© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 020/14 Verstetigung des Petitionsausschusses über das Ende der Legislaturperiode Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 020/14 Seite 2 Verstetigung des Petitionsausschusses über das Ende der Legislaturperiode Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 020/14 Abschluss der Arbeit: 10. März 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 020/14 Seite 3 1. Einleitung Ein Petent regt das Fortbestehen des Petitionsausschusses in seiner jeweiligen Zusammensetzung über das Ende der Legislaturperiode bis zur Konstituierung der Ausschüsse und damit des Petitionsausschusses in der darauffolgenden Legislaturperiode an. Er verweist auf die Regelung des § 3 Abs. 3 PKGrG1, nach dem das Parlamentarische Kontrollgremium seine Tätigkeit über das Ende einer Wahlperiode fortsetzt, bis der nachfolgende Bundestag erneut über die Mitgliedschaft im Gremium entschieden hat. Gemäß § 125 S. 2 GO BT2, der Art. 17 GG insoweit ausgestaltet3, unterfallen Petitionen nicht der Diskontinuität; sie erledigen sich also nicht durch Ablauf der Wahlperiode. In den letzten Legislaturperioden vergingen, mit Ausnahme der gegenwärtigen, von der Konstituierung des Bundestages bis zur Einsetzung seiner Ausschüsse – und damit auch des Petitionsausschusses – durchschnittlich zwei bis fünf Wochen.4 Der Zeitraum von zwölf Wochen, der in der laufenden Wahlperiode zwischen Konstituierung des Bundestages und seiner Ausschüsse verstrichen ist, scheint eine Ausnahme zu sein. Durch die Einsetzung des Hauptausschusses am 28. November 2013, der zugleich die Aufgaben des Petitionsausschusses wahrgenommen hat, wurde sie zudem verkürzt.5 2. Verfassungsrechtlicher Rahmen für eine Regelung zur übergangsweisen Fortdauer des Petitionsausschusses über das Ende der Wahlperiode hinaus Das Mandat der Abgeordneten endet gemäß Art. 39 Abs. 1 S. 2 GG mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages.6 Der Diskontinuitätsgrundsatz bewirkt unstreitig auch die Beendigung parlamentarischer Gremien wie der Ausschüsse des Bundestages. Auch wenn § 125 GO BT Petitionen von der sachlichen Diskontinuität ausnimmt und diese auch über das Ende der Wahlperiode hinaus zu behandeln sind, gilt diese Ausnahme nicht für den Petitionsausschuss.7 Ein Fortbestand des Petitionsausschusses über das Ende der Wahlperiode hinaus bis zur Neukonstituierung des Ausschusses wäre eine Ausnahme vom Grundsatz der Diskontinuität. Im Folgenden 1 Kontrollgremiumgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2346). 2 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1980 (BGBl. I S.1237), zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 10. Juli 2013 (BGBl. I S. 2167). 3 Klein, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, 69. EL 2013, Art. 17 Rn. 109 (63. EL 2011). 4 Für den Zeitraum seit der 12. Wahlperiode 1990 - 1994. In der 18. WP vergingen zwischen beiden Konstituierungen (22. Oktober 2013 und 15. Januar 2014) zwölf Wochen, allerdings wurde ein Hauptausschuss eingerichtet, dem auch die Aufgaben des Petitionsausschusses übertragen wurden. In der 7. WP vergingen 6 Wochen (13. Dezember 1972 bis 26. Januar 1973). 5 BT-Drs. 18/101. 6 Ausführlich zur personellen Diskontinuität Versteyl, in: von Münch/Kunig, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 39 Rn. 26, Art. 39 Rn. 26, 30 (hinsichtlich Gremien) m.w.N. 7 Klarstellend Krings, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, Art. 45 c Rn. 36 a.E. (10. EL 2004); Hernekamp in von Münch/Kunig (Fn.6), Art. 45c Rn. 18; Klein (Fn. 3), Art. 45c Rn. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 020/14 Seite 4 wird geprüft, ob der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung erlassen könnte und auf welcher Regelungsebene – Verfassung oder einfaches Gesetz – diese getroffen werden müsste. 