WD 3 - 3000 - 021/20 (29. Januar 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Die Kurzinformation WD 3 - 3000 - 262/19 vom 19. November 2019 kommt zu folgendem Ergebnis : Der spätmöglichste Termin für die Einreichung von Wahlvorschlägen für Bundestagswahlen z. B. am 19. September 2021 ist bei kursorischer Fristberechnung nach BWahlG der 12. Juli 2021. Ein für den Wahlvorschlag notwendiger Parteitag wäre je nach Parteistatut wohl spätestens im Mai 2021 einzuberufen. Wollte man etwas zeitlichen Puffer einplanen, z. B. von 8 Wochen, wäre der Parteitag wohl schon im März 2021 einzuberufen. Es stellt sich die Frage, wie viele Monate vor diesem Zeitpunkt neu zugeschnittene Wahlkreise festgelegt sein müssen, um fristgerecht eingereichte Wahlvorschläge zu ermöglichen. Für die Wahlkreiseinteilung besteht nach derzeitigem Recht kein gesetzlicher Stichtag (Schreiber , BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 3 Rn. 24a). Offenkundige verfassungsrechtliche Gründe für einen solchen Stichtag sind nicht ersichtlich (vgl. Schreiber a.a.O.). Die Einteilung erfolgt durch Bundesgesetz . Die Zeit zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfs und Verkündung im Bundesgesetzblatt lässt sich auf etwa eine Woche verkürzen (Hölscheidt/Menzenbach, DÖV 2008, 139 (143)). Aus dem Neuzuschnitt der Wahlkreise ergeben sich aber insbesondere folgende Konsequenzen für die Vorbereitung der Wahlvorschläge: 1. Notwendigkeit (neue) Kreiswahlleiter für die neuen Wahlkreise zu ernennen: Die „Kreiswahlleiter [werden] von der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Stelle ernannt“ (§ 9 Abs. 1 BWahlG). 2. Aus den neuen Wahlkreisen ergeben sich neue Mitglieder in den Kreisversammlungen der Partei („Mitgliederversammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers ist eine Versammlung der im Zeitpunkt ihres Zusammentritts im Wahlkreis zum Deutschen Bundestag wahlberechtigten Mitglieder der Partei“, § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG). Entsprechendes gilt für Wahlen durch (Kreis-)Vertreterversammlungen. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Fristen für die Einteilung von Wahlkreisen Kurzinformation Fristen für die Einteilung von Wahlkreisen Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 3. Möglicherweise ergibt sich auch Änderungsbedarf an einzelnen Satzungen von Parteien. Hierfür wäre ein Parteitag erforderlich (§ 9 Abs. 3 PartG). Ferner kann sich aus einzelnen Parteisatzungen noch die Notwendigkeit weiterer Anpassungsschritte ergeben. 4. Etwaig bereits erfolgte Wahlen von Wahlkreisbewerbern würden hinfällig. Wahlen sind in der 19. WP rechtlich möglich ab Ende März 2020 = 32 Monate nach dem Zusammentritt des Bundestages (§ 21 Abs. 3 S. 4 Hs. 1 BWahlG) am 24. Oktober 2017. Wahlen für die Vertreterversammlung sind bereits 29 Monate nach Zusammentritt möglich. Diese Wahlen wären durch die neuen Mitgliederversammlungen in den neuen Wahlkreisen zu wiederholen. Ggf. wäre hierzu eine gesetzliche Übergangsregelung angezeigt. Dabei wäre auch der rechtsstaatliche Vertrauensschutz zu beachten. Dieser dürfte wohl eher unproblematisch sein. Einerseits dürften frühestmögliche Wahlen von Wahlkreisbewerbern eher untypisch sein. Andererseits hat das Hamburgische Verfassungsgericht eine Änderung des Wahlrechts auch weniger als ein Jahr vor der Wahl als zulässig erachtet: „Diese Grundsätze [u. a. Vertrauensschutz] sind aber jedenfalls dann nicht verletzt, wenn die Wahl durch die zu Wählenden bzw. die Parteien effektiv vorbereitet und durchgeführt werden konnte, insbesondere das Gesetzgebungsverfahren so rechtzeitig abgeschlossen ist, dass sich die Parteien bei der Aufstellung ihrer Kandidaten auf die neue Rechtslage einstellen können“ (WD 3 - 3000 - 254/16, S. 4). Aus den vorgenannten vier Punkten ergibt sich wohl kein juristisch zwingender, erheblicher zeitlicher Vorlauf. Die Punkte 1-2 und 4 erfordern keinen zeitlichen Vorlauf bzw. eher einen in Tagen zu messenden Vorlauf; der Vorlauf für einen Parteitag zu obigem Punkt 3 kann je nach Parteistatut z. B. 8 Wochen betragen (WD 3 - 3000 - 262/19). Gleichwohl ist der statistische Aufwand zu berücksichtigen: „Die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises soll von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise nicht um mehr als 15 vom Hundert nach oben oder unten abweichen; beträgt die Abweichung mehr als 25 vom Hundert, ist eine Neuabgrenzung vorzunehmen“ (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BWahlG). Die 25% sind als „absolute verfassungsrechtliche Schranke“ anzusehen (Schreiber, a.a.O., Rn. 23; zur Neueinteilung von Bundestagswahlkreisen allgemein: WD 3 - 3000 - 027/16). Je mehr der Neuzuschnitt einzelner Wahlkreise sich dieser 25%-Grenze nähert, desto höher dürfte der statistische Begründungsaufwand liegen. Aus der Arbeit der Wahlkreiskommissionen nach § 3 Abs. 2 BWahlG sei auf folgende zwei Beispiele hingewiesen: Die Wahlkreiskommission der 19. WP beschloss ihre Vorschläge zur Wahlkreiseinteilung rund 5 Monate nach ihrer konstituierenden Sitzung (BT-Drs. 19/7500, S. 8). Die Wahlkreiskommission der III. WP beschloss ihre Vorschläge bereits nach rund 3 Monaten (BT-Drs. III/677, S. 2). ***