© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 029/16 Medizinische Untersuchung von Flüchtlingen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 029/16 Seite 2 Medizinische Untersuchung von Flüchtlingen Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 029/16 Abschluss der Arbeit: 2. Februar 2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 029/16 Seite 3 1. Haben Asylsuchende in der Bundesrepublik Deutschland das Recht auf eine Gesundheitsuntersuchung ? (What is the situation in your country, does asylum seekers have the right to a health check-up?) In der Bundesrepublik Deutschland haben sich Asylsuchende gemäß § 62 Asylgesetz (AsylG) einer verpflichtenden Gesundheitsuntersuchung zu unterziehen. § 62 Abs. 1 AsylG lautet: „Ausländer, die in einer Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen haben, sind verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane zu dulden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle bestimmt den Umfang der Untersuchung und den Arzt, der die Untersuchung durchführt.“ Hintergrund der Gesundheitsuntersuchung sind Gründe der öffentlichen Gesundheitsvorsorge im Hinblick auf die Gefahr der Ausbreitung von übertragbaren Krankheiten und die obligatorische Unterbringung von Asylsuchenden in Aufnahmeeinrichtungen für die Dauer von bis zu sechs Monaten gemäß § 47 Abs. 1 AsylG. Das AsylG ist ein Bundesgesetz, welches für alle Bundesländer gilt. Da jedoch die Bundesländer für die Unterbringung von Asylsuchen zuständig sind, obliegt ihnen gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 AsylG auch die Regelung des Umfangs der Untersuchungen. Die Pflicht zur Durchführung einer Gesundheitsuntersuchung der Asylsuchenden ist bundesweit somit einheitlich geregelt, der Untersuchungsumfang kann in den einzelnen Bundesländern jedoch variieren. 2. Ist diese Gesundheitsuntersuchung verpflichtend oder freiwillig? (Is the health check-up compulsory or voluntary?) Die Untersuchung auf übertragbare Erkrankungen ist nicht freiwillig, sondern gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 AsylG für Asylsuchende verpflichtend und kann auch gegen den Willen des betroffenen Asylsuchenden durchgesetzt werden. Die Anordnung der Gesundheitsuntersuchung stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz dar. Die Einlegung eines Widerspruchs ist gemäß § 11 AsylG nicht statthaft. Stattdessen müsste Rechtsschutz im Wege einer Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung geltend gemacht werden. Allerdings hat eine solche Klage gemäß § 75 AsylG keine aufschiebende Wirkung, sodass die Anordnung der Gesundheitsuntersuchung sofort vollstreckbar ist. Ein Antrag auf Gewährung von vorläufigen Rechtsschutz ist jedoch gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Die sofortige Anwendung eines Zwangsmittels durch Polizeivollzugsbedienstete zur Durchführung der Gesundheitsuntersuchung wäre dagegen nur möglich, sofern dies zur Gefahrenabwehr notwendig erscheint. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 029/16 Seite 4 3. Wann sollte die Gesundheitsuntersuchung durchgeführt werden? (When should the health check-up be carried out?) Nach § 36 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz müssen Asylbewerber, die in eine Gemeinschaftsunterkunft aufgenommen werden sollen, vor oder unverzüglich nach ihrer Aufnahme der Leitung der Einrichtung ein ärztliches Zeugnis darüber vorlegen, dass bei ihnen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ansteckungsfähigen Lungentuberkulose vorhanden sind. Da die Unterbringung von Asylsuchenden in Aufnahmeeinrichtungen obligatorisch ist, erfolgt die Gesundheitsuntersuchung in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Registrierung als Asylsuchende. 4. Könnte die Einreise verweigert werden, wenn sich ein Flüchtling einer solchen Gesundheitsuntersuchung nicht unterzieht? (Could one be denied to enter the country if one does not go through such health checkup ?) Ersucht ein Ausländer bereits bei seiner Einreise bei der Grenzbehörde um Asyl, ist dieser nach § 18 AsylG an die zuständige oder nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weiterzuleiten . Die Gesundheitsuntersuchung erfolgt erst im Zusammenhang mit der Registrierung als Asylsuchender und der Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung, nicht jedoch bei der Einreise an der Grenze. Die Einreise kann somit nicht wegen einer fehlenden Gesundheitsuntersuchung verweigert werden. 5. Könnte der Aufenthalt verweigert werden, wenn sich ein Flüchtling einer solchen Gesundheitsuntersuchung nicht unterzieht? (Could one be denied a residence permit if not going through such medical check-up?) Maßgeblich für die Gesundheitsuntersuchung ist die Wohnverpflichtung von Asylsuchenden in Aufnahmeeinrichtungen. Solange diese gilt, hat ein Asylsuchender die Gesundheitsuntersuchung zu dulden. Das Asylverfahren wird unabhängig von der Teilnahme an einer Gesundheitsuntersuchung durchgeführt . Erhalten Asylsuchende ein Aufenthaltsrecht und/oder dauert die Wohnverpflichtung nach § 47 Abs. 1 AsylG nicht mehr an, endet auch die Pflicht zur Teilnahme an einer Gesundheitsuntersuchung . Ende der Bearbeitung