2.1. Verfassungsänderung gemäß Art. 79 GG In Betracht käme zunächst eine verfassungsändernde Regelung, die an Art. 79 Abs. 1 und 3 GG zu messen ist und den Mehrheitserfordernissen des Art. 79 Abs. 2 GG – Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates – genügen müsste. Eine solche Änderung der Verfassung müsste sich in den in Art. 79 Abs. 3 GG formulierten Grenzen halten, dürfte also insbesondere nicht die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze berühren . Hierzu gehört als Ausformung des Grundsatzes der Demokratie das Prinzip der „Herrschaft auf Zeit“8, das sich unter anderem in regelmäßigen Neuwahlen ausdrückt. Deren Folge ist das Ende der alten und damit der Beginn der neuen Wahlperiode. Allerdings reicht dieser Grundsatz nicht so weit, dass ein Fortbestehen der Mitgliedschaft im Petitionsausschuss über das Ende der Wahlperiode hinaus für einen begrenzten Zeitraum – nämlich bis zur Konstituierung des Ausschusses – gegen den Grundsatz der Herrschaft auf Zeit verstieße . Es ist bereits umstritten, ob der Grundsatz der Diskontinuität Verfassungsrang hat.9 Jedenfalls wäre die Ewigkeitsklausel nicht verletzt: Die Herrschaft der Abgeordneten endete nach wie vor mit ihrem Mandat, da der Petitionsausschuss allenfalls vorbereitende, aber keine abschließenden Beschlüsse fassen könnte. Letztlich beschließt das Plenum über die Beschlussempfehlungen des Ausschusses – und zwar in seiner neuen Zusammensetzung. Dies wäre jedenfalls der Fall, wenn im Grundgesetz eine Bestimmung eingefügt würde, die nur die Mitgliedschaft von ehemaligen Abgeordneten im Petitionsausschuss für einen vorübergehenden Zeitraum eröffnet, die Zusammensetzung des Plenums aber unberührt ließe. Auf verfassungsrechtliche Bedenken stieße eine Vorschrift, die das Mandat der Mitglieder im Petitionsausschuss als Abgeordnete des Bundestages bis zur Neukonstituierung des Petitionsausschusses verlängern wollte. Dies würde auch die Zusammensetzung des Plenums berühren und könnte zu Zufallsmehrheiten im Bundestag führen, die das Wahlergebnis nicht mehr widerspiegeln. Sowohl die Zusammensetzung des Bundestages zu Beginn einer Wahlperiode als auch die Dauer des Mandats des einzelnen Abgeordneten hinge dann von dem Zufall der Mitgliedschaft im Petitionsausschuss und der Wiederwahl dieser Mitglieder in den Bundestag ab. Für die Möglichkeit einer Verstetigung des Ausschusses durch eine Verfassungsänderung lässt sich auf die Verfassungspraxis verweisen: Für die bis zur 7. Wahlperiode übliche „parlamentslose“ Zeit zwischen zwei Wahlperioden enthielt der den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und den Ausschuss für Verteidigung betreffende Art. 45a GG bis 1976 die explizite Verpflichtung beider Ausschüsse, auch zwischen zwei Wahlperioden zu tagen.10 Zwar besteht ein wichtiger Unterschied 8 Dreier, in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, Band 2, 2. Aufl. 2006, Art. 79 III, Rn. 37. 9 Ablehnend Versteyl (Fn. 6), Art. 39 Rn. 26 m.w.N., zustimmend Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages , 1977, Rn. 2 zu § 126. 10 Art. 45a Abs. 1 S.2 GG in der Fassung vom 19.3.1956 lautete: „Die beiden Ausschüsse werden auch zwischen zwei Wahlperioden tätig.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 020/14 Seite 5 zwischen der damaligen und der derzeitigen Konstellation darin, dass es – anders als heute – zwischen den Wahlperioden noch keine neu gewählten Abgeordneten gab. Daher wurde das Mandat des Abgeordneten für diesen Ausschuss über das eigentliche Ende der Wahlperiode ausgedehnt. Dieses Beispiel spricht zugleich dafür, Abweichungen von dem Grundsatz der Diskontinuität und vom Ende der Wahlperiode im Grundgesetz und nicht auf einfachgesetzlicher Ebene zu regeln. 