und Drogenkriminalität und für Taten im Straßenverkehr zuständig ist, sowie die „Direction centrale de la police aux frontières“ (DCPAF), der der Grenzschutz obliegt.7 Zur „Police national“ gehört auch die „Unité de coordination de la lutte antiterroriste“ (UCLAT). Zu ihren Aufgaben zählen die Bewertung terroristischer Gefahren, die Analyse und Bekämpfung von terroristischer Radikalisierung und die Vertretung der „Police national“ bei nationalen und internationalen Kooperationseinrichtungen und Organisationen.8 Die „Gendarmerie national“ wird zwar in der Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums aus Soldaten gebildet, untersteht bei der Erfüllung ihrer Aufgaben aber dem Innenministerium. Sie erfüllt insbesondere allgemeine Polizeiaufgaben9 im ländlichen Raum und verfügt mit der „Sousdirection de l'anticipation opérationnelle“ (SDAO) über eine nachrichtendienstliche Einheit mit Zuständigkeiten im Bereich der Terrorismusbekämpfung. Auch die DGSI, der Inlandsnachrichtendienst, wird in Frankreich zu den Polizeien gezählt. Während der Auslandsnachrichtendienst teilweise Soldaten beschäftigt, besteht die DGSI aus Polizeibeamten . Sie ist unter anderem für die Terrorismus- und Extremismusbekämpfung zuständig.10 6 Code de la sécurité intérieure, in der Fassung vom 12. Februar 2020, in französischer Sprache abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do;jsessionid =F41237CF53D6499BACD6E75149F539D2.tplgfr25s_1?cidTexte=LEGITEXT000025503132&date- Texte=20200219. 7 Die Organisation der „Police national“ ist in französischer Sprache zu finden unter: http://www.police-nationale .interieur.gouv.fr/Organisation. 8 Eine Übersicht über die Aufgaben der UCLAT ist in französischer Sprache abrufbar unter: http://www.policenationale .interieur.gouv.fr/Organisation/Entites-rattachees-directement-au-DGPN/UCLAT. 9 Vgl. Art. L431-1 ff. des Code de la sécurité intérieure. 10 Eine Übersicht über die Aufgaben der DGSI ist in französischer Sprache abrufbar unter: http://www.interieur .gouv.fr/Le-ministere/DGSI. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 032/20 Seite 6 5. Luxemburg Die luxemburgische Polizei („Grand-Ducal Police“) untersteht dem Ministerium für innere Sicherheit . Grundlage des polizeilichen Handelns ist das Gesetz über die großherzogliche Polizei.11 Zuständig ist die „Grand-Ducal Police“ vor allem für die innere Sicherheit, die Durchsetzung der Gesetze, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie die Verhinderung von Straftaten, vgl. Art. 1 und 3 des Gesetzes über die großherzogliche Polizei. Sie übt außerdem den Grenzschutz aus. 6. Niederlande In den Niederlanden besteht eine einheitliche nationale Polizei. Sie gliedert sich in eine zentrale und zehn regionale Präsidien. Die zentrale Einheit ist unter anderem für die Strafverfolgung bei schweren Straftaten und im Bereich organisierter Kriminalität zuständig. 12 Die regionalen Einheiten nehmen die Aufgabe der allgemeinen Gefahrenabwehr wahr.13 Des Weiteren gibt es die Königliche Niederländische Marechaussee, die dem Verteidigungsministerium untersteht. Sie überwacht die Staatsgrenzen und führt den Polizeidienst am Flughafen durch. Außerdem ist sie für den Personenschutz der Mitglieder des Könighauses und der Regierung zuständig. Die rechtliche Grundlage der Polizei ist das niederländische Polizeigesetz.14 Dieses regelt unter anderem die Ausübung der Polizeigewalt und die Organisation der Polizei. 7. Österreich Die österreichische Polizei wurde 2005 reformiert. Durch Zusammenlegung der bis dahin eigenständigen Bundesgendarmerie, Bundessicherheitswachekorps und Kriminalbeamtenkorps entstand die Bundespolizei.15 Rechtsgrundlage der Polizei ist das Sicherheitspolizeigesetz (SPG)16, das die 11 Loi sur la Police grand-ducale, in der Fassung vom 18. Juni 2018, in französischer Sprache abrufbar unter: https://police.public.lu/dam-assets/fr/publications/nouvelle-loi-pgd-2018.pdf. 12 Siehe die Internetseite der niederländischen Regierung, in englischer Sprache abrufbar unter: https://www.government.nl/topics/police/organisation-of-the-dutch-police. 13 Siehe die Internetseite der niederländischen Regierung, in englischer Sprache abrufbar unter: https://www.government.nl/topics/police/organisation-of-the-dutch-police. 14 Politiewet 2012, in Kraft getreten am 12. Juni 2012, in niederländischer Sprache abrufbar unter: https://wetten .overheid.nl/BWBR0031788/2020-01-01. 