© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 030/19 Automatisierte Erfassung und Verarbeitung von Kennzeichen und Bildaufnahmen zur Überwachung von Dieselfahrverboten Aktualisierung der Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 414/18 Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 2 Automatisierte Erfassung und Verarbeitung von Kennzeichen und Bildaufnahmen zur Überwachung von Dieselfahrverboten Aktualisierung der Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 414/18 Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 030/19 Abschluss der Arbeit: 20.02.2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Inhalt des überarbeiteten Gesetzentwurfs 4 2.1. § 35 Abs. 1 Nr. 18, § 36 Abs. 2i StVG-E 4 2.1.1. § 63c StVG-E 5 3. Vereinbarkeit der geplanten Regelungen mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung 6 3.1. Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung 6 3.2. Eingriffe in den Schutzbereich 7 3.3. Rechtfertigung der Eingriffe 8 3.3.1. Bestimmtheit und Normklarheit 8 3.3.2. Verhältnismäßigkeit 10 3.3.2.1. Legitimer Zweck 10 3.3.2.2. Geeignetheit 11 3.3.2.3. Erforderlichkeit 11 3.3.2.3.1. Nicht-automatisierte Verkehrskontrollen 11 3.3.2.3.2. Begrenzung des Kreises der Betroffenen 12 3.3.2.3.3. Gestaffelte Erfassung von Kennzeichen und Einzelbildern von Fahrzeug und Fahrern 13 3.3.2.4. Angemessenheit 13 3.3.2.4.1. Eingriffsintensität 14 (i) Erhebung und Abgleich der Daten sowie Feststellung des Bestehens von Dieselfahrverboten, § 63c Abs. 1 und 2 StVG-E 14 (ii) Übermittlung von Daten an die Ordnungswidrigkeitenbehörden, § 63c Abs. 3 StVG-E 15 3.3.2.4.2. Rechtsgüter von zumindest erheblichem Gewicht oder vergleichbar gewichtiges öffentliches Interesse 16 3.3.2.4.3. Objektiv bestimmbare gesetzliche Eingriffsschwelle 17 3.3.2.4.4. Gesamtabwägung 18 3.3.2.4.5. Echte Treffer 19 3.3.2.4.6. Unechte Treffer 19 3.3.2.4.7. Nichttreffer 20 3.3.2.4.8. Bildaufnahmen sonstiger Fahrzeuginsassen 20 3.3.2.4.9. Transparenz, Rechtsschutz, aufsichtliche Kontrolle, Datennutzung und Löschung 21 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 4 1. Fragestellung Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Neuntes Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes 1 (im Folgenden: StVG-E) sieht insbesondere eine Rechtsgrundlage für die Erfassung und Verarbeitung von Kennzeichen und Einzelbildaufnahmen von Fahrzeugen und Fahrzeuginsassen zur Überwachung von Dieselfahrverboten vor. Nachdem der Bundesrat verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Dauer der Verarbeitung und Speicherung der Daten äußerte, änderte die Bundesregierung den Entwurf in einigen entsprechenden Punkten (s. dazu unter 2.). Die Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 414/18 befasste sich bereits mit der Frage, ob der Gesetzentwurf in seiner ursprünglichen Fassung (BT-Drs. 19/6334) mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen vereinbar ist. Die vorliegende Aktualisierung dieser Ausarbeitung bezieht sich auf den Gesetzentwurf in seiner geänderten Fassung (BT-Drs. 19/6926). Darüber hinaus wurde für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Regelungen auch die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts2 zur Kennzeichenerfassung berücksichtigt. 2. Inhalt des überarbeiteten Gesetzentwurfs Dieselfahrverbote können aufgrund von § 40 Bundes-Immissionsschutzgesetz nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften oder aufgrund straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zum Schutz der Wohnbevölkerung oder der Bevölkerung vor Abgasen zur Abwehr immissionsbedingter Gefahren angeordnet werden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen bundeseinheitliche Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung zur Kontrolle von Dieselfahrverboten geschaffen werden. 2.1. § 35 Abs. 1 Nr. 18, § 36 Abs. 2i StVG-E § 35 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) soll um eine Nr. 18 erweitert werden, die dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die Übermittlung der im Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) gespeicherten Fahrzeug- und Halterdaten an die für die Überwachung von Dieselfahrverboten zuständigen Landesbehörden erlaubt. § 36 Abs. 2i StVG-E bestimmt, dass die Übermittlung nach § 35 Abs. 1 Nr. 18 StVG auch im automatisierten Verfahren erfolgen darf. Der Abgleich darf sich nach dem bereits bestehenden Abs. 4 des § 36 StVG grundsätzlich jeweils nur auf ein bestimmtes Kraftfahrzeug (KFZ) beziehen, wodurch der massenhafte unspezifische Abruf von Daten aus dem ZFZR ausgeschlossen werden soll. Die Einrichtung von Anlagen zum automatisierten Abruf obliegt nach § 36 Abs. 2i S. 2 Hs. 1 StVG-E den Landesbehörden. § 36 Abs. 2i S. 2 Hs. 2 StVG-E erklärt § 36 Abs. 5 Nr. 2 und 3 StVG für unmittelbar anwendbar, wonach Datensicherheit und Datenschutz, insbesondere Vertraulichkeit, Unversehrtheit und Verschlüsselung der Daten in allgemein zugänglichen Netzen sowie die Kontrolle der Zulässigkeit der Abrufe aus dem ZFZR gewährleistet werden müssen. Nach § 36 Abs. 2i S. 2 Hs. 2 StVG-E ist jedoch die Schaffung einer diese Anforderungen näher konkretisierenden 1 Vgl. BR-Drs. 574/18. 2 Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15 und 1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10, juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 5 Rechtsverordnung des zuständigen Ministeriums, wie sie § 36 Abs. 5 StVG eigentlich fordert, entbehrlich . Die konkrete Ausgestaltung der Anlagen und des Verfahrens des automatisierten Abrufs ist damit den zuständigen Landesbehörden überlassen. Eine Vereinheitlichung der technischen und datenschutzbezogenen Standards für den automatisierten Abruf schreibt der Gesetzentwurf nicht vor. 2.1.1. § 63c StVG-E Als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung zur Überwachung von Dieselfahrverboten durch die zuständigen Landesbehörden soll ein neuer § 63c in das StVG eingefügt werden. Gemäß Absatz 1 S. 1 dürfen die zuständigen Landesbehörden Kennzeichen (Nr. 1), Fahrzeugdaten (Nr. 2), durch Einzelaufnahmen hergestellte Bilder des Fahrzeuges und des Fahrers (Nr. 3) sowie Ort und Zeit der Teilnahme am Verkehr (Nr. 4) zur stichprobenartigen Kontrolle von Dieselfahrverboten erheben, speichern und verwenden. Eine verdeckte Datenerhebung soll nach Satz 2 unzulässig sein. Absatz 2 erlaubt den zuständigen Landesbehörden den automatisierten Abruf der im ZFZR zu einem KFZ-Kennzeichen gespeicherten Fahrzeugdaten, nicht aber der Halterdaten. Die Regelung stellt klar, dass der Abruf aus dem ZFZR nur zum Zweck der Überwachung von Dieselfahrverboten erfolgen darf und weist die Prüfung, ob ein konkretes Fahrzeug einem im Gebiet der Verkehrsteilnahme angeordneten Dieselfahrverbot unterfällt, den Landesbehörden zu. Nach Satz 2 haben sowohl der Abruf der Daten aus dem ZFZR als auch die Feststellung des Bestehens von Dieselfahrverboten unverzüglich zu erfolgen. Absatz 3 bestimmt, dass die Daten nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 und Absatz 2 durch die erhebenden Landesbehörden ausschließlich für die Verfolgung von „diesbezüglichen Ordnungswidrigkeiten“ an die dafür zuständigen Ordnungswidrigkeitenbehörden übermittelt werden dürfen. Die Übermittlung der Halterdaten an die Ordnungswidrigkeitenbehörden erfolgt dagegen direkt durch das KBA auf Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 3 bzw. der geplanten Nr. 18 StVG. Nach Absatz 4 S. 1 sind die Daten unverzüglich zu löschen, sobald die nach Absatz 2 durchzuführende Prüfung durch die zuständige Landesbehörde ergibt, dass das Fahrzeug keinem Dieselfahrverbot unterfällt (sog. „Nichttrefferfall“) oder die Daten zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten an die dafür zuständige Verwaltungsbehörde übermittelt worden sind (sog. „Trefferfall“). Gemäß Satz 2 sind die Daten in jedem Fall zwei Wochen nach ihrer erstmaligen Erhebung zu löschen. Für die Löschung der übermittelten Daten bei den Ordnungswidrigkeitenbehörden stellt Absatz 5 die Geltung der entsprechenden Vorschriften für das Bußgeldverfahren klar. Gemäß Absatz 6 sollen insbesondere landesrechtliche Regelungen über die Überwachung des Straßenverkehrs unberührt bleiben. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 6 3. Vereinbarkeit der geplanten Regelungen mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorab ist anzumerken, dass die Vereinbarkeit von konkret auf Grundlage des Gesetzentwurfes durchgeführten Kontrollmaßnahmen mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung für jeden Einzelfall festgestellt werden müsste. Die Entscheidung, ob und wie diese durchgeführt würden, obliegt den Behörden der Bundesländer. Der Gesetzentwurf enthält auch keine konkreten bundeseinheitlichen Vorgaben für die technische Umsetzung der Überwachungsmaßnahmen. Daher beschränken sich die folgenden Ausführungen auf allgemeine Erwägungen zur Vereinbarkeit der im Gesetzentwurf enthaltenen Ermächtigungsgrundlagen mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. 3.1. Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung Bildaufnahmen von Fahrzeuginsassen und Fahrzeugen sowie deren Kennzeichen unterfallen grundsätzlich dem grundrechtlichen Schutz des in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als informationelle Selbstbestimmung. Diese beschränkt sich nicht auf Informationen, die schon ihrer Art nach sensibel sind. Vielmehr gibt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter den Bedingungen der elektronischen Datenverarbeitung kein schlechthin belangloses personenbezogenes Datum mehr.3 Maßgeblich für die Eröffnung des Schutzbereiches der informationellen Selbstbestimmung sei, ob je nach Ziel und Kontext der Datenerhebung sowie durch Verarbeitungsund Verknüpfungsmöglichkeiten grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen bestehen können.4 Das Bundesverfassungsgericht hat den Schutz der Persönlichkeitsrechte insbesondere mit Blick auf die Besonderheiten und Risiken elektronischer Datenverarbeitung zudem auf Gefährdungslagen im Vorfeld konkreter Bedrohungen von Rechtsgütern ausgeweitet: „Mittels elektronischer Datenverarbeitung sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer Person unbegrenzt speicherbar und jederzeit und ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar. Sie können darüber hinaus mit anderen Datensammlungen zusammengefügt werden, wodurch vielfältige Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten entstehen […]. Dadurch können weitere Informationen erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch anschließende Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit nach sich ziehen können […]. Eine weitere Besonderheit des Eingriffspotentials von Maßnahmen der elektronischen Datenverarbeitung liegt in der Menge der verarbeitbaren Daten, die auf konventionellem Wege gar nicht bewältigt werden könnte. Der mit solchen technischen Möglichkeiten einhergehenden gesteigerten Gefährdungslage entspricht der hierauf bezogene Grundrechtsschutz“5. 3 Vgl. BVerfGE 65, 1 (45); BVerfG, NJW 2007, 2464 (2466); NJW 2008, 1505 (1506 Rz. 66). 4 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1506 Rz. 66). 5 BVerfG NJW 2008, 1505 (1506 Rz. 63 f.) (Hervorhebung nur hier). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 7 Vor diesem Hintergrund sei das Interesse des Einzelnen, dass seine Informationen nicht automatisiert mit der Möglichkeit der Weiterverwertung erfasst werden, auch dann geschützt, wenn diese öffentlich wahrnehmbar sind.6 Dies gelte auch dann, wenn die Sichtbarkeit der Information wie im Falle von KFZ-Kennzeichen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 StVO gesetzlich vorgeschrieben ist.7 3.2. Eingriffe in den Schutzbereich Das Bundesverfassungsgericht hat spezifische Kriterien formuliert, wann bereits die automatisierte Erhebung von Informationen als Eingriff in den Schutzbereich der informationellen Selbstbestimmung zu qualifizieren sei. Auch wenn die Erfassung eines größeren Datenbestandes letztlich nur Mittel zum Zweck für eine weitere Verkleinerung der Treffermenge ist, könne bereits in der Informationserhebung ein Eingriff liegen, soweit sie die Informationen für die Behörden verfügbar mache, auf diese Weise die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchkriterien schaffe und ein verdichtetes Interesse der Behörde an den Daten bestehe.8 Die Schwelle zum Eingriff sei in Anbetracht des weiten Schutzbereichs der informationellen Selbstbestimmung jedoch dann nicht überschritten, wenn „Daten ungezielt und allein technikbedingt zunächst miterfasst, aber unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden.“9 Dies nahm das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2008 für sogenannte Nichttrefferfälle an, in denen nach der Erhebung eines Kennzeichens ein unverzüglicher Abgleich mit einem Fahndungsbestand vorgenommen wird und negativ ausfällt. Diese Rechtsprechung wurde vielfach kritisiert.10 Nunmehr bewertete das Bundesverfassungsgericht die Erfassung von Kennzeichen unabhängig von der Trefferqualität in seinen jüngsten Entscheidungen zu Regelungen in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg als Eingriff.11 Anders als bei Rotlicht- und Geschwindigkeitskontrollen, bei denen das Fahrverhalten zunächst ohne Erfassen des Kennzeichens und damit unabhängig von einer persönlichen Zuordenbarkeit der Kraftfahrzeuge gemessen und erst bei einer Überschreitung eine Bildaufnahme ausgelöst wird, richte sich die Erfassung von Kennzeichen von vornherein auf personenbezogene Daten.12 Die Datenerhebung erstrecke sich dabei bewusst auf alle in die Kontrolle einbezogenen Fahrzeuge und Personen und mache deren Daten auf diese Weise als Basis für eine Halterabfrage verfügbar, mittels der die Zuordnung zu einer bestimmten Person ermöglicht werde.13 Auch eine unverzügliche Löschung der Daten im Nichttrefferfall ändere nichts daran, dass die Maßnahme selbst und 6 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1507 Rz. 64). 7 Ebenda. 8 Vgl. BVerfG, NJW 2006, 1939 (1941 Rz. 74); NJW 2008, 1505 (1507 Rz. 65). 9 BVerfG, NJW 2008, 1505 (1507 Rz. 68), vgl. auch BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2014, Az.: 6 C 7/13. 10 Vgl. Ziebarth in: CR 2015, 687 m.w.N. 11 Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15 und 1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10, juris. 12 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: BvR 142/15, juris Rz. 45 f., 52. 13 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: BvR 142/15, juris Rz. 45 f., 50, 53. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 8 nicht erst ihre Folgen als solche freiheitsbeeinträchtigend sei. Denn zur Freiheitlichkeit des Gemeinwesens gehöre es, dass sich Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich fortbewegen können, ohne dabei beliebig staatlich registriert zu werden, hinsichtlich ihrer Rechtschaffenheit Rechenschaft ablegen zu müssen und dem Gefühl eines ständigen Überwachtwerdens ausgesetzt zu sein.14 § 63c Abs. 1 StVG-E ermöglicht es den zuständigen Landesbehörden, in Geltungsbereichen von Dieselfahrverboten sowohl KFZ-Kennzeichen als auch Einzelbildaufnahmen von Fahrzeug und Fahrern und Angaben zu Zeit und Ort zu erheben. § 63c Abs. 2 StVG-E gestattet zwar nur den Abruf der zum jeweiligen Kennzeichen gespeicherten Fahrzeugdaten aus dem ZFZR, nicht aber der Halterdaten. Allerdings begründen die gleichzeitig zur Identifizierung der Fahrer erhobenen Bildaufnahmen des Fahrzeugs samt Fahrern einen gegenüber der isolierten Erfassung von KFZ- Kennzeichen erheblich stärkeren Personenbezug. Bei Bildaufnahmen, bei denen Fahrer und Kennzeichen identifizierbar sind, nimmt auch das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung an.15 Zudem richtet sich die Datenerhebung nach § 63c StVG-E gezielt und nicht nur lediglich technikbedingt auf alle in die stichprobenartigen Kontrollen einbezogenen Fahrzeuge und Fahrzeuginsassen, um erst im nächsten Schritt anhand der Fahrzeugdaten aus dem ZFZR festzustellen, ob dieses einem im Kontrollbereich geltenden Dieselfahrverbot unterfällt. Daher ist auch ein verdichtetes Interesse der Behörden an den nach § 63c Abs. 1 und 2 StVG-E erhobenen Daten anzunehmen. § 63c StVG-E ermächtigt nicht nur zur Erhebung, sondern auch zur Verwendung und Speicherung der Daten sowie zu einem Abgleich der Kennzeichen mit dem ZFZR. Darin liegen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts in der Regel jeweils eigenständige, teils aufeinander aufbauende Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.16 3.3. Rechtfertigung der Eingriffe Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss vielmehr solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt sind.17 Diese Beschränkungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage , die insbesondere das Gebot der Normenklarheit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren muss.18 3.3.1. Bestimmtheit und Normklarheit Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass der Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe selbst trifft, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz 14 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 51. 15 Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 12. August 2010, Az.: 2 BvR 1447/10, juris m w. N. in Rz. 13. 16 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: BvR 142/15, juris Rz. 42. 17 Vgl. BVerfGE 65, 1 (43f.); NJW 2006, 1939 (1941 Rz. 81). 18 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 9 steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können.19 Gleichzeitig sollen Bestimmtheit und Klarheit der Norm dafür sorgen, dass sich der betroffene Bürger auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann.20 In Bezug auf das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung fordert das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung insbesondere die spezifische Umgrenzung des Anlasses der Maßnahme sowie des möglichen Verwendungszwecks.21 Diese Anforderungen wurden von den Vorschriften zur automatisierten Kennzeichenerfassung in Hamburg und Schleswig-Holstein, die Gegenstand einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2008 waren, nicht erfüllt. Diese erlaubten die Kennzeichenerfassung zum Zwecke des Abgleichs mit dem Fahndungsbestand , wobei weder klar war, aus welchem Anlass ein Datenabgleich erfolgte, noch hinreichend bestimmt war, welche Dateien, Datenbanken oder Verzeichnisse vom Begriff des Fahndungsbestands umfasst sein sollten.22 Demgegenüber beschränkt § 63c Abs. 1 S. 1 StVG-E den Anlass und Zweck der Erhebung, Speicherung und Verwendung der Daten auf die Überwachung von Dieselfahrverboten und sieht keine Möglichkeit einer Zweckänderung23 vor. Bei verfassungskonformer Auslegung der Norm dürfte sich aus dieser Zweckbegrenzung und aus § 63c Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StVG-E, der die Erhebung von Zeit und Ort der Verkehrsteilnahme „im Geltungsbereich von Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverboten “ erlaubt, auch eine räumliche Beschränkung der Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen nach § 63c StVG-E auf den Geltungsbereich des jeweiligen Dieselfahrverbotes ergeben. In den einzelnen Absätzen des § 63c StVG-E wird jeweils auch konkret bezeichnet, welche Daten stichprobenartig erhoben, verarbeitet bzw. übermittelt werden dürfen. Dabei wurde der überarbeitete Entwurf zusätzlich auf Einzelbildaufnahmen von Fahrzeug und Fahrer beschränkt, sodass Videoaufnahmen ausgeschlossen sein dürften. § 63c Abs. 1 S. 1 StVG-E bestimmt zudem, dass verdeckte Maßnahmen unzulässig sind. Zwar regelt § 63c StVG-E nicht näher, wie die offene Überwachung konkret auszugestalten ist. Das diesbezügliche Ermessen der zuständigen Landesbehörden ist jedoch gerichtlich überprüfbar. Insoweit sind jedenfalls keine offensichtliche Verletzung des Gebots der Bestimmtheit und Normklarheit erkennbar. In § 63c Abs. 2 StVG-E ist durch die Benennung des ZFZR eindeutig festgelegt, mit welchem Datenbestand ein unverzüglicher Abgleich der erfassten Kennzeichen erfolgen darf. Die Regelung lässt aber offen, wie die für die Überwachung der Dieselfahrverbote zuständigen Landesbehörden allein anhand der nach § 63c StVG-E aus dem ZFZR zu den jeweiligen Kennzeichen übermittelten Fahrzeugdaten ohne gleichzeitige Übermittlung auch der Halterdaten feststellen können sollen, ob das konkrete Fahrzeug einer Ausnahme vom jeweiligen Dieselfahrverbot (bspw. für Anwohner oder Handwerker) unterliegt. 19 BVerfG NJW 2008, 1505 (1509 Rz. 94 m.w.N.). 20 Ebenda. 21 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1509 Rz. 96). 22 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1509 Rz. 98 ff.). 23 Vgl. zur Zulässigkeit von Änderungen des Zweckes der Datenverarbeitung BVerfG, Beschluss vom 10. März 2008, Az.: 1 BvR 2388/03, juris (m. w. N. in Rz. 91). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 10 Die nach Abs. 1 Nr. 1 bis 4 und Abs. 2 erhobenen Daten dürfen gemäß § 63c Abs. 3 StVG-E ausschließlich für die Verfolgung von „diesbezüglichen Ordnungswidrigkeiten“ an die dafür zuständigen Ordnungswidrigkeitenbehörden übermittelt werden. Der geforderte Bezug zwischen den genannten Daten und der Art der Ordnungswidrigkeit wird nicht näher konkretisiert. Nach teleologischer Auslegung der Norm dürfte nicht nur ein Bezug der Ordnungswidrigkeit zur jeweiligen Art der Daten (bspw. Fahrzeugmerkmale, Kennzeichen), sondern auch zum Zweck der Datenerhebung und -verarbeitung nach Abs. 1 und 2, also der Überwachung von Dieselfahrverboten, gemeint sein. Mithin sind auch Anlass und Zweck der Übermittlung der erhobenen Daten an andere Behörden hinreichend bestimmt geregelt. Während § 63c Abs. 3 StVG-E b die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten auf die Durchführung von Ordnungswidrigkeitenverfahren durch die zuständigen Behörden und mithin auf repressive Zwecke beschränkt, lässt der Wortlaut der § 63c Abs. 1 und 2 StVG-E offen, ob die danach jeweils zulässige Datenverarbeitung zur „Überwachung“ von Dieselfahrverboten ausschließlich oder im Schwerpunkt präventiven oder repressiven Zwecken oder beidem dient. Der Begriff der „Überwachung “ kann nach allgemeinem Begriffsverständnis sowohl Maßnahmen zur Gefahrenabwehr als auch zur Kontrolle von bußgeldbewehrten Verstößen gegen Dieselfahrverbote umfassen. Dies legt die Kombination beider Zwecke nahe. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zum Kennzeichenabgleich mit sog. „Misch-Dateien“24 enthalten keine Vorgaben, in welcher Weise eine Kombination von repressiven und präventiven Zwecken im Wortlaut von Ermächtigungsgrundlagen kenntlich gemacht werden muss. Vor diesem Hintergrund kann nicht eindeutig geklärt werden, ob der hinsichtlich der Kombination präventiver sowie repressiver Zwecke offene Wortlaut des § 63c Abs. 1 und 2 StVG-E das Bestimmtheitsgebot verletzt. 