2.2. Einführung auf einfachgesetzlicher Ebene Für eine Einführung auf einfachgesetzlicher Ebene könnte angeführt werden, dass bereits für andere Gremien Ausnahmeregelungen bestehen. So üben die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ihre Kontrolltätigkeit auch über das Ende der Wahlperiode bis zur Neuwahl des Gremiums aus, § 3 Abs. 3 PKGrG. Dies kann – wie in der laufenden Wahlperiode – dazu führen , dass für einen gewissen Zeitraum Personen die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste wahrnehmen, die über kein Bundestagsmandat mehr verfügen und die einer Partei angehören , die nicht mehr im Bundestag vertreten ist.11 Auch die Mitglieder der G-10-Kommission werden für die Dauer der Wahlperiode bestellt, ihre Amtszeit endet hingegen erst mit der Neubestimmung der Mitglieder, spätestens aber drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode (§ 15 Abs. 1 S. 4 G 10-Gesetz12). Die Mitglieder dieser Kommission, die bei Maßnahmen nach dem G 10- Gesetz den Rechtsweg ersetzt, müssen jedoch qua Gesetz nicht Mitglieder des Bundestages sein. Als weitere Ausnahmeregelung ist auf die Vertreter Deutschlands in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates hinzuweisen. Diese werden für die Dauer der Wahlperiode des Bundestages gewählt; der neugewählte Bundestag ist verpflichtet, innerhalb von drei Monaten nach seiner Konstituierung neue Mitglieder zu wählen. Die Amtszeit der jeweiligen Mitglieder beginnt und endet jeweils mit der Bestätigung der Mandate durch die Parlamentarische Versammlung.13 So können durchaus bereits ausgeschiedene Abgeordnete für eine Übergangszeit noch Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sein. Allerdings scheinen diese Sonderregelungen aufgrund jeweils besonderer Sachlagen eingeführt worden zu sein. So beruht die Sonderregelung für die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats auf Art. 25 lit. a Satzung des Europarates14, nach dem die Amtszeit der von den Mitgliedstaaten gewählten Vertreter mit der Eröffnung der auf ihre Ernennung folgenden ordentlichen Sitzungsperiode beginnt. Der völkerrechtliche Vertrag macht dem deutschen Gesetzgeber also bestimmte Vorgaben für die Fortdauer des Mandats. 11 Von den 11 Mitgliedern gehörten zwei einer mit der 18. WP nicht mehr im Bundestag vertretenen Partei an, zwei weitere gehörten ebenfalls nicht mehr dem Bundestag an. 12 Artikel 10-Gesetz vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes vom 6. Juni 2013 (BGBl. I S. 1482) geändert worden ist. 13 Art. 1 und 2 Gesetz über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 6. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2586). 14 Satzung des Europarates vom 5. Mai 1949 (BGBl. 1950 I S. 263), zuletzt geändert durch Bek. über den Geltungsbereich der Europaratssatzung sowie über die Änd. ihres Art. 26 vom 18. Januar 2008 (BGBl. II S. 129). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 020/14 Seite 6 Für die zweite gesetzliche Ausnahmeregelung im Bereich der Kontrolle der Nachrichtendienste, die seit dem ersten Gesetz über ein parlamentarisches Kontrollgremium für die Nachrichtendienste besteht, lässt sich nicht auf eine Begründung des Gesetzgebers zurückgreifen.15 Eine Erwägung könnte sein, dass die Nachrichtendienste, deren Tätigkeit überwiegend im Geheimen stattfindet, möglichst permanent demokratisch kontrolliert werden sollten. Letztlich könnte das Gremium wohl mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder – unabhängig vom möglichen zwischenzeitlichen Verlust ihres Bundestagsmandats – eine öffentliche Bewertung bestimmter Vorgänge beschließen (§ 10 Abs. 2 PKGrG), über die der Bundestag debattieren kann, und die damit eine größere Öffentlichkeit erreicht. Damit handelt es sich beim Gremium nicht um ein vorbereitendes Beschlussorgan des Plenums. Im Übrigen ergibt sich eine gewisse Sonderstellung des Gremiums bereits aus seiner Bezeichnung als „Gremium“ in Art. 45d GG; es handelt sich gerade nicht um einen Ausschuss des Bundestages. Die für die bisherigen Ausnahmen bestehenden Gründe liegen bei dem Petitionsausschuss wohl nicht vor. Seine Arbeit beruht – anders als bei der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates – nicht auf einem völkerrechtlichen Vertrag. Ferner ist sein Tätigkeitsfeld ein anderes als das des Gremiums. Die Behandlung von Petitionen geht über den Bereich der parlamentarischen Kontrolle der Regierung hinaus und