© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 021/14 Ratifizierung eines Vertrages über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) in den Vereinigten Staaten von Amerika Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 021/14 Seite 2 Ratifizierung eines Vertrages über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) in den Vereinigten Staaten von Amerika Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 021/14 Abschluss der Arbeit: 11. Februar 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Der Sachstand wurde mit Informationen, die das Auswärtige Amt zur Verfügung gestellt hat, erstellt . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 021/14 Seite 3 1. Einleitung und Fragestellung Seit Juli 2013 verhandeln die Europäische Union (EU) und die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) über den Abschluss eines Handelsabkommens, der „Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft “ (TTIP). Dessen Ziel ist die Beseitigung von Handelshemmnissen in einem breiten Spektrum von Branchen, um den Handel von Waren und Dienstleistungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten zu erleichtern. Vom 10. bis 14. März 2014 ist eine vierte Verhandlungsrunde angesetzt.1 In diesem Sachstand wird geklärt, in welchem Verfahren ein entsprechendes Handelsabkommen in den USA ratifiziert werden könnte. 2. Ratifizierung von Handelsabkommen in den USA Zur Ratifizierung des TTIP durch den Kongress gibt es zwei Möglichkeiten. 2.1. Ratifizierungsverfahren im „ordentlichen Zustimmungsverfahren“ Die US-Verfassung sieht als Rechtsgrundlage für das Zustimmungsverfahren im Kongress in Artikel 1 Abschnitt 8 vor: „Der Kongress hat das Recht: Steuern, Zölle, Abgaben und Akzisen aufzuerlegen und einzuziehen (…); den Handel mit fremden Ländern, zwischen den Einzelstaaten und mit den Indianerstämmen zu regeln (…).“2 Ferner hat der Präsident gemäß Art. 2 Abschnitt 2 US-Verfassung die Befugnis, „auf Anraten und mit Zustimmung des Senats Verträge zu schließen, vorausgesetzt, dass zwei Drittel der anwesenden Senatoren zustimmen“. In diesem Verfahren liegt die Verhandlung des völkerrechtlichen Vertrages in den Händen des Präsidenten , allerdings hat die Administration den Vorsitzenden der einschlägigen Ausschüsse sowie den Führern der Parteien im Kongress ihre Absicht des Aufnehmens wesentlicher Vertragsverhandlungen mitzuteilen und sich mit ihnen hinsichtlich der Form des Vertrages zu beraten. Auch kann der Kongress Anstöße zu Vertragsverhandlungen geben.3 Für die innerstaatliche Ratifikation bedarf es der Zustimmung des Senats mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner anwesenden 1 Informationen der Europäischen Kommission, im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/trade/policy/infocus /ttip/index_de.htm. 2 Art. I, Section 8: „The Congress shall have Power lay and collect Taxes, Duties, Imposts and Excises, [...] To regulate Commerce with foreign Nations, and among the several States, and with the Indian Tribes;“ Übersetzung durch die Botschaft der USA, im Internet abrufbar unter: http://usa.usembassy.de/etexts/gov/gov-constitutiond.pdf. 3 Congressional Research Service, Library of Congress, Treaties and other international Agreements: The role oft he United States Senate, 2001 (im Folgenden Congress-Studie), S. 6; im Internet abrufbar unter: http://www.gpo.gov/ fdsys/pkg/CPRT-106SPRT66922/pdf/CPRT-106SPRT66922.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 021/14 Seite 4 Mitglieder. Dies geschieht nach Beratungen im zuständigen Auswärtigen Ausschuss in einer zweiten Lesung, wobei ausdrücklich die Möglichkeit von Änderungen vorgesehen ist, die auf völkerrechtlicher Ebene durch Neuverhandlung, Anbringen von Vorbehalten etc. umzusetzen sind.4 Im Anschluss folgt die völkerrechtliche Ratifizierung. 2.2. Ratifizierung im sog. Fast-Track-Verfahren Ferner besteht die Möglichkeit, einen völkerrechtlichen Vertrag auf der Grundlage einer „Trade Promotion Authority/TPA (sog. Fast Track)“ durchzuführen. Mit einer TPA – einer Befugnis zur Förderung des Handels – kann der Kongress dem Präsidenten Leitlinien für die Handelspolitik vorgeben. Im Gegenzug verzichtet der Kongress auf inhaltliche Änderungen von ausgehandelten Abkommen und beschränkt sich dann auf die Zustimmung oder Ablehnung des Vertrages (sog. „up or down vote“). Eine TPA stärkt die Position der U.S.