3.3.2. Verhältnismäßigkeit Die Verhältnismäßigkeit einzelner Kontrollmaßnahmen ist in jedem Einzelfall gesondert festzustellen und setzt voraus, dass die zu überwachenden Dieselfahrverbote ihrerseits verhältnismäßig sind.25 Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die im Gesetzentwurf allgemein für die Überwachung von Dieselfahrverboten vorgesehenen Eingriffsermächtigungen. Auch diese müssen entsprechend dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Verfolgung eines legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein. 3.3.2.1. Legitimer Zweck Die Datenerhebung und -verarbeitung erfolgt zur Überwachung von Dieselfahrverboten, die ihrerseits die Luftreinhaltung26 bezwecken. Diese dient vor allem dem Schutz der menschlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen durch in KFZ-Abgasen enthaltene Stickstoffdioxiden. Die körperliche Unversehrtheit von Personen ist in Art. 2 Abs. 2 GG verbürgt. Daneben kommt die Luftreinhaltung 24 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1513 Rz. 151). 25 Vgl. dazu den Überblick bei Will, NZV 2019, 11; zum Aspekt der gesetzlichen Regelung der Verhältnismäßigkeit von Dieselfahrverboten in § 40 Abs. 1a BImSchG-E vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Dieselfahrverbote – Gesetzliche Regelung der Verhältnismäßigkeit, WD 7 - 3000 - 238/18. 26 Vgl. die Urteile des BVerwG vom 27. Februar 2018, Az.: 7 C26/16 und 7 C 30/17, juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 11 auch dem als Staatsziel in Art. 20a GG verankerten Umweltschutz zugute. Die geplanten Regelungen zur Überwachung von Dieselfahrverboten verfolgen damit grundsätzlich legitime Zwecke. 3.3.2.2. Geeignetheit Die in § 63c StVG-E vorgesehene Erhebung und Verarbeitung von Daten ermöglicht die Kontrolle der Einhaltung von Dieselfahrverboten bezüglich aller Fahrzeuge, deren Fahrzeugdaten im ZFZR gespeichert sind. Nicht erfasst sind dort die Kennzeichen ausländischer KFZ sowie gefälschte Kennzeichen. Ein entsprechender Abgleich ist nach der Richtlinie 2015/413/EU27 auch zwischen EU-Mitgliedstaaten nicht zur Überwachung von Dieselfahrverboten vorgesehen. Dies lässt aber die grundsätzliche Eignung der in § 63c StVG-E vorgesehenen Maßnahmen nicht entfallen. 3.3.2.3. Erforderlichkeit Die im Entwurf vorgesehen Ermächtigungsgrundlagen sind erforderlich, sofern kein gleich wirksames , die Grundrechtsträger aber weniger beeinträchtigendes Mittel zur Verfügung steht. Die folgenden Ausführungen stellen keinen vollständigen Überblick über sämtliche denkbaren Maßnahmen zur Überwachung von Dieselfahrverboten dar, sondern beschränken sich auf die bisher praktizierten bzw. aktuell in der Öffentlichkeit und im Gesetzgebungsverfahren diskutierten Vorschläge. 3.3.2.3.1. Nicht-automatisierte Verkehrskontrollen Eine nicht-automatisierte Kontrolle des Verkehrs ist nach derzeitiger Rechtslage die einzige Möglichkeit zur Überwachung von Dieselfahrverboten. Diese wäre auch nach Einführung von § 63c StVG-E weiterhin zulässig. Darüber hinaus würde § 63c StVG-E auch automatisierte Kontrollmaßnahmen ermöglichen. Bislang existiert keine gesetzlich geregelte Kennzeichnung28 von Fahrzeugen etwa in Form einer „blauen Plakette“, die es Beamten ermöglicht, bereits durch bloßen Augenschein eindeutig festzustellen , ob ein Dieselfahrverbot für das konkrete Fahrzeug besteht. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts dürfte damit der Vollzug von Verkehrsverboten jedenfalls deutlich erschwert sein.29 Eine Überwachung von Dieselfahrverboten durch Kontrollen des ruhenden Verkehrs (Parkraumüberwachung ) wäre ohne die Einführung automatisierter Kontrollen nur mittels Abfragen der im ZFZR gespeicherten Fahrzeugdaten auf Grundlage von § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 1a i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 3 StVG möglich, sofern der Fahrer oder Halter des Fahrzeugs nicht angetroffen wird. 27 Richtlinie (EU) 2015/413 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte , ABl. L 68 vom 13. März 2015, S. 9. 28 Vgl. den entsprechenden Entwurf einer Verordnung zur Änderung der fünfunddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung - 35. BImSchV), BR-Drs. 617/16. 29 Vgl. die Urteile des BVerwG vom 27. Februar 2018, Az.: 7 C26/16, juris Rz. 61 und 7 C 30/17, juris Rz. 62. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 12 Die nicht-automatisierte Überwachung von Dieselfahrverboten mittels Kontrollen des fließenden Verkehrs kann auch ohne gesonderte Kennzeichnung von KFZ anhand der in der Zulassungsbescheinigung Teil I eingetragenen Fahrzeugdaten erfolgen. Anders als bei einem automatisierten Abgleich mit dem ZFZR werden dabei auch ausländische KFZ sowie KFZ mit gefälschten Kennzeichen erfasst. Die bessere Sichtbarkeit der Verkehrskontrollen erhöht auch gegenüber einer offen durchgeführten automatisierten Erfassung von Kennzeichen und Bildaufnahmen regelmäßig die Chance, Rechtsschutz suchen zu können. Allerdings verursachen allgemeine oder stichprobenartige Verkehrskontrollen in der Regel nicht unerhebliche Verzögerungen im Verkehrsfluss. Diese können insbesondere in größeren Ballungsräumen mit hohem Verkehrsaufkommen, in denen Dieselfahrverbote bestehen, erhebliche Beeinträchtigungen der Betroffenen sowie der Allgemeinheit begründen. Zudem erfordern sowohl die Kontrolle des fließenden Verkehrs als auch die Parkraumüberwachung erhebliche Personalkapazitäten. Zumindest hinsichtlich der im ZFZR erfassten KFZ erreichen sie daher nicht den Wirkungsgrad von automatisierten, wenngleich nach dem überarbeiteten Entwurf nur noch stichprobenartig zulässigen Kennzeichenkontrollen. Eine nicht-automatisierte Kontrolle von Dieselfahrverboten durch Personal der Landespolizeibehörden ist infolgedessen gegenüber der in § 63c STVG-E vorgesehenen automatisierten Kontrolle wohl jedenfalls nicht gleich wirksam. 3.3.2.3.2. Begrenzung des Kreises der Betroffenen Als mildere Maßnahme käme grundsätzlich auch eine Beschränkung des Kreises der von den Kontrollmaßnahmen Betroffenen in Betracht. Dieselfahrverbote können nicht allein anhand von bereits bestehenden grünen, gelben und roten Plaketten für Umweltzonen kontrolliert werden, da sich diese nicht konkret auf die für die Dieselfahrverbote maßgeblichen Grenzwerte für die Emission von Stickstoffdioxiden beziehen. Die Schaffung einer „blauen Plakette“ für „saubere“ (Diesel-)Fahrzeuge wird derzeit vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgelehnt. Die ursprünglich auf Initiative des Landes Baden-Württemberg für den 14. Dezember 2018 im Bundesrat anberaumte Beratung zur Schaffung einer Kennzeichnung besonders emissionsarmer Fahrzeuge mit einer blauen Plakette wurde durch Beschluss von der Tagesordnung der 973. Sitzung abgesetzt und bislang nicht erneut beantragt.30 Eine solche Kennzeichnung würde bereits ohne Abruf von Fahrzeugdaten aus dem ZFZR die Feststellung ermöglichen, ob ein bestimmtes Fahrzeug nach seinen technischen Merkmalen grundsätzlich in den Anwendungsbereich eines Dieselfahrverbots fällt oder nicht. Auf diese Weise könnte der Kreis der von Kontrollmaßnahmen Betroffenen reduziert werden, wenngleich Fahrzeuge ohne eine solche Plakette, die aufgrund von landesrechtlichen Ausnahmebestimmungen vom jeweiligen Dieselfahrverbot ausgenommen sind, dennoch erfasst würden. Bereits zur Einführung der ersten Dieselfahrverbote in Hamburg wurde ferner auch die Einführung von speziellen Etiketten, in die ein per Funk auslesbarer sog. RFID-Chip integriert ist, diskutiert. Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Kennzeichnung von KFZ mit auch heimlich 30 Vgl. BundesratKOMPAKT: Blaue Plakette, Stand: 14. Dezember 2018, abrufbar unter https://www.bundesrat .de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/18/973/973-pk.html?nn=4732016#top-25a. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 13 auslesbaren RFID-Chips aufgrund der derzeit nicht abschätzbaren Missbrauchsgefahr31 zu zusätzlichen Beeinträchtigungen der Betroffenen führen kann. Vor diesem Hintergrund ist nicht eindeutig feststellbar, ob es sich bei einer RFID-basierten gezielten Kontrolle von Dieselfahrverboten tatsächlich um eine mildere Maßnahme handelt. Ob es technisch möglich ist, auch im fließenden Verkehr Bildausschnitte, auf denen neben dem Fahrer weitere Fahrzeuginsassen abgebildet sind, unkenntlich zu machen oder auszusondern, kann nicht abschließend beurteilt werden. Die technische Ausgestaltung der Anlagen zur automatisierten Erfassung und Verarbeitung der Bildaufnahmen obliegt nach § 63c StVG-E den Bundesländern. 3.3.2.3.3. Gestaffelte Erfassung von Kennzeichen und Einzelbildern von Fahrzeug und Fahrern Auch ohne visuelle oder technische Kennzeichnung von KFZ könnte die Eingriffsintensität jedenfalls in Nichttrefferfällen ggf. durch eine zweiphasige Staffelung der Datenerhebung reduziert werden, bei der unter Einsatz entsprechender Technik zunächst allein die Kennzeichen erfasst und mit den Fahrzeugdaten im ZFZR abgeglichen werden. Diese Prüfung könnte automatisiert in Sekundenschnelle durchgeführt werden, da sie keiner weiteren Daten etwa aus landesrechtlichen Beständen zu den jeweiligen Ausnahmebestimmungen der Dieselfahrverbote bedürfte. Im Nichttrefferfall könnten die Kennzeichendaten anschließend sofort wieder gelöscht werden. Nur in echten und unechten Trefferfällen würde anschließend eine Einzelbildaufnahme von Fahrzeug und Fahrer erstellt werden. 3.3.2.4. Angemessenheit Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne genügen Kennzeichenkontrollen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts, „wenn der mit ihnen verfolgte Zweck zu dem in ihnen liegenden Eingriffsgewicht nicht außer Verhältnis steht. Erforderlich ist danach, dass die Kontrollen grundsätzlich jeweils durch einen hinreichend konkreten, objektiv bestimmten Grund veranlasst sind […] und dem Schutz von Rechtsgütern von zumindest erheblichem Gewicht oder einem vergleichbar gewichtigen öffentlichen Interesse dienen […]. Dabei muss sich die gesetzliche Ausgestaltung der Kennzeichenkontrolle in einer Gesamtabwägung der sie kennzeichnenden Umstände als im Blick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zumutbar und damit verfassungsrechtlich tragfähig erweisen […]. Im Übrigen gehören zu den Verhältnismäßigkeitsanforderungen übergreifend für alle Einzeltatbestände Anforderungen an Transparenz, individuellen Rechtsschutz und aufsichtliche Kontrolle sowie Regelungen zur Datennutzung und Löschung […].“32 31 Vgl. die Informationen der Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit unter https://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/Themen/Technische_Anwendungen/TechnischeAnwendungenArtikel /RFID-FunkchipsFuerJedeGelegenheit.html sowie die Einschätzung des ADAC zu RFID-Chips unter https://adac-blog.de/rfid-chip-kennzeichen/. 32 BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 90 (Hervorhebung nur hier). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 14 3.3.2.4.1. Eingriffsintensität Das Gewicht der durch Kontrollen nach § 63c StVG-E verursachten Eingriffe ist insbesondere anhand der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der möglichen Verwertung der Daten zu bestimmen. (i) Erhebung und Abgleich der Daten sowie Feststellung des Bestehens von Dieselfahrverboten, § 63c Abs. 1 und 2 StVG-E Anders als bei der isolierten Erfassung von Kennzeichen würden bei Maßnahmen nach § 63c StVG-E gleichzeitig Einzelbildaufnahmen von Fahrzeug und Fahrern erstellt. Mithin bestünde von vornherein ein erhöhter Personenbezug der erhobenen und anschließend verarbeiteten Daten. Eingriffsmindernd ist zu berücksichtigen, dass die Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum stattfinden und die erfassten Informationen ohne weiteres für alle erkennbar sind.33 Dies gilt bei § 63c StVG-E sowohl für das Kennzeichen als auch für die Einzelbildaufnahme der Außenansicht der Fahrzeuge samt Fahrern sowie Zeit und Ort des Bewegungsverhaltens. Die Kontrollen dürfen nach § 63c Abs. 1 S. 1, S. 2 StVG-E zudem nur stichprobenartig und nicht verdeckt durchgeführt werden. Der Entwurf legt nicht fest, ob und unter welchen Voraussetzungen die Kontrollen mobil oder statisch durchgeführt werden dürfen. Er lässt zudem sowohl automatisierte, als auch manuelle Kontrollen zu. Die Auswahl der Art der Kontrolle liegt im Ermessen der zuständigen Landesbehörden. Dabei ist stets der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.34 Sofern die Kennzeichenerfassung automatisiert stattfindet und wie im Entwurf vorgesehen ein unverzüglicher Abgleich mit dem ZFZR sowie anschließend eine ebenfalls unverzügliche Feststellung des Eingreifens oder Nichteingreifens von Dieselfahrverboten für das konkrete Fahrzeug erfolgt, dürfte die Maßnahme jedenfalls im Nichttrefferfall, bei dem Fahrzeuge dem jeweiligen Dieselfahrverbot schon per se (insbesondere ihres Typs nach) nicht unterfallen, in Sekundenschnelle stattfinden und die sofortige und vollständige Löschung der Daten zur Folge haben. § 63c Abs. 2 S. 1 StVG-E erlaubt nur den Abruf der Fahrzeugdaten aus dem ZFZR, nicht aber der Halterdaten und lässt damit offen, wie die zuständigen Landesbehörden insbesondere in sog. unechten Trefferfällen das Eingreifen von Ausnahmen vom jeweiligen Dieselfahrverbot (etwa für Anwohner und Handwerker) feststellen könnten. Selbst wenn die Prüfung „unverzüglich“ durchgeführt wird, kann deren regelmäßige Dauer nicht allein anhand von § 63c StVG-E beurteilt werden. Wird die Kennzeichenkontrolle nach § 63c StVG-E manuell durch Beamte der Landespolizeibehörden durchgeführt, kann sich die Prüf- und Speicherdauer zusätzlich verfahrensbedingt verlängern. Die Daten sind aber nach § 63c Abs. 4 S. 2 StVG-E in jedem Fall spätestens zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen. Eingriffserhöhend wirkt sich aus, dass sich Kennzeichenkontrollen schon ihrem Prinzip nach gegen eine unbestimmte Vielzahl von Personen richten und praktisch jede und jeden treffen können.35 33 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 97, ebenso BVerfG NJW 2008, 1505 (1508 Rz. 83); BVerfG NJW 2010, 2717 (Rz. 14). 34 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 116. 35 Vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 98. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 15 Insbesondere sind auch Fahrzeuge betroffen, die von vornherein keinen Anlass zu Kontrollmaßnahmen gegeben haben, etwa weil sie generell oder aber ausnahmsweise nicht vom jeweiligen Dieselfahrverbot erfasst sind. Hinzukomme, dass eine serielle Erfassung einer Vielzahl von Personen ein Gefühl des Überwachtwerdens erzeugen könne. Der Kontrollcharakter der Kennzeichenerfassung beeinträchtige damit nicht nur die individuelle Freiheit der erfassten Personen, sondern betreffe auch die Freiheitlichkeit der Gesellschaft insgesamt.36 Die Schwere des Eingriffs ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ferner davon abhängig, welche über die Informationserhebung hinausgehenden Nachteile dem Grundrechtsträger aufgrund der Maßnahme – insbesondere durch die Möglichkeit der Verknüpfung und Nutzung der Daten für Folgeeingriffe – drohen oder von ihm nicht ohne Grund befürchtet werden.37 So erlange der Eingriff im Falle einer automatisierten Kennzeichenerfassung auch dadurch ein gewisses Gewicht, dass er die Wahrscheinlichkeit für anschließende staatliche Eingriffe anderer Art erhöhe, wie etwa das Anhalten des Fahrzeugs oder eine nachfolgende Identitätsfeststellung.38 Derartige Anschlussmaßnahmen sind durch den Gesetzentwurf nicht ausgeschlossen, da nach § 63c Abs. 6 StVG-E sonstige Regelungen über die Überwachung des Straßenverkehrs, insbesondere des Landesrechts, unberührt bleiben. Die gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf neu eingeführte Vorgabe der Unverzüglichkeit des Abgleichs der Kennzeichen mit dem ZFZR sowie der Feststellung des Eingreifens eines Dieselfahrverbotes (§ 63c Abs.2 S. 2 StVG-E) und die Begrenzung der Maximalspeicherdauer auf zwei Wochen (§ 63c Abs.4 S. 2 StVG-E) dürften jedoch zumindest einer gezielten Sammlung der erhobenen Daten entgegenstehen und damit faktisch auch das Risiko unbefugter Zugriffe im Vergleich zu großen, über längere Zeit erhobenen und verfügbaren Datensammlungen verringern. (ii) Übermittlung von Daten an die Ordnungswidrigkeitenbehörden, § 63c Abs. 3 StVG-E Sofern die für die Überwachung von Dieselfahrverboten zuständigen Landesbehörden anhand der erhobenen und mit dem ZFZR abgeglichenen Daten feststellen, dass ein konkretes Fahrzeug einem Dieselfahrverbot unterfällt, werden die nach § 63c Abs. 1 und 2 StVG-E erlangten Daten an die zuständigen Ordnungswidrigkeitenbehörden übermittelt. Darin liegt ein weiterer Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen. Zusätzlich werden die entsprechenden Halterdaten durch das KBA auf Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 3 bzw. der geplanten Nr. 18 StVG an die Ordnungswidrigkeitenbehörden übermittelt. Diese Eingriffe beziehen sich nicht mehr auf eine unbestimmte Vielzahl von Personen, sondern nur noch auf die Fahrer, die konkret durch die verbotswidrige Nutzung bzw. die Halter, die jedenfalls durch die Unterhaltung eines grundsätzlich einem Dieselfahrverbot unterfallenden Fahrzeuges, selbst einen Anlass zur Datenerhebung und -verarbeitung gesetzt haben. Da dieser gezielten Übermittlung dieser konkret personenbezogenen Daten an die Ordnungswidrigkeitenbehörden nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts kein allgemeiner gesellschaftlicher Einschüchterungseffekt zukommt, dürfte die Eingriffsintensität im Vergleich zu Eingriffen nach § 63c Abs. 1 und 2 StVG-E geringer einzuschätzen sein. Der Umstand, dass das unerlaubte Führen eines KFZ im Geltungsbereich eines Dieselfahrverbots einen weitaus größeren verhaltensbezogenen Anlass für 36 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 98 und auch 51. 37 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1507 Rz. 81). 38 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1507 Rz. 82). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 16 die Kontrollmaßnahme begründet, als die bloße grundsätzlich auch erlaubte Unterhaltung eines Dieselfahrzeugs, dessen Nutzung lediglich in Dieselfahrverbotszonen Beschränkungen unterliegt, ist im Rahmen der Gesamtabwägung zu beachten (s. unter 3.3.2.4.4.). 3.3.2.4.2. Rechtsgüter von zumindest erheblichem Gewicht oder vergleichbar gewichtiges öffentliches Interesse Automatisierte Kennzeichenkontrollen sind nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wegen ihres erheblichen Eingriffsgewichts grundsätzlich nur gerechtfertigt, „wenn sie dem Schutz von Rechtsgütern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen öffentlichen Interesse dienen.“39 Der Einsatz der Kennzeichenerfassung könne sich aber auch zum Schutz weniger gewichtiger Rechtsgüter oder öffentlicher Interessen wie zum Beispiel erheblicher Sachwerte oder gewichtiger Ordnungswidrigkeiten als verhältnismäßig erweisen, sofern der Gesetzgeber die Ermächtigungsgrundlage etwa durch konkrete Vorgaben zur Einschreitschwelle, der geforderten Tatsachenbasis oder dem Gewicht der geschützten Rechtsgüter näher konkretisiere.40 Polizeiliche Generalklauseln, die Maßnahmen zur Abwehr jeder konkreten Gefahr allgemein zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und mithin der Integrität der gesamten Rechtsordnung zulassen, genügen diesen Anforderungen nicht.41 Auch eine bloße Festschreibung des final mit einer Kennzeichenerfassung verfolgten allgemeinen Zwecks (bspw. Bekämpfung von Verstößen gegen bestimmte Gesetze) reiche nicht aus, wenn darüber hinaus weder die Verantwortlichkeit der Betroffenen noch der Anlass der Kennzeichenerfassung oder die Orte, an denen diese durchgeführt werden dürften, konkret geregelt würden.42 § 63c StVG-E verfolgt das Ziel der Kontrolle der Einhaltung von Dieselfahrverboten, welche zur Erreichung der durch die EU-Luftqualitätsrichtlinie43 geforderten Luftreinhaltung angeordnet werden. Dieselfahrverbote und deren Kontrolle bezwecken damit insbesondere den Schutz der menschlichen Gesundheit und mithin eines zumindest erheblichen Schutzgutes. Zwar knüpft weder § 63c StVG-E noch der für die Anordnung eines Dieselfahrverbots maßgebliche § 40 BImSchG dem Wortlaut nach an eine „konkrete Gefahr für die körperliche Unversehrtheit“, sondern an eine Überschreitung der unionsrechtlich verpflichtenden Stickstoffdioxidgrenzwerte an. Allerdings ist die Anordnung eines Dieselfahrverbotes nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur zulässig, wenn dies auch unter Abwägung zwischen den Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen für die betroffenen Fahrzeugeigentümer, Fahrzeughalter und Fahrzeugnutzer und für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft verbunden sind, die einzig geeignete 39 BVerfG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 99 sowie Az.: 1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10, juris Rz. 73 (Hervorhebung nur hier). 40 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 99 f. 41 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 103, 106. 42 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 140, 142. 43 Vgl. Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 1 der Richtlinie 2008/50/EG vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.6.2008, S. 1). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 17 Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte darstelle.44 Besteht ein diesen Verhältnismäßigkeitsmaßstäben genügendes Dieselfahrverbot, dürfte mithin auch ein hinreichend konkreter Bezug zwischen der Überwachung des Dieselfahrverbots nach § 63c StVG-E und dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit als Rechtsgut von zumindest erheblichem Gewicht gegeben sein. Dem steht nicht entgegen, dass Einzelverstöße gegen Dieselfahrverbote lediglich Ordnungswidrigkeiten darstellen, die in der Regel nur mit Bußgeldern zwischen 20 und 80 € geahndet werden.45 Denn bei der Verhängung von Dieselfahrverboten wird unabhängig vom Gewicht von Einzelverstößen an ein im ihrem Geltungsbereich aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte in Form von Grenzwertüberschreitungen strukturell konkret erhöhtes Gefahrenpotential46 für die körperliche Unversehrtheit angeknüpft, welches insbesondere auch durch dort verbotswidrig geführte KFZ hervorgerufen wird. 3.3.2.4.3. Objektiv bestimmbare gesetzliche Eingriffsschwelle Kennzeichenkontrollen seien aber nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts auch zum Schutz erheblicher Rechtsgüter bzw. öffentlicher Interessen nicht ins Blaue hinein zu jeder beliebigen Zeit und an jedem beliebigen Ort zulässig.47 Der Gesetzgeber habe eine Eingriffsschwelle für die jeweilige Kennzeichenerfassung vorzugeben, durch die das staatliche Handeln an vorhersehbare und kontrollierbare Voraussetzungen gebunden werde.48 In Betracht kommt insbesondere eine gesetzliche Begrenzung der Orte, an denen die Kennzeichenerfassung durchgeführt werden darf. Diesem Kriterium dürfte insbesondere dann ein erhöhtes Gewicht zukommen, wenn auch der mit der Regelung verfolgte Schutzzweck einen konkreten räumlichen Bezug aufweist. So hat das Bundesverfassungsgericht die bayerische Regelung zur Schleierfahndung zum Zweck der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität insofern moniert, als diese nicht sicherstelle, dass nur Orte mit einem klaren Grenzbezug in Betracht kämen.49 Der mit der Verhängung von Dieselfahrverboten und deren Überwachung verfolgte Zweck des Schutzes der menschlichen Gesundheit ist auf jenen konkreten räumlichen Bereich bezogen, in dem Dieselfahrverbote die einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte sind. § 63c Abs. 1 StVG-E ist daher verfassungskonform so auszulegen, 44 BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, Az.: 7 C 26/16 (Düsseldorf) und 7 C 30/17 (Stuttgart), juris (jeweils Leitsatz 1 sowie Düsseldorf Rz. 38 und Stuttgart Rz. 41). 45 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf Frage 19 und 20 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Frank Sitta, Grigoris Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP betreffend „Diesel Konzept der Bundesregierung aus dem Koalitionsausschuss vom 1. Oktober 2018“ (BT-Drs. 19/4998), BT-Drs. 19/5628 S. 5. 46 Vgl. auch die Ausführungen zu „gefährlichen Orten“ nach Art. 33 Abs. 2 S. 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 152/15, juris Rz. 117 ff. 47 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 92. 48 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 91. 49 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 141 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 18 dass Überwachungsmaßnahmen nur im räumlichen Geltungsbereich von Dieselfahrverboten und nicht etwa auch auf jeder beliebigen viel befahrenen Straße im Umkreis zulässig wären. Kennzeichenkontrollen setzen ferner nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich einen objektiv bestimmten und begrenzten Anlass voraus.50 Anlasslose Kontrollen seien aber ausnahmsweise dann verhältnismäßig, „wenn polizeiliche Kontrollen an ein gefährliches oder risikobehaftetes Tun beziehungsweise an die Beherrschung besonderer Gefahrenquellen anknüpfen […]. Die Rechtfertigung für Kontrollen kann dort bereits an der besonderen Verantwortung der Betroffenen gegenüber der Allgemeinheit anknüpfen und bedarf deshalb eines darüberhinausgehenden Anlasses grundsätzlich nicht. Für automatisierte Kennzeichenkontrollen kommt das etwa in Betracht, wenn mit ihnen Gefahren bekämpft werden, die sich gerade aus dem Betrieb der Kraftfahrzeuge ergeben […]. Die Lage ist insoweit nicht anders als bei […] anlasslos stichprobenhaft durchgeführten Straßenverkehrskontrollen oder anlasslosen Kontrollen in weiten Bereichen etwa des Umwelt- oder Wirtschaftsverwaltungsrechts.“51 § 63c StVG-E beschränkt die Maßnahmen zur Überwachung von Dieselfahrverboten nicht auf ganz spezifische Anlässe. Zwar können dann anlasslos alle sich in diesem Bereich bewegenden Fahrzeuge samt Fahrern von Kontrollen betroffen sein. Allerdings sollen nach der überarbeiteten Entwurfsfassung nur offene und stichprobenartige Kontrollen erlaubt sein. Diese sind wiederum nur in Gebieten zulässig, in denen Dieselfahrverbote gelten. Insofern sind dem staatlichen Handeln in tatsächlicher und räumlicher Hinsicht nachprüfbare Grenzen gesetzt und machen jedenfalls den Einsatzbereich vorhersehbar. 3.3.2.4.4. Gesamtabwägung Der mit § 63c StVG-E verfolgte Zweck darf nicht außer Verhältnis zum Gewicht der auf seiner Grundlage ermöglichten Eingriffe stehen. Diese müssen sich daher schließlich im Rahmen einer Gesamtabwägung mit Blick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als zumutbar erweisen. Die Erhebung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten wird durch § 63c Abs. 1 StVG-E zum Schutz des gewichtigen Rechtsguts der menschlichen Gesundheit grundsätzlich eng begrenzt. Sie ist nur zum Zweck und nur im Geltungsbereich von Dieselfahrverboten zulässig. Sie darf weder verdeckt noch flächendeckend erfolgen, sondern muss offen und stichprobenartig durchgeführt werden. Erfasst werden dürfen neben dem Kennzeichen sowie Ort und Zeit der Verkehrsteilnahme, nur Einzelbilder von Fahrzeug und Fahrer und damit keine Videoaufnahmen. Die genannten Informationen sind jeweils für jedermann öffentlich wahrnehmbar. Auch die anschließend gemäß § 63c Abs. 2 StVG-E aus dem ZFZR abgerufenen Fahrzeugdaten sind ihrer Art nach nicht geheim, sondern für die jeweiligen Fahrzeugtypen und -modelle regelmäßig etwa auch auf Grundlage von Herstellerangaben frei zugänglich. Jedenfalls in Nichttrefferfällen dürfte bei automatisierten Kontrollen aufgrund des unverzüglichen Abgleichs mit dem ZFZR und der unverzüglichen Feststellung des Nichteingreifens von Dieselfahrverboten von der Durchführung der Maßnahmen in Sekundenschnelle und der anschließenden sofortigen und vollständigen Löschung der Daten auszugehen sein. Die Dauer der Verarbeitung der Daten kann sich zum einen im manuellen Verfahren und zum anderen bei sog. unechten Treffern aufgrund der erforderlichen, aber in § 63c StVG-E nicht 50 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Leitsatz 3 und Rz. 92. 51 BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 94 (Hervorhebung nur hier). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 19 näher geregelten Prüfung von Ausnahmen durch die zuständigen Landesbehörden verlängern. Die Gesamtspeicherdauer ist aber generell und ausnahmslos auf maximal zwei Wochen begrenzt. Auf dieser Grundlage kann hinsichtlich der konkreten Abwägung wie folgt näher differenziert werden: 3.3.2.4.5. Echte Treffer Auch wenn Verstöße gegen Dieselfahrverbote lediglich Ordnungswidrigkeiten darstellen, haben die Fahrer von KFZ in echten Trefferfällen durch ihr verbotswidriges Verhalten selbst einen direkten Anlass zur Datenerhebung und -verarbeitung gesetzt. Die erfassten Informationen besitzen zwar insbesondere aufgrund der Bildaufnahmen einen erhöhten Personenbezug, sind aber durch Jedermann auch öffentlich wahrnehmbar. Die Rechtsprechung erkennt demgegenüber aufgrund des zunehmenden Straßenverkehrs ein nicht nur unerhebliches öffentliches Interesse am Schutz der menschlichen Gesundheit vor in Dieselabgasen enthaltenen Stickstoffdioxiden an.52 Die durch die Überarbeitung von § 63c StVG-E nunmehr hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs und ihres Umfangs eng begrenzten Kontrollmaßnahmen sowie die Übermittlung der Daten an die Ordnungswidrigkeitenbehörden , erscheinen vor diesem Hintergrund verhältnismäßig. Fahrzeughalter, deren Fahrzeuge von anderen Personen verbotswidrig in Geltungsbereichen von Dieselfahrverboten geführt werden, trifft der Vorwurf dieses verbotswidrigen Verhaltens selbst nicht. Auch die Unterhaltung von Dieselfahrzeugen ist zudem grundsätzlich erlaubt. Allerdings wohnt bestimmten Fahrzeugtypen aufgrund erhöhter Stickstoffdioxidemissionen eine erhöhte Betriebsgefahr inne, die unter den Voraussetzungen von § 40 BImSchG und Wahrung der engen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts Dieselfahrverbote zur Luftreinhaltung in bestimmten Gebieten mit erhöhtem Gefahrenpotential rechtfertigen können. Vor diesem Hintergrund erscheint die mittelbare Beeinträchtigung der informationellen Selbstbestimmung der Halter durch Erfassung der Kennzeichen und Außenansicht ihrer Fahrzeuge jedenfalls nicht offensichtlich unverhältnismäßig . 