ist eine originäre parlamentarische Kompetenz.16 Dies bedeutet aber auch, dass der Petitionsausschuss nicht vorrangig den Zweck der Information und Kontrolle von Regierungshandeln hat, sondern auf Abhilfe aus ist. Diese kann jedoch – in den jeweiligen Überweisungsbeschlüssen – nur durch das Plenum auf Grundlage der Empfehlung des Ausschusses erfolgen. Letztlich ist der Petitionsausschuss wie die anderen ständigen Ausschüsse vorbereitendes Beschlussorgan des Plenums17, während das Parlamentarische Kontrollgremium gerade kein Ausschuss, sondern ein Gremium sui generis ist18, für das sich Ausnahmen aufgrund der von ständigen Ausschüssen abweichenden Arbeitsweise eher begründen lassen. Diese Unterschiede sprechen gegen eine Verlängerungsmöglichkeit der Wahlperiode auf einfachgesetzlicher Grundlage. Darüberhinaus lässt sich aus rechtsdogmatischer Sicht die Frage stellen, ob die Fortdauer mit der in Art. 38 Abs. 1 GG verbürgten Gleichheit der Abgeordneten und dem daraus folgenden Grundsatz der Spiegelbildlichkeit der Ausschüsse zu vereinbaren wäre, die in § 12 GO BT konkretisiert ist. Danach muss jeder Parlamentsausschuss die Zusammensetzung des Plenums in seiner konkreten, durch die Fraktionen geprägten organisatorischen Gestalt verkleinert abbilden und widerspiegeln.19 Sofern die Ausschüsse wesentliche Teile der dem Bundestag zustehenden 15 § 3 Abs. 3 PKGrG übernimmt die Regelung des § 6 Abs. 4 Nachrichtendienstekontrollgesetz vom 11. April 1978. Für die Einführung dieser Sonderregelung gab es keine Begründung, Entwurf der Fraktionen der SPD und FDP, Entwurf eines Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste, BT-Drs. 8/1140. 16 Ausführlich Graf Vitzthum, Petitionsrecht und Volksvertretung, 1985, S. 52 - 56; Schick, Petitionen – Von der Untertanenbitte zum Bürgerrecht, 1987, S. 44 f. 17 Klein (Fn. 3), Art. 45c Rn. 15. 18 Klein, in: Maunz/Dürig (Fn. 3), Art. 45d Rn. 25 mit Verweis auf die Entstehungsgeschichte. 19 BVerfGE 80, 188 (222); 84, 304 (323); 96, 264 (281); 112, 118 (133). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 020/14 Seite 7 Informations-, Kontroll- und Untersuchungsaufgaben wahrnehmen, muss die Repräsentanz des Volkes auch bei kleineren Gremien gewahrt werden.20 Bei einem wahlperiodenübergreifenden Fortbestand des Petitionsausschusses würde dieser zumindest vorübergehend nicht die Zusammensetzung des aktuellen Plenums widerspiegeln. Insbesondere könnten Fraktionen im neu gewählten Bundestag vertreten sein, die noch keine Vertreter in den Petitionsausschuss entsenden konnten. 2.3. Subjektives Recht des Petenten auf Einsetzung und Verlängerung der Tätigkeit des Petitionsausschusses Für das Fortbestehen des Petitionsausschusses auch über das Ende einer Wahlperiode hinaus macht der Petent die Verkürzung der Verfahrensdauer für die Behandlung von Petitionen geltend . Derzeit vergingen bis zum Abschluss des Verfahrens teilweise Jahre, was weder im Interesse des Petenten noch der Volksvertretung liege. Möglicherweise lässt sich ein entsprechender verfassungsrechtlicher Anspruch des Petenten auf eine entsprechende Tätigkeit des Petitionsausschusses herleiten. Art. 17 GG gewährt jedem das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen mit Bitten und Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Auf Bundesebene hat der Bundestag gemäß Art. 45c GG einen Petitionsausschuss zu bestellen, dem die Behandlung dieser Beschwerden obliegt. Fraglich ist, ob sich aus dieser Grundrechtsposition des Einzelnen auf Behandlung seiner Petition Schlussfolgerungen auf den Verfahrensablauf und die -dauer der Behandlung der Petition ziehen lassen. Art. 17 GG gewährt das Recht, eine Petition einzureichen und ein Ergebnis zu erhalten, nämlich eine Prüfung und eine sachliche Verbescheidung.21 Während auf Länderebene22 zum Teil bereits verfassungsrechtlich ein Recht auf einen begründeten Bescheid innerhalb einer angemessenen Frist besteht, fehlt es auf Bundesebene an einer entsprechenden Vorschrift. Aus der „objektivrechtlichen Dimension“ des Petitionsrechts ergebe sich allerdings die Pflicht für Gesetzgeber und Verwaltung, organisatorische und verfahrensrechtliche Schritte zur Gewährung des Rechtes vorzunehmen .23 Ferner wird für eine Sonderstellung des Petitionsausschusses seine Verankerung in der Verfassung als ständiger Pflichtausschuss24 genannt. Hieraus folgert die Literatur25 die Pflicht des Bun- 20 BVerfGE 80, 188 (222); 112, 118 (136). 