WD 3 - 3000 - 022/16 (20. Januar 2016) © 2016 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Aus einem Telefonat mit ergab sich heute folgendes: Abg. benötigt zur Vorbereitung eines Gesprächs am 18. Februar 2016 eine aktualisierte Fassung von WD 3 306/05 und zwar vor allem der rechtsvergleichenden Übersichten bezüglich der Rechtslage in den Landtage und in den EU-Mitgliedstaaten. Des Weiteren wird eine verfassungspolitische Darstellung über das Pro und Contra einer verlängerten Wahlperiode gewünscht. Eine Recherche in Cora hat ergeben, dass Herr Dr. Wahlen unter WD 3 - 01-14 einen Aktuellen Begriff erstellt hat, der eventuell die gesamte Thematik abdeckt. bat um Übermittlung dieser AI und meldet sich, ob die Darstellung ausreichend ist und sich der Auftrag somit ggf. erledigt hat. Ende der Bearbeitung Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Verlängerung der Wahlperiode auf fünf Jahre Nr. 03/14 (20. Januar 2014) © 2014 Deutscher Bundestag Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Die aktuelle Debatte um eine Verlängerung der Wahlperiode des Deutschen Bundestages gibt Anlass , die verfassungsrechtlichen Bedingungen einer solchen Verlängerung zu beleuchten und einen Blick auf die Wahlperiodendauer in den Bundesländern sowie den EU-Mitgliedstaaten zu werfen. Der Bundestag wird gemäß Art. 39 Abs. 1 GG auf vier Jahre gewählt. Eine Verlängerung der Wahlperiode bedarf einer Verfassungsänderung, die nach Maßgabe des Art. 79 GG zulässig ist. Hierzu ist gemäß Art. 79 Abs. 2 GG eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich. Zudem ist die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG zu beachten, wonach unter anderem die in Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze nicht berührt werden dürfen. Aus dem in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verankerten Demokratieprinzip folgt, dass es unzulässig ist, eine laufende Wahlperiode zu verlängern. Nach der im Grundgesetz verwirklichten repräsentativen Demokratie ist das Volk der Träger der Staatsgewalt. Der Souverän, das Volk, überträgt dem Parlament durch Wahlen die Herrschaft für die in der Verfassung festgeschriebene Dauer („Herrschaft auf Zeit“). Eine Verlängerung der laufenden Wahlperiode käme daher einer Selbstermächtigung gleich, die nicht von der Verfassung gedeckt ist. Zulässig ist dagegen eine Verlängerung künftiger Wahlperioden. Das Parlament als einziges unmittelbar demokratisch legitimiertes Verfassungsorgan bedarf der regelmäßig wiederkehrenden Legitimation durch Wahlen, damit die Staatstätigkeit insgesamt dem Volk verantwortlich bleibt. Bei der Beantwortung der Frage, in welchen Abständen diese Legitimation erneuert werden muss, wie also die verfassungsrechtlich zulässige Mindest- bzw. Höchstdauer einer Wahlperiode zu bemessen ist, sind zwei widerstreitende Gesichtspunkte des Demokratieprinzips in einen angemessenen Ausgleich zu bringen: Die Dauer der Wahlperiode muss einerseits lang genug sein, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu wahren. Effektive parlamentarische Tätigkeit darf nicht durch zu häufige Wahlen behindert werden. Ein Rechtsvergleich zeigt, dass die Wahlperiode in anderen EU-Mitgliedstaaten vier Jahre nicht unterschreitet. Andererseits muss der für die repräsentative Demokratie essentielle Legitimationsakt der Wahl in ausreichend kurzen Abständen erfolgen. Bei einer zu langen Ausdehnung der Wahlperiode ginge der Legitimationszusammenhang zwischen Repräsentanten und Repräsentierten verloren. Eine ausführliche Abwägung von Vor- und Nachteilen einer Verlängerung der Wahlperiode enthalten die Schlussberichte der Enquete-Kommission Verfassungsreform aus dem Jahre 1976 sowie der Gemeinsamen Verfassungskommission aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates aus dem Jahre 1993. In dem Schlussbericht der Gemeinsamen Verfassungskommission wird insbesondere auf die Gefahr eines Defizits der Repräsentation des Wählerwillens durch längere Wahlperioden hingewiesen, dem durch die gleichzeitige Aufnahme plebiszitärer Elemente in die Verfassung begegnet werden sollte. Ein Vorschlag, der die Einführung der direkt- Aktueller Begriff Dauer der Wahlperiode Wissenschaftliche Dienste Verfasser: Regierungsrat Dr. Dierk Wahlen, Rechtsreferendarin Claudia Broß – Fachbereich WD 3, Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Aktueller Begriff Dauer der Wahlperiode Seite 2 demokratischen Elemente Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid vorsah, fand innerhalb der Gemeinsamen Verfassungskommission nicht die erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder. Die Beratungen zur Verlängerung der Wahlperiode wurden daraufhin nicht mehr fortgesetzt. Auch die Enquete-Kommission sprach sich gegen eine Verlängerung der Wahlperiode mit der Begründung aus, eine weitere Verminderung der effektiven politischen Einflussrechte der Bürger sei nicht hinnehmbar. Es bestanden außerdem Zweifel, ob die Verlängerung der Wahlperiode wirklich zu einer Verbesserung der Arbeitseffizienz und Entscheidungsfähigkeit des Bundestages führen werde. Auf Landesebene variiert die Dauer der Wahlperiode der Landesparlamente zwischen vier und fünf Jahren. Vierzehn Landesparlamente haben eine fünfjährige Wahlperiode und zwei Landesparlamente eine vierjährige Wahlperiode. Die Dauer der Wahlperiode der nationalen Parlamente in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union beträgt vier oder fünf Jahre. In der Republik Irland ist die Höchstdauer der Wahlperiode zwar verfassungsrechtlich auf sieben Jahre festgelegt , eine kürzere Dauer kann jedoch durch einfaches Gesetz bestimmt werden. Sie beträgt derzeit fünf Jahre. Im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland finden die Wahlen zum Unterhaus seit 2011 („Fixed-term Parliaments Act“) an einem genau bestimmten Termin alle fünf Jahre statt. Alle fünf Jahre werden auch die Abgeordneten der Nationalversammlung der Republik Frankreich, der Abgeordnetenkammer der Republik Italien, der Abgeordnetenkammer des Großherzogtums Luxemburg, des Repräsentantenhauses der Republik Malta, des Nationalrates der Republik Österreich und des Repräsentantenhauses der Republik Zypern gewählt. In den übrigen Mitgliedstaaten finden die Wahlen zu den nationalen Parlamenten alle vier Jahre statt. Die Wahlen zum Europäischen Parlament finden alle fünf Jahre statt. 4 Jahre 5 Jahre Bundesländer Bremen, Hamburg (ab 2015: 5 Jahre) Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland- Pfalz, Sachsen-Anhalt, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen EU-Mitgliedstaaten Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn Frankreich, Irland, Italien, Österreich , Luxemburg, Malta, Vereinigtes Königreich, Zypern Quellen: – Achterberg/Schulte, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Band 2, 6. Aufl. 2010, Art. 39 Rn. 4. – Maunz/Klein, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, 69. Ergänzungslieferung 2013, Art. 39 Rn. 22 f. – BT-Drs. 7/5924, S. 38 f.; 12/6000, S. 94 f. – Rieß, Aktueller Begriff Nr. 89/05 – Verlängerung der Wahlperiode.