-Administration gegenüber den Verhandlungspartnern von Freihandelsinitiativen. Die letzte TPA stammt aus dem Jahr 2002 und lief im Jahr 2007 aus. Nachdem der Präsident der USA den Kongress am 30. Juli 2013 gebeten hatte, erneut eine TPA zu erteilen5, haben Mitglieder des Repräsentantenhauses und des Senats6 am 9. Januar 2014 einen gemeinsamen Gesetzentwurf für einen "Bipartisan Congressional Trade Priorities Act of 2014" zur Gewährung von TPA vorgelegt .7 In diesem Gesetzentwurf werden die Leitlinien für Außenhandelsabkommen der USA bspw. hinsichtlich des Schutzes des geistigen Eigentums, international festgelegter Mindeststandards im Arbeitsrecht, des digitalen Warenverkehrs und grenzüberschreitender Datenverarbeitung sowie der Konkurrenz mit staatlichen Unternehmen festgelegt. Ferner sind Informations- und Mitwirkungsrechte des Kongresses während der Verhandlungen vorgesehen: Zugang jedes Kongressmitglieds zu den Verhandlungstexten, Unterrichtung vor, während und nach den Verhandlungsrunden u.v.m. Darüberhinaus soll die Rolle des Kongress bei der Umsetzung des Vertrages in nationales Recht gestärkt werden, indem nur Handelsabkommen, denen der Kongress zugestimmt hat, unmittelbare Geltung in den USA erlangen können und nur solche Bestimmungen umzusetzen sind, die absolut notwendig und angemessen sind. Eine TPA kann für einen bestimmten Verhandlungsgegenstand zurückgezogen werden, wenn die Verhandlungen keine angemessenen Fortschritte in Richtung auf die vorgegebenen Ziele machen.8 4 Vgl. hierzu Congress-Studie (Fn. 3), S. 7 - 11. 5 Cooper, Trade Promotion Authority (TPA) and the Role of Congress in Trade Policy, Congressional Research Service , 7-5700, 13. Januar 2014, Summary; im Internet abrufbar unter: http://www.fas.org/sgp/crs/misc/RL33743.pdf. 6 Max Baucus, Orrin Hatch (Senator aus Utah, höchstrangiger Republikaner im Finanzausschuss des Senats) und Dave Camp (Abgeordneter aus Michigan, Vorsitzender des Ways and Means-Ausschusses im Repräsentantenhaus). 7 Der Gesetzentwurf ist im Internet abrufbar unter: http://www.finance.senate.gov/newsroom/chairman/download/?id =7486a33d-7cb9-41ba-9492-3cc3145e3598, ein zugehöriges Factsheet unter: http://www.finance.senate.gov/newsroom/chairman/download/?id=fa492907-5aef-4322-bf4f-73f46cdd34e3 und eine entsprechende Presseerklärung unter: http://www.finance.senate.gov/newsroom/chairman/download/?id=9a8c2a12-6361-44ef-acf1-cbf7e042697b. 8 Zusammenfassung beruhend auf dem vom Finanzausschuss des Senats herausgegebenen Factsheet (Fn. 7). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 021/14 Seite 5 Die TPA wäre grundsätzlich auf sämtliche Handelsabkommen der USA anwendbar, also auch auf die derzeit verhandelten Abkommen im asiatisch-pazifischen Raum. Sie soll zunächst für vier Jahre, erneuerbar für weitere drei Jahre, erteilt werden. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen; es könnten weitere Gesetzentwürfe eingebracht oder teils erhebliche Änderungen angenommen werden. 3. Voraussichtliches Ratifizierungsverfahren für das TTIP Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes erfolgt das Vorgehen der US-Administration seit Beginn der TTIP-Verhandlungen in freiwilliger Anlehnung an die Verfahrensvorgaben der im Jahr 2007 ausgelaufenen TPA aus dem Jahr 2002. Diese sieht unter anderem die Benachrichtigung des Kongresses über die Absicht, Verhandlungen aufzunehmen, die Einhaltung einer 90-Tage-Frist vor Beginn der Verhandlungen sowie die laufende Unterrichtung des Kongresses vor. Das TPA-Verfahren 2002 ist nur auf solche Handelsabkommen anwendbar, die einen Fortschritt hinsichtlich der handelspolitischen Vorgaben des TPA erzielten, und bei denen der Präsident die erwähnten Benachrichtigungs- und Unterrichtungspflichteten gegenüber dem Kongress entsprechend dem TPA-Verfahren eingehalten hat. Ferner dürfen in dem Vertrag nur solche Bestimmungen , die in nationales Recht umgesetzt werden müssen, enthalten sein, die absolut notwendig und angemessen sind.9 Sollte der Präsident nach Ansicht des Kongresses die Unterrichtungsvorschriften nicht eingehalten haben, so dass dem Kongress nicht ausreichend Möglichkeit gegeben wurde, auf den Verhandlungsverlauf einzuwirken, kann der Kongress durch einen gemeinsamen Beschluss von dem TPA- Verfahren Abstand nehmen („procedural disapproval resolution“), so dass das unter 2.1 dargestellte, teilweise sehr zeitaufwändige Verfahren Anwendung findet.10 Der Kongress bleibt damit immer Herr des Verfahrens und kann die Anwendung des sog. fast-track-Verfahrens beenden. 9 Cooper (Fn. 5), S. 8 f. 10 Cooper (Fn. 5), S. 13.