21 BVerfGE 2, 225, 230; BVerwG; Stettner, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 17 GG (Drittbearbeitung, 94. Lfg. 2000) Rn. 79; Brocker, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online Kommentar zum Grundgesetz (BeckOK GG), 19. Ed. 2013, Art. 17 Rn. 22. 22 Die Landesverfassungen von Mecklenburg-Vorpommern (Art. 10 S. 2), Sachsen (Art. 35 S. 2) und Thüringen (Art. 14 S. 2); Klein (Fn. 3), Art. 17 Rn. 90. 23 Langenfeld, Das Petitionsrecht, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 3, 3. Aufl. 2005, § 39 Rn. 36 mit Verweis auf Graf Vitzthum, Volksvertretung und Petitionsrecht, 1985, S. 30. 24 Zur Eigenschaft des Petitionsausschusses als Pflichtausschuss Klein (Fn. 3), Art. 45c Rn. 13 m.w.N.; Brocker, in: BeckOK GG (Fn. 21), Art. 45c Rn. 1. 25 Klein (Fn. 3), Art. 45c Rn. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 020/14 Seite 8 destages, zu Beginn der Wahlperiode den Petitionsausschuss (sowie die anderen Pflichtausschüsse gemäß Art. 45, 45a und das Parlamentarische Kontrollgremium gemäß Art. 45d GG) einzusetzen . Gerade die Aufgabe des Petitionsausschusses bestehe über das Ende einer Legislaturperiode fort, da die Petitionen nicht dem Grundsatz der Diskontinuität unterfielen. Diese Pflicht wird nach einer Ansicht in der Literatur durch den Anspruch der Bürger auf Einreichung einer Petition gemäß Art. 17 GG zu einem subjektiven Recht des Bürgers verdichtet26; vereinzelt wird vertreten, diese sei mit der Verfassungsbeschwerde durchsetzbar.27 Dieses „Leistungsrecht “ des Bürgers finde in Art. 45c GG eine „Effektivitätsgarantie“.28 Rechtsdogmatisch lässt sich gegen die Ansicht der Literatur, aus der Einsetzungspflicht des Bundestages ergebe sich ein subjektives Recht auf Einsetzung des Petitionsausschusses, einwenden , dass sich grundsätzlich aus staatsorganisationsrechtlichen Normen – auch nicht im Zusammenspiel mit Art. 17 GG – kein subjektiv-rechtlicher Anspruch begründen lässt.29 Auch der Gedanke der Effektuierung des Grundrechtsschutzes überzeuge nach einer Auffassung nicht, da Petitionen grundsätzlich auch durch Fachausschüsse behandelt werden könnten.30 Selbst wenn man der gegensätzlichen Ansicht folgte, ließe sich aus einer Einsetzungspflicht des Ausschusses zu Beginn der Wahlperiode allenfalls eine Pflicht des Bundestages zur beschleunigten Einsetzung des Ausschusses ableiten, keinesfalls aber die Pflicht, den Petitionsausschuss über das Ende der Wahlperiode in alter Besetzung bestehen zu lassen. 3. Folgeerwägungen bei einer Verstetigung des Petitionsausschusses Abschließend ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Mit dem Ausscheiden des Abgeordneten aus dem Bundestag endet sein Anspruch auf Abgeordnetenentschädigung und Amtsausstattung . Er müsste daher ohne Unterstützung durch Mitarbeiter und Büro die Petitionen weiter bearbeiten, oder es müssten besondere Regelungen geschaffen werden. Ferner hätte der ehemalige Abgeordnete Zugang zu personenbezogenen und persönlichen Daten der Petenten; datenschutzrechtliche Konsequenzen wären zu bedenken. Auch finden die Vorschriften über Immunität und Indemnität des Abgeordneten (Art. 46 GG) keine Anwendung mehr. ( ) 26 Würtenberger, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 45c Rn. 44 (74. Lfg. 1995); Hernekamp (Fn. 7), Art. 45c Rn. 4; Bauer, in: Dreier (Fn. 8), Art. 45c Rn. 14 Fn. 70 m.w.N. 27 Hernekamp (Fn. 7), Art. 45c Rn. 4. 28 Würtenberger (Fn. 26), Art. 45c Rn. 44. 29 Klein (Fn. 3), Art. 45c Rn. 20; Krings (Fn. 7), Art. 45 c Rn. 11. 30 Krings (Fn. 7), Art. 45 c Rn. 11; a.A. hierzu Klein (Fn. 3).