15 Informationen zur Bundespolizei sind auf der Internetseite des Bundesministeriums für Inneres zu finden: https://www.bmi.gv.at/202/start.aspx. 16 Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei vom 31. Oktober 1991, abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer =10005792. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 032/20 Seite 7 Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei regelt, § 1 SPG. Die oberste Sicherheitsbehörde ist der Bundesminister für Inneres, § 4 SPG. Unter der Sicherheitspolizei wird nach § 3 SPG die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie die allgemeine Hilfeleistungspflicht verstanden. Ausgenommen ist die „örtliche Sicherheitspolizei“. Die örtliche Sicherheitspolizei ist nach Art. 15 Abs. 2 Bundes- Verfassungsgesetz17 der Teil der Sicherheitspolizei, „der im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet ist, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden, wie die Wahrung des öffentlichen Anstandes und die Abwehr ungebührlicherweise hervorgerufenen störenden Lärmes“. Für die Wahrung der örtlichen Sicherheitspolizei gibt es in einigen Gemeinden die Gemeindewachkörper nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 SPG, die dem Bürgermeister unterstehen. Die Gemeindewachkörper können zudem von anderen Behörden wie der Bundespolizei als Hilfsorgane herangezogen werden.18 8. Polen Die nationale polnische Polizei ist dem Innenministerium unterstellt. Sie besteht aus einem zentralen Präsidium und 17 regionalen Präsidien. Gemäß Art. 4 Nr. 1 des polnischen Polizeigesetzes19 ist die Polizei unter anderem zuständig für kriminalpolizeiliche Ermittlungen, die nationale Sicherheit , die Terrorismusbekämpfung und für präventive Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Neben der Polizei gibt es in einigen polnischen Städten eine Stadtwache („Straż Miejska“), die dem Bürgermeister und dem obersten Leiter des Verwaltungsbezirks untersteht. Die Stadtwache hat weniger Kompetenzen als die Polizei, so darf sie etwa keine Verhaftungen durchführen. Sie ist insbesondere für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und die Gewährleistung der Verkehrssicherheit zuständig. Für die Überwachung der Staatsgrenzen gibt es außerdem den polnischen Grenzschutz („Straż Graniczna“). Der Schutz des polnischen Parlaments liegt in der Zuständigkeit der Parlamentswache („Straż Marszałkowska“).20 17 Bundes-Verfassungsgesetz vom 19. Dezember 1945, abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung .wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000138. 18 Informationen zu den Gemeindewachkörpern sind zu finden unter: https://www.bmi.gv.at/magazinfiles /2011/11_12/files/gemeindewachen.pdf. 19 Ustawa o Policji vom 6. April 1990, in polnischer Sprache abrufbar unter: http://prawo.sejm.gov.pl/isap.nsf/download.xsp/WDU19900300179/O/D19900179.pdf. 20 Siehe dazu die Kurzinformation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Zur polnischen Parlamentswache, WD 3 - 3000 - 033/20. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 032/20 Seite 8 9. Tschechien Die nationale tschechische Polizei untersteht dem Innenministerium. Sie besteht aus dem zentralen Polizeipräsidium und vierzehn regionalen Präsidien.21 Das Polizeigesetz22 ist die Rechtsgrundlage für die Organisation der Polizei sowie für ihre Rechte und Pflichten. Die Polizei ist für den Schutz von Personen und Eigentum und den Schutz der öffentlichen Ordnung zuständig. Des Weiteren soll sie durch Präventivmaßnahmen Kriminalität entgegenwirken und weitere Aufgaben im Bereich der nationalen Sicherheit erfüllen, vgl. § 2 des Polizeigesetzes. Gemeinden können zudem eine Gemeindepolizei („Obecní Policie“ bzw. in Städten „Městská Policie“) errichten, die dem Gemeinderat untersteht. Die Gemeindepolizei ist zuständig für die Sicherung der öffentlichen Ordnung sowie für die Verkehrssicherheit. Sie darf weder Ermittlungen durchführen noch Verhaftungen vornehmen. *** 21 Siehe die Internetseite der nationalen tschechischen Polizei, in englischer Sprache abrufbar unter: https://www.policie.cz/clanek/policie-cr-en-english-about-us.aspx. 22 Policii České republiky vom 17. Juli 2008, in tschechischer Sprache abrufbar unter: https://www.zakonyprolidi .cz/cs/2008-273.