3.3.2.4.6. Unechte Treffer Im Falle von unechten Treffern setzen die Fahrer und Halter der KFZ zunächst ebenfalls einen Anlass zur Erhebung und Verarbeitung ihrer Daten, da die Fahrzeuge grundsätzlich nach ihren technischen Merkmalen dem Dieselfahrverbot unterfallen und Stickstoffdioxide über den Grenzwerten emittieren. Dass die Teilnahme der Fahrzeuge am Straßenverkehr im Geltungsbereich des Dieselfahrverbots ausnahmsweise aufgrund von landesrechtlichen Bestimmungen zugelassen ist, ergibt sich erst nach einer Prüfung weiterer Tatsachen (z. B. Qualifizierung als Anlieger oder Gewerbetreibender) durch die zuständigen Landesbehörden. § 63c StVG-E lässt daher offen, wie und anhand welcher Kriterien diese Prüfung vorzunehmen ist. Die Zumutbarkeit hängt damit von der Ausgestaltung der landesrechtlichen Ausnahmebestimmungen sowie der entsprechenden Prüfung durch die Landesbehörden ab. Diese sind einschließlich des den Landesbehörden bei der Prüfung zukommenden Ermessens gerichtlich überprüfbar. Insbesondere müsste die Nutzung weiterer Datenbestände, die zur Prüfung des Vorliegens von Ausnahmen vom Dieselfahrverbot 52 Vgl. insbesondere die Urteile des BVerwG vom 27. Februar 2018, Az.: 7 C26/16 und 7 C 30/17, juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 20 genutzt werden sollen, zweckmäßig beschränkt und in den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen auch konkret bezeichnet werden. 3.3.2.4.7. Nichttreffer Informationserhebungen gegenüber Personen, die den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben und damit anlasslos erfolgen, sind grundsätzlich von höherer Eingriffsintensität als anlassbezogene .53 Im Falle von Nichttreffern haben weder die Fahrer noch die Halter der betroffenen KFZ einen zurechenbaren Anlass für die Informationserhebung und -verarbeitung gegeben. Bei der automatisierten seriellen Erfassung von Daten einer großen Zahl von Personen erhöhen auch die damit verbundenen allgemeinen Einschüchterungseffekte die Eingriffsintensität.54 Fehlt eine Nähebeziehung zwischen den durch die Regelung geschützten Rechtsgütern und dem Verhalten der Betroffenen, muss dieses Defizit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf andere Weise kompensiert werden, um die Uferlosigkeit der Ermächtigung auszuschließen . Der Gesetzgeber könne die Ermächtigung so gestalten, dass auf deren Grundlage keine nennenswerte Beeinträchtigung von Betroffenen erfolge oder den Tatbestand der Eingriffsnorm eng begrenzen.55 Der Anwendungsbereich der Kontrollmaßnahmen sowie die Art und der Umfang der mit ihnen verbundenen Beeinträchtigungen wird durch den überarbeiteten Entwurf des § 63c StVG-E nunmehr eng beschränkt. Dem steht in (ihrerseits verhältnismäßigen) Dieselfahrverbotszonen ein strukturell erhöhtes Gefahrenpotential für die menschliche Gesundheit gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht verwies bezüglich der Rechtfertigung der bayerischen Regelung zur Kennzeichenerfassung auf die Verantwortung auch der anlasslos Betroffenen gegenüber der Allgemeinheit.56 Im Unterschied zur bayerischen Regelung bestehe bei Maßnahmen nach § 63c StVG-E allerdings aufgrund der Bildaufnahmen von Anfang an ein stärkerer Personenbezug der erfassten Kennzeichen und weiteren Daten. Selbst wenn im Einzelfall aufgrund starker Überschreitungen von Grenzwerten für die Stickstoffbelastung ein erhebliches öffentliches Interesse an der Kontrolle von Dieselfahrverboten zum Schutz der menschlichen Gesundheit anzuerkennen ist, könnte die hohe Intensität des Eingriffs in Nichttrefferfällen gegebenenfalls gebieten, den Kreis der Betroffenen (s. dazu 3.3.2.3.2) und/oder das Eingriffsgewicht durch eine zweiphasig gestaffelte Erfassung von Kennzeichen und Einzelbildaufnahmen von Fahrzeug und Fahrern (s. dazu 3.3.2.3.3.) bundeseinheitlich stärker zu begrenzen. 3.3.2.4.8. Bildaufnahmen sonstiger Fahrzeuginsassen Sonstige Fahrzeuginsassen setzen ebenfalls selbst keinen Anlass für die Durchführung der Überwachungsmaßnahmen , da sie weder Halter noch Fahrer der KFZ sind. Insofern lassen sich die Erwägungen zu Nichttrefferfällen (s. unter 3.3.2.4.7.) sinngemäß übertragen. Darüber hinaus können 53 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1507 Rz. 78 m.w.N.). 54 Vgl. BVerfG NJW 2008, 1505 (1507 Rz. 78). 55 Vgl. BVerfG NJW 2006, 1939 (1946 f. Rz. 140). 56 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2018, Az.: 1 BvR 142/15, juris Rz. 94. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 030/19 Seite 21 Fahrzeuginsassen aber auch in echten bzw. unechten Trefferfällen betroffen sein, in denen gerade keine sofortige Löschung der Daten nach dem Abgleich mit dem ZFZR erfolgt. Im Falle von echten Treffern werden die nach § 63c Abs. 1 StVG-E angefertigten Bildaufnahmen auch an die Ordnungswidrigkeitenbehörden übermittelt. Sonderbestimmungen etwa zur (auch nachträglichen) Begrenzung des Bildausschnittes oder zur Unkenntlichmachung sonstiger Fahrzeuginsassen bestehen nicht. Im Falle der Herstellung von Bildaufnahmen zum Zwecke der Verfolgung von Geschwindigkeitsübertretungen hat das Bundesverfassungsgericht die Subsidiaritätsklausel des § 100h Abs. 3 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG in die Grundrechtsprüfung einbezogen. 57 Danach dürfen andere Personen von der Maßnahme nur betroffen sein, wenn dies unvermeidbar ist. Auch wenn mit § 63c StVG-E offenbar eine gegenüber den Ermittlungsmaßnahmen nach § 100h StPO eigenständige Ermächtigungsgrundlage zur Überwachung von Dieselfahrverboten geschaffen werden soll, ist die Grundsituation vergleichbar. Dies könnte für eine Übertragung des in § 100h StPO aufgezeigten Maßstabes bezüglich sonstiger Fahrzeuginsassen sprechen. Aufgrund des von Anfang an bestehenden erhöhten Personenbezugs der Daten und der mit einer seriellen Erfassung verbundenen Einschüchterungseffekte könnte eine weitere bundeseinheitliche Einschränkung der Kontrolle etwa durch eine Beschränkung des Bildausschnitts oder eine Unkenntlichmachung weiterer Fahrzeuginsassen auf den Einzelbildaufnahmen (bspw. durch Verpixelung) geboten sein, soweit dies technisch möglich ist. 3.3.2.4.9. Transparenz, Rechtsschutz, aufsichtliche Kontrolle, Datennutzung und Löschung § 63c StVG-E enthält konkrete Vorschriften zur Nutzung und Löschung der erhobenen personenbezogenen Daten und ordnet zur Sicherung der Transparenz der Kontrollen an, dass die Erfassung von Kennzeichen, Einzelbildaufnahmen und Zeit und Ort der Verkehrsteilnahme im Geltungsbereich von Dieselfahrverboten offen durchzuführen sind. Auf diese Weise wird in tatsächlicher Hinsicht auch sichergestellt, dass Betroffene von den Kontrollen erfahren und Rechtsschutz suchen können. Die Fachaufsicht über sowie datenschutzrechtliche Kontrolle der für die Durchführung von Maßnahmen nach § 63c StVG-E zuständigen Landesbehörden richtet sich nach den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen. *** 57 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 2010, Az.: 2 BvR 759/10, juris, Rz. 14; Beschluss vom 12. August 2010, Az.: 2 BvR 1447/10, juris Rz. 14.